Bericht über das 36. Ulmer Gespräch am 8. und 9. Mai in Neu-Ulm
Fortsetzung aus WOMag 7/2014
Verzicht auf Borsäure
Seit 2010 steht Borsäure auf der Liste der besonders besorgniserregenden Stoffe (SVHC), wie Dr. Malte Standera, Dr. Hesse GmbH & CIE KG, einführend erklärte. Dabei sprechen im Falle der Verwendung in der Galvanotechnik einige Argumente gegen ein Verbot; so ist Borsäure eine überaus effektive Puffersubstanz für zahlreiche Elektrolyte; es erfolgt kein Einbau in die Schicht; die Wirkung tritt nur in unmittelbarer Kathodennähe auf und Borsäure ist ein kostengünstiger Stoff. Insbesondere bei geforderten Wirkungen über pH 7 stehen primär nur Stoffe, wie Ammonium, Blausäure oder Phenol zur Verfügung, die allesamt nicht als wirkliche Alternative gelten können. Für schwachsaure Elektrolyte stehen als derzeit noch nicht reglementierte Stoffe Citronensäure und Essigsäure zur Auswahl.
Der Einsatz von alternativen Stoffen erfordert die Abprüfung einer Reihe von Parametern, wie beispielsweise Löslichkeit, Flüchtigkeit, Abscheidegeschwindigkeit, Schichtdickenverteilung, Einbaurate oder die sich ändernden Kosten. So ist zum Beispiel Essigsäure im Hinblick auf Flüchtigkeit und der damit verbundenen Geruchsbelästigung kritisch zu sehen. Allerdings kann bei Einsatz von Essigsäure in Zinkelektrolyten im Vergleich zu Borsäure mit höherer Stromdichte gearbeitet werden. Ein weiterer Vorteil durch den Ersatz von Borsäure ist die verbesserte Haftung der Schichten sowie eine bessere Schwarzpassivierbarkeit. Auch wenn derzeit Borsäure aufgrund ihrer einfachen und effektiven Verwendung weiter in Gebrauch ist, zeigen sich doch erste mögliche Ansätze, auf alternative Systeme umzusteigen. Damit kann die dringend notwendige Konstanz zur Herstellung von hocheffektiven Korrosionsschutzschichten auf Basis von Zink gewährleistet werden.
Borsäure und Essigsäure im Vergleich
Dr. Jochen Heber von der SurTec Deutschland GmbH ging in seinem Beitrag detaillierter auf die Änderung der Abscheidung von Zink beim Wechsel von Borsäure auf Essigsäure ein. Bei diesem Vergleich wurde als Referenz ein saurer Zinkelektrolyt mit 60 g/l Zinkchlorid, 205 g/l Kaliumchlorid und 25 g/l Borsäure bei einem pH-Wert von 5 gewählt. Der alternative Grundansatz ohne Borsäure enthält die selben Mengen an Zink- und Kaliumchlorid. Neben Essigsäuregehalten zwischen 40 g/l und 80 g/l wurde ein spezielles Additiv (bis 7,5 ml/l) zugesetzt, um die Verschlechterung der Abscheidung im Bereich höherer Stromdichte, die beim Wechsel von Borsäure zu Essigsäure auftritt, auszugleichen.
Um die Änderungen in der Zusammensetzung des Elektrolyten zu erfassen, wurde das Verhältnis der Schichten an zwei Punkten eines Hullzellenblechs – einer im Bereich höherer und einer im Bereich niedriger Stromdichte – gewählt. Damit lässt sich deutlich der positive Effekt des Additivs erkennen und zugleich zeigen, dass die Zugabe ein Maximum durchläuft: 0,75 ml/l ergeben eine bessere Schichtdickenverteilung als 7,5 ml/l Additiv im Elektrolyten. Erkennbar ist darüber hinaus ein Einfluss des Gehalts an Essigsäure und des vorliegenden pH-Werts des Elektrolyten. Im Bereich der niedrigen Stromdichte zeigt sich bei steigendem Gehalt an Essigsäure eine abnehmende Bedeckung, unabhängig vom Anteil an Additiv, wobei bei Überdosierung wiederum die Eigenschaften schlechter werden. Die Stromausbeute sinkt bei Verwendung von Essigsäure mit steigender Stromdichte, wobei der Effekt durch die Zugabe des Additivs abgemildert werden kann. Die Härte der Zinkschicht bleibt dagegen durch die Änderung der Zusammensetzung weitgehend unverändert.
Die Korrosionseigenschaften wurden an Scharnierteilen mit komplexer Geometrie untersucht. Hierzu wurden 12 µm Zink abgeschieden und als Nachbehandlung eine Blaupassivierung gewählt. Nach 48 Stunden in neutralem Salzsprühtest zeigten die Schichten aus Elektrolyten mit Essigsäure, aber ohne Additiv, eine höhere Anzahl an Weißrostpunkten (5 %), während mit Additiv (7,5 ml/l) das Ergebnis das selbe wie beim klassischen Borsäureelektrolyt (1 %) war. Allerdings muss der Elektrolyt zur Erzielung eines guten Korrosionsschutzes der Schichten eingearbeitet sein.
Alternativen zu Cadmium
Cadmium wird vor allem im Korrosionsschutz und in Akkumulatoren eingesetzt; außerdem wird es für unterschiedliche Wirkungen in Solarzellen, Farben und Kunststoffen, in Legierungen, Halbleitern oder in Leuchtstoffröhren zugegeben. Wie Dr. Klaus Schöttler, Liebherr-Aerospace Lindenberg GmbH, einführend erläuterte, wird insbesondere durch verschiedene Gesetze der Einsatz des Metalls aus gesundheitlichen Gründen stark eingeschränkt. Galvanotechnisch wird Cadmium praktisch nur noch für den militärischen Bereich sowie für die Luft- und Raumfahrt abgeschieden; die Schichten zeichnen sich durch sehr gute Korrosionseigenschaften, gute selbstschmierende Eigenschaften und als idealer Haftgrund für Lackierungen aus.
Als Alternativen zu Cadmiumschichten wurden verschiedene Zinkvarianten, Aluminium, Zinn-Zink oder Nickelbeschichtungen untersucht. Da die galvanische Cadmiumabscheidung bei sehr hoher Stromausbeute abläuft, besteht keine Gefahr der Wasserstoffversprödung, was für viele alternative Verfahren eine der höchsten Hürden darstellt. In die engere Auswahl kommen aus diesem Grund nur galvanisch abgeschiedenes Zink-Nickel, Zinn-Zink, Reinaluminium (aprotische Abscheidung) sowie Zinklamellenbeschichtungen. Da hochfester Stahl mit einer Zugfestigkeit von mehr als 1450 MPa zu beschichten ist, wurde der Wasserstoffversprödung besondere Aufmerksamkeit geschenkt. Es zeigte sich hierbei, dass Zink-Nickel den Eigenschaften der bisher gebräuchlichen Cadmiumschichten recht nahekommt und zudem die Abscheidung optimiert werden kann, sodass die Beschichtungen mit länger werdendem Gebrauch besser werden.
Zur Bewertung der Alternativen zu Cadmium dienten folgende Kriterien: Wasserstoffversprödung, Schichtzusammenhalt, Haftung, Korrosionsschutzwirkung, Temperaturbeständigkeit, Überlackierbarkeit, Entschichtung, Reibung/Verschleiß, Werkstoffermüdung, Marktverfügbarkeit, Möglichkeit zur Innenbeschichtung sowie die Verwendbarkeit der gängigen Maskiertechniken. Bewertet wurde nach einem Punktesystem (0 bis 10, beziehungsweise beim Korrosionsschutz 0 bis 20) mit der maximal möglichen Punktzahl von 140. In diesem Vergleich erreichte Cadmium 138 Punkte (lediglich bei der Temperaturbeständigkeit mit 8 Punkten weniger als die Maximalzahl). Als beste Alternative erwies sich Zink-Nickel mit 128 Punkten, gefolgt von Zinklamellen mit 95 Punkten. Aluminium erreichte zwar gute technische Eigenschaften, scheidet allerdings derzeit aufgrund von fehlenden Produktionseinrichtungen aus, wogegen Zinn-Zink technisch nicht in Betracht kommt.
Zinkdiffusionsbeschichtung
Die Zinkdiffusionsbehandlung wurde erstmals vor etwa 100 Jahren angewandt und ist nach dessen Entwickler Sherard Cowper-Coles benannt. Bei der Beschichtungstechnik werden die zu beschichtenden Teile mit Zinkpulver gemischt und auf Temperaturen über 300 °C gebracht, wobei die Mischung in der Regel in Bewegung gehalten wird. An der Oberfläche des zu bearbeitenden Stahlbauteils wird eine Diffusionszone mit vom Werkstück nach außen hin abnehmendem Eisengehalt und zunehmendem Zinkgehalt gebildet. Das Ergebnis ist nach Aussage von Henrik Claussen, Benseler Oberflächentechnik GmbH, eine graduierte Schicht, die sowohl einen guten Verschleiß- als auch einen hervorragenden Korrosionsschutz bietet.
Das Verfahren wurde in den letzten Jahren stark weiterentwickelt. Mit dem entstandenen ArmorGalv® steht heute ein Verfahren für Massenprodukte aus Stahl, wie beispielsweise Schrauben, Muttern oder Stanz- und Biegeteile, als technologische und kostengünstige Alternative zu galvanischen Verfahren auf Zinkbasis zur Verfügung. Aufgrund der Tatsache, dass die Technologie ohne Lösemittel und Abwasser sowie nur mit dem Rohstoff Zink auskommt und zugleich eine geringe thermische Belastung des Grundwerkstoffs vorliegt, gilt sie als besonders nachhaltig. Mit dem Verfahren wird eine gut steuerbare Schichtdicke erzielt. Der gute Korrosionsschutz bleibt auch bei einer nachfolgenden Verformung erhalten. Durch eine Versiegelung und/oder Deckbeschichtung lassen sich die Korrosionsschutzeigenschaften nochmals deutlich steigern.
Das System kommt derzeit schwerpunktmäßig in maritimen Anwendungen zum Einsatz sowie in den Bereichen der erneuerbaren Energien und der Bahntechnik. Auch in der Automobilindustrie stößt das Verfahren wegen der günstigen Schichteigenschaften auf hohes Interesse.
Zinklamellensysteme
Dr. Martin Welp, Dörken MKS-Systeme GmbH & Co. KG, stellte mit den Zinklamellensystemen eine Technologie vor, die vor allem bei Verbindungselementen umfangreich zum Einsatz kommt. Zunächst erläuterte er den Ablauf der Korrosion bei Kontakt von Metallteilen, wie er beispielsweise in Fahrzeugen an zahlreichen Stellen vorkommt. Insbesondere die hochfesten Schrauben sind hier problematisch, da zum Beispiel bei der galvanischen Beschichtung als zusätzliche Herausforderung zum Korrosionsschutz eine Wasserstoffversprödung aufgrund der systembedingten Wasserstoffentwicklung vermieden werden muss.
Zinklamellensysteme liefern zur Gewährleistung des kathodischen Korrosionsschutzes das nötige Zink in Form von kleinen Lamellen. Darüber hinaus entsteht bei der Beschichtung kein atomarer Wasserstoff, wodurch auch die Gefahr der Wasserstoffversprödung nicht besteht. Zudem verzögert das vorhandene Bindemittel die Auflösung, weshalb hohe Beständigkeitsdauern erreicht werden. Außer bei Verbindungselementen in Fahrzeugen werden Zinklamellensysteme zunehmend auch im Bereich der Windkraft bei Offshore-Anlagen und für den schweren Korrosionsschutz eingesetzt.
Stückverzinkung
Im letzten Beitrag stellte Dr. Thomas Pinger, Fontaine Technologie GmbH, die Neuerungen beim Feuerverzinken vor. Stähle lassen sich in relativ wenigen Prozessschritten – Reinigen, Beizen, Tauchen in Flussmittel – durch Tauchen in flüssiges Zink bei Temperaturen über 450 °C beschichten. Die hierbei erzielbaren Schichten liegen je nach Material und genauer Zusammensetzung der Zinkschmelze bei 60 µm bis 200 µm. Die Schichten führen aufgrund der höheren Zinkmenge und des Effekts des kathodischen Korrosionsschutzes zu sehr beständigen Werkstoffkombinationen, auch unter extremen Umweltbelastungen. Zudem entsteht beim Feuerverzinken eine enge Verbindung zwischen Schicht und Grundwerkstoff durch die Bildung von graduierten Phasen.
Eine Neuentwicklung ist das Verfahren MicroZinq, bei dem nach einer speziellen Vorbehandlung mit einer Legierung aus Zink und 5 % Aluminium beschichtet wird. Hierbei entsteht eine eutektische Zink-Aluminium-Erstarrungsstruktur ohne ausgeprägte intermetallische Phase und homogener Verteilung der beiden Legierungspartner. Deutlich unterschiedlich gegenüber der klassischen Feuerverzinkung ist die Schichtdicke: Sie liegt bei dem neuen Verfahren nur noch bei 8 µm bis 15 µm. Dies bedeutet eine deutliche Material- und Gewichtseinsparung. Trotz der geringeren Schichtdicke werden im Salzsprühnebeltest nach ISO 9227 Korrosionsbeständigkeiten von 1200 Stunden oder im Kesternichtest (DIN 50018) mit 0,2 % Schwefeldioxid mehr als 45 Zyklen erreicht. Die Vorteile ergeben sich durch eine bessere Schichtpassivität aufgrund des vorhandenen Aluminiums, aber auch durch eine deutlich verringerte thermische Belastung des Grundwerksoffs. Schließlich wird das veränderte Aussehen durch im Stahl vorhandenes Silizium (Siliziumeffekte) vermieden, indem unabhängig vom Siliziumgehalt ein gleichmäßiges optisches Erscheinungsbild entsteht. Durch zusätzliche Beschichtungen, beispielsweise mit Lacken, wird die Beständigkeit des Beschichtungssystems weiter erhöht.
TIPP der WOMag-Redaktion
Weitere Informationen über den Einsatz von Zinklamellensystemen erhalten Sie in den beiden Beiträgen von Dr. Welp:
Einsatzgebiete der Zinklamellenbeschichtung
WOMag 7/2014, Seite 20 ff
Neue Einsatzgebiete für den Mikroschicht-Korrosionsschutz
WOMag 1/2014, Seite 28 ff
TIPP der WOMag-Redaktion
Weitere Informationen über das Feuerverzinken erhalten Sie in folgenden Beiträgen von Dr. Pinger:
Stückverzinkung komplexer Fahrzeugrahmen
WOMag 3/2014, Seite 33 ff
Positives Verhalten dünner Zink-Aluminium-Stückverzinkungsschichten unter Klimawechselbelastung
WOMag 1/2014, Seite 24 ff
Leistungsstark und vielfältig –
Anwendung stückverzinkter Stahlbauteile im Rahmen der Energiewende
WOMag 8/2013, Seite 24 ff
Stückverzinken – Ein Klassiker mit viel Potential
WOMag 4/2013, Seite 21 ff
Ulmer Gespräch – Podiumsdiskussion Für und Wider von Kobalt in Passivierungsschichten
Die Veranstalter des diesjährigen Ulmer Gesprächs hatten Experten aus der Zuliefer- und Beschichtungsindustrie zu einer Podiumsdiskussion eingeladen, um über Fragen im Zusammenhang mit der Verwendung von Kobalt in Passivierungen zu informieren und darüber zu diskutieren. Ein Ausgangspunkt der Diskussion ist das im Raum stehende Verbot von Kobalt im Zuge der Anforderungen durch REACh und die sich daraus ergebenden Änderungen bei beschichteten Bauteilen, aber auch bei etablierten Prozessen. Des Weiteren ist in diesem Zusammenhang zu klären, welche Alternativen zur Erfüllung der Spezifikationen der OEMs verfügbar sind und inwieweit diese unter den unterschiedlichen klimatischen Bedingungen einsetzbar sind. An der Diskussionsrunde unter Leitung von Prof. Dr. Bertram Reinhold von der Audi AG, Ingolstadt, nahmen teil Dr. Ralph Blittersdorf, Dr. Hesse GmbH & Cie KG, Dr. Martin Kurpjoweit, Walter Hillebrand GmbH & Co. KG, Dr. Werner Richtering, Atotech GmbH, Dr. Markus Schütz, Holder GmbH, und Rainer Venz, Coventya GmbH.
Prof. Dr. Reinhold informierte zu Beginn der Diskussion über den Standpunkt des VDA – Verband der Automobilindustrie zum Element Kobalt. Er verwies darauf, dass seit einigen Jahren Passivierungen mit sehr guter Beständigkeit eingesetzt werden. Dabei entstehen mit Kobalt Spinelle, die sich durch eine gute Temperaturbeständigkeit auszeichnen. Die Kobaltverbindung ist chemisch sehr beständig und damit nach REACh auch nicht von den Regelungen betroffen. In der Automobilindustrie liegen gute Erfahrungen mit den kobalthaltigen Verbindungen als Ersatz für die klassischen Chromatierungen auf Zinkbeschichtungen vor. Die Automobilindustrie geht zunächst davon aus, dass die Kobaltverbindungen durch andere Zusätze ersetzbar sind. Sollte eine Änderung stattfinden, so würde die Automobilindustrie auch höhere Kosten akzeptieren. Allerdings wies er auch darauf hin, dass nach einem weiteren Szenario die zu erwartenden Änderungen Nachteile nach sich ziehen können, was zu einem Imageverlust führen könnte, der entsprechende Reaktionen der Automobilunternehmen erforderlich machen würde.
Nach den Worten von Rainer Venz ist von Seiten des Gesetzgebers noch keine endgültige Festlegung über die Aufnahme in Anhang XIV getroffen worden. Kobalt erfüllt in den Passivierungen vor allem die Forderungen nach Korrosionsbeständigkeit und Temperaturbeständigkeit sowie die Farbgebung. In Anbetracht des Ausfalls von Kobaltverbindungen laufen derzeit Entwicklungen an Ersatzstoffen, die je nach Zinkbeschichtung relativ weit gediehen sind. Umfangreiche Prüfverfahren bei den großen Abnehmern stehen derzeit noch aus, weshalb der zeitliche Verlauf der Umstellung noch nicht abgeschätzt werden kann. Probleme sieht Rainer Venz bei fehlenden Kurzzeittests, fehlenden Lastenheften, aber auch in der Blockierung von Innovationskraft, die zu Lasten anderer Entwicklungen gehen kann.
Dr. Kurpjoweit stellte in seinen Ausführungen die Sichtweise des Lohnbeschichters dar, wobei er die Funktion als Dienstleister in den Vordergrund stellt: Der Dienstleister liefert das, was der Kunde wünscht und bezahlt. Die Gefährlichkeit von Kobalt durch Aufnahme über die Atemwege ist nach seinen Ausführungen unstrittig. Daraus folgend werden Mitarbeiter bereits über einen längeren Zeitraum intensiv medizinisch betreut, wobei sich bisher keinerlei Auffälligkeiten zeigten. Trotzdem – vor allem aufgrund der kaum beeinflussbaren Aktivitäten des Gesetzgebers im Zusammenhang mit REACh – werden Neuentwicklungen betrieben beziehungsweise unterstützt. Dafür steht ein Zeitraum bis etwa 2018 zur Verfügung, da nach derzeitigem Verfahrensverlauf ein Verbot nicht früher zu erwarten ist. Solange keine Alternativen verfügbar sind, bedeutet der Wegfall von Kobalt nach Meinung von Dr. Kurpjoweit einen Rückschritt. Als Alternativen zeichnen sich im Moment ein verstärkter Einsatz von Zink-Nickel an Stelle von reinem Zink, aber auch eine Abwanderung der Aufträge in Nicht-EU-Staaten ab. Andererseits ist auch die Reduzierung der Korrosionsschutzanforderungen bei den OEMs eine Option, die zu berücksichtigen ist. Insgesamt ist aber durch die Entwicklung bei den Passivierungen mit höheren Kosten bei der Oberflächenbehandlung zu rechnen.
Nach den Worten von Prof. Reinhold hat der Autobauer nicht unbedingt Interesse an der einen oder anderen Beschichtung, sondern er ist der Ansicht, dass eine Oberfläche den Korrosionsschutz zu erfüllen hat, ohne Detailwissen über die Zusammensetzung und den damit verbundenen Restriktionen oder Hintergründen. Dabei stellt sich für ihn die Frage, ob die Fachfirmen nicht bereits über Alternativen verfügen.
Wie Dr. Blittersdorf betont, werden von den Chemielieferanten zwar in breitem Umfang Entwicklungsarbeiten durchgeführt, die aber nur dann schnelle und verlässliche Ergebnisse vorweisen können, wenn die OEMs mit akzeptablen Prüfteilen zur Entwicklung beitragen. Rainer Venz bestärkte dies, indem er darauf hinwies, dass die große Zahl an Parametern und möglichen Schichtsystemen (also Grundschicht mit Passivierung und Versiegelung) eine hohe Zahl an Versuchen erforderlich macht. Die Beschichter verweisen darauf, dass derzeit nur höhere Schichtdicken bei der metallischen Beschichtung als Alternative vorliegen, dafür aber höhere Kosten anfallen. Damit ist dies nur eine bedingter Lösungsansatz. Dr. Richtering ergänzte, dass derzeit das Problem vor allem bei der Frage liegt, ob die notwendigen Kosten für die Entwicklung von neuen Schichten durch den späteren Verkauf der Produkte wieder refinanziert werden können. Rainer Venz zeigte sich jedoch zuversichtlich, dass in einiger Zeit neue Passivierungen verfügbar sind und von den Kunden akzeptiert werden können.
Für die Automobilindustrie ist vorstellbar, autorisierte Freigaben für kobaltfreie Oberflächen zu erteilen. Dies könnte nach Ansicht von Beschichtungsunternehmen zur Beschleunigung der Entwicklungen beitragen und helfen, neue Verfahren einzusetzen. Solche Freigaben könnten durch neue Anforderungen an Oberflächen ergänzt werden. Prof. Reinhold sieht durchaus eine Chance, innerhalb der Automobilindustrie zu gemeinsamen Vorgaben aller Hersteller zu kommen. Nach Ansicht von Rainer Venz wäre es bereits eine große Hilfe, eine gemeinsame Risikoabschätzung durchzuführen, an der sich dann die Ergebnisse neuer Systeme orientieren könnten.
H. Käszmann
WOTech GbR