Einen neuen Ansatz für die Reinigung von Abwässern mit biologisch schwer abbaubaren Verbindungen untersuchen Fraunhofer-Wissenschaftler in dem vom BMBF geförderten Projekt Wasserplasmax. Mit einem ersten Plasmareaktor konnten sie zuvor bereits Cyanide erfolgreich abbauen.
Halogenierte Verbindungen aus Industrieabwässern, beispielsweise fluorierte Tenside, sind ebenso wie einige Arzneimittel aus Klinikabwässern oder Cyanidverbindungen aus der Galvanotechnik nur schwer biologisch abbaubar. Um zu verhindern, dass sich diese Schadstoffe in der Umwelt anreichern, muss das Abwasser mit speziellen Reinigungsverfahren behandelt werden. Hierzu wird das Abwasser in der Regel mit oxidativ wirkenden Techniken aufbereitet, die beispielsweise Wasserstoffperoxid oder Ozon als Oxidationsmittel nutzen. Einen neuen Ansatz verfolgt das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) als wissenschaftliches Vorprojekt (WiVoPro) geförderte Projekt Wasserplasmax. In diesem Projekt untersuchen Wissenschaftler am Fraunhofer-Institut für Grenzflächen- und Bioverfahrenstechnik IGB, wie Schadstoffe im Abwasser mithilfe von Plasmaverfahren abgebaut werden können – mit oxidierenden Radikalen und UV-Strahlung, welche direkt im Plasma erzeugt werden.
Ein Plasma ist ein ionisiertes Gas, das neben Ionen und Elektronen auch chemische Radikale und weitere elektronisch angeregte Teilchen sowie kurzwellige Strahlung enthält. Ein solches Plasma lässt sich durch ein elektromagnetisches Feld, beispielsweise durch Anlegen einer Hochspannung, zünden. Zur Anwendung in der Wasserreinigung eignet sich ein Atmosphärendruckplasma. Wird verunreinigtes Wasser in Kontakt mit einem solchen Plasma gebracht, so reagieren die Radikale mit den im Wasser gelösten Schadstoffen. Auch die durch das Plasma erzeugte Strahlung wirkt über photochemische Prozesse auf die Schadstoffe ein. In beiden Fällen werden die Schadstoffe oxidiert und dadurch unschädlich gemacht, wie Dr. Michael Haupt, Leiter des Projekts und Gruppenleiter Plasmatechnik und dünne Schichten am Fraunhofer-IGB, das Prinzip erläutert.
Dass die Plasmatechnologie ein Ansatz ist, den es sich weiter zu verfolgen lohnt, konnten die Wissenschaftler mit Kollegen von internationalen Partnern in dem von der EU geförderten Projekt Water Plasma bereits zeigen. Wird cyanidhaltiges Industrieabwasser (1,5 mg Cyanid pro Liter) mit zusätzlicher hoher organischer Fracht in einem eigens konstruierten Plasmareaktor behandelt, nimmt die Konzentration von Cyanid innerhalb von nur 90 Minuten um mehr als 90 Prozent bis unter die Nachweisgrenze ab [1].
Um herauszufinden, welche Wechselwirkungen zwischen den reaktiven Plasmaspezies und im Wasser gelösten Schadstoffen am besten zum Abbau der Schadstoffe führen, werden nach Auskunft von Dr. Haupt bei Wasserplasmax drei verschiedene Reaktortypen aufgebaut und umfassend getestet. Bei einem Reaktor wird daher, wie auch zuvor im EU-Projekt, ein kontinuierlicher Wasserfilm direkt am Plasma vorbeiströmen. In einem zweiten Reaktor soll das zu behandelnde Abwasser zunächst mittels einer Düse zerstäubt werden, sodass fein vernebelte Tröpfchen die Plasmazone passieren. In einem dritten Reaktortyp schließlich wird untersucht, ob zusätzliche photokatalytische Schichten die Abbauprozesse verstärken. Fällt UV-Licht auf photokatalytische Oberflächen, so werden Radikale erzeugt. Wenn die photokatalytischen Schichten so in den Reaktor integriert werden, dass die im Plasma erzeugte UV-Strahlung genutzt werden kann, könnten nach Überzeugung der Wissenschaftler theoretisch ohne zusätzlichen Energiebedarf weitere reaktive Radikale entstehen.
Die Reaktorkonfiguration mit den besten Ergebnissen soll schließlich als Demonstrator aufgebaut werden, um reales Industrieabwasser im größeren Maßstab zu untersuchen. Neben einem möglichst vollständigen Abbau der Modellschadstoffe spielt auch ein geringer Energieverbrauch eine wichtige Rolle, um die Plasmatechnologie als neues Wasserbehandlungsverfahren etablieren zu können.
Literatur
[1] M. Hijosa-Valsero, R. Molina, H. Schikora, M. Müller, J. M. Bayona; Water Research 47 (2013), S. 1701–1707