Verleihung des Stuttgarter Oberflächentechnik-Preises auf der Fachmesse O&S

Oberflächen 10. 07. 2014
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Oberflächentechnik-Preis DIE OBERFLÄCHE 2014 in Gold für Airbus Group

Zum Auftakt der diesjährigen internationalen Fachmesse für Oberflächen & Schichten O&S wurden am 24. Juni die Gewinner des Stuttgarter Oberflächentechnik-Preises DIE OBERFLÄCHE 2014 gekürt. Mit dem vom Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung (IPA), Stuttgart, jährlich ausgelobten Preis wird die innovativste Anwendung oder Technologie innerhalb aller Disziplinen der Oberflächentechnik ausgezeichnet. In diesem Jahr ging DIE OBERFLÄCHE 2014 in Gold an die Airbus Group. Sie erhielt den Preis für die Entwicklung einer extrem wasserabweisenden Flugzeugoberfläche, welche die Eisbildung sowie die Verschmutzung auf Flugzeugoberflächen reduziert. Rang zwei belegte die Kooperation CeramTec/Medicoat mit einer Beschichtungstechnik, durch die Knochen direkt am keramischen Implantat anwachsen. Den dritten Platz erreichte die Hartchrom Schoch GmbH, die Marker in chemisch beziehungsweise elektrochemisch erzeugten Oberflächensystemen einlagert.

Schwer gefallen sei der Jury in diesem Jahr die Entscheidung, sagte Dr. Martin Metzner vom Fraunhofer-IPA. Die Jury, der neben ihm noch Dr. Martin Riester vom VDMA-Fachverband Oberflächentechnik sowie Dr. Michael Hilt von der Forschungsgesellschaft für Pigmente und Lacke e. V. angehörten, hatte die Qual der Wahl. Über 20 hochwertige Bewerbungen waren eingereicht worden.

Dem Team der Airbus Group ist es durch die Entwicklung einer multifunktionalen, intelligenten Oberfläche gelungen, Flugzeuge in Zukunft sicherer, energiesparender und umweltverträglicher zu machen. Intelligente Oberflächen sind nach den Worten von Dr. Metzner solche, die auf ganz bestimmte Anwendungseigenschaften abgestimmt sind. So könnten Effekte erzielt werden, die mit Vollmaterialien nicht einstellbar seien. Die Kombination von verschiedenen Verfahren der Oberflächentechnik biete dabei einen großen Spielraum. Die vom Airbus-Team entwickelte Technologie sei ein solches Kombinationsverfahren, mit dem die Aspekte Energieeffizienz und Sicherheit im Flugzeugbereich abgedeckt werden könnten. Der Airbus Group sei die Entwicklung eines Verfahrens gelungen, bei dem durch Anodisation definierte TiO2-Nanoröhrchen wachsen, die in einem zweiten Schritt mit einer hydrophoben Funktionalisierung versehen werden. So entstehen superhydrophobe Oberflächen, welche die Vereisung auf Flugzeugoberflächen, zum Beispiel den Tragflächen, verhindern beziehungsweise deutlich reduzieren. Die Airbus Group konnte unter realen Strömungs- und Vereisungsbedingungen zudem nachweisen, dass die Kombination einer Oberfläche auf der Basis von TiO2-Nanoröhren mit einem elektrischen Heizsystem eine Leistungsersparnis von bis zu 66 Prozent gegenüber konventionellen, elektrischen Enteisungssystemen ohne superhydrophobe Oberflächen erreicht.

Mit der OBERFLÄCHE 2014 in Silber wurde eine Kooperation der CeramTec GmbH und der Medicoat AG ausgezeichnet, die eine Beschichtungstechnik entwickelten, durch die Knochen direkt am keramischen Implantat anwachsen. Eingereicht hatten CeramTec/Medicoat bei der Bewerbung eine direkt implantierbare keramische Hüftgelenkspfanne, einen sogenannten Monoblock. Mit einem thermischen Spritzverfahren wird direkt auf die Keramik eine metallische Beschichtung aufgetragen; sie ist erforderlich, damit der Knochen am Implantat einwachsen kann. Die bislang nötige Metallschale fällt dadurch weg, was die Ausmaße der Prothese verkleinert – es kann also mehr Knochen erhalten bleiben. Zudem werden durch diese Ausführung Anwendungsfehler vermieden, da durch die Ausführung als Monoblock (gegenüber bisherigen modularen Systemen aus metallischen und keramischen Komponenten) ein Verkippen der Komponenten zueinander entfällt. Das Verfahren ist nach den Worten von Laudator Dr. Martin Riester, VDMA, auch durch Nachhaltigkeitsaspekte geprägt, da Material und Energie eingespart würden; selbstverständlich würden auch gesundheits- und umweltverträgliche Materialien verwendet. Für die Jury herausragend war laut Riester, dass es CeramTec und Medicoat gelungen ist, ein Produkt, das in einem hochsensiblen Bereich eingesetzt wird, signifikant zu optimieren.

Die Fälschung von Produkten, die auf den ersten Blick aussehen wie das Originalteil, hat sich mittlerweile zu einer weltweiten Herausforderung entwickelt. Eine fälschungssichere Produktkennzeichnung beziehungsweise -markierung vor allem von hochwertigen Produkten wird daher immer wichtiger. Die Firma Hartchrom Schoch GmbH hat nach Aussage von Dieter Ondratschek, Laudator für DIE OBERFLÄCHE 2014 in Bronze, mit ihrer prämierten Technologie einen wichtigen Schritt zur effektiven Bekämpfung von Produktpiraterie getan. Dem Team um Wolfgang Stuckert, Betriebsleiter bei Hartchrom Schoch, sei es gelungen, in chemisch beziehungs­weise elektrochemisch erzeugte metallische Beschichtungen (z.B. Hartchromschichten) spezielle Partikel einzulagern, die das beschichtete Produkt genau kennzeichnen. Die von der Firma Polysecure GmbH entwickelten Marker sind thermisch stabil, chemisch inert, biokompatibel und variabel in Größe und Dichte. Sie sind mit drei Sicherheitsmerkmalen ausgestattet:

  • eine charakteristische Fluoreszenz
  • ein individueller, numerischer Code, der auf die chemische Zusammensetzung von eigens hergestellten keramischen Partikeln zurückgeht,
  • ein spezieller Fingerabdruck, der zufällig entsteht und daher prinzipiell nicht kopierbar ist.

Die Firma Hartchrom Schoch musste, so Dieter Ondratschek in seiner Laudatio, bei der Entwicklung verschiedener Methoden komplexe Herausforderungen lösen, unter anderem die Stabilisierung feinster Teilchen mit Dimensionen im Nano- bis Mikrometerbereich in den galvanischen Bädern. Inzwischen ist es dem Unternehmen nach Aussage von Stuckert gelungen, Partikel auch in chemisch Nickel-Schichten einzulagern. Ziel sei es, Partikel auch in Harteloxalschichten einzulagern.

Zum Abschluss der Preisverleihung betonte Dr. Metzner nochmals die hochwertige Qualität der eingereichten Bewerbungen. Die Entscheidung sei den Juroren nicht leichtgefallen und sei auch denkbar knapp gewesen. Ein gutes Zeichen für die Oberflächentechnikbranche. Zeigt es doch deren Innovationskraft und Nachhaltigkeit.

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