Produktionsprozesse – Anforderungen und aktuelle Entwicklungen

Oberflächen 09. 07. 2013

Bericht zum Ulmer Gespräch 2013    Teil 1

Seit 35 Jahren ist die Tagung Ulmer Gespräche die Plattform für die Wissenschaft und Technologieentwicklung auf dem Gebiet der Oberflächentechnik. Auf dieser jährlich stattfindenden Tagung diskutieren die Fachleute in der Branche über Entwicklungen und informieren sich bei den Kollegen aus vorgeschalteten Bereichen über deren Neuerungen. Diese wichtigste wissenschaftliche Tagung der Oberflächentechnik befasste sich in diesem Jahr mit verschiedenen Aspekten der Produktion von der Anlagentechnik für galvanische und Plasmaverfahren, mit neuen Materialien und deren neuartigen Funktionen, Simulationen und alternativen Beschichtungen wie das thermische Spritzen oder Nanomaterialien.

Der langjährige Leiter und Organisationsleiter der Ulmer Gespräche Prof. Dr. Wolfgang Paatsch konnte mehr als 100 Teilnehmer zu den 35. Ulmer Gespräch begrüßen. Dabei zeigte er sich erfreut, dass eine große Zahl an Studenten und Schülern aus dem Bereich der Oberflächentechnik aus Aalen und Schwäbisch Gmünd die Möglichkeit zur Weiterbildung nutzen. Das Thema der Veranstaltung wurde in diesem Jahr darauf ausgerichtet, dass die Betrachtung der Produktionstechniken auch für die Oberflächentechnik zunehmend eine wichtige Rolle spielt. Dabei kommt zum Tragen, dass der Oberfläche stets eine spezifische Eigenschaft zugeschrieben wird. Die beiden Einführungsvorträge befassen sich mit den Anforderungen und den Lösungen der Produktionsprozesse.

Technologien für Produktion und Automatisierung

Eckhard Hohwieler hatte die innovativen Technologien für die Fertigung unter Einbindung der Informationstechnologie zum Inhalt gewählt. Vor allem die letztere soll nach den Erwartungen der Fachleute einen Megatrend auslösen. Zu solchen Trends werden auch der Klimawandel oder die Verringerung des Rohstoffverbrauchs gerechnet. Damit ist der Weg zu einer nachhaltigen Industriepolitik als ein Hauptthema der Politik und Wirtschaft vorgegeben. Bereits in der Umsetzung sind Managementthemen zum nachhaltigen Umgang mit Energie, beispielsweise in Form von Energiezertifikaten, aber auch die Reduzierung von Leerlaufzeiten ist hier ein interessanter und wichtiger Ansatz. Für den letzten Punkt kommen beispielswiese Methoden zur Einführung von energiesparsamen Stand-by-Betriebsmoden in Betracht. Einsparpotentiale werden in diesem Zusammenhang auch beim Ersatz von Hydrauliksystemen durch elektrische Spannvorrichtungen oder die Optimierung von Verfahrenswegen gesehen. Einsparung wird zudem durch die Optimierung von Gebäudemanagement bis hin zu organisatorischen Abläufen erzielt.

Stark im Fokus steht im Hinblick auf Effizienz die mechanische Bearbeitung durch das Zerspanen, beispielsweise durch Einsatz neuer Hochleistungsbeschichtungen auf Werkzeugen wie cBN oder intermetallische Titanaluminide, die mittels physikalischen Verfahren aufgebracht werden. Keramische Werkzeuge ermöglichen eine deutliche Steigerung der Bearbeitungsgeschwindigkeiten und damit einer drastische Verkürzung der Bearbeitungszeiten im Vergleich zu bisher üblichen Hartmetallen. Verbesserung der Bearbeitungsqualität lassen sich durch Kombination von Laser- und EDM-Bearbeitung erzielen. Zugleich werden die Bearbeitungszeiten auf etwa die Hälfte gegenüber der bisher üblichen Einzelbearbeitung verringert. Sehr komplexe Formen können mit der Trockenfunkenerosion hergestellt werden. Zu den neuen Verfahren gehört auch das selektive Laser Schmelzen, bei dem sehr kurze Bearbeitungszeiten durch direkte Umsetzung der CAD-Daten für die Werkzeugsteuerung ermöglicht werden. Hergestellte Bauteile zeichnen sich durch die Reduktion der inneren Dichte aus, wodurch die Massenträgheit um bis zu 30 % verringert wird.

Neue Werkstoffe wie Keramiken oder faserverstärkte Verbundwerkstoffe erfordern neue Bearbeitungsverfahren. Beide Materialien zeichnen sich dadurch aus, dass ein Schneiden im klassischen Sinn nicht möglich ist, sondern eher von einem Brechen gesprochen wird. Zudem belasten die Werkstoffe die Werkzeuge deutlich mehr als die klassischen Materialien. Neu ist der Einsatz von Kohlenstoffdioxid an Stelle von Wasser für das Strahlschneiden.

Neue Wege werden auch beim Einsatz von Robotern gegangen. Roboter erhalten größere Bewegungsfreiheiten, wodurch sie zu neuen Arbeiten einsetzbar sind.

Zur Unterstützung all dieser Forderungen tragen Informationstechnologien ganz wesentlich bei, was unter dem Begriff Industrie 4.0 verstanden wird. Dazu wird der Einsatz von Barcode und RFIDs erweitert und schließlich sogar die Werkstücke mit intelligenten Kernen ausgestattet, so dass das Werkstück zu jedem Zeitpunkt Information über seine Vergangenheit und Zukunft innerhalb der Produktion enthält und mit den Bearbeitungsmaschinen direkt kommuniziert. Solche Informationen werden auch den Gedanken des Lifecycles unterstützen.

Zukunft in der Produktionstechnik

Die zukünftigen Rahmenbedingungen und die Entwicklungstendenzen in der Produktionstechnik schilderte Prof. Dr. Thomas Bauernhansl, wobei der Fokus auf die vierte industrielle Revolution gelenkt wird. Einführend zeigte der Referent auf, dass die Zahl der Konsumenten in der Weltbevölkerung stärker steigt als die Zahl der Weltbevölkerung; dies bedeutet, dass der prozentuale Anteil an konsumierenden mehr Menschen zunimmt. So wird die Zahl von 2,4 Mrd. in 2010 auf 4,2 Mrd. Menschen in 2025 steigen, was einem Anteilszuwachs von 36 % auf 53 % entspricht.

Weniger erfreulich ist die Tatsache, dass der Weltenergieverbrauch bis 2050 dadurch auf das Doppelte steigt. Daraus leitet sich die Notwendigkeit zu einer starken Verbesserung der Effizienz ab, da das Konzept des Verzichts nur in den hoch entwickelten Staaten denkbar ist. Die Wachstumsländer werden dem nicht folgen. Hier kommt der zweite Ansatz zum Tragen, der eben durch Verbesserung der Technologie den selben Effekt erzielen soll.

Für Bevölkerungen gilt in der Regel, dass mit steigendem Bruttoinlandsprodukt auch der Energieverbrauch steigt. Deutschland nimmt hier eine Ausnahmeposition ein, da die Energiewende seit etwa 1990 zu einer Abnahme des Energieverbrauchs geführt hat.

Derzeit erreicht die Industrie etwa 30 % des gesamten Energieverbrauchs. Dabei schlagen vor allem der schlechte Wirkungsgrad und der hohe Anteil an Prozesswärme zu buche. Verbesserungen sind durch die Reduzierung des Energieeinsatzes und Erhöhung der Effizienz zu erzielen. Um eine wirkliche Verbesserung zu erreichen, muss der notwendige Paradigmawechsel auf alle Bereiche der Produktion (Energie, Material, Personal, Kapital) ausgedehnt werden. Dazu muss die Informations- und Kommunikationstechnologie verbessert und deren intensive Anwendung erweitert werden. Solchen Ansätze führen schließlich zur Ultraeffizienzfabrik, die keine Abfälle, keinen Emissionen und keine Materialverschwendung erzeugt.

Die Energiewende in der Fabrik ist derzeit in hohem Maße in der Realisation. So verfügen neue Fabriken in der Regel über große Flächen an Solarzellen und zum Teil auch über Windenergieanlagen. Darüber hinaus wird die Energie bei neuen Anlagen außerordentlich effizient gehandhabt und Energie in zunehmendem Maße gespeichert, beispielsweise über Superkondensatoren. Nicht nur die Einzelunternehmer auf der Abnehmerseite sind hier aktiv, sondern auch die Energieanbieter vor allem mit intelligenten Vernetzungen (smart grids). Entsprechende Projekt im Bereich der Oberflächentechnik laufen beispielsweise bei Automobilherstellern für das Lackiereb, bei der Energie aus hocheffizienten Quellen mit effizienten Verfahren zur Verfügung gestellte werden und Abwärmen so gut als möglich rückgeführt wird. Daraus ergeben sich dann weitgehend geschlossene Kreisläufe. Derzeit wird vor allem von Maschinenbauern an der Umsetzung solcher Verfahren gearbeitet.

Im Bereich der Galvanotechnik wurde auf Basis eines derartigen Ansatzes ein robotergesteuerte Anlage zum Tampongalvaniseren entwickelt und in die Praxis umgesetzt. In Form des Schmalband-Umform-Laserschweißens wurde bei Freudenberger das Stanzen von Dichtungsringen durch eine vollständig neuen Bearbeitungsvariante ersetzt. Weitere Technologien sind das Lackierung ohne Overspray mittels adaptiertem Ink-Jet-Verfahren oder definierter Tröpfenerzeugung. Aber auch die Optimierung der Materialauswahl für die Fertigung nach dem Motto: das richtige Material an der richtigen Stelle sind sinnvolle Lösungen. Im Bereich des Fahrzeugbaus wird dabei auch die Laufleistung des Fahrzeugs berücksichtigt. Die Verfahren der Elektrochemie spielt für das Recycling unter anderem von Elektroschrott eine wichtige Rolle, um wertvolle Metalle zurück zu gewinnen.

Um alle diese Aufgaben bewältigen zu können, muss das Problem des Mangels an qualifizierten Fachkräften gelöst werden. Diese Aufgabe gilt im übrigen für alle Regionen der Welt. Hier kommt aber auch die Strategie des Lean Management zum Tragen, wobei zunehmend Abläufe automatisiert werden und so die Fehlerquote in der Produktion vermindert wird. Hilfe leisten hier Technologien, bei denen Automatisierung mit Robotern und Mensch voneinander lernen und miteinander arbeiten.

Insgesamt entstehen dabei zwei Herausforderungen: Einmal drängt die zunehmende Komplexität zu steigender Dezentralisierung und zum zweiten entsteht die Forderung, Systeme zu einer Reaktion in Echtzeit zu führen, was derzeit noch nicht möglich ist. Das Ziel ist, dass sich die Produktion zukünftig selbst organisiert, indem alle Einzelabläufe miteinander kommunizieren und sich daraus eine optimale Ablauforganisation entwickelt. Produktionssystem werden zu diesem Zweck voneinander entkoppelt werden. Im Projekt Arena 2036 wird dieses Konzept mit Daimler und verschiedenen Zulieferunternehmen in die Realität umgesetzt und zunächst Fahrzeuge in Kleinserie produziert.

Galvanotechnik – Aspekte der Produktion

Konzepte für Galvanikanlagen

Wie Klaus Schmid im Themenblock zu galvanotechnischen Produktionen einführend klar stellte, ist bei der galvanischen Abscheidung die Berücksichtigung des Elektrolyten sowie des elektrischen Feldes zwischen Bauteil und Gegenelektrode die Grundvoraussetzung. Auf der einen Seite sind für die galvanische Abscheidung die komplexen Verfahrensabläufe bekannt und bewährt. Andererseits ist als nachteiliger Effekt die Bearbeitung von kleinen Losgrößen und einem hohen Wechsel der Verfahren relativ kostenintensiv.

Nach wie vor nicht ausreichend gelöst ist die Herausforderung, über die Warenträger eine gleichmäßigere Schichtdicke zu erhalten. Dazu werden Simulationen der Hydrodynamik und der elektrischen Felder vorgenommen und entsprechende Verbesserungen mit dem Ziel von konstanteren Schichtdickenverteilungen durchgeführt. Für die Untersuchungen der Hydrodynamik wurde die rotierende Hullzelle entwickelt. Unterstützt werden die Untersuchungen durch punktuelle Berechnungen von Stromdichten aus Simulationen. Daraus wiederum ergeben sich die Steuerungsgrößen für die lokalen Stromdichten an den Anoden beziehungsweise auch aus der Steuerung der Abstände.

Vor allem in Asien wird zunehmend mit Anlagen gearbeitet, die einen starren Takt als Basis haben. Dieses Technologie ist sehr einfach und robus, flexibel in Bezug auf Bauteile und Losgrößen und führt zu einer hohen Ausnutzung. Nachteilig ist jedoch das Unvermögen, Prozesse zu variieren.

Ein weiterer Ansatz ist die Reaktoranlage. Hier wird mit einer Prozesskammer gearbeitet, bei der für die jeweiligen Schritte der Schichtaufbringung die Lösungen zum Bauteil in den Reaktor befördert wird. Als Vorteil der Technologie ist vor allem die Beschichtung auf Endmaß oder das Fehlen von Verdrängung zu nennen. Allerdings sind die Anlagen relativ kostenintensiv und der Nutzungsgrad ungünstig. Einsatz findet das Verfahren vor allem für die Abscheidung von Hartchrom zur Innenbeschichtung von Rohren oder die konturnahe Beschichtung von Wellen.

Für Drähte und Bänder sind Durchzugsanlagen in Gebrauch, die sich durch hohe Durchsätze mit hohen Abscheideraten auszeichnen. Allerdings ist eine Flexibilität nur bedingt gegeben. Vorteile besitzt die Technologie für die Abscheidung unter kontrollierter Atmosphäre, beispielsweise für Aluminium oder Molybdän.

Der Ansatz Anlage zu Werkstück wird mit der Tamponabscheidung realisiert. Sie findet bei der Reparaturabscheidung von Walzen in Druckmaschine Anwendung. Unter Einsatz von Robotern besitzt die Technologie noch erhebliches Potenzial für weitere Anwendungsfälle, vor allem zur partiellen Beschichtung.

Gekapselte Anlagen kommen zur Abscheidung von Schichten aus ionischen Flüssigkeiten oder brennbaren Elektrolyten in Betracht.

Zur Frage nach den relevanten Parametern für die Optimierung des elektrischen Feldes erläuterte der Referent, dass im einfachsten Fall die Erkennung der Mitte von Gestellen oder die Größe des effektiv zu nutzenden Behälterraums eine Aussage ist. Des Weiteren lässt sich die Eignung von Gestellen beispielsweise durch Einhaltung von Rastermaßen beurteilen. Auch die Dimensionierung der Anoden wird in der Praxis nicht immer erkannt und lässt sich durch Simulation der realen Gegebenheit aufzeigen.

Bandgalvanik

Oliver Thie stellte in seinem Beitrag die Möglichkeiten der selektiven Beschichtung mit Bandanlagen vor. Wie er ausführte ist die Einstellung der Beschichtungsfläche durch Regelung der Tauchtiefe als einfachste Verfahrensvariante seit langem in Gebrauch, wobei hier auf einen Schichtaufbau an Kanten geachtet werden muss.

Gezielter und feiner steuerbar sind die Schichtdicke mit der Brushtechnik sowie die Maskentechnik, über die sich der Ort auf dem zu beschichtenden Band variieren lässt. Beide Verfahren kommen zum Einsatz, wenn vorwiegend durchgehende Streifen auf das Substrat aufgebracht werden müssen. Folien werden aufgebracht, wenn beispielsweise mehrere unterschiedliche Oberflächenbereiche auf einem Band zu erzeugen sind oder eine Oberfläche durch Beizen oder Ätzen bearbeitet werden.

Hochselektives Arbeiten ist mit speziellen Zellaufbauten realisierbar um beispielsweise zwei gegenüberliegende Innenseiten eines Kontaktes zu beschichten. Die Zuführung des Elektrolyten erfolgt über ein Flies. Ebenfalls lokal sehr spezifisches Abscheiden ist mit der Spot-Technologie möglich. Damit werden beispielsweise örtlich begrenzte Bereiche auf Bändern beschichtet. Eine Weiterentwicklung ist die variable Spottechnik. Hierbei werden mittels Laser eine anfänglich aufgebrachte Vollabdeckung partiell Bereiche entfernt, beschichtet und anschließend die verbliebene Vollabdeckung entfernt. Je nach Bauteilen lassen sich damit bis zu 50 % des Goldeinsatzes einsparen. Dabei kann an Stelle der Entschichtung mit Laser auch mit Drucktechnologien so gearbeitet werden, dass bereits nach dem Drucken die relevanten Bereiche frei bleiben.

Hohe Abscheidegeschwindigkeiten in einer Bandgalvanik werden durch zyklisches Durchlaufen einer Arbeitsposition erreicht. Dabei ist die Technik variabel in Bezug auf die Gesamtschichtdicke, ohne dass erhebliche Umbauarbeiten an einer Anlage vorzunehmen sind.

Im Hinblick auf die Einsparung von wertvollen Rohstoffen steht der Ersatz eines Teils des Goldes durch Palladium oder Palladium-Nickel zur Auswahl. Vor allem Palladium-Nickel zeichnet sich durch seine höhere Härte aus, wodurch die Abriebbeständigkeit bei geringerer Dicke der Beschichtung erzielt wird. Auch hier können an Edelmetallkosten je nach Marktpreis für Edelmetalle von mehr als 50 % eingespart werden.

Im Unternehmen des Referenten werden aber nicht nur galvanische Schichten aufgebracht. Auch Lötstopplack kann partiell aufgetragen werden. Des Weiteren wird das Elektropolieren von Substraten vor dem Beschichten in einer Durchlaufanlage genutzt. Zudem sind solche Anlagen mit Verfahren zur Prüfung der Qualität ausgestattet.

Lieferfähigkeit

Das Unternehmen von Bertram Haag, Ina Schaeffler, befasst sich vor allem mit der Herstellung von hochbelasteten Bauteilen im Bereich Lager, Wellen und Getrieben. Die große Vielfalt der Produkte macht es erforderlich, dass für die Beschichtung auf eine große Zahl an Lohnbeschichtungsunternehmen zurückgegriffen wird. Für die Entwicklung der Beschichtung muss aus diesem Grund ein höherer Aufwand betrieben werden.

Im Vordergrund stehen hierbei die Forderung nach Erzeugung eines Mehrwerts durch die Beschichtung sowie die Forderung nach der Lieferfähigkeit des Beschichters. Dazu werden alle Lohnbeschichter einer umfassenden Analyse unterzogen, bei der neben Qualität auch Organisation und Zertifizierung bewertet werden. Hier wird auch Nachhaltigkeit betrachtet, wobei Kriterien wie ethisches Handeln, Umweltschutz oder Emissionen herangezogen werden. Solche Prüfungen werden in regelmäßigen Abständen durchgeführt. Derzeit sind weltweit um die Schaeffler-Standorte 311 Lohnbeschichter tätig. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass weltweit die selben Standards für die Qualität gelten. Aus diesem Grund betrachtet Schaeffler seine Beschichter als stategische Partner, die für alle Partner ein Höchstmaß an Zuverlässigkeit und Flexibilität sowie eine globale Verfügbarkeit gewährleisten.

In der Diskussion wies der Referent darauf hin, dass sich unter den Zulieferern zwar auch klassische Beschichter befinden, die aber mit speziell entwickelten Verfahren der Schaeffler Gruppe arbeiten. Dabei werden bestimmte Verfahren, wie die Herstellung von Hartstoffschichten mit PVD generell im eigenen Hause durchgeführt, wogegen zum Beispiel die Beschichtung mit Hartchrom nach außen gegeben wird. Allerdings gibt es hier kein pauschales Verhalten.

Materialien und Funktionalitäten

Plasmabehandlung

Den Vortragsblock über Materialien und Funktionalitäten eröffnete Liliane Kotte mit einer Vorstellung der Oberflächenmodifizierung zur Haftvermittlung mit einer Plasmabehandlung bei Atmosphärendruck. Als Quelle der Technologie dient die so genannte Large-Plasmaquelle, mit der für die Plasmatechnik großen Flächen bearbeiten kann. Vor allem auch die Tatsache, bei Atmosphärendruck arbeiten zu können, trägt erheblich zum unkomplizierten Einsatz bei. Zudem ist mit der Quelle eine strukturierte Oberfläche (2,5 D) bearbeitbar. Durch Zugabe von Gasen lässt sich die Art der Oberfläche modifizieren. Als Maximallänge des Lichtbogens wurden bisher 350 mm erreicht.

Umgesetzt wird die Technologie mit einem fliegenden Beschichtungskopf, wodurch die bearbeitbare Fläche im Prinzip unbeschränkt ist. Je nach dem zu bearbeitenden Substrat wird die Plasmaquelle sowie das Arbeitsgas modifiziert. Zur Herstellung von Nitridschichten wird beispielsweise Stickstoff verwendet. Je nach Menge des zugegebenen Gases liegen die Temperaturen zwischen etwa 800 °C und bis zu 1800 °C.

Als Beispiel für den Einsatz nannte die Referentin das Entfernen von Öl von einer Aluminiumoberfläche. Ein weiteres Beispiel ist die Vorbehandlung von Polymeren vor dem Lackieren. Je nach zugegebenem Gas lassen sich unterschiedliche funktionelle Gruppen an der Oberfläche erzeugen. Die erzeugten Oberflächenfunktionen sind bis zu 700 Stunden stabil. Wie Analysen zeigten, enthalten viel der erzeugten Schichten, wie beispielsweise Siliziumoxid oder Hydroxide in Mengen von einigen Prozenten.

Mit dem Verfahren werden Schichtauftragsraten von etwa 300 bis 400 nm/min erzielt. Diese ist stark vom Abstand zwischen Quelle und Substrat abhängig. Gleichzeitig ist auch die Dichte beziehungsweise Rauheit vom Abstand abhängig.

Ein weiteres Anwendungsbeispiel ist die Aktivierung von Titanlegierungen (Ti6Al4V) vor dem Verkleben. Mit dem Verfahren soll das bisher angewandte Anodisieren ersetzt werden. Hierbei wurden sehr gute Haftfestigkeiten für die Verklebung erreicht. Erweitert wurde die Technik auf CFK, ebenfalls, um dieses mit Titan zu verkleben. Als letztes Anwendungsbeispiel nannte die Referentin das Aufschmelzen von Pulver für die Beschichtung. Dazu wurde die Düse modifiziert, um das Pulver in das Plasmaquelle in erforderlichem Umfang einzubringen.

In der Diskussion wies die Referentin darauf hin, dass der Ersatz des Anodisierens ein Wunsch von EADS war. Dabei war jedoch nicht gefordert, die Qualität der Oberfläche zu verbessern, da diese im Fall von Klebverbindungen kaum möglich erscheint. Die erzeugten Schichten aus Siliziumoxid weist Poren auf, die zwar für das Kleben von Vorteil sein können, bei Korrosionsbelastung allerdings zu einem Angriff führen. Ein Vorteil des Verfahrens ist die gute Transportierbarkeit der Anlage, so dass auch große Bauteile problemlos mit Schichten bis zu 50 Mikrometer Dicke versehen werden können. Die Begrenzung des Einsatzes ist der Abstand zwischen Quelle und Substrat.

Dispersionsbeschichtung

Es gibt heute zahlreiche Anwendungsfällen, bei denen Dispersionsbeschichtungen bereits in breiterem Umfang zum Einsatz kommen, wie Prof. Dr. Timo Sörgel einführend erläuterte. Seinen Ausführungen zufolge sind Dispersionsschichten Komposite beziehungsweise Verbundwerkstoffe, bei denen zwei feste Stoffe nebeneinander vorliegen. Hierfür steht eine breite Palette an Stoffen zur Verfügung, die miteinander kombiniert werden können, woraus sich auch die große Bandbreite an Eigenschaften ergibt. Mit die der wichtigsten Eigenschaften sind die Herstellung von geschlossenen Oberflächen sowie die stabile Einbettung der Partikel.

Als Matrix eignen sich bevorzugt Nickel, Eisen, Kupfer, Silber, Gold, Zink und Zinn. Die typischen Partikel sind entweder harte Stoffe oder organische und anorganische Schmierstoffe. Die Größe der Partikel liegt im Bereich von einigen Mikrometern, zum Teil auch deutlich unter 1 Mikrometer. Im Falle der sehr kleinen Partikel wird durch den Einbau eine Dispersionshärtung erzielt, ansonsten beruht sie in erster Linie auf den Eigenschaften der Partikel selbst. Daraus ergeben sich beispielsweise abrasive oder Schichten mit Notlaufeigenschaften. Bei kleinen Partikel wird der Aufbau der Matrix verändert, wodurch sich die Eigenschaften der Schichten verändern lassen.

Abrasive Oberflächen werden beispielsweise bei Abrichtscheiben oder bei Sägedrähten benötigt, aber auch zur Erzeugung von Mikroformschluss beispielsweise bei Stirnpressverbindungen. Sehr kleine Partikel werden für Verschleißschutzschichten im Textilbereich für Spinnrotoren benötigt. Hier fördert die Reduzierung der Partikel die Qualität des Produkts. Auf Zylinderlaufflächen wird Siliziumcarbid mit Nickel eingesetzt. Hexagonales Bornitrid und PTFE verbessert die Gleiteigenschaften und das Antihaftverhalten. Vorteile von PFA als weiterer Dispersionsstoff ist die geringe Neigung zur Agglomeration, soweit es gelingt, die Oberfläche der Partikel hydrophil zu machen. Schmiereigenschaften lassen sich unter anderem auch durch die Verwendung von Mikrokapseln erreicht. Werden metallische Partikel eingelagert, so kann durch eine nachfolgende Wärmebehandlung Diffusion mit Legierungsbildung ausgelöst werden. Elektroden für die Sauerstoffentwicklung erhalten Dispersionsschichten mit unterschiedlichen Metalloxiden.

Die Partikeleinlagerung hängt unter anderem von der Stärke der Van der Waals-Wechselwirkung ab, die die Agglomeration beeinflusst, um einen gleichmäßige Verteilung der Partikel zu erreichen. Darüber hinaus ist die Umwälzung des Elektrolyten maßgebend. Nachteilig ist die Wasserstoffentwicklung bei kleinen Partikeln, die diese von der Oberfläche abdrängt. Vorteilhaft für die Stabilisierung von Partikeln ist die Größe der Solvathülle: je größer um so besser. Die Coulomb-Stabiliserung ist nur bedingt funktionsfähig, um Agglomeration zu verhindern. Ein weiterer Ansatz ist die mechanische Deagglomeration, die sterische beziehungsweise elektrostatische Stabilisierung oder die Verkapselung. Es zeigte sich, dass die prinzipielle einfachste Methode die Verkapselung ist, wobei hier jedoch die Herausforderung darin liegt, die Hülle beim Einbau wieder zu entfernen. Schließlich hat die Umwälzung einen großen Einfluss, die beim Aufbau einer Anlage bestmöglich zu gestalten ist.

-wird fortgesetzt-

Relevante Unternehmen

Video(s) zum Thema

Werbepartner

Links zu diesem Artikel

Aus- und Weiterbildung

Top