Bericht über eine Veranstaltung der Deutschen Gesellschaft für Galvano- und Oberflächentechnik e. V., DGO, und des Fraunhofer-Instituts für Produktionstechnik und Automatisierung, IPA, in Stuttgart am 19. März 2013
Die Beschichtung von Oberflächen mittels galvanischer Verfahren hat in den letzten Jahren zunehmend den Schritt zur industriellen Produktionstechnik vollzogen. In vielen Fällen wurden und werden dazu großtechnische Anlagen erstellt, deren Effizienz stark von der Berücksichtigung moderner Erkenntnisse der Produktionstechnologie abhängig ist.
Die DGO als Branchenvertretung hatte zusammen mit dem Fraunhofer-IPA, das sich seit seiner Gründung vor mehr als 50 Jahren mit den Produktionstechniken in der Galvano- und Oberflächentechnik befasst, am 19. März zu einer Informationstagung nach Stuttgart eingeladen. Etwa 80 Fachleute aus der Galvano- und Oberflächentechnik konnte Dr. Martin Metzner, Abteilungsleiter Galvanotechnik am Fraunhofer-IPA, zu der Veranstaltung begrüßen.
Entwicklung in der Anlagentechnik
Dr. Martin Metzner eröffnete die Fachvorträge mit einem Überblick über die Entwicklung der Anlagen zur galvanotechnischen Abscheidung von Metallen. Die Technologie ist inzwischen seit mehr als 150 Jahren bekannt und in seinen Grundzügen weitgehend gleich geblieben. Erforderlich sind ein passender Elektrolyt, vorzugsweise auf Basis von Wasser und einem gelösten Metallsalz mit diversen Zusätzen, ein Stromkreis, der über eine Anode und Kathode geschlossen wird, sowie ein Behälter mit dem Elektrolyten, in dem die galvanische Abscheidung abläuft.
Einer der hauptsächlichen Zwänge ist laut Dr. Metzner die Spülung der zu bearbeitenden Bauteile im Prozess. Hierbei wird nach jeder aktiven Stufe die vorhandene Prozesslösung in einem nachfolgenden Schritt in Wasser verdünnt und damit von der Oberfläche entfernt, also abgespült. Besonders zu beachten ist dies bei Aktivlösungen mit aggressiven, giftigen oder reaktiven Lösungen. In der Regel wird hierbei auch wertvolle Reaktionslösung verschleppt, was bei hochwertigen Stoffen den Zwang zum Recycling vorgibt. Zum Abschluss der Behandlung muss besonders intensiv gespült werden, um eine rückstandsfreie Oberfläche nach der Behandlung zu erhalten.
Aus diesen grundlegenden Abläufen ergibt sich – je nach erforderlicher Zusammensetzung oder Dicke der Beschichtung – eine mehr oder weniger lange Behandlungsfolge und damit auch eine typische Behandlungszeit für jede Beschichtungsvariante. Die Prozesszeiten liegen zwischen 2 min bis 3 min für Spülvorgänge und bei etwa 10 min für eine durchschnittliche galvanische Verzinkung oder etwa 60 min bis 90 min für das Anodisieren von Aluminium (mit Nachbehandlung). Einschließlich Vorbehandlung, aller Zwischenspülschritte und abschließender Trocknung liegt die Behandlungsdauer beispielsweise für das Anodisieren von Aluminium bei 130 min bis 140 min.
Daraus leitet sich ab, dass zur Bewerkstelligung von hohen Stückzahlen an Bauteilen die parallele Bearbeitung von mehreren Bauteilen unumgänglich ist. Dies geschieht in der Praxis durch die Verwendung von Beschichtungsgestellen, die mit einigen bis zu mehreren Hundert Bauteilen bestückt sind und von denen zum Teil auch mehrere auf einem so genannten Warenträger angebracht sein können. Bei kleinen Teilen wird eine hohe parallele Bearbeitung in so genannten Beschichtungstrommeln realisiert. Als technische Herausforderung für den Beschichtungsfachmann gilt hier die optimale Auswahl der Gestelltechnik, der Art der Bestückung der Bauteile auf den Gestellen oder auch die Auswahl der geeigneten Trommeltechnik für die Beschichtung von Massenteilen im Schüttverfahren.
Heute kann die Galvanotechnik auf ein breites Sortiment an voll- und halbautomatischen Beschichtungsanlagen mit der unterschiedlichsten Zahl an Einzelpositionen (Aktivposten wie Reinigen, Beizen oder chemische und galvanische Metallabscheidung; passives Spülen oder Trocknen) und einem breiten Spektrum an Behältergrößen und Transportsystemen zurückgreifen. Die entsprechenden Anlagen werden heute oftmals vollautomatisch betrieben, wobei nicht nur die individuelle Beaufschlagung eines einzelnen Warenträgers oder Warengestells möglich ist, sondern auch die einzelnen Kenngrößen des Prozesses, wie Bestandteile der Elektrolyte, Temperatur oder Umwälzung, online gemessen und automatisch geregelt werden.
Dr. Metzner gab auch einen Einblick in die Vielfalt der Anlagentechnologien. Für große Stückzahlen eines Bauteiltyps, zum Beispiel Walzen oder Zylinder, bietet sich der Einsatz von Reaktoren an, die sich durch eine hohe Schichtpräzision sowie durch eine hohe Bearbeitungsgeschwindigkeit und eine sehr geringe Belastung der Umgebung auszeichnen. Solche Anlagen arbeiten zum Teil vollkommen autark und können auch von fachfremdem Personal bedient werden.
Energieeffizienz
Die galvanotechnische Beschichtung benötigt in erster Linie Energie als Einsatzposition. Klaus Schmid vom Fraunhofer-IPA nannte als Hauptenergieverbraucher die Positionen Heizung/Kühlung, die eigentliche Elektrolyse mit allen ihren Verlusten bei der Umwandlung der Stromart im Gleichrichter und der Stromverteilung sowie den Betrieb der peripheren Einrichtungen wie Spül- und Abwassertechnik. Dabei können die Verbräuche je nach Abscheidetechnik deutlich variieren. Prinzipiell beanspruchen aber Gleichrichterleistung und Heizung/Kühlung den größten Teil. Verluste entstehen zum Beispiel bei der aufgewendeten Heizenergie in erheblichem Maße durch die Verdunstung von Wasser bei beheizten Arbeitslösungen. So zeigte der Referent Ergebnisse von Untersuchungen mit automatischen Deckelsystemen, bei denen durch die Optimierung von Verschlusszeiten mehr als 50 Prozent der Heizenergie eingespart werden konnten.
Aus solchen Voruntersuchungen wurde in Zusammenarbeit mit der Thoma Metallveredelung GmbH die Realisierbarkeit des Konzepts an einer galvanischen Anlage zur Abscheidung von Hartchrom aufgezeigt. Das Projekt (Az: 25418-21/2, 2008) wurde von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt unterstützt. Hierbei wurden der Prozessschritt Hartverchromung, bei dem eine Kühlung erforderlich ist, und eine Vorbehandlung durch die chemische Abscheidung von Nickel mit Bedarf an Heizenergie kombiniert. Hierzu wurden Wärmepumpen eingesetzt, eine besondere Energieverteilung entwickelt und anfallende Wärme in einem Wärmepuffer zwischengespeichert.
Des Weiteren wurden Optimierungen bei der Gleichrichtertechnik für die Hartverchromung vorgenommen. Wie Messungen zeigten, war die Stromübertragung bei der früheren Technologie ein Schwachpunkt. Durch Verbesserung der Situation ergab sich eine Senkung der sekundären Gleichspannung bei der Verchromung von 10 V bis 11 V auf 8 V bis 9 V, was bereits eine Minderung des Energieverbrauchs von zehn bis 27 Prozent ergibt. Dies entspricht bei dem betrachteten Projekt bei Thoma einer Kosteneinsparung von bis zu 55 000 Euro (bei 0,11 Euro/kWh) pro Jahr.
Aber nicht nur durch Innovationen bei der Ausgestaltung von Anlagen oder Anlagenteilen sind Einsparungen an Energie erzielbar. Am Beispiel einer Anlage zur Abwasserbehandlung nach einer Anodisiation von Aluminium zeigte Klaus Schmid, dass die energetische Betrachtung und der Vergleich von bestehenden Technologien – beispielsweise die klassische Fällung im Vergleich zur Verdampfung – durchaus lohnend sind. Hierbei muss nicht immer die modernere Variante, wie das Verdampfen, zu einer geringeren Energiebelastung führen. An diesem Beispiel wurde klar, dass der moderne Anlagenbau in der Galvanotechnik zukünftig großen Wert auf Energiebilanzen legen muss und dass die Energieeffizienzbetrachtung wohl als eigenständiger Teil einer Anlagenplanung Einzug finden wird. Nach wie vor würden die bekannten Ansätze zur Einsparung von Energie nicht konsequent umgesetzt, so das abschließende Fazit des Referenten.
Regelwerk
Mit einem von Technikern eher ungeliebten, aber nichtsdestotrotz außerordentlich wichtigen Thema befasste sich Hans Christian Schröder vom TÜV Süd, Industrie Service GmbH, aus Mannheim Er gab einen Einblick in die komplexe Gesetzeslage der Regelwerksanforderungen und ihre Umsetzung in der Praxis, wie sie für den Bereich der Oberflächentechnik und speziell der Galvanotechnik vorliegt. Die heute geltenden Gesetze stellen hierbei eine Bewertung von Gefahren und Risiken, die von einer entsprechenden Anlage zur Oberflächenbehandlung ausgehen, in den Vordergrund. Grundlage sind gesetzliche Anforderungen und vorhandene Regelwerke. Ziele sind dabei die Sicherheit und Gesundheit für die Arbeitskräfte sowie der Schutz der Umwelt. Damit ist klar, dass Stoffe und Arbeitsplatz im Zusammenspiel mit den möglichen Wechselwirkungen und der Umwelt zu betrachten und zu bewerten sind.
Für diese Aufgaben ist eine ganze Reihe von Regelwerken mit unterschiedlicher Reichweite relevant, vom kommunalen Recht über die Regelungen der Bundesländer bis hin zu EU- und internationalem Völkerrecht. Die Anforderungen beruhen dabei auf den Grundsätzen Vermeiden, Vermindern, Verwerten und Beseitigen. Im Bereich der Galvanotechnik stehen damit Inhalte des Wasserhaushaltsgesetzes (WHG), Landeswassergesetzes (LWG), Abfallgesetzes (AbfG) und des Bundesimmissionsschutzgesetzes (BImSchG) im Vordergrund. Je nach Art der Verfahren und Anlagentechnologien sind allerdings eine Reihe weiterer Verordnungen zu betrachten, die vorwiegend bereits bei der Planung und Abnahme von Anlagen zu berücksichtigen sind. Welche unterschiedlichen Ansätze hier zum Tragen kommen, verdeutlichte der Referent am Beispiel des Konformitätsbewertungsverfahrens, das aber gleichzeitig auch klar machte, dass eine genaue Einhaltung aller Forderungen ein tiefes Fachwissen im Bereich des Rechts voraussetzt.
Für Anlagen mit Flüssigkeiten gilt vor allem die Prämisse, dass keine Flüssigkeit in die Umwelt gelangen darf. Damit stehen Eigenschaften wie dicht, standsicher, widerstandsfähig gegen chemische, thermische und mechanische Einflüsse sowie gute Erkennbarkeit von Undichtigkeiten im Vordergrund. Dies wird unter anderem in der TRwS 779 näher spezifiziert oder auch in der VAwS ausgeführt. Damit werden vor allem für Neuanlagen umfangreiche Forderungen an die Ausführung und Sicherheitsvorkehrungen von Anlagen vorgegeben. Diese betreffen beispielsweise die Bodenflächen, auf denen eine Anlage errichtet wird, deren Rückhaltevermögen (festgelegt in Ausführung und Volumina) und Infrastruktur. Unterteilt wird die Rückhaltung in eine für Abwasser und für Löschwasser. Hilfestellungen ergeben sich unter anderem aus den Merkblättern für die besten verfügbaren Techniken (BVT), die zugleich den Stand der Technik widerspiegeln.
Für den Umgang mit wassergefährdenden Stoffen wird nach Aussage des Referenten auf folgende Einzelvorschriften zurückgegriffen:
- Wasserhaushaltsgesetz (WHG); Bundesregelung
- Verordnung zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen (VUmwS); Bundesregelung
- Verordnung über Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen (VAwS); Landesregelung
- Technische Regeln wassergefährdender Stoffe (TRwS); allgemein anerkannte Regeln der Technik
Bei den im Bereich der Galvanotechnik eingesetzten Anlagen wird weiter in HBV-Anlagen (Herstellen, Behandeln und Verwenden von Prozessanlagen) sowie in LAU-Anlagen (Lagern, Abfüllen, Umschlagen) unterschieden. Für die Einteilung in eine der beiden Gruppen stehen entsprechende Definitionen zur Verfügung, bei denen unter anderem das eingesetzte Volumen relevant ist. Allein schon an der Zahl der TRwS-Vorschriften (Tab. 1) wird der erforderliche, hohe Aufwand des regelkonformen Verhaltens ersichtlich.
Interessant ist in diesem Zusammenhang auch der Unterschied bei der Sicherheitsbetrachtung. Die Risiko- und Gefahrenanalyse muss vom Errichter einer Anlage erstellt werden, und sie ist Grundlage des Sicherheitskonzepts und Forderung der Richtlinie. Die Gefährdungsbeurteilung dagegen ist vom Betreiber zu erstellen, enthält die Gefahren beim Umgang mit der Anlage, ist Teil des Sicherheitskonzepts und zudem eine Forderung von WHG und Betriebssicherheitsverordnung. In diesem Zusammenhang wies der Vortragende darauf hin, dass mehr als die Hälfte der Fehler in Sicherheitssystemen noch vor der Inbetriebnahme ihren Ursprung finden. Aus diesem Grund kommt einer zusätzlichen Überwachung und kontinuierlichen Überprüfung von Anlagen eine hohe Bedeutung zu.
Spül- und Abwassertechnik
Vor allem die Abwasserbehandlung in der Oberflächentechnik zählt nach wie vor zu den Positionen, die als unproduktiver Teil zu erheblichen Kosten führt, wie Horst Färber, Färber+Schmid AG, Dietikon (Schweiz), einführend bemerkte. Daneben werden vor allem vom Gesetzgeber die Auflagen zur Behandlung von Abwasser und zur Einsparung von Ressourcen erhöht, wodurch auch auf längere Sicht kaum eine Vereinfachung der Situation zu erwarten ist. Andererseits können Unternehmen durch konsequente Umsetzung von fortschrittlichen Technologie für das Spülen, um Ausschleppverluste zu verringern, und modernen Verfahren von Abwasserbehandlung und Recycling erhebliche Kosteneinsparungen erzielen.
Die Vorgehensweise zum Einsatz von neuen Spülkonzepten und Verfahren zur Abwasserbehandlung zeigte der Referent am Beispiel eines Unternehmens, das Silber galvanisch unter anderem auf Aluminium für Bauteile der Mittel- und Hochspannungstechnik abscheidet. Für die Analyse wurden zunächst in einer Bestandsaufnahme alle zugänglichen Daten der Produktion erfasst und anschließend die einzelnen Fertigungsschritte von der Abscheidetechnologie über die Spülverfahren, die Wertstoffrückgewinnung bis zur Abwasserbehandlung genauer betrachtet. Hierbei nimmt der Vergleich der verschiedenen verfügbaren Verfahren, bezogen auf die Belange des Unternehmens, einen erheblichen Teil der Vorplanung ein.
Entstanden ist daraus eine komplette Neuplanung und Realisierung der Produktion. Eine Neuplanung ermöglicht eine heute häufig empfohlene Trennung der unterschiedlichen Wasserströme. Dadurch wird die Reinigung der Spülwässer im Bypass einfacher und die Endbehandlung von nicht mehr nutzbarem Abwasser wird kostengünstiger. Vor allem bei der Auswahl der Zahl an einsetzbaren Spülkaskaden empfiehlt Horst Färber, auch den dafür notwendigen Flächenbedarf in einer Produktion zu berücksichtigen. Im vorliegenden Fall konnte beim Abwasser eine Reduzierung von mehr als 75 Prozent und beim Bedarf an Kreislaufwasser von mehr als 20 Prozent ermittelt werden.
Bei Vorliegen von silberhaltigem Abwasser empfiehlt sich der Einsatz von Elektrolyseverfahren direkt vor der Abwasserbehandlung zur Rückgewinnung von metallischem Silber. Dadurch erhöht sich die Standzeit der eingesetzten Ionenaustauscher beträchtlich, ebenso wie die Kostensituation beim Erlös von Recyclingsilber. Prinzipiell unterstützt der Einsatz der UV-Technologie die Zerstörung von vorhandenen organischen Zusätzen und damit die abschließende Fällung. Zugleich können dadurch die Abwassergrenzwerte ohne merklichen Aufwand erreicht werden.
Die Umsetzung der vom Referenten empfohlenen Vorgehensweise hat sich bewährt, wie die seit 2007 erfolgreich arbeitende Produktion zur Silberabscheidung belegt. Vor allem die genaue Betrachtung der Spülstufen hat eine kleinstmögliche Dimensionierung der Kreislaufwasseranlage und damit auch eine sehr kostengünstige Betriebsweise ermöglicht. Der vollautomatische Betrieb gewährleistet geringe Personalkosten und verleiht zugleich eine hohe Anlagensicherheit.
Hydrodynamik in der Beschichtung
Dr. Ralf Teichmann, Ventaix GmbH, Monschau, sprach mit dem Einfluss der Strömung in der Oberflächentechnik einen weiteren wichtigen Punkt bei einer Anlagenplanung an. Vor allem die Tatsache, dass die chemischen Prozesse der Galvanotechnik in starkem Maße vom Austausch an reaktiven Teilchen und damit von vorliegenden Konzentrationsverhältnissen beeinflusst werden, geben dem Stofftransport in Lösungen einen hohen Stellenwert.
Der Stofftransport in Flüssigkeiten wird nach den Ausführungen von Dr. Teichmann durch die physikalischen Vorgänge der Migration, Diffusion und Konvektion bestimmt. Im Fall der Diffusion sind vorhandene Konzentrationsverhältnisse vorrangig. Um den Stoffaustausch an einer Grenzfläche zwischen Festkörper und Flüssigkeit zu beeinflussen, muss berücksichtigt werden, dass die Strömungsgeschwindigkeit direkt an der Oberfläche gegen Null geht. Zudem ändert sich die Verhaltensweise der Flüssigkeit selbst mit der Strömungsgeschwindigkeit, beschrieben durch die Zustände der laminaren und turbulenten Strömung. Aus allen diesen grundlegenden Gegebenheiten ergeben sich die Randbedingungen und Einsatzmöglichkeiten von Umwälzverfahren.
In der Galvanotechnik werden drei Verfahren angewandt: Warenbewegung, Bewegung durch Lufteinblasung und Elektrolytbewegung durch Pumpverfahren. Die Warenbewegung hat den Vorteil, dass keine Aerosole entstehen, keine Schaumbildung entsteht und komplexe Geometrien gute Bewegungen erzeugen, allerdings ist der Stofftransport gering und der Aufwand zur Einrichtung je nach Art der Teile aufwändig. Die Lufteinblasung ist eine kostengünstige Technologie, erfordert allerdings Vorkehrungen gegen Ölverschmutzung aus der Druckluft, Oxidation von Lösungsbestandteilen, Aerosol- und Schaumbildung.
Mit die gebräuchlichste Bewegungsart ist diejenige über Pumpen. Sie erzeugt im Allgemeinen eine sehr gute Durchmischung der Lösung, eine gute Ausnutzung des gesamten Volumens und eine Einstellung der Strömungsart (laminar oder turbulent). Lediglich die Anpassung an die Bauteilgeometrie sowie für die Nachrüstung sind als Nachteile zu nennen.
Um gute Ergebnisse bei der Umwälzung durch Pumpen zu erzielen, muss der Einströmung der Flüssigkeit in das Flüssigkeitsvolumen besonderes Augenmerk geschenkt werden. Die Zuströmung wird in aller Regel über ein Rohrsystem mit Auslassdüsen bewerkstelligt. Bewährt haben sich hierfür Venturidüsen, die eine sehr gute Durchmischung von vorhandener Lösung und neu zugeführter Lösung, die in der Regel über Filter gereinigt wird, gewährleisten.
Die Auswahl und Wirkung von Pump- und Düsensystemen lassen sich heute in Simulationen untersuchen und zeigen. Um eine Anpassung bei sich ändernden Bauteilgeometrien zu ermöglichen, werden solche Simulationen im Vorfeld durchgeführt, aber auch Zuleitungen so ausgeführt, dass eine gewisse flexible Anpassung möglich ist. Neben den Strömungsverhältnisse spielen heute auch Energiebetrachtungen eine Rolle, beispielsweise in Bezug auf die Abkühlung von Prozesslösungen im Pumpkreislauf oder auch durch eine erhöhte Verdunstung. Interessant war in diesem Zusammenhang der Hinweis des Vortragenden, dass vor allem bei Lufteinblasung der Abkühlungseffekt häufig nicht genügend berücksichtigt wird. So lassen sich durch Änderung von Lufteinblasung auf Umwälzung mit Pumpen bis zu 25 Prozent Heizenergie einsparen.
Galvanikanlagen
Bei Anlagen zur galvanischen Abscheidung handelt es sich sowohl im Bereich der Inhouse-Fertigung als auch der Lohnbeschichtung um sehr komplexe Maschinen. Dabei sind die Herausforderungen für die beiden Arten der Beschichtungsunternehmen sehr unterschiedlich. Die Inhouse-Fertigung hat in der Regel hohe Stückzahlen des selben Produkts und eine gewisse Möglichkeit, die Bauteilgeometrie den Anforderungen der Galvanotechnik anzupassen. Die Lohnbeschichtung kann diese Vorteile nicht bieten, sondern muss sich mit variablen Stückzahlen und sehr unterschiedlichen Geometrien auseinsandersetzen, dabei aber zugleich kostengünstig produzieren.
Markus Gisler, Galvabau AG, Hergiswil (Schweiz), gab einen Einblick in die Vorgehensweise bei der Planung und Errichtung einer neuen Galvanoanlage aus Sicht des Anlagenbauers. Die Entscheidung für einen Anlagenbauer richtet sich heute zunehmend danach, ob der Anbieter global agiert und über ausreichend Ressourcen verfügt, um den Zeitraum von der Planung über die Errichtung und die nachgeschaltete langjährige Betreuung einer Beschichtungsanlage zu bewältigen. Zudem muss sich ein Hersteller von Anlagen mit den unterschiedlichsten Beschichtungstechnologien und Produktspektren der Beschichtung auseinandersetzen und diese verstehen können. Erschwerend kommen heute die umfassenden Anforderungen aus dem Bereich des Arbeits- und Umweltschutzes hinzu. Diese verlangen vom Anlagenbauer erhebliche Gesetzgebungskenntnisse und Geschick im Umgang mit Behördenvertretern.
Auch wenn die Planungs- und Erstellungszeiträume für Anlagen heute relativ kurz sind, ergeben sich doch auch hier während des Prozesses Änderungen, auf die ein Anlagenbauer flexibel und kundenfreundlich reagieren müsse, wie Markus Gisler abschließend bemerkte.
Steuerungstechnik
Einen Einblick in die Steuerungstechnik für moderne Galvanikanlagen gab Dr. Robert Freund, Aucos GmbH, Solingen. Vor allem die gestiegenen Qualitätsanforderungen, beispielsweise mit Blick auf die Produkthaftung, haben dazu geführt, dass Anlagen mit einer umfangreichen Steuerung und Protokollierung erforderlich sind. Unter Steuerung ist dabei das gesamte System aus Einzelkomponenten für die mechanische Steuerung der bewegten Elemente, die Steuerung und Regelung der verschiedenen Hilfsaggregate sowie die Darstellung und Protokollierung aller verfügbarer Parameter zu verstehen. Dies soll zudem an zahlreichen Ausgabegeräten sichtbar und über Terminals steuerbar sein.
Eine moderne Steuerung muss die Anlage mit ihren wichtigen Einzelkomponenten visualisieren können. Dies bedeutet die Darstellung der Gesamtanlage im Überblick, zwei- und dreidimensional abgebildet und mit den bewegten Elementen in Echtzeit. Wichtige Überwachungsgrößen werden in den für den Anwender am besten überschaubaren Arten dargestellt, beispielsweise als Zahlenwert, als Farbkurve oder auch in Form eines Zeigermessgeräts. Kurvenverläufe eignen sich beispielsweise für die Druckdarstellung bei Pumpen oder als Stromdichteverlauf während der Bearbeitung. Alle Daten sind aber auch in tabellarischer Form unter Einsatz von gängiger Software und damit auch einfach im- und exportierbar vorhanden. Die Qualitätsüberwachung wird beispielsweise mit einbezogen, indem bereits während der Bearbeitung zugängliche Messwerte, zum Beispiel die Schichtdicke aus einer Online-Messung, in eine Darstellung für Beschichtungsfehler und deren Zusammenhang mit Beschichtungsverfahren oder der Bauteileart eingehen.
Unter dem Stichwort besondere Techniken stellte Dr. Freund Verfahren vor, mit denen der Stromübergang an einzelnen Kontakten von Warenträgern oder Trommeln gemessen und drahtlos übertragen wird. Des Weiteren werden hoch präzise Stromquellen für die Einzelteilbeschichtung integriert, durch die sich die Qualität der Beschichtung merklich steigern lässt. Schließlich sind Verknüpfungen zwischen Anlagen und Übertragungsmedien Internet oder Smartphone eine weitere Technik, immer und überall den Blick auf eine wichtige Anlage zu gewährleisten.
Vor allem die Anlagenzuverlässigkeit kann beispielsweise durch Transportwagen ohne Schleppkabel deutlich erhöht werden, und nebenbei kann noch der Rohstoff Kupfer eingespart werden. Die Energie wird hierbei kontaktlos übertragen.
Großer Aufwand wird nach wie vor in die Prozesssteuerung zur Optimierung der Ausbringung gesteckt. Trotz hoher Rechnerleistung, die für die als modern geltende chaotische Arbeitsweise erforderlich ist, wird immer noch mit den klassischen Weg-Zeit-Diagrammen gearbeitet. Der Grund hierfür ist vor allem, dass in der Galvanotechnik bestimmte Abfolgen – vor allem Spülschritte nach der Beschichtung oder auch Beschichtungsfolgen – in einem relativ engen Zeitfenster betrieben werden müssen. Dies entspricht jeweils den Inhalten von getakteten Weg-Zeit-Abläufen. Neuere Entwicklungen bedienen sich einer Mischung aus getaktetem und chaotischem Betrieb, wobei stets die Kombination aus hoher Qualität und hoher Ausbringung angestrebt wird.
Sehr interessant waren die Überlegungen von Dr. Freund zum Anforderungsdreieck hohe Flexibilität, konstante Qualität und hohe Kapazität. Prinzipiell können nicht alle drei Forderungen gleichzeitig erfüllt werden. Der Referent zeigte auf, welche Kompromisse hier eingegangen werden müssen. Er stellte aber doch in Aussicht, dass wenigstens immer zwei der drei Punkte erfüllt werden können; so ist für bestimmte Produktionsbereiche eine nicht planbare Kapazität hinnehmbar, wenn eine konstante Qualität und eine hohe Flexibilität erfüllt werden. Aber auch eine geringe Flexibilität wird akzeptiert werden, wenn Qualität und Kapazität hoch sind. Welche Betriebsarten hierfür im Detail vorliegen, erläuterte der Vortragende an Beispielen für den Programmablauf.
Abschließend wurde an Beispielen aus der Praxis demonstriert, wie Simulationen bereits im Vorfeld eines Erstellungsauftrags für eine galvanische Anlage dem Kunden helfen, sich über sein neues Arbeitsgerät Beschichtungsanlage zu informieren. Derartige Simulationen eignen sich sowohl zur Vermeidung von Planungsfehlern als auch zur Reduzierung von Herstellkosten, indem die Notwendigkeit nahezu jedes Anlagendetails virtuell getestet werden kann.
Sonderanlagenbau
Im letzten Beitrag der Veranstaltung gab Peter Schwanze vom Fraunhofer-IPA einen Überblick über die Möglichkeiten des Sonderanlagenbaus für die galvanotechnische Metallabscheidung. Wie er einleitend ausführte, sind Sonderanlagen stets dann erforderlich, wenn besondere Anforderungen, beispielsweise an die Maßgenauigkeit oder Schichtverteilung, bestehen, unkonventionelle Bauteile bearbeitet werden, individuelle Prozesse zum Einsatz kommen oder eine hohe Selektivität gefordert ist.
Die Entwicklung von Sonderanlagen beginnt mit einer detaillierten Betrachtung von bestehenden, konventionellen Einrichtungen für die Beschichtung. Hierbei stellt sich oftmals heraus, dass beispielsweise der zur Verfügung stehende Platz nicht optimal genutzt wird. Des Weiteren wird der Stromdichteverteilung ein breiterer Raum eingeräumt. Hier sind Schichtdickenstreuungen durch Kanteneffekte eine der häufigsten Abweichungen von den Sollvorgaben, die zur Suche nach einer Sonderanfertigung führen. Die Analyse der Stromdichteverteilung erfährt unter anderem Unterstützung durch moderne Simulationsprogramme. Aus den Ergebnissen werden speziell geformte Anoden hergestellt, sie dienen aber auch zur Planung von Reaktoren mit Formanoden und speziellen Strömungsverhältnissen.
Als Beispiel für eine Sonderanlage ging Peter Schwanze detailliert auf das Brushplating-Prinzip ein. Entstanden ist diese moderne, robotergestützte Variante der Tamponabscheidung, um Druckwalzen in Druckmaschinen ohne Demontage durch Aufbeschichten reparieren beziehungsweise nacharbeiten zu können. Die Anlage muss neben der Elektrolytzufuhr über eine speziell auf das Werkstück zugeschnittene Anodenform auch die Entfernung des Elektrolyten und der Spüllösungen gewährleisten. Hierfür wurde am Fraunhofer-IPA ein System aus Roboterarm, Tampon mit Elektrolytzufuhr, Absaugeinheit und Steuerung entwickelt. Das System wird seit einigen Jahren erfolgreich bei einem Druckmaschinenhersteller eingesetzt und erlaubt die nahezu vollautomatische Beschichtung mit hoher Reproduzierbarkeit auch durch fachfremde Arbeitskräfte.
Ein weiteres Sonderprojekt ist eine Anlage zur Abscheidung aus ionischen Flüssigkeiten von Sondermetallen, zum Beispiel von Molybdän für Solarzellen. In diesem Fall ergeben sich aufgrund der Abweichungen im Fließverhalten, der Abscheidegeschwindigkeit oder auch der Art des Spülens vollkommen neue Anforderungen an die Anlagen. Hierzu werden am Fraunhofer-IPA Versuche durchgeführt, die beispielsweise gezeigt haben, dass rostfreier Stahl von den verwendeten Substanzen angegriffen wird. Ein weiteres Problem ist das Spülen nach der Beschichtung in einer ionischen Flüssigkeit, da vermutlich Lösemittel als Spülmedium mit allen sich daraus ergebenden Forderungen bezüglich Absaugung und Explosionsschutz verwendet werden muss.
Fazit
Allein schon die große Anzahl an Teilnehmern macht deutlich, dass einerseits das Interesse an fortschrittlicher Anlagentechnologie groß ist, andererseits aber nicht ausreichend Informationen über Anlagentechnologie in den einschlägigen Quellen zur Verfügung stehen. Den Veranstaltern ist es gelungen, einen wertvollen Überblick zu leisten, um einem Beschichter zumindest Anhaltspunkte zu wichtigen Bereichen bei der Anlagenneuplanung anzubieten.
Tab. 1: Technische Regeln im Zusammenhang mit wassergefährdenden Stoffen
Bezeichung |
Titel |
Stand |
TRwS 779 |
Allgemeine technische Regelungen |
04/2006 |
TRwS 780 |
Oberirdische Rohrleitungen; Teil 1: Rohrleitungen aus |
12/2001 |
TRwS 781 |
Tankstellen für Kraftfahrzeuge |
08/2004 |
TRwS 781-2 |
Betankung von Kraftfahrzeugen mit wässriger Harnstofflösung |
05/2007 |
TRwS 781-3 |
Betankung von Kraftfahrzeugen mit Mischungen |
10/2008 |
TRwS 782 |
Betankungsstellen für Schienenfahrzeuge |
05/2006 |
TRwS 783 |
Betankungsstellen für Wasserfahrzeuge |
12/2005 |
TRwS 784 |
Betankungsstellen für Luftfahrzeuge |
04/2006 |
TRwS 785 |
Bestimmung des Rückhaltevermögens bis zum Wirksamwerden geeigneter Sicherheitsvorkehrungen – R1 |
07/2009 |
TRwS 786 |
Ausführung von Dichtflächen |
10/2005 |
TRwS 787 |
Abwasseranlagen als Auffangvorrichtungen |
07/2009 |
TRwS 788 |
Flachbodentanks aus metallischen Werkstoffen zur Lagerung wassergefährdender Flüssigkeiten |
05/2007 |
TRwS 789 |
Bestehende unterirdische Rohrleitungen |
07/2010 |
TRwS 790 |
Bestehende einwandige unterirdische Behälter |
12/2010 |
TRwS 791 |
Heizölverbraucheranlagen |
Entwurf 01/2009 |
TRwS 792 |
JGS-Anlagen |
in Bearbeitung |
TRwS 793 |
Biogasanlagen |
in Bearbeitung |