Korrosionsschutzmaßnahmen im Flugzeugbau 

Werkstoffe 09. 12. 2012

....bei der Verwendung von Stahl – Grundlagen

Von Prof. Dr. Burkhard Heine, Metallkunde und Metallphysik, Hochschule Aalen, Fakultät Maschinenbau/Werkstofftechnik

Vor allem Aluminium- und Titanlegierungen und seit einigen Jahren auch zunehmend kohlefaserverstärkte Kunststoffe sind die werkstoffe der Wahl für Strukturkomponenten bei zivilen und militärischen Flugzeugen. Im Vergleich dazu spielen verschiedene Stähle eine untergeordnete Rolle. Zu finden sind sie in Strukturen, die einer sehr hohen statischen und dynamischen Belastung im Einsatz, in Verbindung mit einer geringen elastischen Verformung, unterliegen. Ein Beispiel hierfür ist das Fahrwerk eines Flugzeugs. Neben den Anforderungen in Bezug auf Festigkeit und Duktilität richtet sich der Blick auf die Beständigkeit gegen Angriffe durch Korrosion und Verschleiß durch Medien wie Treibstoff, Hydraulikflüssigkeit oder salzhaltiges Wasser. Beschrieben werden nachfolgend die Schutzsysteme hiergegen. Besonders interessant sind Fälle, in denen die Stähle in Kontakt mit Bauteilen aus Aluminium, Titan oder kohlefaserverstärktem Kunststoff stehen.

Corrosion Protection for Steels in Aerospace – Basics

First of all aluminium alloys, titanium alloys and - since several years – additionally carbon fiber reinforced polymers more and more play the predominant role in constructing structural components of a civil or a military aircraft body. In comparison to those mild and corrosion resistant steels hold a subordinated position. They can be found in structures, which have to withstand very high static and dynamic loads during service, in combination with requested low elastic deformation. One example for the application of steels is the landing gear section. Besides the demands concerning strength and ductility, the view has to be focused on methods dealing with the protection against corrosive and tribological attack by mission specific media for example fuel, hydraulic oil, deicing media or salt containing waters. This paper describes actual surface protecting coating systems. The view is specially focused on situations in which mild and corrosion resistant steels are in direct contact with aluminium, titanium or carbon fiber reinforced polymers.

Die sich aus mechanischen, thermischen und korrosiven Komponenten zusammensetzende betriebliche Beanspruchung birgt grundsätzlich die Gefahr der Beeinträchtigung oder der Nichterfüllbarkeit der Funktion eines Bauteils. Für eine ökonomische Fertigungs- und Betriebsweise aber gewinnt eine hohe Lebensdauer und Zuverlässigkeit eines Bauteils auch vor dem Hintergrund eines sparsameren Rohstoffverbrauchs an Bedeutung. Eine der vorrangigsten Forderungen ist daher ein langzeitige hohe Korrosionsbeständigkeit jeder einzelnen Oberfläche, dies auch bei unmittelbarem Kontakt miteinander und mechanischer Beanspruchung infolge von Verschleiß und/oder Unachtsamkeit beim Umgang mit dem Bauteil.

An korrosionsbegünstigenden konstruktiven (mangelhaft belüftete Räume und Spalte sowie Querschnittsübergänge), beanspruchungsseitigen (Spannungsniveau, statisches oder oszillierendes Lastprofil) und/oder medienseitigen Gegebenheiten (Medienzusammensetzung, Konzentration einzelner Bestandteile, Medientemperatur, Strömungsgeschwindigkeit) lässt sich nur in wenigen Fällen etwas geändert. Dagegen kann auf die Werkstoffwahl, die konstruktive Auslegung des Übergangs zwischen unterschiedlichen Werkstoffen bei Mischbauweise (elektrisch isolierender Anschluss von Bauteilen, die aus Werkstoffen mit deutlicher Potenzialdifferenz gefertigt sind) sowie die Möglichkeit einer Beschichtung und deren Applikationstechnik oft noch sehr wohl Einfluss genommen werden. Vom Beschichtungswerkstoff wird gefordert:

  • Medienresistenz
  • Barriere für das Medium durch Poren- und Rissfreiheit sowie geringe Permeabilität für flüssige und gasförmige Medien
  • Schutz bei mechanischer Beanspruchung des Bauteils durch hohe Haftfestigkeit und Elastizität auch bei hoher Biegebeanspruchung
  • Beständigkeit gegen Verletzung durch Gegenkörper durch Verschleiß-, Erosions- und Kavitationsbeständigkeit
  • Schutz des Grundwerkstoffs auch bei durchgreifender Beschädigung der Verletzung durch kathodischen Schutz

2 Ak­ti­ver Kor­ro­si­ons­schutz

2.1 Wahl ge­eigne­ter Werk­stof­fe

Ei­ne Maßnahme, die ei­nem Kor­ro­si­ons­scha­den vor­beu­gt, ist die Wahl ei­nes kor­ro­si­ons­be­stän­di­ge­ren Werk­stoffs, bei dem der Oxi­da­ti­ons­pro­zess also lang­sa­mer ab­läuft (Abb. 1). Zu den Werk­stof­fen, de­ren Oxi­da­ti­on ver­langsamt ist, zählen die rost- und säurebeständigen ‚Edel­stäh­le’ (nichtrostende Stähle), chromhaltige oder chrom- und nickel­hal­ti­gen Le­gie­run­gen des Ei­sens. Die deut­lich re­du­zier­te Kor­ro­si­ons­ra­te der­ar­ti­ger Werk­stof­fe hat un­mit­tel­bar ei­ne ge­stei­ger­te Kom­pon­ent­en­le­bens­dau­er zur Fol­ge, was sie für zahl­rei­che Be­rei­che der Tech­nik in­ter­es­sant macht.

Abb. 1: Reduktion und Oxidation bei unterschiedlich edlem Werkstoff

Was ist aber die Ur­sa­che für die er­höh­te Kor­ro­si­ons­be­stän­dig­keit die­ser rost- und säurebeständigen Edel­stäh­le? Um die­se Fra­ge be­ant­wor­ten zu kön­nen, ist die Kennt­nis der Be­ein­flus­sung der bei der Kor­ro­si­on des Ei­sens ab­lau­fen­den Me­cha­nis­men durch Le­gie­rungs­e­le­men­te er­for­der­lich. Be­reits beim Ei­sen zeigt die in potenziostatischen Versuchen in 1-normaler Schwefelsäure ermittelte an­o­di­sche Teil­strom­dich­te-Po­ten­zi­al-Kur­ve nicht mehr nur den mo­no­to­nen An­stieg des Aktivbereichs (Abb. 2a). Mit zunehmendem Potenzial kommt es bereits im Aktivbereich zur Bildung einer Kor­ro­si­ons­pro­dukt­schicht, die aber noch eine vergleichsweise hohe Löslichkeit im Elektrolyten aufweist. Nach dem Durchlaufen des Aktiv/Passiv-Übergangs gelangt man mit zunehmendem Potenzial zum aus­ge­präg­ten Pas­siv­be­reich, der durch ei­ne schwer lös­li­che, po­ren­freie und haft­fe­ste Kor­ro­si­ons­pro­dukt­schicht gekennzeichnet ist. Eine derartige Kor­ro­si­ons­pro­dukt­schicht bildet sich auch beim Chrom und führt hierbei zu einer Kor­ro­si­onsra­te, die um mehrere Grö­ßen­ord­nun­gen un­ter der des passiven Ei­sens liegt. Welche Konsequenzen hat dies für eine Eisen-Chrom-Legierung? Die­ bereits im Aktivzustand stark differierenden Kor­ro­si­ons­ra­ten von Ei­sen und Chrom füh­ren bei Eisen-Chrom-Le­gie­run­gen zu ei­nem be­vor­zug­ten kor­ro­si­ven Her­aus­lö­sen des Ei­sens (Abb. 2b), wo­durch sich schon bei re­la­tiv ge­rin­gen Ch­rom­ge­hal­ten der Legierungen im Zuge der Passivierung an der Ober­flä­che eine rei­ne Chrom­schicht aus­bil­det, die sich kor­ro­siv wie na­he­zu rei­nes Chrom ver­hält.

Abb. 2: In potenziostatischen Versuchen in 1 n H2SO4 ermittelte anodische Teilstromdichte-Potenzial-Kurven von Eisen, Eisen-Chrom-Legierungen sowie Chrom (a) und bevorzugtes korrosives Herauslösen des Eisens aus einer Eisen-Chrom-Legierung (b)

Das Er­rei­chen des pas­si­ven Ober­flä­chen­zu­stan­des macht in sau­ren Lö­sun­gen al­ler­dings das Über­win­den des Ak­tiv­ber­ges durch ein ent­spre­chen­des auf­ge­präg­tes Po­ten­zi­al er­for­der­lich (an­o­di­scher Schutz). Nun wird die anodische Teilstromdichte-Potenzial-Kurve nicht nur durch den Chromgehalt beeinflusst, sondern auch durch die Konzentration an Wasserstoffionen (H+) im Elektrolyten. Mit ab­neh­men­dem Wasserstoffionenge­halt (zu­neh­mend neu­tra­le Lö­sung) ist der Ak­tiv­berg im­mer we­ni­ger stark aus­ge­bil­det und ver­schwin­det mit Er­rei­chen von pH-Werten um 7 (Lei­tungswasser oder Re­gen­was­ser) voll­stän­dig, wes­we­gen hin­rei­chend chromle­gier­te rost- und säurebeständige ‚Edel­stäh­le’ in Lei­tungswasser oder Re­gen­was­ser spon­tan pas­siv sind.

Für eine hinreichend ho­he Kor­ro­si­ons­be­stän­dig­keit ist aber er­for­der­lich, dass das Chrom in hinreichender Konzentration und im Werkstoff gelöst und homogen verteilt vor­liegt (Abb. 3a). Chrom hat nun aber eine star­ke Nei­gung, sich bei Wär­me­ein­brin­gung beispielsweise un­ter Kar­bid­bil­dung an Koh­len­stoff zu bin­den. Infolge heterogener Keimbildung entwickeln sich die sehr chromhaltigen Karbide dabei be­vor­zugt an Korn­gren­zen. Da­durch kommt es in Ab­hän­gig­keit von der Glüh­zeit um die sehr chromhaltigen Kar­bi­de he­rum zu ei­ner Chromver­ar­mung (Sen­si­bi­li­sie­rung (Abb. 3b)). Sie wird erst bei lang­zei­ti­gem Glü­hen durch Nach­dif­fu­si­on des Chroms aus dem Kor­nin­nern wie­der aus­ge­gli­chen (De-Sensibilisierung (Abb. 3c). Wird ein sen­si­bi­li­sier­tes Ge­fü­ge kor­ro­siv be­la­stet, so wer­den die chromver­arm­ten korn­gren­zen­na­hen Be­reiche ver­stärkt kor­ro­siv angegriffen (in­ter­kri­stal­li­ner An­griff (Abb. 3c und 3d)), was bis zum Zer­fall des ge­sam­ten Ge­fü­ges (Korn­zer­fall) füh­ren kann.

Abb. 3: a) Chrom in hinreichender Konzentration gelöst, b) Chromkarbide auf den Korngrenzen und inhomogene Verteilung des Chroms, c) Chromkarbide auf den Korngrenzen und wieder homogene Verteilung des Chroms, d) Abhängigkeit des korrosiv bedingten Massenverlustes von der zum Korrosionsausgleich zur Verfügung stehenden Glühzeit

Man muss also für eine ho­mo­ge­ne Chromver­tei­lung im Ge­fü­ge sor­gen, was auf ver­schie­de­ne Wei­sen er­fol­gen kann

  • Lö­sungs­glü­hen und Ab­schrecken
  • Lang­zeit­glü­hung (ho­mo­ge­ne Chromver­tei­lung trotz Chromkar­bi­den (Abb. 4a))
  • Ab­sen­ken des Kohlenstoffge­hal­ts (ELC-Stäh­le: C < 0,01 % (Abb. 4b))
  • Ab­bin­den des Kohlenstoffs als Karbid an Elemente, die zum Kohlenstoff eine noch höhere Affinität als Chrom aufweisen (TiC, NbC: Ti-, Nb-sta­bi­li­sier­te Stäh­le)

Abb. 4: Schematisches Kornzerfallsschaubild (a) und Kornzerfallsschaubild bei Variation des Kohlenstoffgehaltes einer Eisen-Chrom-Legierung (b)

2.2 Über­gang zwi­schen Werk­stof­fen – kon­struk­ti­v korrosionsschutzgerechte Aus­le­gung

Ste­hen un­ter­schied­li­che me­tal­li­sche Werk­stof­fe in elek­trisch lei­ten­dem Kon­takt mit­ein­an­der und wer­den von ei­nem wäss­ri­gen Me­di­um be­auf­schlagt, so liegt ei­ne he­te­ro­ge­ne Misch­e­lek­tro­de vor, bei der sich der elek­tro­che­misch un­ed­le­re Werk­stoff be­schleu­nigt und der elek­tro­che­misch ed­le­re Werk­stoff ver­lang­samt auf­löst (Kon­takt­kor­ro­si­on). Sind bei­des last­tra­gen­de Bau­tei­le, so ist be­son­ders das be­schleu­nig­te kor­ro­si­ve Auf­lö­sen des un­ed­le­ren Werk­stoffs un­er­wünscht. Man wird al­so da­nach stre­ben, die elek­trisch lei­ten­de Ver­bin­dung zwi­schen bei­den Bau­tei­len über kon­struk­ti­ve Maß­nah­men zu un­ter­bin­den. Ei­ne Mög­lich­keit be­steht in der Ver­wen­dung von elek­trisch iso­lie­ren­den Zwi­schen­schich­ten (Abb. 5a). Sie soll­ten als Rau­pendichtungen oder Flä­chen­dich­tun­gen aus­ge­führt wer­den und auch un­lös­ba­re so­wie lös­ba­re Ver­bin­dungs­e­le­men­te um­fas­sen.

Vom Zwi­schen­schicht­werk­stoff wird ei­ne elek­tri­sche Iso­lie­rung oh­ne Spal­tbildung erwartet (Fül­ler­funk­tion), in die Feuch­tig­keit ein­drin­gen könn­te. Zur Ver­fü­gung ste­hen die in Abbildung 5b mit ih­ren Cha­rak­te­ri­sti­ka auf­ge­li­ste­ten Zwi­schen­schicht­ma­te­ri­a­lien. Be­nö­tigt man für Son­deran­wen­dun­gen, wie Abfluss elektrischer Ladungen zur Vermeidung von Ladungskonzentrationen, elek­trisch leit­fä­hi­ge Zwi­schen­schicht­werk­stof­fe, so ist ei­ne Pig­men­tie­rung der­sel­ben mit Me­tall oder Koh­len­stoff mög­lich. Ist Tem­pe­ra­tur­be­stän­dig­keit ge­for­dert, so sind Si­li­kon­har­ze ein­zu­set­zen.

Abb. 5: a) Vermeidung der Kontaktkorrosion durch elektrisch isolierende Zwischenschicht, b) Zwischenschichtmaterialien

Die Wahl ge­eigne­ter kor­ro­si­ons­be­stän­di­ger Werk­stof­fe, die Ver­mei­dung kor­ro­si­ons­för­der­li­cher kon­struk­ti­ver Aus­le­gun­gen und Über­gän­ge zwi­schen un­ter­schied­li­chen Werk­stof­fen stel­len zu­sam­men mit den Mög­lich­kei­ten ei­nes ka­tho­di­schen so­wie an­o­di­schen Kor­ro­si­ons­schut­zes ei­nen be­reits in der kon­struk­ti­ven Pla­nung einzubeziehenden Kor­ro­si­ons­schutz dar. Sie wer­den da­her un­ter dem Be­griff des ak­ti­ven Kor­ro­si­ons­schut­zes zu­sam­men­ge­fasst.

3 Pas­si­ver Kor­ro­si­ons­schutz

Ein pas­si­ver Kor­ro­si­ons­schutz ist im­mer nur ein nach­träg­lich auf­ge­brach­ter Kor­ro­sions­schutz in Form von me­tal­li­schen an­or­ga­ni­schen oder or­ga­ni­schen Be­schich­tun­gen, der den in­fol­ge von di­ver­sen Zwän­gen vor­pro­gram­mier­ten Kor­ro­si­ons­me­cha­nis­mus behindern oder ver­hin­dern soll.

3.1 Me­tal­li­sche Be­schich­tun­gen

Die Qua­li­tät der Kor­ro­si­ons­schut­zwir­kung me­tal­li­scher Be­schich­tun­gen wird grund­sätz­lich nicht nur von der ei­ge­nen Me­dien­re­si­stenz, sondern auch da­von ge­prägt, ob die Be­schich­tung im Fall ei­ner bis zum Grund­werk­stoff durch­grei­fen­den Ver­let­zung dem last­tra­gen­den Grund­werk­stoff ei­nen ka­tho­di­schen Schutz bie­tet (Abb. 6).

 

Abb. 6: Qualität des Korrosionsschutzes der metallische Beschichtungen im Falle einer Beschichtungsverletzung

Als me­tal­li­sche Schicht­werk­stof­fe ka­men in der Ver­gan­gen­heit Ele­men­te wie Kad­mi­um, Chrom und Nickel in Frage, die nach einer Vorbehandlung des Werkstücks galvanisch abgeschieden werden. Das Leistungsvermögen ist bei Kadmium als Beschichtungswerkstoff:

  • Korrosionsbeständigkeit in chloridfreien Wässern
  • infolge eines in chloridhaltigen Wässern sehr negativen freien Korrosionspotentials kathodisches Schutzvermögen bei durchgreifender Versetzung
  • gute Notlaufeigenschaften beim Versagen von Schmierfilmen

Als Grenzen für Kadmiumschichten gelten:

  • Temperaturbeständigkeit bis maximal 235 °C
  • begrenzte Korrosionsbeständigkeit in chloridhaltigen Wässern, das heißt nur temporärer Korrosionsschutz
  • korrosiv bedingter Massenverlust bei anodischer Polarisation, das heißt Kadmium darf nicht verwendet werden im Kontakt mit beispielsweise Titan
  • kein Verschleißschutz, das heißt Kadmium darf nicht verwendet werden bei Getriebeverzahnungen, Gleitteilen, Gleitflächen sowie Teilen, die mit Kraftstoffen, Schmierstoffen und Hydraulikflüssigkeiten in Berührung stehen
  • toxisch

Bei Chrom als Beschichtungswerkstoff ist das Leistungsvermögen:

  • hohe Haftfestigkeit
  • Korrosionsbeständigkeit in chloridfreien wie auch in chloridhaltigen Wässern
  • Verschleißschutz durch Härten von 800 HV bis 900 HV

Die Grenzen von Chromschichten sind:

  • Temperaturbeständigkeit bis maximal 450 °C
  • keine hohe punktuelle Lasttragfähigkeit infolge Sprödigkeit
  • erheblicher Einfluss auf die Dauerfestigkeit bei Zugfestigkeiten des Grundwerkstoffs über 1450 MPa

Das Leistungsvermögen von Nickel als Beschichtungswerkstoff ist:

  • Korrosionsbeständigkeit in chloridfreien wie auch in chloridhaltigen Wässern
  • hohe anodische Schutzwirkung
  • Verschleißschutz (Einsatz, wenn Hartchrom nicht möglich)

Als Grenzen der Nickelschichten sind zu nennen:

  • Temperaturbeständigkeit bis maximal 400 °C
  • wirkt kontaktkorrosiv auf unedle Metalle (z. B. Kadmium)
  • erheblicher Einfluss auf die Dauerfestigkeit bei Zugfestigkeiten des Grundwerkstoffs über 1450 MPa

Vor al­lem die To­xi­zi­tät des Kad­mi­ums ver­an­lass­te Be­mü­hun­gen, lei­stungs­fä­hi­ge Er­satz­be­schich­tungs­sy­ste­me zu su­chen. Das Anforderungsprofil umfasst dabei

  • Nichttoxizität
  • mechanische Bauteileigenschaften
  • ausreichende mechanische Güte des Bauteils vor und nach einer Medienbeaufschlagung
  • Funktionalität der Beschichtung auch bei geringen Schichtdicken, das heißt Presspassungstauglichkeit
  • Korrosion
  • hohe Haftfestigkeit auch ohne Nickel-Strike
  • geringe Porosität
  • kadmiumvergleichbare Schutzwirkung in chloridhaltigen Wässern
  • kathodisches Schutzvermögen in chloridfreien wie auch chloridhaltigen Wässern
  • Reibung und Verschleiß
  • akzeptable Reibcharakteristik
  • Reibkorrosionsbeständigkeit

Als Kadmium ersetzende kom­men Al­um­i­ni­um­werkstoffe als Be­schich­tun­gen we­gen ih­res in vie­len Punk­ten dem Kad­mi­um gleich­wer­ti­gen Ver­hal­tens in Fra­ge.

Aluminiumwerkstoffe als Beschichtungswerkstoffe verfügen über folgendes Leistungsvermögen:

  • nicht toxisch
  • hohe Duktilität, das heißt erhöhter Widerstand gegen mechanische Beschädigung bei Verformung
  • in chloridfreien und chloridhaltigen Wässern spontane Bildung einer Passivschicht, das heißt geringere Flächenkorrosion als bei Kadmium sowie kathodisches Schutzvermögen wie Kadmium

Die Grenzen von Aluminiumschichten sind:

  • infolge der hohen Duktilität erhöhte Empfindlichkeit gegen Reibkorrosion durch erhöhte Reibwerte

Abbildung 7a weist Mög­lich­kei­ten der Ap­pli­ka­ti­on von Alu­mi­ni­um­be­schich­tun­gen und Abbildung 7b einige Charakteristika dieser Beschichtungen auf.

Abb. 7: a) Möglichkeiten der Applikation von Aluminiumbeschichtungen, b) Charakteristika der Aluminiumbeschichtungen aus a)

3.2 An­or­ga­ni­sche Be­schich­tun­gen

Als an­or­ga­ni­sche Be­schich­tun­gen kom­men Phos­phatschichten und Oxid­schich­ten in Fra­ge. Beim Phosphatieren werden nach dem Beizen der Werkstücke aus dem aus Phosphatsalzen und Phosphorsäure bestehenden Phosphatbad unlösliche Zinkphosphatschichten abgeschieden. Ihr Leistungsvermögen ist:

  • sehr feste Haftung auf dem Stahluntergrund
  • mikroporige und mikrokapillare Struktur und dadurch gute Verankerung nachfolgender Beschichtungen
  • gute Gleiteigenschaften
  • hoher elektrischer Widerstand

Als Grenzen von Phosphatschichten sind zu nennen:

  • beständig bis maximal 80 °C
  • begrenzte Korrosionsbeständigkeit, das heißt eine Nachbehandlung ist erforderlich (Einfetten, Wachsen, Lackieren)
  • keine elektrische Leitfähigkeit

Das gezielte Aufbauen von Oxidschichten wird im Wesentlichen bei den rost- und säurebeständigen ‚Edelstählen’ eingesetzt und auch als Passivieren bezeichnet.

3.3 Or­ga­ni­sche Be­schich­tun­gen

Als or­ga­ni­sche Be­schich­tun­gen wer­den ne­ben Lacken auch die bereits an­ge­spro­che­nen Zwi­schen­schicht­ma­te­ri­a­lien so­wie Kor­ro­si­ons­schutz­mit­tel zu­sam­men­ge­fasst. Lacke umfassen grund­sätz­lich die Kom­po­nen­ten Bin­de­mit­tel, Pig­men­te und Hilfs­stof­fe (Tab. 1).

Mit die wich­tig­sten Bin­de­mit­tel sind die Epo­xid­harze (EP) und die Po­ly­ur­e­than­har­ze (PUR). Das Leistungsvermögen von Epoxydharzen umfasst

  • hohes Aufnahmevermögen von Füllstoffen, Pigmenten und Vernetzern
  • hohe Haftfestigkeit
  • thermische Beständigkeit
  • Formbeständigkeit in der Wärme
  • gute Kriechstromfestigkeit

Das Leistungsvermögen von Polyurethanharzen umfasst:

  • hohe Korrosions- und Lichtbeständigkeit
  • geringe Wasseraufnahme
  • hohe Widerstandsfähigkeit gegenüber mechanischer Schädigung und Abrieb

Gegenüber den Epo­xyd­har­zen weisen Polyurethanharze infolge ihrer hohen Korrosions- und Lichtbeständigkeit sowie Widerstandsfähigkeit gegenüber mechanischer Schädigung und Abrieb deutliche Vor­tei­le auf­ und werden aus diesen Gründen in er­ster Li­nie als Deck­an­strich ver­wen­det.

Die Pigmente werden ent­spre­chend ih­rer Kor­ro­si­ons­schut­zwir­kung in ak­ti­ve und in inaktive (pas­si­ve) Pig­men­te un­ter­teilt (Tab. 2). Erstere wirken chemisch beziehungsweise elektrochemisch korrosionshemmend, während die zweite Gruppe im Wesentlichen über eine Hemmung der Diffusion reaktiver Spezies die Korrosionsmechanismen verlangsamen.

Die bisher isoliert für sich dargestellten Beschichtungsgruppen werden in der Praxis in der Regel kombiniert angewendet, so dass man Beschichtungssysteme antrifft.

3.4 Be­schich­tungs­sy­ste­me

Ihr Auf­bau wird be­stimmt

  • vom Grund­werk­stoff
  • von der Grund­werk­stoff­paa­rung
  • von der Fra­ge, ob ei­ne Re­la­tiv­be­we­gung der Bau­grup­pen ge­gen­ein­an­der er­folgt
  • von der Aggressivität des um­ge­ben­den Me­di­ums.

Abbildung 8 be­schreibt die Be­schich­tungs­sy­ste­me für unlegierte und nie­dri­gle­gier­te sowie hochlegierte Stäh­le, wo­bei bei letz­te­ren auch auf die Be­lan­ge von Grund­werk­stoff­paa­run­gen ein­ge­gan­gen wird.

Abb. 8: Beschichtungssysteme für unlegierte und niedriglegierte Edelstähle sowie für rostbeständige und säurebeständige Edelstähle für einen Einsatz in weniger agressiven (hellgrau unterlegt) und aggressiveren wässrigen Medien (zusätzlich notwendig werdende Prozessschritte dunkelgrau unterlegt)

4 Zusammenfassung

Die Beachtung des Oberflächenschutzes von der Konzeptionsphase bis zur Montage macht es möglich, den Baugruppen, die am Flugzeug auftreten, einen zuverlässigen und langzeitig wirksamen Korrosionsschutz und Verschleißschutz zu bieten, Ansprüchen, denen der Flugzeugbau vor dem Hintergrund einer hohen Betriebssicherheit und langzeitigen Verfügbarkeit der Fluggeräte bei möglichst geringem Wartungsbedarf genügen muss. Die Konzeption eines zielführenden Oberflächenschutzes beginnt aber nicht erst bei der Applikation des richtigen Beschichtungssystems, sondern setzt die Kenntnis und das Verständnis der Korrosionsmechanismen und Verschleißmechanismen voraus, ein Grundwissen, dem sich jeder verantwortungsvolle Ingenieur verpflichtet sehen muss.

DOI: 10.7395/2012/Heine2

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