Die AHC Oberflächentechnik GmbH mit 16 Standorten in Deutschland und weiteren europäischen Ländern hat ihren Service ausgebaut. Seit Mitte 2011 entstand auf einer Fläche von mehr als 1400 m2 eine der größten Anlagen Europas für die chemische Abscheidung von Nickel. Wie Uwe Beißwenger, Werkleiter bei der AHC Oberflächentechnik im hessischen Weiterstadt, betonte, herrscht seit Baubeginn an der neuen Durni-Coat® (DNC)-Anlage, bei der Belegschaft eine euphorische Stimmung. Am 16. November konnte die Anlage für Serien- und Kleinteile, die auf zwei Ebenen errichtet ist, feierlich in Betrieb genommen werden. Zur Eröffnungsfeier waren etwa 50 Gäste aus dem Kundenkreis sowie Mitarbeiter der AHC nach Weiterstadt geladen.
Für die neue Anlage zur chemischen Abscheidung von Nickel wurde eine neue Halle errichtet, wodurch für die Belange der Produktionstechnik optimale Bedingungen geschaffen werden konnten. Für die Planung der Anlage konnte die Qubus GmbH aus Schwäbisch Gmünd gewonnen werden. Die Anlage selbst wurde von der ERO GmbH Anlagenbau mit Sitz in Herrnhut errichtet und ist mit einigen Neuerungen, wie beispielsweise einer 3D-Warenbewegung, ausgestattet, die auf Anregung der AHC-Fachleute entstanden sind. Insgesamt wurden für Gebäude und Anlagentechnik etwa 7,5 Millionen Euro in Weiterstadt investiert.
Durch die neue Anlage wird die vorhandene Kapazität im Bereich der chemischen Nickelabscheidung um etwa 130 Prozent erhöht. Die Halle, in der sich die Anlage befindet, hat eine Höhe von über 10 Metern, eine Breite von 20 Metern und eine Länge von 70 Metern. Mit insgesamt zwei Etagen beträgt die Produktionsfläche 2800 m2, was nahezu eine Verdoppelung der bisherigen Produktionsfläche des Werkes Weiterstadt bedeutet! Die Doppelstöckigkeit der Anlage spart Flächen, ermöglicht aber auch die Realisierung eines sehr schlanken Logistikkonzepts.
Hightech auf zwei Etagen
Im Erdgeschoss werden die zu beschichtenden Bauteile auf Gestelle aufgesteckt. Dies erfolgt zum Teil manuell oder auch vollautomatisch mittels Roboter. Die Gestelle sind von ihrer Art der Aufhängung oder der Bestückungszahl an den zu beschichtenden Artikel angepasst. Die Anlage überprüft mittels so genannter RFID-Transponder, ob das jeweilige Gestell das richtige ist, bevor es an Hub-/Senkstationen in den Speicher der oberen Etage eingefahren und von dort der Beschichtung zugeführt wird. Hier laufen eine ganze Reihe von Verfahren vollautomatisch gesteuert ab: die bleifreien Verfahren DNC 471 und DNC 571 sowie die
so genannten Dispersionsbeschichtungen. Hierzu gehören die Nickelvarianten mit Einlagerungen von PTFE beziehungsweise Siliziumcarbid sowie die reibungserhöhende Schichtvariante SIC-9-DURNI-DISP, bei der mit größeren Partikeln gearbeitet wird.
Umweltschutz wird großgeschrieben
Ein wesentlicher Aspekt, der bei der Konstruktion der neuen Beschichtungsanlage und der Halle berücksichtigt wurde, ist der Umweltschutz. Chemisch abscheidende Nickelverfahren benötigen Elektrolyttemperaturen um 90 °C, andere Prozessschritte laufen bei geringeren Temperaturen ab. Mit Unterstützung eines Blockheizkraftwerks werden die jeweiligen Prozessschritte nur auf den maximal notwendigen Arbeitstemperaturen gehalten. Das mit Erdgas betriebene Blockheizkraftwerk liefert aber auch die Energie zur Erwärmung der Zuluft von außen. Denn es werden immerhin 40.000 m3 bis 50.000 m3 Abluft pro Stunde aus der Halle abgesaugt, die durch frische Zuluft ersetzt werden muss. Um nicht unnötigerweise die gesamte Halle aufzuheizen, ist sie in zwei Klimazonen aufgeteilt: Raumtemperatur in der unteren Etage und eine geringere Temperatur in der oberen Etage, wo die Beschichtungsprozesse ablaufen. Werkleiter Beißwenger unterstreicht gerne, dass technische Lösungen und Erfahrungen aus allen anderen AHC-Werken in die Planung der neuen Anlage eingeflossen sind.
Dennis Berninger, Assistent des Werkleiters, zählt noch eine ganze Reihe weiterer Features der neuen Anlage auf: die ständige 3D-Warenbewegung, die Heiß-Kalt-Vorbehandlung, um Bauteile mit komplexer Geometrie rückstandsfrei behandeln zu können, eine integrierte heiße, hochreine Spülstufe für Bauteile mit extremen Reinheitsanforderungen sowie Kondensationstrockner, die dazu beitragen, die Behandlungszeit zu verkürzen und Energie einzusparen. Stolz sind die Weiterstädter auch auf ihre vollautomatische Waschanlage und die selbst konzipierte Vorrichtung zum Handling der Bauteile, die vom Kundenbehälter möglichst schonend in den Waschkorb umgefüllt werden müssen.
Eine Fülle an Innovationen
Bereits seit Jahren werden im Werk Weiterstadt Kupplungsnaben für Kraftfahrzeuge partiell chemisch vernickelt. Das Werk verfügt über eine flexible Innenvernickelungsanlage. Die Gestelle hierfür werden mittels CAD-System selbst konstruiert. Ein Know-how-Vorsprung, der noch weiter ausgebaut werden soll. Bemerkenswert ist auch die automatische Klemmanlage für Bremskolben. Greifarme setzen hier die Kolben, von denen rund 10 Mio. Stück im Jahr mit der für Reibbelastung besonders geeigneten Beschichtungsvariante Hart-Coat® beschichtet werden, von der Kundenverpackung in die Gestellvorrichtung und nach der Beschichtung wieder zurück in die Kundenverpackung. Für das nächste Jahr ist ein vollautomatisches Handling der Verdichterräder geplant, die in der jetzt neu in Betrieb genommenen Anlage bearbeitet werden. Die weitere Automatisierung bringt auch eine verbesserte Dokumentation aller Behandlungsschritte mit sich. Der Kunde kann den Code einlesen und nach dem Beschichten durch weitere Informationen ergänzen, wie Vertriebsleiter Uwe Matuschkiewitz erläutert.
Die weiteren Pläne zur Modernisierung des Werkes umfassen die Errichtung einer neuen Anlage für die partielle Veredlung der Kupplungsnaben sowie schließlich die Verdoppelung der Anlagenkapazität für das Beschichtungsverfahren Hart-Coat® in Halle 1. Alles in allem ist das AHC-Werk Weiterstadt exzellent gerüstet für zukünftige Aufgaben, wenn sämtliche Bau- und Erweiterungsmaßnahmen bis 2014 abgeschlossen sind.
Vor 28 Jahren begann AHC in einer Halle in kleinem Umfang für ortsansässige Kunden Bauteile mit den Verfahren Hart-Coat® (HC) und Durni-Coat® (DNC) zu beschichten. Einige Jahre später wurde eine weitere kleine Halle für die Lagerung von Chemikalien sowie ein Bürogebäude errichtet. In den darauf folgenden Jahren stiegen die Auftragsvolumina im hessischen Weiterstadt stark an: Heute werden pro Jahr über 40 Mio. Teile für rund 6000 verschiedene Kunden beschichtet, von denen zwei Drittel aus der Automobilindustrie oder deren Zulieferer stammen. Unter den über 100 Mitarbeitern finden sich in der Produktion Techniker, Galvanotechnik-Meister, Ingenieure bis hin zu angelernten Kräften. Gearbeitet wird im Dreischichtbetrieb. Weiterstadt verfügt heute über die meisten Beschichtungsprozesse innerhalb der AHC-Gruppe. Zurzeit befindet sich das Werk in einer umfangreichen Umbau- und Erweiterungsphase.
AHC Oberflächentechnik GmbH, Boelckestraße 25-57, D-50171 Kerpen
AHC Oberflächentechnik GmbH, In der Krümme 2, D-64331 Weiterstadt
- www.ahc-surface.com; info.weiterstadt@ahc-surface.com
Chemisch abgeschiedene Nickel-Phosphor-Schicht
Durni-Coat®, kurz auch DNC genannt, ist eine Nickelschicht mit etwa 3 % bis 14 % Phosphor. Die Schicht wird aus einer wässrigen Lösung von Nickelsalzen und dem Reduktionsmittel Hypophosphit ohne äußere Stromquelle bei etwa 90 °C abgeschieden. Der Anteil an Phosphor ist über die Zusammensetzung des wässrigen Elektrolyten einstellbar. Dabei ist das Verhalten dieser Legierung über die Höhe des Phosphorgehaltes beeinflussbar.
Durch die Arbeitsweise ohne äußere Stromquelle ist es möglich, die Schichtdicke über das gesamte Bauteil mit einer sehr geringen Streuung (wenigen Prozent Schwankungen) herzustellen. Kanten und Vertiefungen, zugängliche Hohlräume sowie Bohrungen werden gleichmäßig beschichtet.
Die DNC-Oberflächenveredelung hat die wesentliche Aufgabe, Bauteile gegen Verschleiß und Korrosion zu schützen. Die Härte der Schicht kann durch eine thermische Nachbehandlung zusätzlich variiert werden.
Einige Eigenschaften von Nickel-Phosphor-Schichten:
- Härte (10-14 % Phosphor) ca. 570 HV0,05
- Härte (3-7 % Phosphor) ca. 700 HV0,05
- Härte nach Wärmebehandlung bis 1100 HV0,05
- Korrosionsstromdichte (15 % Chlorid) 4 · 10-6 A/cm2
- magnetisch bei Phosphorgehalten unter 8 %
- Zugfestigkeit bis 700 N/mm2
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Aluminiumoxidschicht – Hart-Coat®
Das Hart-Coat®-Verfahren, kurz HC genannt, ist eine elektrolytische Behandlung von Aluminiumwerkstoffen, deren Resultat die Bildung einer harten und dicken Aluminiumoxidschicht ist. Das Verfahren dient im Wesentlichen dazu, Bauteile gegen Verschleiß und Korrosion zu schützen. Die Schichten werden durch anodisches Oxidieren in einem kalten, sauren Elektrolyten spezieller Zusammensetzung gebildet. Hierbei wird mit Hilfe von elektrischem Strom auf der Werkstückoberfläche durch Reaktion des Aluminiumgrundmaterials mit dem im Elektrolyten vorhandenen Sauerstoff eine schützende Aluminiumoxidschicht erzeugt. Je nach Legierung kann die Oxidschicht bis auf eine Dicke von 200 Mikrometer (1 Mikro-
meter ist der millionste Teil eines Meters bzw. 10-6 m) wachsen. Beim HC-Verfahren weist die Schicht ein sehr viel niedrigeres Porenvolumen auf als die mit herkömmlichen Verfahren
erzeugten Schutzschichten. Besonders zu betonen ist der sehr gute, auf atomaren Bindekräften beruhende Verbund mit dem Grundmaterial, aus dem die Schicht entstanden ist.
Als Grundwerkstoffe lassen sich nahezu alle technisch bedeut-
samen Schmiede- und Knetlegierungen, Sand- und Kokillengusslegierungen sowie Druckgusslegierungen des Aluminiums mit verschiedenen Hart-Coat®-Verfahrensvarianten veredeln.
Einigen Kennwerte von Hart-Coat®-Schichten:
- Härte (je nach Zusammensetzung und Struktur des
Grundmaterials) 400 bis 500 HV0,025 - Temperaturbelastbarkeit bis 2200 K (kurzzeitig)
- Spez. elektrischer Widerstand (20 °C) ca. 4 · 1015 Wcm
- Linearer thermischer Ausdehnungskoeffizient ca. 5 · 10-6 K-1