Vor allem aufgrund der derzeitigen Diskussionen im Zusammenhang mit REACh wird darüber nachgedacht, Passivierungen für Zinkschichten vollständig ohne Chromverbindungen zu entwickeln. Dafür bieten sich Verbindungen auf Basis von Titan und Zirkon an. Allerdings ist ein Ersatz der bisher gebräuchlichen Chrom(III)salze nur dann sinnvoll, wenn sowohl eine umweltfreundlichere Gewinnung als auch eine ausreichende Verfügbarkeit bei vergleichbaren Eigenschaften gewährleistet sind. Hierzu werden die relevanten Kenngrößen verglichen.
Chromium-free Passivation of Electrodeposited Zinc Coatings
Not least because of ongoing concerns related to REACh, the passivation of zinc coatings with totally chromium-free processes is of great current concern. Possible candidates include those based on titanium or zirconium compounds. However, replacement of chromium (III) compounds widely used at present is only meaningful if the proposed alternatives offer comparable properties. With this issue in mind, the relevant parameters of candidate passivation coatings are compared.
1 Einleitung
Nach dem weitgehenden Ersatz der chrom(VI)haltigen Chromatierungen durch die chrom(VI)freien Passivierungen gibt es wiederholt Diskussionen über komplett chromfreie Systeme für den Korrosionsschutz von galvanisch abgeschiedenen Zinkschichten. Eines der Hauptargumente für den Verzicht auf Chromverbindungen ist das Ziel, eine grünere Oberfläche zu erhalten.
Eine weitere Triebkraft ist die Verunsicherung über die Einschränkungs- beziehungsweise Verbotsmöglichkeiten der REACh-Verordnung. Obwohl nach derzeitigem Kenntnisstand kein Anlass besteht, dass es zu einer Regulierung der Verwendung von Chrom(III)salzen kommt. Die relativ geringe Gesundheitsgefahr, die von diesen Salzen ausgeht [1], führt dazu, dass sie sich nicht auf den entsprechenden Listen zur REACh-Verordnung [2–5] befinden.
In dem vorliegenden Artikel soll es darum gehen, die möglichen chromfreien Alternativen zum chrom(III)basierten Passivieren von galvanischen Zinkschichten aus ökologischer Sicht wie auch aus ökonomischer Sicht zu beleuchten. Dabei wird bewusst auf einen Leistungsvergleich der chromhaltigen und chromfreien Verfahren verzichtet. Ein solcher Vergleich ist zum derzeitigen Zeitpunkt nicht seriös, da sich die chromfreien Verfahren für galvanische Zinkschichten noch im frühen Entwicklungsstadium befinden. Der technologische Wert der alternativen Systeme steht daher noch nicht fest.
2 Erwartungen
Verschiedene Betroffene (z. B. Beschichter oder Verfahrenslieferanten) wurden nach ihren Erwartungen an chromfreie Passivierungen befragt. Ziel dieser nicht repräsentativen Befragung war es, keine Beurteilung der am Markt verfügbaren, chromfreien Passivierungen zu bekommen, sondern vielmehr die Erwartungen an ein solches Produkt zu ermitteln, um den Vergleich daran auszurichten. In Abbildung 1 ist der Versuch dargestellt, die erhaltenen Aussagen zu ordnen. Diese Ordnung gilt nicht streng und es gibt an der ein oder anderen Stelle Überlappungen zwischen den Argumenten.
Die sicherlich spontansten Äußerungen lassen sich unter Warum? zusammenfassen. Hier wird auch die von der REACh-Verordnung [4] ausgelöste Unsicherheit bezüglich der Chemikalienregulierung deutlich. Mehrfach wurde die Frage aufgeworfen, ob nun auch Chrom(III)salze in den Fokus der Regulierung geraten seien (wie in der Einleitung angesprochen).
Verfahrenslieferanten sind eine große Gruppe als Adressaten für weitere Warum-Fragen. Zum einen wird ein chromfreier Ansatz häufig als Marketingidee angesehen, zum anderen wird auf die bestehenden Schwächen der cobalthaltigen Chrom(III)-passivierungen angespielt; hier ist die klare Forderung, zunächst die cobaltfreien Passivierungen auf einen besseren Stand zu bringen, bevor Chromfreiheit gefordert wird. Auch konservative Stimmen fallen darunter, hier geht es um die Frage der Notwendigkeit generell.
Unter dem Punkt Sicherheit? können die Erwartungen zum Thema Umwelt- und Arbeitssicherheit zusammengefasst werden. Hier wird vielfach die Erwartung geäußert, dass es durch chromfreie Systeme zu keiner Erhöhung des Aufwands für Arbeitsschutz- und Umweltschutzmaßnahmen kommen sollte.
Der Punkt Fortschritt? fasst die Erwartungen an die Leistungsfähigkeit zusammen; hier wird mindestens die Leistungsfähigkeit chrombasierter Passivierungen erwartet, möglichst bei reduzierten Kosten.
Von der Praxis?-Seite stehen Erwartungen an die Führung der Passivierungslösungen sowie an die Abwasserbehandlung im Vordergrund. Hier werden viele Erinnerungen an die Umstellung von den Chromatierungen auf die Passivierungen wach. Damals kam es vielfach zu Problemen in der Abwasserbehandlung, hier wird jetzt erwartet, dass bei chromfreien Passivierungen keine Schwierigkeiten auftreten.
Die Frage nach der Handhabung der Lösungen basiert ebenfalls auf dieser Umstellung, sie führte zu einem höheren Analyseaufwand, durch die höhere Zahl der zu überwachenden und einzuhaltenden Parameter. Hier besteht die Befürchtung, dass die Umstellung auf chromfreie Passivierungen wiederum für einen erhöhten Aufwand für die Handhabung sorgt. Bezogen auf die Anlagenausstattung besteht die klare Erwartung, die bestehenden Anlagen ohne Erweiterungen weiter nutzen zu können.
Am häufigsten waren Erwartungen an die Nachhaltigkeit chromfreier Systeme (Frage nach Grüner?). Vielfach wird die Metallfreiheit solcher Systeme vorausgesetzt. Ebenso stellt sich für viele die Frage nach den ökologischen Folgen chromfreier Passivierungen, mit der klaren Erwartung nach einer Verringerung, also einer Verbesserung des ökologischen Fußabdrucks.
Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass die Erwartungen und Ansprüche an mögliche chromfreie Systeme sich nicht hauptsächlich aus technischen Überlegungen ergeben. Die größten Erwartungen liegen auf der Nachhaltigkeit.
3 Chromfreie Alternativen
In der Literatur (z. B. Patente oder Fachzeitschriften) sind zahlreiche Alternativen zur Erhöhung der Korrosionsbeständigkeit von galvanisch verzinktem Stahl beschrieben. Der überwiegende Teil der publizierten Alternativen zeigt im Vergleich zu chrombasierten Passivierungssystemen nur einen geringen Korrosionsschutz. Gleichzeitig werden hohe Anforderungen an Behandlungs- und Trocknungstemperaturen gestellt. Häufig sind für die Erreichung der publizierten Ergebnisse des Salzsprühtests weitere Hilfsstoffe erforderlich. Eine besondere Rolle spielen Fluoride zur Stabilisierung der Metallionen. In Abbildung 2 sind die Metalle markiert, die als Alternativen zum Chrom beschrieben werden. Es zeigt sich, dass alle direkten Nachbarn des Chroms auf ihre Eignung hin untersucht wurden.
Unter den genannten Metallen sind Commodity-Metalle als auch Spezial-Metalle. Unter die Gruppe der Commodity-Metalle fallen solche wie Titan und Mangan. Diese Metalle finden breite technische Verwendung und sind in großen Mengen am Markt verfügbar. Die Gruppe der Spezial-Metalle kann in verschiedene Untergruppen aufgeteilt werden. Es finden sich Metalle der Seltenen Erden und der conflict minerals. Die Seltenen Erden (z. B. Cer oder Lanthan) werden häufig für Hochtechnologieanwendungen verwendet und ihre Verfügbarkeit wird als unsicher bewertet. Aus der selben Gruppe finden sich die Metalle Tantal und Wolfram. Durch den Dodd-Franck-Act [7] ist die Verwendung dieser Metalle mit Auflagen verbunden, zum Beispiel bezüglich der Herkunftsnachweise.
Die Gruppe der Spezial-Metalle stellt sicherlich keine gangbare Alternative zu den bestehenden chrombasierten Passivierungen dar. Neben den Unsicherheiten bei der Verfügbarkeit ist sicherlich auch die Preiskonkurrenz zu Hochtechnologiebereichen ein nicht unerhebliches Hindernis für die Wirtschaftlichkeit.
Für die ökologischen und ökonomischen Vergleiche wurden die Metalle Titan und Zirkonium ausgewählt. Sie werden einerseits am häufigsten als Alternativen genannt und sind andererseits typische Vertreter beider Metallgruppen.
4 Vergleich
Der Vergleich zwischen chrombasierten und chromfreien Passivierungen gliedert sich in die Bereiche grün, Sicherheit und Wirtschaftlichkeit. Ziel ist es, für die Diskussion über eine Chromsubstitution Argumente abseits des technischen Aspekts zu liefern.
Es stellt sich hierbei die Frage, ob die Alternativen grüner sind. Die sicherlich größte Rolle zur Bewertung der Umwelteinflüsse spielt die Herkunft der verwendeten Metalle. Die bergbauliche Gewinnung von Metallerzen ist mit den für den Bergbau typischen Folgen für die Umwelt verbunden. Daneben sorgt die energieaufwendige Herstellung der benötigten Salze aus den Erzen für weitere Kosten beziehungsweise Umweltbelastungen.
Bergbaulich gewonnen wird Chrom in Form des Chromits (FeO·Cr2O3). Dieses Erz wird dann bei hohen Temperaturen in Natriumdichromat überführt. Natriumdichromat stellt die Ausgangsverbindung für die Darstellung aller technischen Chrom(III)salze dar. Durch entsprechende Reduktion lässt es sich einfach in die jeweiligen Salze überführen (Abb. 3) [7].
Die Darstellung von Titansalzen [8] verläuft ähnlich. Allerdings wird Chlorgas verwendet, so dass dieses Verfahren etwas aufwendiger ist, besonders in Bezug auf die Anlagentechnik (Abb. 4). Die Darstellung von Zirkoniumsalzen [8] wird, aufgrund der chemischen Verwandtschaft zu Titan, analog durchgeführt. Allerdings wird, bedingt durch den unedleren Charakter des Zirkoniums, unter aggressiveren Bedingungen gearbeitet.
Eine Substitution des Chroms durch ein anderes Metall führt also nicht zu einer Verbesserung der Umweltbelastung. Der Grund liegt in der bergbaulichen Gewinnung, der zur Metallherstellung notwendigen Erze und deren Aufarbeitung.
Für die Bewertung, ob die Alternativen sicherer sind, ist zunächst das gesundheitliche Gefahrenpotential zu bewerten. Die GHS-Einstufung von gängigen Salzlösungen der zu vergleichenden Metalle zeigt Abbildung 5. Die Auswahl der identischen Anionen ermöglicht es, das Gefahrenpotential der Metalle direkt zu vergleichen. Es ist deutlich zu erkennen, dass sich die Einstufung aller betrachteten Metalle nicht unterscheidet. Das Gefährdungspotential wird weder erhöht noch gesenkt. Nicht berücksichtigt wird hier, dass zur Stabilisierung der Titan- und Zirkoniumsalze häufig hohe Fluoridkonzentrationen erforderlich sind, die ebenfalls die Gefährlichkeit beeinflussen.
Ein zentrales Kriterium für die Beurteilung der Wirtschaftlichkeit der genannten Alternativen ist sicherlich der Preis. In Tabelle 1 sind Durchschnittspreise der Ausgangsverbindungen enthalten. Wie der Commodity-Charakter erwarten lässt, unterscheiden sich die Preise von Chromit und Ilmenit nur geringfügig. Der Preis des Zirkons liegt entsprechend deutlich höher.
Stoff |
Durchschnittspreis (2008–2012) |
Chromit (metallurgische Qualität, 40 % Cr2O3, Südafrika) |
225,42 $/t |
Ilmenit (bulk, mind. 54 % TiO2, Australien) |
141,78 $/t |
Zirkon (Standard, bulk, Australien) |
1321,83 $/t
|
Neben dem Preis geht es bei Metallen auch um die Rohstoffverfügbarkeit, da sich die Lagerstätten oft nur in wenigen Ländern befinden. Die Rohstoffverfügbarkeit hängt im Wesentlichen von der geologisch verfügbaren Menge sowie der geografischen Lage der Lagerstätten ab. Wie Tabelle 2 zu entnehmen ist, sind die Lagerstätten an Chromerzen mit Abstand am größten, gefolgt von Titan. Allen Rohstoffen gemein ist, dass die Hauptlagerstätten nicht europäisch sind, was die Verfügbarkeit abhängig macht von sicheren Handelsrouten und politisch stabilen Herkunftsländern. Es lässt sich also wiederum feststellen, dass ein Wechsel von Chrom zu anderen Metallen weder zu einer deutlichen Verbesserung der Kosten, noch zu einer höheren Rohstoffsicherheit führt.
Metall |
Vorräte (weltweit, 2005) |
Bergwerksprod. (weltweit, 2005) |
Vorkommen (2005) |
Chrom |
3600 Mio. t |
19,3 Mio. t |
Südafrika, Indien, Kasachstan |
Titan |
390 Mio. t |
2,5 Mio. t |
Australien, |
Zirkon 1) |
170 Mio. t |
1,14 Mio. t |
Australien, |
1) keine Daten für Zirkonium-Metall vorhanden
5 Fazit und Ausblick
Die Ausführungen lassen vermuten, dass bei den zurzeit diskutierten Alternativen zum chromfreien Passivieren von galvanischen Zinküberzügen die Erwartungen der Anwender an die Nachhaltigkeit und Wirtschaftlichkeit nicht erfüllt werden können. Ein Wechsel zu chromfreien Varianten führt nicht zu den erhofften Vorteilen bezüglich der Wirtschaftlichkeit und Umweltverträglichkeit.
Bei der einfachen Substitution von Chrom durch ein anderes Metall wird es, bedingt durch die bergbauliche Gewinnung der Erze, immer zu einer eingeschränkten Umweltverträglichkeit kommen. Daher ist nach jetzigem Kenntnisstand eine Verbesserung der Ökobilanz durch einen Wechsel des Metalls nicht zu erwarten.
Nach dem geführten qualitativen Vergleich scheint es fraglich zu sein, ob eine Verbesserung durch einen reinen Wechsel zu erwarten ist. Die wirklich interessante Alternative scheint die Entwicklung metallfreier Produkte zu sein. Allerdings sind hier noch einige Jahre Entwicklungsarbeit zu leisten bis der Stand der Technik bezüglich des Korrosionsschutzes erreicht werden kann.
Literatur
[1] United States National Libary of Medicine: Toxnet – Toxicology Data Network (Online); Available: http://toxnet.nlm.nih.gov/cgi-bin/sis/search/a?dbs+hsdb:@term+@DOCNO+6999 (Zugriff am 12.7.2013)
[2] ECHA: Authorisation List (Online); Available: http://echa.europa.eu/en/web/guest/addressing-chemicals-of-concern/authorisation/recommendation-for-inclusion-in-the-authorisation-list/authorisation-list (Zugriff am 17.9.2013)
[3] ECHA: List of restrictions table (online); Available: http://echa.europa.eu/de/addressing-chemicals-of-concern/restrictions/list-of-restrictions/list-of-restrictions-table (Zugriff am 17.9.2013)
[4] Verordnung (Eg) Nr. 1907/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates; Amtsblatt der Europäischen Union, 2006
[5] ECHA: Candidate List of Substances of Very High Concern for Authorisation, 20 07 2013 (online); Available: http://echa.europa.eu/candidate-list-table (Zugriff am 20.8.2013)
[6] D. Wirtschaftsverbände: Merkblatt Dodd-Frank Act und Konfliktmineralien, Umgang mit Offenlegungspflichten entlang der Lieferkette; 5. November 2013 (online); Available: http://www.rheinhessen.ihk24.de/linkableblob/mzihk24/international/aktuelles/2648606/.3./data/Dodd_Frank_Act_Merkblatt-data.pdf (Zugriff am 27.11.2013)
[7] A. e. al.: Chromium Compounds; Ullmann‘s Encyclopedia of Industrial Chemistry; 2012
[8] E. W. N. W. Arnold, F. Holleman: Lehrbuch der anorganischen Chemie; Berlin, Walter de Gruyter, 1995
[9] Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe: Rohstoffpreismonitor Juli; Hannover, 2013
[10] Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe: Rohstoffwirtschaftliche Steckbriefe für Metall- und Nichtmetallrohstoffe; Hannover, 2005
[11] S. a. D. P. A. Leonard: Dodd-Frank.com (online); Available: http://www.dodd-frank.com (Zugriff am 26.11.2013)
DOI: 10.7395/2014/Hoge1