Galvanisch abgeschiedenes Zink-Nickel auf Eisenwerkstoffen

Oberflächen 09. 02. 2013

Korrosionsschutz der Spitzenklasse 

Von Charlotte Schade und Herbert Käszmann

Galvanisch abgeschiedene Zink-Nickel-Schichten sind seit einigen Jahren vor allem im Automobilbereich für Bauteile aus Eisenwerkstoffen, die im Einsatz höheren Temperaturbelastungen ausgesetzt sind, ein hervorragender Korrosionsschutz. Die Beständigkeit beruht auf dem Vorliegen der sehr stabilen Phase Ni5Zn21. Die Zink-Nickel-Legierung mit 12 Gew.% bis 16 Gew.% Nickel weist zudem mit über 400 HV0,1 eine deutlich höhere Härte als reines Zink auf. Durch Aufbringen einer Konversionsschicht werden Beständigkeiten im Salzsprühtest gemäß DIN EN ISO 9227 von bis zu 2000 Stunden erreicht. Die galvanische Beschichtung mit Zink-Nickel besticht nicht nur durch die guten chemischen und mechanischen Eigenschaften, sondern ist nachweislich auch vollkommen unbedenklich im Hinblick auf eine gesundheitliche Gefährdung durch das enthaltene Nickel – die Gefahr einer Nickelallergie ist damit auszuschließen.

Premium Grade Corrosion Protection – Electrodeposited Zinc-Nickel on Ferrous Substrates

Electrodeposited zinc-nickel coatings for corrosion protection have been important for some years now, especially in the automotive industry for ferrous components operating at elevated temperatures. In such cases, these coatings offer superb corrosion protection. Their corrosion resistance is attributed to presence of the very stable phase Ni5Zn21. Zinc-nickel alloy with composition 12 to 16wt% nickel is also significantly harder than pure zinc with a value in excess of 400 HV0.1. With an additional conversion coating, salt spray resistance as per DIN EN ISO 9227 can reach 2000 hours. In addition to the excellent chemical and mechanical properties of electrodeposited zinc-nickel coatings, there are no known health problems, the nickel being in such a form that it is not allergenic.

1 Einleitung

Eisenwerkstoffe sind nach wie vor der bevorzugte Werkstoff für hochbelastete Bauwerke oder einen großen Teil der heutigen Fahrzeuge. Allerdings unterliegen Eisenwerkstoffe unter atmosphärischen Belastungen einer mehr oder weniger starken Korrosion, die in Meeresnähe oder unter Einwirkung einer Industrieatmosphäre beträchtlich sein kann. Ausgenommen davon sind die rostfreien Stahlsorten mit höheren Anteilen an Chrom und Nickel. Eine der wichtigsten Gegenmaßen ist hier die Beschichtung des Eisenwerkstoffs mit Zink oder einer Zinklegierung. Markantes Beispiel einer solchen Beschichtung sind beispielsweise Stahlteile an Bauwerken (Geländer oder Stützen) oder die allgegenwärtigen Laternenmasten, die durch Feuerverzinken mit einer 100 bis 300 Mikrometer dicken Zinkschicht versehen sind. Vor allem im Automobilbereich sind nahezu alle lösbaren Verbindungselemente (Schrauben, Muttern, Bolzen) mit einer galvanischen Zinkschicht, die Dicken zwischen 5 und 12 Mikrometer (gemäß DIN 50979) besitzen, versehen. Solche galvanisch aufgebrachten Zinkschichten sorgen für die notwendige Zuverlässigkeit der Bauteile über die gesamte Lebensdauer von Fahrzeugen.

2 Kathodischer Korrosionsschutz – Grundlagen

Eisenwerkstoffe werden unter Einwirkung von Sauerstoff zu Eisenoxid oxidiert und es entsteht der bekannte rote Rost, eine Mischung aus verschiedenen Arten von Eisenoxiden, Eisenhydroxiden und weiteren Reaktionsprodukten des Eisens. Relativ schnell verläuft die Oxidationsreaktion, wenn wässrige Lösungen mit gelöstem Sauerstoff und aggressiv wirkenden Bestandteilen wie Chlorid mit dem Eisenwerkstoff in Kontakt sind.

Durch das Beschichten von Eisenwerkstoffe mit Zink oder Zinklegierungen ändern sich beim Kontakt eines korrosiven Mediums mit dem beschichteten Werkstoff zwei Dingen. Zum einen ist der Eisenwerkstoff vor dem Kontakt mit Sauerstoff geschützt. An Stelle des Eisens wird jetzt Zink oxidiert. Die entsprechenden Korrosionsprodukte – in erster Linie Zinkoxid, Zinkhydroxid und Zinkcarbonat – sind weiß. Je nach einwirkendem Medium und Geometrie der Bauteile können die entstehenden Korrosionsprodukte auch weniger voluminös sein, als die der Eisenwerkstoffe [5]. Dadurch ergeben sich Vorteile beispielsweise beim Lösen von Verbindungselementen.

Die Korrosionsprodukte decken die Oberfläche zum Teil ab und erzeugen damit eine Barrierewirkung, die zu einer geringeren Auflösungsgeschwindigkeit führen. Wichtiger aber ist die Situation bei einer mechanischen Verletzung der Zinkschicht, wenn die Oberfläche des Eisengrundwerkstoffes neben der aufgebrachten Zinkschicht vorliegt. Wird jetzt die Schadstelle, an der Eisen neben Zink vorliegt, von einem angreifenden Medium wie einer wässrigen Salzlösung mit gelöstem Sauerstoff überdeckt, so löst sich Zink. Zink besitzt eine geringere Korrosionsbeständigkeit als Eisen.

Die Korrosionsbeständigkeit kann auch durch das Korrosionspotential angegeben werden. Zink besitzt einen niedrigeren Potentialwert als Eisen und es wird im elektrochemischen System aus Eisen, Zink und Elektrolyt zur Anode, an der Metall als Metallion in Lösung geht. Eisen wird zur Kathode, an der der vorhandene Sauerstoff für die Bildung des Zinkoxids reduziert wird (Abb. 1). Daraus leitet sich die Bezeichnung kathodischer Korrosionsschutz für das System aus einer Zinkbeschichtung und einem Substrat aus einem Eisenwerkstoff ab. Der kathodische Korrosionsschutz wird sowohl bei galvanisch abgeschiedenem Zink als auch bei Feuerverzinkungen erreicht.

Abb. 1: Schematische Darstellung des kathodischen Korrosionsschutzes

3 Reines Zink als Schutzschicht

Bis vor etwa 20 Jahren waren reine Zinkschichten die ultimative Lösung zum Schutz von Eisenwerkstoffen vor Korrosion. Dafür wurden auf Bauteile für Fahrzeuge oder auch für Hydraulikelemente mittels galvanischen Verfahren Zinkschichten auf die Eisengrundwerkstoffe aufgebracht. Galvanische Verfahren zeichnen sich aus verschiedenen Gründen für die Herstellung solcher Schutzschichten aus. Die wichtigsten Punkte sind:

  • genaue Steuerung der Dicke von hergestellten Schichten; je nach Verfahren lassen sich für festgelegte Messpunkte Schichten mit einer Genauigkeit von wenigen Mikrometern abscheiden
  • problemlose Vorbehandlung (Entrosten, Beizen, Entfetten) bei Eisenwerkstoffe und somit eine hervorragende Haftung der Zinkschichten und vollständige Abdeckung des Substrats gewährleistet
  • außerordentlich effiziente Auftragung des Beschichtungswerkstoffs Zink beziehungsweise Zinklegierung (z.B. Zink-Nickel oder Zink-Eisen) auf die Substrate; im Prinzip werden nur die zu behandelnden Bauteile mit Zink beschichtet, es entsteht nur in geringem Umfang Abfall beim Prozess der galvanischen Abscheidung und die eingesetzten metallhaltigen Elektrolyte besitzen eine lange Lebensdauer
  • Vermeidung einer thermischer Belastung der Bauteile, im Gegensatz zum Feuerverzinken
  • optimale Prozessvoraussetzung zur galvanische Abscheiden von großen Mengen an Bauteilen, wobei alle Bauteile in einer Charge die selbe Schichtdicke aufweisen

Die Schutzwirkung der in der Regel (gemäß DIN 50979 [13]) 5 Mikrometer bis 12 Mikrometer dicken Zinkschichten lassen sich durch Aufbringung einer zusätzlichen Passivierungsschicht nochmals steigern. Eine der wirkungsvollsten Passivierungen ist die Chromatierung, die bis vor einigen Jahren in breitem Umfang eingesetzt wurde. Hierbei entsteht durch einfaches Tauchen in einer Lösung aus Chromsäure eine schwerlösliche Zinkchromatschicht mit einer Dicke zwischen 100 Nanometer und 500 Nanometer. Die Schicht enthält in geringem Umfang Rest von reaktionsfähiger Chromsäure, die bei einer mechanischen Beschädigung der Chromatschicht die Schadstelle durch Bildung einer neuen Passivschicht ausheilen kann. Vor allem diese Wirkung der Selbstheilung ist es, die zu einer langen Schutzdauer führt.

Die toxische Wirkung des Chrom(VI)ions war der Anlass dafür, dass vor etwa 10 Jahren ein Verbot der Verwendung von Chromatierungen durchgesetzt wurde. So wurde im Rahmen der Altautoverordnung für Fahrzeuge bis zu einem Gesamtgewicht von 3,5 Tonnen festgelegt, dass die Auftragung von Chromatschichten auf Zink und Zinklegierungen nicht mehr zulässig ist. Mit dem Entfallen der klassischen Chromatierung und dem Einsatz der ersten Passivierungen musste die Schutzwirkung der galvanisch abgeschiedenen, reinen Zinkschichten deutlich heruntergestuft werden, in erster Linie aufgrund der fehlenden Selbstheilung bei Passivierungen. Inzwischen sind jedoch chrom(III)basierende Passivierungen eingeführt, die einen durchaus adäquaten Ersatz, teilweise auch bessere Ergebnisse, bieten. Im Zuge der Umstellungen auf die neue Nachbehandlungsverfahren stellte die Automobilindustrie steigende Anforderungen an den Korrosionsschutz verzinkter Bauteile. Dies führte zu einer erhöhten Nachfrage nach alternativen Schichtsystemen auf Basis von Zink [14].

4 Galvanisch abgeschiedene Zink-Nickel-Schichten

Als ausgezeichnete Alternative zu den reinen Zinkschichten erwiesen sich galvanisch abgeschiedenen Legierungsschichten aus Zink und Nickel. Die Abscheideverfahren wurden bereits in den 1980er Jahren entwickelt [1]. Allerdings konnten sie in dieser Zeit nicht in breitem Umfang eingeführt werden, da die Legierungsabscheidung aufwändiger, und damit kostenintensiver, als die Abscheidung eines reinen Metalls ist. Zum Einsatz kamen Zink-Nickel-Schichten in breiterem Umfang lediglich beim Autohersteller Volkswagen AG [1]. Zink-Nickel weist nach Temperaturbelastung eine deutlich bessere Korrosionsbeständigkeit auf als reines Zink. Allerdings waren lieferten die vor 2000 verfügbaren Verfahren raue Schichten, was vor allem für Schraubverbindungen nachteilig war, da die Anzugsmomente eine höhere Schwankung aufwiesen. Die schlechtere Korrosionsbeständigkeit von Zinkschichten im Vergleich zu Zink-Nickel wird unter anderem auf die Bildung von Zink-Whiskern bei reinem Zink zurückgeführt, die eine Schädigung der Chromatschicht verursachen und so die Korrosionsbeständigkeit reduzieren. Bei Zink-Nickel dagegen ist keine Bildung von Whiskern festzustellen. Darüber hinaus bilden sich bei der anfänglichen Auflösung von Zink-Nickel sehr dünne Nickelfilme auf der verbleibenden Oberfläche, die eine gewisse Barrierewirkung gegenüber einem Korrosionsangriff besitzen.

Seit etwa 2000 stehen neue Abscheideverfahren aus alkalischen und sauren Elektrolyten zur Verfügung, die glatte und glänzende Schichten ergeben [5]. Die Verfahren erlauben eine relativ genaue Steuerung der Nickelgehalte in der Schicht. Zudem sind die Lebensdauer der Elektrolyte und die Stromausbeute akzeptabel, so dass eine wirtschaftliche Abscheidung mit hoher Genauigkeit der Zusammensetzung und Schichtdicke möglich ist.

Die Eigenschaften der Zink-Nickel-Schichten ändern sich mit dem Anteil an Nickel in der Legierung. So steigt die Härte der Schicht mit dem Nickelgehalt von etwa 100 HV0,1 (reines Zink) auf bis zu 450 HV0,1 für Schichten mit 12 % bis 16 % Nickel an (Tab. 1). Die hohen Härten sind auf die Bildung der stabilen g-Phase Ni5Zn21 (Abb. 2) zurückzuführen [7]. Bei höheren oder niederen Nickelgehalten ändert sich die Phasenzusammensetzung der gebildeten Legierung und damit auch die Härte der Schicht [2, 3, 7, 11].

 

Abb. 2: Phasendiagramm von Zink-Nickel; bei 12 bis 15 % Nickel bildet sich die g-Phase

Auch die Korrosionsbeständigkeit ändert sich in Abhängigkeit vom Nickelgehalt der Legierungsschicht [2, 3, 7]. Die besten Beständigkeiten werden im Bereich zwischen etwa 12 % und 16 % Nickel erzielt (Abb. 3). Auch dies wird auf die g-Phase zurückgeführt, die chemisch sehr stabil ist.

Abb. 3: Korrosionsbeständigkeit von Zink-Nickel in Abhängigkeit vom Nickelgehalt

Neben der guten Korrosionsbeständigkeit der g-Phase macht sich die Verschiebung des elektrochemischen Potenzials bei den Zink-Nickel-Legierungen positiv bemerkbar [2]. Mit steigendem Anteil an Nickel nähern sich die Potenzialwerte dem von Eisen beziehungsweise den jeweiligen Eisenlegierungen (Abb. 4). Die Potenzialdifferenz zwischen der aufgebrachten Zink- beziehungsweise Zinklegierungsschicht und dem Eisenwerkstoff des Grundmaterials ist beim kathodischen Korrosionsschutz die hauptsächliche Triebkraft für die Reaktionen. Zwar sollte die Potenzialdifferenz einen bestimmten Wert von etwa 100 mV bis 200 mV übersteigen, allerdings bewirkt eine deutliche höhere Potenzialdifferenz eine schnellere Auflösung der Beschichtung und damit auch eine Verkürzung der Funktionsdauer. Gegenüber einer reinen Zinkschicht besitzt eine Zink-Nickel-Legierung mit 10 % bis 15 % Nickel eine um etwa 150 mV kleinere Potenzialdifferenz (Abb. 4), was zur Lebensdauerverlängerung der Zink-Nickel-Schicht beiträgt.

Abb. 4: Korrosionspotenzial in Abhängigkeit vom Nickelgehalt der Zink-Nickel-Schicht

Die Verschiebung des Korrosionspotenzials zu positiveren Werten hat zudem den großen Vorteil, dass die Potentialwerte nahezu identisch mit denen der im Automobilbau gebräuchlichen Aluminiumlegierungen sind. Dadurch kann bei direktem Kontakt zwischen einer Zink-Nickel-Beschichtung und einer entsprechenden Aluminiumlegierung keine so genannte galvanische Korrosion (früher: Kontaktkorrosion) auftreten [2]. Diese Tatsache macht die Zink-Nickel-Beschichtung für die heute angestrebte Gewichtsreduzierung durch Einsatz von Aluminium im Automobil zu einem unverzichtbaren Werkstoff.

Als weiterer positiver Effekt kommt hinzu, dass bei einem korrosiven Angriff der Zink-Nickel-Oberfläche zunächst bevorzugt Zink in Lösung geht und dadurch eine Anreicherung von Nickel an der Oberfläche erfolgt. Da Nickel ein elektrochemisch edlerer Werkstoff als Zink ist, erfolgt im Mikrobereich eine Rückabscheidung von Nickel auf der Oberfläche, so dass sich ein dünner Nickelfilm auf der Zink-Nickel-Schicht bildet. Häufig wird in diesem Zusammenhang auch von einer Nickelanreicherung an der Oberfläche gesprochen. In der Folge reduziert sich die korrosive Auflösung der Beschichtung, was zur guten Gesamtkorrosionsbeständigkeit von Zink-Nickel beiträgt.

Ähnlich wie bei den klassischen reinen Zinkschichten kann auch bei Zink-Nickel durch Aufbringen einer Passivierung der Angriff der Schicht stark verzögert werden. Für Zink-Nickel wurden zu diesem Zweck Passivierungen auf Basis von gesundheitlich unkritischen Chrom(III)verbindungen entwickelt (Abb. 5). Zusätzlich können Versiegelungen (z. B. silikatische Verbindungen) auf die Passivierungen aufgebracht werden, wodurch die Beständigkeit nochmals verbessert wird. Heute sind solche Nachbehandlungen in unterschiedlichen Ausführungen erhältlich, wobei nicht nur die Korrosionsbeständigkeit ein Auswahlkriterium ist, sondern auch die Reibung – wichtig für Schraubverbindungen – oder die Farbe des beschichteten Bauteils (Abb. 6).

Abb. 5: REM-Aufnahme einer Zink-Nickel-Schicht (hellroter Balken) mit Passivierung (blauer Balken) [3]

 

Abb. 6: Unterschiedliche gefärbte Zinkbeschichtungen mit den gesundheitlich unbedenklichen Passivierungen [5]; transparent metallisch (links oben), transparent stahlblau (rechts oben) und schwarz

Die Summe aller positiven Effekte ergibt Korrosionsbeständigkeiten von deutlich über 500 Stunden im neutralen Salzsprühtest (DIN EN ISO 9227) gegenüber etwa 100 bis 150 Stunden bei Reinzink bis zum Auftreten von Rotrost. Schichten mit Passivierung und Versiegelungen erreichen sogar bis zu 2000 Stunden, was ebenfalls einer Verdreifachung der Korrosionsbeständigkeit gegenüber den klassischen Zinkschichten mit Chromatierung entspricht [2, 3, 7-11]. Vor allem ist zu vermerken, dass diese positiven Eigenschaften auch durch Wärmebelastungen der beschichteten Bauteile bis etwa 200 °C nicht beeinträchtigt werden [4].

Einziger verbleibender Vorteil von reinem Zink ist die bessere Duktilität. Mit steigendem Nickelanteil sinkt die Duktilität von Zink-Nickel, was in der Regel beim Biegen zur Rissbildung führt. Allerdings macht sich dies in der Praxis nicht störend bemerkbar, so dass bei Bedarf ein beschichtetes Bauteil ohne Verlust seiner guten Korrosionsbeständigkeit gebogen werden kann. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Duktilität vom Nickelgehalt der Zink-Nickel-Beschichtung abhängt. Wie Mikroskopuntersuchungen [5] zeigen, sind Zink-Nickel-Schichten mit 8 Gew.% Nickel gegenüber Druckbelastungen noch relativ tolerant, während bei einem Nickelanteil von 16 Gew.% bei der selben Belastung sowohl deutlich mehr Risse unter Zugbelastung und Aufschuppungen unter Druckbelastungen auftreten (Abb. 7). Aufgrund des Auftretens des kathodischen Schutzeffekts machen sich solche mikroskopischen Risse unter Korrosionsbelastungen im Hinblick auf die Schutzdauer nur unwesentlich bemerkbar.

 

 

Abb. 7: Änderung der Duktilität mit steigendem Nickelanteil in einer Zink-Nickel-Schicht bei Biegebeanspruchung [5]; Beschichtung mit Zincrolyte KCL-Ni III; Hinweis: der Bruch in der Schicht im Teilbild links unten (16,5 % Nickel) wurde durch eine Bruch in der Oberfläche des Grundmaterials ausgelöst

Andererseits besteht nach jüngsten Untersuchungen [10] bei der Beschichtung von hochfesten Stählen mit Zink-Nickel für Bauteile bis Festigkeitsklasse 10.9 keine erkennbare Gefahr durch die gefürchtete Wasserstoffversprödung. Daher wird davon ausgegangen, dass Bauteile mit einer Festigkeitsklasse von 10.9 bei einer Zink-Nickel-Beschichtung keine nachfolgende Wärmebehandlung erfordern, um einen wasserstoffinduzierten Sprödbruch zu verhindern. Eine Reihe von Beschichtungsunternehmen bieten solche Beschichtungen auf ausgewählten Bauteilen an, wobei immer eine Abstimmung mit den Abnehmern der Bauteile erfolgen sollte. Die neue DIN 50969 (Teil 1 und Teil 2) [13] gibt Hinweise zur Vermeidung von Sprödbrüchen und zeigt Methoden zur Untersuchung auf die Risiken auf.

Als Ursache dieses positiven Einflusses der Zink-Nickel-Beschichtung wird die Ausbildung einer initialen Nickelschicht beziehungsweise hoch nickelhaltigen Schicht angesehen. Zu Beginn der Abscheidung wird zuerst eine sehr dünne, wenige Atomlagen starke, Nickelschicht auf dem Substrat und darauf erst die eigentliche Zink-Nickel-Schicht gebildet. Eine vollständige Abdeckung ist nicht erforderlich. Die primäre Nickelschicht bewirkt eine Änderung der Reaktionskinetik, sodass anstelle des diffusionsfähigen atomaren Wasserstoffs vorwiegend der nicht diffusionsfähige molekulare Wasserstoff gebildet wird. Diese Vorgänge minimieren das Eindringen von Wasserstoff in das Substrat, sodass unterkritische Konzentrationen gegeben sind. Daher ist die Gefahr einer Wasserstoffversprödung praktisch ausgeschlossen, ohne dass die übliche Temperaturbehandlung bei etwa 200 °C – wie für Zinkschichten – erforderlich ist.

5 Nickel – kritisch oder nicht?

Bereits vor etwa 20 Jahren waren bei Schmuckgegenständen verstärkt Nickelallergien aufgetreten, die sich beispielsweise in der Beschränkung der Nickelabgabe bei Schmuck (DIN 1811, Europäische Direktive 94/27/EC) niedergeschlagen haben. In den derzeit laufenden Aktivitäten um REACh sind zudem verschiedene Nickelverbindungen unter Beobachtung geraten. Diese führt bei der Verwendung von Nickel in Prozessen sowie in Produkten zu einer erhöhten Aufmerksamkeit bei den Anbietern und Kunden. Die Anbieter von galvanischen Zink-Nickel-Verfahren haben deshalb bereits vor 8 bis 10 Jahren damit begonnen, die Nickelabgabe von Zink-Nickel-Schichten zu untersuchen [5].

Das Verhalten von verschiedenen nickelhaltigen Werkstoffen wurden in einer umfangreichen Studie unter Mitwirkung des schwedischen Automobilherstellers Scania untersucht und 2006 abgeschlossen [6]. Hierbei hat es sich gezeigt, dass Zink-Nickel-Schichten mit etwa 14 % Nickel etwa um den Faktor 100 weniger abgeben, als der allgemein gültige Grenzwert von
0,5 µg/(cm2 Woche) in DIN 1811 als kritisch ansieht. Damit liegt Zink-Nickel sogar unter der Nickelabgabe von rostfreiem Stahl [6], der unter den vorliegenden Belastungen als absolut unbedenklich angesehen wird. In Tabelle 2 [6] sind die Abgaben zur Nickelabgabe aus verschiedenen Legierungszusammensetzungen sowie von rostfreiem Stahl angegeben, wie sie nach 9 Wochen im Korrosionstest (Interner Korrosionstest bei Scania) gefunden wurden.

6 Fazit

Für Eisenwerkstoffe ist die galvanische Beschichtung mit Zink und Zinklegierungen nach wie vor einer der besten Möglichkeiten zum Schutz gegen Korrosion [15]. Seit dem Verbot der klassischen Chromatierungen beispielsweise in der Automobil- und Elektrobranche hat der Einsatz von Zinklegierungen – vor allem Zink-Nickel mit etwa 15 Gew.% Nickel – an Stelle der früher geläufigen reinen Zinkschicht in Bezug auf die Korrosionsbeständigkeit deutliche Verbesserungen gebracht. So weist eine Zink-Nickel-Schicht mit etwa 15 Gew.% Nickel eine deutlich bessere Beständigkeit im Vergleich zu reinem Zink auf. Im Allgemeinen kann von einer etwa dreifach längeren Beständigkeit gegenüber einer korrosiven Belastung gerechnet werden. Durch Aufbringen einer Passivierung und einer Versiegelung werden heute bei Schichtdicken von etwa 10 µm Beständigkeiten gegen das Auftreten von Rotrost von bis zu 2000 Stunden im Salzsprühtest nach DIN EN ISO 9227 NSS erzielt. Die gelegentlich geäußerten Befürchtungen, dass Zink-Nickel eine Nickelallergie auslösen könnte, konnten in Untersuchungen überzeugend widerlegt werden. Die Nickelabgabe liegt um den Faktor 100 unter dem zulässigen Grenzwert von 0,5 µg/(cm2 Woche). Mit diesen Abgabewerte ist galvanisch abgeschiedenes Zink-Nickel auf einem vergleichbaren Niveau mit Edelstahl, der breite Anwendung in allen Felder des gesellschaftlichen Lebens findet.

Referenzen

[1] Zink-Nickel-Legierungsabscheidung; R. Pfitz; Metalloberfläche, 44 (1990), Heft 6, Carl Hanser Verlag, München

[2] ZnNi_alloy_plating.ppt; unternehmens-
interne Information von Ralph Krauß, Dr.-Ing. Max Schlötter GmbH & Co. KG

[3] Vorteile von Zink-Nickel-Legierungsschichten; unternehmensinterne Information von Ralph Krauß, Dr.-Ing. Max Schlötter GmbH & Co. KG

[4] Tempertest_ZiNi.ppt; unternehmensin-
terne Information von Ralph Krauß, Dr.-Ing. Max Schlötter GmbH & Co. KG

[5] Vergleich der Abscheidung von Zink-Nickel-Legierungsschichten; Rainer Paulsen; Enthone GmbH; Vortrag auf den ZVO-Oberflächentagen, Würzburg 2009

[6] Release rates and environmental impact of zinc-nickel coatings in the automotive industry; Johan Åslund, Master of Science Thesis, Stockholm, Sweden 2006

[7] Anwendung von Zink-Nickel-Legierungen als Kadmiumersatz zum Korrosionsschutz hochfester Stähle; Bert Gysen, Fakultät Maschinenbau der Universität Dortmund zur Erlangung des akademischen Grades Doktor-Ingenieur; Dortmund 2000

[8] Corrosion behaviour of zinc-nickel coatings electrodeposited on steel; M. Gavrila, J. P. Millet, H. Mazille, H. D. Marchandise, J. M. Cuntz; Surface and Coatings Technology, 123 (2000), S. 164-172

[9] Vorteile Zink/Nickel Legierungssysteme; persönliche Mitteilung von Dr. Saca P. Jacob; 5.12.2012

[10] Wasserstoffgefährdungspotenzial von Zink- und Zink-Nickel-Beschichtungen bei hochfesten Bauteilen aus Stahl; Paatsch, W.; Landgrebe, R.; Lohrengel, M. M.; Galvanotechnik, 100 (2009)6, S. 1280-1287

[11] Galvanische Verzinkung; T. W. Jelinek; Eugen G. Leuze Verlag, Bad Saulgau; 2002, S. 115-129

[12] Leaching of heavy metals (Cr, Fe, and Ni) from stainless steel utensils in food simulants and food materials; R. Kumar, P. K. Srivastava, S. P. Srivastava; Bulletin of Environmental Contamination and Toxicology, (2009) Volume 53, Nr. 2, S. 259-266, DOI: 10.1007/BF00192042

[13] DIN 50797: Metallische Überzüge – Galvanische Zink- und Zinklegierungsüberzüge auf Eisenwerkstoffen mit zusätzlichen Cr(VI)freien Behandlungen (Teil 1 und Teil 2); Beuth Verlag, Berlin

[14] B. Chatterjee: Electrodeposition of Zinc Alloys; Jahrbuch Oberflächentechnik, Band 62 (2006); S. 76-105

[15] Kaltgewalztes Feinblech - unbeschichtet und elektrolytisch veredelt; Broschüre der ThyssenKrupp Stahl AG, August 2000

Danksagung

Die Autoren danken Dr. M. Jordan, R. Krauß und A. Striso (Dr.-Ing. Max Schlötter, Geislingen), R. Venz (Coventya), R. Paulsen (Enthone GmbH), Dr. S. Jacob (Hillebrand Chemicals GmbH), Prof. Dr. H. Roßwag sowie M. Juros (Krämer Metallveredlung, Ulm) für die umfangreiche Unterstützung in Form von Unterlagen und Diskussionen.

DOI: 10.7395/2013/Schade1

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