Kombinationsbeschichtung schützt Aluminium vor aggressiven Medien

Oberflächen 10. 04. 2014
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Aluminiumlegierungen spielen als Leichtbauwerkstoffe bei der Auswahl von Konstruktionswerkstoffen eine immer größere Rolle. Die Gründe liegen auf der Hand: Gewichtseinsparung bedeutet vor allem Energieeinsparung durch geringere träge Massen, die bewegt werden müssen. Je mehr Leichtmetalle in neue Anwendungsbereiche­ vorstoßen, desto mehr steigen auch die Anforderungen hinsichtlich des Verschleiß- und des Korrosionsschutzes. Unbehandelte­ Aluminiumlegierungen bilden an der Luft eine natürliche Oxidschicht, die in wässrigen Medien im mittleren pH-Bereich beständig ist. Durch beispielsweise Eloxieren oder Harteloxieren und Nachverdichten kann die Beständigkeit im sauren Bereich deutlich, im alkalischen Bereich jedoch nur begrenzt verbessert werden. Hier stellen Kombinationsbeschichtungen aus einer Oxidschicht und einem Elektrophorese-Tauchlack eine mögliche Lösung dar.

Technisch Eloxal und Harteloxal (AHC-Verfahrensname HART-COAT®) sind klassische Anodisationsbeschichtungen, die bei relativ niedrigen Temperaturen in einem sauren Elektrolyten durchgeführt werden. Je nach Anforderung kann eine Technisch-Eloxal-Schicht ausreichen oder eine Harteloxal-Schicht erforderlich sein. Technisch Eloxal wird in Elektrolyten leicht unterhalb Raumtemperatur und Harteloxal in solchen nahe 0 °C hergestellt. Durch die anodische Belastung mit Gleichstrom wandelt sich der Aluminium-Grundwerkstoff an seiner Oberfläche in Aluminiumoxid um. Dabei wächst die Oxidschicht zum Teil nach innen, wodurch eine definierte Maßänderung des Bauteils entsteht. Besonders erwähnenswert ist der sehr gute, auf atomaren Bindekräften beruhende Verbund mit dem Grundmaterial, aus dem die Schicht entstanden ist.

Neben der Temperatur wird die Anodisation von der Elektrolytzusammensetzung, dem Elektrodenpotential (elektrische Spannung) und der chemischen Zusammensetzung des zu beschichtenden Werkstücks beeinflusst. Während der Anodisation wachsen regelmäßige Zellen – vorwiegend aus amorphem g-Aluminiumoxid – senkrecht zur Aluminiumoberfläche auf. Jede Zelle hat eine Pore, deren Volumen und Durchmesser bei einer HART-COAT®-Schicht sehr viel geringer ist als bei einer Technisch-Eloxal-Schicht. Die Poren der Harteloxalschicht haben einen Durchmesser von etwa 50 nm. Bei einer Technisch-Eloxal-Schicht sind sie deutlich höher.

Härte, Verschleißfestigkeit und Korrosionsbeständigkeit einer Harteloxalschicht sind bedingt durch das geringere Porenvolumen deutlich höher als bei einer Technisch-Eloxal-Schicht. Die Härte der HART-COAT®-Schicht ist von Zusammensetzung und Struktur des Grundmaterials abhängig und liegt zum Beispiel bei der Legierung AlMgSi1 mit einer Schichtdicke von 30 µm bis 50 µm im Bereich von 450 HV0,025 bis 480 HV0,025. Bedingt durch die spezifische Ausbildung der Oxidschicht wird die so genannte Scheinhärte gemessen, die maßgeblich vom Volumen der vorliegenden Poren sowie den Legierungsbestandteilen beeinflusst wird. Mit einer Technisch-Eloxal-Schicht lassen sich hingegen Härten von 250 HV bis zu 350 HV erzielen.

Die verfahrensbedingten Poren in der Hart­eloxalschicht lassen sich im Rahmen einer Nachbehandlung nutzen. Der Verschluss der Poren, beispielsweise durch Heißwassernachverdichtung, erhöht die Korrosionsschutzwirkung der Oberflächenschicht. Die Einlagerung von PTFE-Partikeln (Imprägnierung) verbessert die Gleiteigenschaften der Oberflächenschicht. Bis zu einem gewissen Grad können die dekorativen Eigenschaften der Oberflächenschicht durch die Einlagerung von Farbstoffen (absorptiv, elektrolytisch) optimiert werden.

Eine andere Art der Versiegelung stellt die Elektrophorese-Tauchlackierung nach dem Verfahren SILA-COAT® 5000 der AHC Oberflächentechnik dar. Die Korrosionsbeständigkeit der Eloxalschichten wird deutlich gesteigert – in einigen Anwendungsfälle auf mehr als 1000 h im Salzsprühnebeltest – und vor allem wird die Alkalibeständigkeit merklich erhöht. Die regelmäßig ausgebildete Netzstruktur des Tauchlacks versiegelt die Oberfläche und ebnet sie ein. Es entstehen sehr gleichmäßige Schichten, auch auf komplexen Bauteilen mit Innenflächen wie zum Beispiel Bohrungen oder Hohlräume.

Die übliche Schichtdicke des Tauchlacks beträgt 25 ± 5 µm. Technisch Eloxal beziehungsweise Harteloxal als Zwischenschicht führen zu einem Farbeindruck in Richtung grau-metallisch beziehungsweise schwarz. Die elektrische Durchschlagfestigkeit ist deutlich höher als die von harteloxierten Oberflächen. Die Beschichtung erfüllt hinsichtlich Lebensmittelunbedenklichkeit die Anforderungen an die Verkehrsfähigkeit gemäß den Regularien der FDA (Food and Drug Administration) und gemäß Bedarfsgegenständeverordnung. SILA-COAT® 5000 ist darüber hinaus biokompatibel, das heißt sie schädigt keine Gewebezellen.

Aufgrund ihrer Eigenschaften finden Kombinationsbeschichtungen aus Eloxalschicht und Tauchlackierung dort Anwendung, wo Aluminiumbauteile mit alkalischen oder sauren Medien in Berührung kommen: zum Beispiel Lebensmittelverarbeitung, Verpackungsanlagen, Laborbereiche, Medizintechnik oder Gastronomie. Die gute elektrische Durchschlagfestigkeit in Kombination mit einer hohen Korrosionsbeständigkeit machen SILA-COAT® 5000 darüber hinaus für die Beschichtung von Elektrobauteilen interessant.

Die Groschopp AG, ein führendes Unternehmen auf dem Gebiet der elektrischen Antriebstechnik, bietet Elektromotoren mit schwarzer Gehäuseoberfläche an. Die nach dem HART-COAT®-Verfahren beschichtete Oberfläche ist wasserabweisend und kratz- beziehungsweise schlagfest. Eine weitere Behandlung durch Sand- oder Glasperlenstrahlen macht die Oberfläche zusätzlich noch schmutzunempfindlicher. Das Ergebnis ist ein widerstandsfähiges, glattes Gehäuse für den Motor oder das Getriebe. Eine Versiegelung der Aluminiumoxidschicht mit der Tauchlackierung erhöht die Säurebeständigkeit und vor allem die Alkalibeständigkeit der Oberfläche.

 

Text zum Titelbild: Elektromotor mit schwarzer Kombinationsbeschichtung / Foto: Groschopp AG

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