Produktionsprozesse – Anforderungen und aktuelle Entwicklungen

Werkstoffe 10. 08. 2015

Bericht zum Ulmer Gespräch 2013 - Teil 2

Fortsetzung aus WOMag 7/2013

Materialien und Funktionalitäten

Elektroden für die Energiespeicherung

Textile Materialien fanden in den letzten Jahren zunehmend Einzug in der Elektronik, beispielsweise zur Stromgewinnung über flexible Solarzellen oder auch zur Integration von Antennen in Kleidungsstücke. Auf Basis der dafür notwendigen Entwicklungen stellte Dr. Andreas Neudeck weitere Ansätze­ zur Kombination von Textilien und metallischen Oberflächen, beispielsweise durch galvanische Abscheidung, vor.

Textilien und vor allem die dafür notwendigen Garne und Gewirke besitzen einerseits einen hohen Stand der Produktionstechniken und andererseits bieten sie einen hohen Freiheitsgrad bezüglich der Geometrien der daraus gewonnenen Produkte. Darüber hinaus sind die Beständigkeit und Festigkeit der Textilien in einem weiten Bereich einstellbar. Die Herausforderungen bei der Herstellung betreffen zum Beispiel die deutlich unterschiedlichen Herstellgeschwindigkeiten bezogen auf die Garnlänge pro Zeiteinheit. So liegen die gängigen Geschwindigkeiten beim Herstellen von Garn bei etwa 150 m/min bis 200 m/min, während die schnellsten galvanischen Abscheideverfahren für Endlosmaterial beim Beschichten von Drähten nur bei bis circa 50 m/min liegen. Unter anderem in Zusammenarbeit mit der TU Ilmenau konnten Beschichtungen durch die Abscheidung von Kupfer auf Endlosgarn bereits erfolgversprechende Ergebnisse aufweisen. Einsatz finden die Garne beispielsweise für Leuchtschrift oder zur Integration von Signaleinrichtungen in Kleidung.

Ein weiteres Forschungsgebiet ist die Herstellung von Solarzellen mit Hilfe von orga­nischen photosensitiven Verbindungen, die in Garne integriert werden können. Zum Einsatz kommt hierbei auch Zinkoxid, das in das Garn eingebracht wird.

Ein Nachteil der regenerativen Energien, vor allem der Stromgewinnung aus Windenergie­ in der Nordsee ist der lange Transportweg des Stroms quer durch Deutschland. Als Lösung bieten sich nach Ansicht des Referenten die Umwandlung von Strom in Gas, dessen Transport sowie eine anschließende Rückumwandlung an. Auch über die Nutzung beispielsweise von Bremsenergie bei Fahrzeugen zur Herstellung von Wasserstoffgas wird nachgedacht. In beiden Fällen stellen Elektroden aus Textilien mit Beschichtungen oder eingelagerten Katalysatorteilchen Ansätze dar. Erste Untersuchungen hierzu liefern Anhaltspunkte über die Struktur und den Aufbau entsprechender Fasern, um zum Beispiel die Größe der Gasblasen zu beschränken, da zu große Gasblasen die Reaktionen blockieren.

Fortschritte werden hier durch den Einsatz von Simulationen erzielt. Inzwischen ist es auch möglich, dreidimensionale Elektroden in ihrem Verhalten zu simulieren und damit gezielt und schnell Verbesserungen zu erreichen. Untersuchungen befassen sich beispielsweise mit dem Abstand der einzelnen Textilfasern im Garn, um eine optimale Stromdichte an den Reaktionszentren im Garn zu erzielen.

MID-Technologie

MIDs sind dreidimensionale elektronische Bauteile mit zusätzlichen mechanischen Funktionalitäten. Einer der Vorteile ist die große räumliche Gestaltungsfreiheit, verbunden mit einer flexiblen, elektrischen Verbindungstechnik, wie Dr. Johannes Herrmann einführend erläuterte.

Als Herstellverfahren sind vor allem 2K-Spritzguss sowie das Laser-Direkt-Strukturieren (LDS) gebräuchlich. Das 2K-Verfahren besitzt höchste Gestaltungsfreiheit mit hoher Selektivität, wobei Leiterbahnabstände von bis zu 200 µm realisiert werden. Beim LDS ist die Selektivität merklich geringer, allerdings reichen die Leiterbahnabstände herab bis 50 µm. Für die Herstellung der Bauteile sind zwei Kunststoffsorten erforderlich, wobei vorwiegend PA, PBT oder LCP zum Einsatz kommen. Ein wichtiges Kriterium ist die Wasseraufnahme; bei dieser schneidet PA weniger gut ab. Im Hinblick auf die Materialkosten ist PA ­allerdings deutlich vorteilhafter.

Unterschiede bestehen hinsichtlich der Selektivität. So neigt die Bearbeitung mit Laser dazu, die Keime auch links und rechts der eigentlichen Spur zu verteilen. Bei 2K-Bauteilen können die Spalte zwischen den Kunststoffen stören. Die Stromtragfähigkeit von MIDs ist von der Dicke der Kupferschichten abhängig. Kritischer ist die Situation bei der Betrachtung von hergestellten Widerständen auf MIDs, da der raue Untergrund dazu führt, dass deutlich schwankende Schichtdicken des metallischen Leiters auftreten können. Eine weitere Herausforderung ergibt sich aus den stark unterschiedlichen thermischen Ausdehnungskoeffizienten, die im ungünstigen Fall zum Reißen der Leiter oder zum Abheben nach dem Abkühlen führen.

Der Schichtaufbau der dritten Generation, wie er heute üblich ist, besteht aus Nickel, Nickel-Phosphor und einer dünnen Goldschicht. Im Hinblick auf die Verschleißbeständigkeit von steckbaren Kontakten hat es sich gezeigt, dass die Rauheit die entscheidende Größe für die Beständigkeit ist. Die Lötfähigkeit ist bei den heute überwiegend eingesetzten Kunststoffen nicht mehr kritisch. Beim Bonden spielt dagegen die Rauheit ebenfalls eine wichtige Rolle. Hinsichtlich der Wirtschaftlichkeit stehen zur Einsparung von Gold Kombinationen aus Palladium und Gold oder Silber im Fokus.

Die gezeigten Lösungen machen nach Ansicht des Vortragenden klar, dass MID kein Nischenprodukt mehr ist, sondern auf dem Weg zur Großserie. Dazu müssen aber alle Parameter den höchsten Ansprüchen folgen. Dass dies möglich ist, zeigte der Referent an einigen Bauteilen, die heute bereits in mehreren Millionen Stück pro Jahr gefertigt werden. Dabei werden Ausbeuten von deutlich mehr als 90 Prozent erreicht. Eine der wichtigsten Forderungen für eine erfolgreiche Herstellung von MIDs ist nach Aussage von Dr. Herrmann die Zusammenarbeit zwischen den beteiligten Partnern.

Wie in der Diskussion angemerkt wurde, ist die Herstellgeschwindigkeit durch die relativ langsame chemische Abscheidung begrenzt. Hier könnte die deutlich schnellere galvanische Abscheidung von Vorteil sein, wobei allerdings dafür gesorgt werden muss, dass nur die notwendigen Oberflächenbereiche beschichtet werden. Nach Aussage von Dr. Herrmann wird hieran gearbeitet. Die Bauteile werden so ausgestattet, dass sie auf Gestellen kontaktierbar sind und so die Abscheidung auf die notwendigen Bereiche beschränkt werden kann.

Selektivreinigung von Elektrolyten

Thema des Vortrags von Prof. Dr. Andreas­ Möbius war die Elektrolytreinigung von Abbaustoffen. Diese muss ihm zufolge so durchgeführt werden, dass selektiv zwischen Abbauprodukt und Wirkstoff unterschieden wird. Die klassische Filtration in den verschiedenen Varianten ist nur bedingt nutzbar.

Deutlich besser für die selektive Trennung eignen sich Dialyse und Elektrodialyse. Bei einigen Elektrolytzusammensetzungen lassen sich hier sehr gute Ergebnisse erzielen. Eine zweite Methode bieten Ionenaustauscher, die beispielsweise für Nickelelektrolyte Anwendung finden. Sie sind sehr stabil, haben eine gute Selektivität durch die Auswahl des Harzes und sind einfach zu regenerieren.

Mit der Flüssig-Flüssig-Extraktion werden Bestandteile aufgrund der unterschiedlichen Löslichkeit in unterschiedlichen Lösungsmitteln getrennt und damit auch entfernt. Um die Nachteile des Verdampfens von organischem Lösemittel zu vermeiden, werden Hohlfasern eingesetzt. Hierbei werden sehr hohe Geschwindigkeiten der Trennung erzielt, wobei als Nachteil der geringe Restgehalt an organischem Lösemittel im Elektrolyt zu sehen ist.

Zur Entfernung von Metall aus Beizen – beispielsweise Kupfer – lässt sich die potenzialgesteuerte Selektivreinigung durch Abscheiden heranziehen. Je nach vorhandenem Stoff kommen dabei Anoden aus verschiedenen Materialien zum Einsatz, unter anderem Diamantelektroden.

Pulsabscheidung

Im letzten Vortrag des ersten Tages sprach Dr. Wolfgang Hansal über das Pulsabscheiden in der Produktion. Wie er einleitend darlegte, wird die Pulsabscheidung von vielen Beschichtern noch skeptisch betrachtet, vor allem von denen, die sie nicht anwenden.

Prinzipiell wird beim Pulsen die Stromdichte­ bei der Abscheidung in unterschiedlicher Geschwindigkeit, zum Beispiel innerhalb des kathodischen Bereichs oder durch Wechsel zwischen anodischem und kathodischem Bereich, variiert. Die Hauptwirkung des Pulsens ist die Erhöhung der Kristalldichte, wodurch feinkristalline Gefüge entstehen. Dabei ist es auch möglich, strukturierte Schichten herzustellen, indem der Pulstyp während der Abscheidung variiert­ wird. Dabei hängt die Übertragung des Pulsprofils stark von der Geschwindigkeit des Wechsels ab. Im Extremfall entsteht ein Gleichstrom. Es ist also notwendig, sich die Dämpfung des Gesamtsystems aus Elektrolyt, Stromzuführung und Aufhängung anzusehen. Es hat sich gezeigt, dass Pulszeiten von 25 ms in etwa das gewünschte Profil weitergeben.

Ein weiterer Effekt ist die Unterstützung beziehungsweise Förderung des Massentransports. Hierbei empfiehlt es sich, Pausen so zu wählen, dass sich die Konzentration der verbrauchten Ionenarten an der Oberfläche, die bei hohen Abscheidestromdichten stark absinkt, wieder der im Elektrolyten angleichen kann. Etwas komplizierter ist das Verhältnis, wenn mit anodischen Phasen beim Pulsen gearbeitet wird.

Die Pulsabscheidung hat auf die primäre­ Stromdichte keinen Einfluss; diese ist ein geometrischer Faktor. Im Gegensatz dazu verändert das Pulsen die sekundäre Stromdichteverteilung, woraus sich die Streufähigkeit des Elektrolyten verändert. Ein Wechsel zwischen anodischem und kathodischem Puls kann im günstigen Fall zu einer Einebnung führen, wobei die Auswahl der anodischen und kathodischen Stromdichte stark vom Elektrolytsystem abhängt. Hilfreich sind hier Simulationen zur Stromdichteverteilung, um die Pulsarten und Stromdichten optimal einzustellen. In der Regel stehen für eine optimale Einstellung etwa zehn Parameter zur Auswahl.

Die industrielle Umsetzung erfordert zunächst die Anschaffung eines geeigneten Gleichrichters sowie entsprechender Kabel. Prinzipiell lassen sich Gleichstromsysteme auf Pulsstrom umschalten, wobei einige Elektrolyte nicht für die Pulsabscheidung geeignet sind. Manche Additive wirken nach Aussage von Dr. Hansal den Vorzügen der Pulsabscheidung entgegen. Häufig kann die Konzentration der Additive verringert werden, um zu dem gewünschten Abscheide­ergebnis zu gelangen.

Ein geeigneter Gleichrichter muss die Ströme und Pulse mit hoher Präzision liefern und ein breites Spektrum an Pulsformen realisieren können. Wichtig ist die Verwendung von Koaxialkabel oder verdrillten Kabeln; vor allem müssen die Kabel gleiche Längen aufweisen. Darüber hinaus müssen die Kontakte außerordentlich sauber gehalten werden, um eine Zerstörung der Pulsformen zu vermeiden. Schüttgut ist nicht unbedingt in klassischen Trommeln mittels Pulsstrom zu beschichten.

In zahlreichen Branchen wird die Pulsabscheidung heute schon eingesetzt, zum Beispiel für die Beschichtung von komplexen Aluminiumteilen, von Thixolegierungen­ oder für die Herstellung von Schichten mit hoher Korrosionsbeständigkeit. Mit Pulsplating lassen sich Mikrodruckknöpfe auf Kupfer erzeugen, durch die zwei Oberflächen­ verbunden werden können, ohne Klebstoff zu verwenden. Des Weiteren können sehr einfach Multilagenschichten mit Einzelschichtdicken im Nanometer- bis Mikro­metermaßstab hergestellt werden oder auch selektive Beschichtung in der Bandgalvanik. Bei Werkzeugen wird beispielsweise die Beschichtung mit hoher Präzision erreicht. Für magnetische Schichten lassen sich Mehrstofflegierungen zur Herstellung von Hartmagneten erzeugen. Zinnschichten­ verändern mit einer Änderung der Pulsparameter die Mikrostruktur, wodurch das Verhalten beim Löten steuerbar ist.

Auf die Frage in der Diskussion, ob auch aprotische Elektrolyte für die Pulsabscheidung verwendbar sind, antwortete Dr. Hansal, dass derzeit der Fokus auf ionische Lösungen gerichtet ist, da hier der apparative Aufwand im Vergleich zum Einsatz von aprotischen Elektrolyten geringer ist.

Simulationsverfahren

Verfahren zur Stromdichteverteilung

Im ersten Beitrag zum Thema Simulation stellte Clemens Kubeil seine Arbeiten zur Simulation der Stromdichteverteilung vor. Grundvoraussetzung für eine Simulation ist eine Modellbeschreibung durch entsprechende Gleichungen. Diese Modellbeschreibung wird einer Diskretisierung unterzogen, woraus beispielsweise eine graphische Darstellung mit einem Gitter entsteht. Die so erhaltenen Werte werden mit den Erfahrungen des Alltags abgeglichen und das Modell daraufhin angepasst. Für die Simulation bieten sich bei der galvanischen Abscheidung beispielsweise die Einflüsse der Prozess­parameter auf die Schichtdickenverteilung an, wie Elektronentransporte, Massen- und Ladungstransport, chemische Reaktionen oder Elektrolytbewegung.

Ein erster Schritt ist die Betrachtung der primären Stromdichteverteilung aufgrund der elektrischen Felder, die proportional zur Schichtdicke der galvanischen Abscheidung ist. Hier lässt sich unter anderem die Wirkung von Hilfsanoden darstellen. Im zweiten Schritt wird die sekundäre Stromdichte­verteilung (Makrostreufähigkeit) aus den Stromdichte-Potential-Kurven in Betracht gezogen, die kinetische Größen berücksichtigt und beschreibt. Schließlich gehen die Konzentrationen der Elektrolytbestandteile in die Betrachtung, die als tertiäre Stromdichteverteilung bezeichnet wird, ein. Kennwerte ergeben sich aus klassischen Verfahren wie Hull- oder Haring-Blum-Zelle. Polarisationseffekte gehen in die Wagnerzahl ein.

Bei der näheren Untersuchung zeigte sich, dass die Austauschstromdichte kaum einen Einfluss auf die Stromausbeute hat, wenn die Leitfähigkeit des Elektrolyten gut ist. Das entspricht der Erfahrung aus der Praxis, dass eine gute Leitfähigkeit zu guten Streuungen führt. Bei kleinen Austauschstromdichten ergeben sich den Simulationen zufolge bei kleinen Stromdichten sehr gute Streufähigkeiten, was ebenfalls die ­Erfahrung widergibt.

Die so gewonnenen Kenngrößen wurden an entsprechenden Hülsen mit hohem Aspektverhältnis und der Aufgabenstellung, die Hülsen innen mit Gold zu beschichten, verwendet. Auch hier bestätigte die Praxis, dass bei geringen Stromdichten die Schichtdicken innen in zunehmendem Maße sich den außen auftretenden Dicken annähern. Insbesondere bei der Abscheidung von Gold kann die Anpassung der Stromdichte nach unten, und damit zu den eigentlich erforderlichen Mindestschichtdicken, durchaus wirtschaftlich interessant sein. Zudem hat es sich gezeigt, so der Vortragende im Rahmen der Diskussion, dass die Simulationen bei zahlreichen Abscheidungsarten, sowohl bei Gestell- als auch bei Trommelabscheidung, nahe an der Praxis liegen.

Simulation der Hydrodynamik

Dr. Andreas Spille-Kohoff befasst sich unter anderem im Rahmen des AnSim-Projekts seit einigen Jahren mit unterschiedlichen Aspekten der Strömungsmechanik. Diese spielt bei der galvanischen Abscheidung eine große Rolle, da durch die Umwälzung sowohl die Konzentration als auch die Temperatur an großen Teilen einer Bauteiloberfläche weitgehend konstant gehalten werden soll und kann.

Entsprechende Simulationen wurden durch praktische Messungen an einer Technikumsanlage, welche über unterschiedliche Düsen und Strömungsvariationen sowie Gestelle mit partiellen Teilkathoden verfügt, angewendet. Um die Simulation zu vereinfachen und damit zu beschleunigen, wurden bestimmte Bereiche, wie Aufhängungen an den Gestellen, nicht berücksichtigt, da sie strömungstechnisch keine Rolle spielen. Die bisher vorgenommenen Simulationen gingen so weit, dass nicht nur die Strömungsverteilung aus allen sowie jeder einzelnen Düse aufgezeigt wird, sondern auch die Konzentrationen auf der Oberfläche jedes Kathodenblechs. In die Simulation gingen die Stoffgrößen der untersuchten Elektrolyte ein sowie die Stromdichte-Potential-Kurven. Als Ausgabegrößen wurden beispielsweise die Wasserstoffentwicklung und -strömung, die Zinkkonzentration an der Oberfläche sowie das elektrische Feld erhalten, woraus sich die Schichtdickenverteilung ergibt. Da es sich beim gesamten Projekt um eine Betrachtung der Hydrodynamik handelt, wurden die notwendigen Stromdichte-Potential-Kurven mit rotierenden Scheibenelektroden ermittelt.

Mit der Simulation lässt sich der Weg eines Teilchens verfolgen. Hier zeigen sich bereits Unterschiede in der Verweilzeit für unterschiedliche Orientierung der Einströmdüsen.???? Die Wasserstoffentwicklung an den Kathodenproben führt zu einer Strömung nach oben. Die Simulation gibt beispielsweise auch sehr gut den Effekt des Kantenaufbaus von Zinkschichten wieder. Die Messung der real abgeschiedenen Schichten zeigt eine Schwankung im Falle der Reproduzierung und die Simulation zeigt in einigen Bereichen eine gute Übereinstimmung, aber auch Bereiche mit drastischer Abweichung zwischen Simulation und Realität.

In der regen Diskussion im Anschluss an den Vortrag ging es unter anderem um die Berücksichtigung der Bläschengrößen. Dem Vortragenden zufolge wurden deren Größen mit einfachen Messmitteln bestimmt und zu 100 µm in die Simulation eingegeben. Noch nicht durchgeführt wurde dagegen der Abgleich der Strömungsverhältnisse zwischen Experiment und Praxis. Generell wies der Referent darauf hin, dass sich die am Projekt beteiligten Partner im Stadium des Erkenntnisgewinns befinden. Bei den Ergebnissen handelt es sich um Bausteine, die in Zukunft zu Verbesserungen führen werden.

Simulation von Plasmaprozessen

Den dritten Teil zum Thema Simulation bestritt Dr. Andreas Pflug mit der Betrachtung der physikalischen Beschichtungstechnik. Als Basis der Simulation wurde die Boltz­mann-Gleichung herangezogen, mit welcher der Weg von Teilchen durch die Vakuumkammer bis zum Auftreffen auf eine feste Oberfläche betrachtet wird. Problematisch ist hierbei die Auswahl der richtigen Beziehungen in Bezug auf die freien Weglängen und die Wechselwirkungen der Teilchen untereinander.

Aufwand wurde auch beim Aufbau der experimentellen Anlage für die Verifizierung der Simulationsergebnisse betrieben. So wurde ein zylindrisches Target verwendet, da dieses über definiertere Abstrahlungscharakeristiken verfügt. Ein weiterer Punkt ist die Darstellung des magnetischen Feldes beim Sputtern. In die Simulation gehen auch die Gasströmungen oder die Absorption der Teilchen an den Wänden der Beschichtungsanlage ein. Wie der Referent betonte, können zahlreiche Größen in der Praxis die simulierten Werte deutlich ändern. Deutliche Unterschiede zeigt die Simulation bei der Art der Freisetzung von Teilchen zwischen Gleichstromanregung und Einsatz von Radiofrequenz, insbesondere bei der Betrachtung der Teilchenmenge, die vom Target auf die Sputterfläche gelangt. Durchgeführt wurden 2D- und 3D-Simulationen, letzteres am Beispiel einer Glimmentladung.

Alternative Beschichtungsarten

Thermisches Spritzen

Wie Prof. Dr. Thomas Lampke einführend klarstellte, ist das thermische Spritzen ein Verfahren, das als eine Möglichkeit neben den anderen Verfahren zu sehen ist, um entsprechende Eigenschaften bei Oberflächen von Bauteilen zu erzeugen. Der Markt für thermisches Spritzen beträgt in Deutschland derzeit etwa 420 Millionen Euro pro Jahr und umfasst etwa 10 000 Nutzer und 450 Dienstleister. Hauptsächliche Anforderungen für thermische Spritzschichten sind der Verschleiß- und der Korrosionsschutz.

Für den Verschleißschutz werden beispielsweise Hartmetallkomposite mit Härten über 1000 HV und Eisen-Vanadium-Carbid mit Härten bis 800 HV verwendet, wobei stets auf kostengünstige Materialien zurückgegriffen wird. Solche Schichten weisen als eines der Hauptcharakteristika Poren auf.

Ein Vorteil des thermischen Spritzens ist dessen gute Einsetzbarkeit auf nahezu jedem Substratwerkstoff. Einschränkungen sind im Hinblick auf die Geometrie eines Bauteils zu akzeptieren, wogegen die Verfahrenstechnik relativ schnell ist. In aller Regel sind die Oberflächen rau, weshalb für bestimmte Anwendungen ein abschließendes Schleifen oder Polieren erforderlich ist.

Ein interessantes Einsatzfeld für das thermische Spritzen ist die Innenbeschichtung von Zylindern für Motoren. Mit speziellen Brennerausführungen werden mit zwei Doppelhüben Dicken von 100 µm bis 120 µm erreicht. Im umgekehrten Fall eignen sich auch sehr große Bauteile für die Beschichtung durch thermisches Spritzen, da keine Behälter für die Abscheidung notwendig sind.

Ein außerordentlicher Schutz gegen Korrosion wird bei Hydraulikzylindern für Offshore-Bohranlagen gefordert. Dies wird mit Chromcarbiden oder speziellen Oxiden erzielt. Neben der Korrosion durch Salzwasser sind auch hohe Temperaturen, beispielsweise in Müllverbrennungsanlagen, ein ideales Einsatzfeld für thermische Spritzschichten. Schichten aus Eisen, Chrom, Bor und Aluminium werden hierzu vorbelastet durch Aufheizen, wodurch eine Oxidation stattfindet. Die entstehenden Verbindungen führen zu einer Verdichtung und erhöhen die Lebensdauer der Beschichtung deutlich.

Neue Eigenschaften werden durch Kombinationsschichten erzielt, zum Beispiel in Form einer Oxidschicht und daneben einer Metallschicht, wobei der Materialwechsel relativ einfach zu realisieren ist. Hohen Anforderungen unterliegen Spritzschichten in Triebwerken, insbesondere den thermischen Isolationsschichten, die mit porösen Schichten mit Dicken um 300 µm Temperaturgradienten von bis zu 150 K erreichen können.

Neue Wege werden beim Einsatz von Chargierträgern gegangen. Hier lassen sich die klassischen Gusseisengitter durch CFK mit einer Spritzschicht aus Aluminium-Titan-Oxid beschichten. Keramische Schichten werden als Schutz gegen Benetzung eingesetzt.

Neue Forschungen befassen sich mit der Beschichtung von Kunststoffen. In diesem Fall kann ein leichtes Grundmaterial deutlich verschleißfester gestaltet werden, was am Beispiel von Aluminium auf PEEK gezeigt wurde. Eine solche Schicht wird durch Aufspritzen von Oxiden noch beständiger gegen Verschleiß. Das selbe ist auf CFK möglich. Derartige Beschichtungen können­ auch geschliffen und poliert werden. Um dichte Schichten zu erzielen, wird heute in der Regel mit Siliziumoxid aus wässrigen Lösungen versiegelt. Dieser zusätzliche ­Arbeitsschritt soll durch neue Verfahren mit Porositäten um 1 Prozent entfallen.

Prof. Lampke wies bei der Frage nach dem Haftmechanismus bei Spritzschichten im Vergleich mit galvanischen Verfahren darauf­ hin, dass die Prozessgestaltung hier entscheidend ist. In der Regel muss mit den verschiedensten Methoden aufgeraut werden. Die leitfähigen Schichten auf Kunststoffverbunden müssen, zum Beispiel für das Bonden, nicht nachbehandelt werden. Bei der Beschichtung von großen Flächen müssen diese mehrfach abgefahren werden.­ Die hierbei erzielbare Schichtdicken­verteilung ist sehr gut und liegt bei Dicken um 100 µm bei etwa 10 µm Abweichung vom Sollwert.

Versuchsplanung

Die statische Versuchsplanung (DOE) wird eingesetzt, um Elektrolyte zu modifizieren, wie Florian Pischel (in Vertretung von Dr. Sascha Berger) einführend erklärte. Anlass war im Falle des nickel- und kobaltlegierten Hartgoldelektrolyten. Hierzu wurde als Legierungselement Eisen gewählt. Die Gold-Eisen-Schichten zeigen eine gute thermische Beständigkeit, indem der Kontaktwiderstand bis zu 300 °C für die geforderte Zeit von 5 min. beständig ist.

Mit der Versuchsplanung werden Steuergrößen variiert, um bei geringem Aufwand mit hoher Sicherheit in kurzer Zeit ein belastbares Ergebnis zu bekommen. DOE hilft, einen größeren Versuchsraum abzudecken. Unterschieden wird in der Praxis zwischen Screening und Detailuntersuchung. Durch Screening wird ermittelt, welche Faktoren für die Variation relevant sind. Für die Nachvollziehbarkeit ist eine sorgfältige Dokumentation notwendig.

Für DOE stehen eine Reihe von Hilfsmitteln (Software) zur Auswahl, die in der Regel auch bei der Auswertung der Daten behilflich sind. Beim untersuchten System wurden als feste Größen der Goldgehalt und die Temperatur gewählt. Variabel waren pH-Wert, Strömung, Eisengehalt, Glanzzusatz und Stromdichte.

Nanomaterialien und REACh

Über den Einsatz von Nanomaterialien im Zusammenhang mit REACh informierte zum Tagungsabschluss Dr. Hans-Jürgen Klockner. Er betonte einführend, dass für die Beschichtung Chemikalien benötigt werden und damit REACh berücksichtigt werden muss. Dadurch wird neben der Beschichtung selbst auch die Arbeitssicherheit betrachtet. Zu berücksichtigen ist, dass viele Bestimmungen von REACh auch für Stoffe mit jährlichen Verwendungsmengen unter 1 Tonne gelten. Für Verwendungen über 1 Tonne besteht Registrierpflicht. Besonders zu beachten ist, dass die Verwendung von Stoffen identifiziert werden muss, woraus sich eine Kommunikation in den Lieferketten ergibt. Ausgenommen von der Registrierung ist die wissenschaftliche Forschung und Entwicklung.

Derzeit ist relevant, dass eine kontinuierliche Aktualisierung der Dossiers für bereits registrierte Stoffe erfolgt. SIEF ist ein Forum zum Austausch von Stoffinformationen, um Wiederholungen von Versuchen oder Anwendungen zu vermeiden oder auch um unterschiedliche Einstufungen zu vermeiden. Nachgeschaltete Anwender müssen ihren Zulieferern die Verwendungen mitteilen. Wichtige Punkt im Dossier sind die Identität des Stoffs, Angaben zu Erstellung und Verwendung, Einstufung und Kennzeichnung oder die sichere Verwendung. Bei mehr als zehn Tonnen pro Herstellung und Jahr ist ein Stoffsicherheitsbericht erforderlich. Außerdem gelten für gefährliche Stoffe zusätz­liche Angaben zu Expositionsszenarien, die im Falle von Nanomaterialen derzeit heftig diskutiert werden.

Mengenunabhängig wird eine Kommunikation innerhalb der Lieferkette gefordert, wobei das Sicherheitsdatenblatt eines der wichtigsten Instrumente ist. Bei Nanomaterialien gibt es keine Vorschriften, wie das ­Sicherheitsdatenblatt auszusehen hat.

Zur Klarstellung, worüber gesprochen wird, liegt eine Definition der EU-Kommission für Nanomaterial vor (ohne Rechtsbindung): 50 Prozent der Partikel liegen in einer Anzahlgrößenverteilung im Bereich von 1 nm bis 100 nm. Kritisch gesehen wird, dass es keine zuverlässige Messmethode für Nanopartikel gibt. Als Lösung des Problems wird empfohlen, dass die Messmethode angegeben wird.

Stark eingebunden in die derzeit entstehenden Definitionen und Vorgehensweisen ist die BAuA, Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin. Aus deren Arbeiten entstehen Vorschläge für die Verfahrensweise. Zudem liegen heute VCI-Empfehlungen über die qualitative und quantitative Beschreibung oder die Risikobeurteilung vor. Empfohlen wird die Teilnahme an einer Online-Diskussion, die im Juni 2013 startete und sich überwiegend mit technischen Inhalten befasst. In vergangenen Gesprächen hat es sich gezeigt, dass die ECHA auf gute technische Argumente sehr wohl rea-
giert.

In der Diskussion wurde darauf hingewiesen, dass bei der Einbringung von Nano­partikeln in Elektrolyten zunächst die Feinstaubverordnung zu beachten ist. Damit gelten im ersten Schritt die Regelungen für den Arbeitsschutz. Die neu hier entstehenden Vorgaben im Hinblick auf Nanomaterialien haben noch nicht den Stand einer TRGS, sind aber mehr als ein Vorschlag der BAuA. Die Philosophie ist, dass Nanomaterialien wie alle anderen Chemikalien zu behandeln sind. Wenn Nanopartikel in einem anderen Stoff aufgehen, so sollte dies beschrieben werden.

Hierbei tauchte die Frage auf, weshalb Nanopartikel überhaupt separat behandelt werden müssen, wenn sie in Bezug auf die Nanoskaligkeit nicht als gefährlich angesehen; in diesem Fall wäre eher zu erwarten, dass sie wie alle anderen Stoffe betrachtet werden. Hierzu erläuterte der Vortragende, dass die Betrachtung dahin geht, dass die Wirkstärke von der Größe eines Partikels abhängt. Deshalb muss bei den Materialien die Änderung der Wirkung in Abhängigkeit von der Größe betrachtet werden; es erfolgt also keine Betrachtung allein auf Basis der Größe.

Um zu vermeiden, dass ein Stoff aus der Betrachtung fällt, weil er bisher nicht als Nano­größe verwendet wurde, muss jedes Produkt in Anbetracht seiner Größe betrachtet werden. Dies ist in der CLP-Verordnung festgelegt.

Eine weitere Frage zielte darauf ab, dass bei sehr vielen Stoffen die Größe einen entscheidenden Einfluss auf deren Gesundheitskriterium darstellt. Wie der Referent erläuterte, wird die Gefährlichkeit nicht automatisch aufgrund der Größe Nano festgelegt. Sondern es muss geprüft werden, ob ein Stoff aufgrund seiner neuen vorliegenden Größenordnung kritisch wird, das heißt, ein bereits beschriebener Stoff ist nochmals zu prüfen.

Abschluss

Prof. Paatsch bedankte sich zum Schluss des 35. Ulmer Gesprächs bei den Referenten für den interessanten und weitreichenden Über- und Einblick in neue Technologien im Umfeld der Oberflächentechnik. Und er äußerte die Hoffnung, dass die Tagungsreihe auch in Zukunft im selben Rahmen fortgesetzt werden kann. Die Auswahl an Themen ist hierbei sicher das kleinere Problem, solange die Zahl an interessierten Fachleuten den Weg nach Ulm findet.

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