Innovative Qualitätskontrolle durch Magnetooptik

Werkstoffe 10. 11. 2014
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Ein neues Prüfverfahren ermöglicht erstmals, eine sekundenschnelle Messung des Magnetfeldes mithilfe eines digitalen Kamerabildes einer magnetooptischen Sensorfläche durchzuführen. Auf diese Weise können Feldstärkeverteilungen von Magneten direkt ermittelt und magnetische Halbzeuge auf Fehlmagnetisierungen quantitativ geprüft werden. Dies birgt ein enormes Potential für die Qualitätssicherung, insbesondere in den Branchen Automobilbau, Automatisierungstechnik und Sensorik.

Perfektionierte Werkstoffe leben von einer optimalen Werkstoffprüfung. Im Automobil werden beispielsweise zunehmend Magnete mit maßgeschneiderten Eigenschaften und hochwertiger Qualität eingesetzt. Hierzu zählen magnetische Encoder, die als Signalgeber zur Winkel- und Wegmessung fungieren. Durch den weltweiten Trend zur Miniaturisierung und Materialeinsparung müssen Encoder heutzutage höchste funktionelle Anforderungen bei geringer Ausschussquote erfüllen. Wichtig für eine zuverlässige Funktion der Bauteile sind hierbei die Einhaltung der exakten Streufeldgeometrie und ein präziser Feldstärke­verlauf. Demzufolge liegt der Fokus verstärkt auf einer schnellen und zuverlässigen Qualitätsprüfung der Encoderflächen.

Etablierte Magnetfeldmessverfahren für Encoder basieren auf Hall-Sensorik und induktiven Methoden. Diese Techniken stoßen jedoch an ihre technischen Grenzen hinsichtlich einer flächigen Magnetfeldprüfung in Echtzeit. Ein zeitaufwendiges Rastern ist somit notwendig. Die Magneto­optik hingegen kann sowohl flächige Inhomogenitäten der Magnetfelder als auch strukturbasierte Gradientenfelder schnell und direkt optisch erfassen. In Kombination mit digitaler Kameratechnik werden die Feldaufnahmen in hoher Bildauflösung archiviert und mittels Bildverarbeitungsroutinen unmittelbar weiterverarbeitet. Risse, Fehlmagnetisierungen und Materialstörungen der Encoder lassen sich hiermit sofort erkennen.

Wissenschaftlern von Innovent ist es gelungen, aus dem magnetooptischen Bild ein quantifizierbares Magnetfeldbild zu erzeugen und somit neben der Streufeldgeometrie die lokale Magnetfeldstärke zu ermitteln. Die Herausforderung bestand dabei in der Entwicklung von geeigneten Sensorschichten und einer möglichst präzisen Feldkalibrierung des magnetooptischen Systems. Das Verfahren ist nicht nur zur Vermessung von Encodern einsetzbar, sondern kann generell zur Magnetprüfung in der Qualitätskontrolle angewendet werden. Es eignet sich für die Charakterisierung von Multipolmagnetwerkstoffen, ferromagnetischen Stahllegierungen und Domänenmaterialien, wie zum Beispiel Elektroblechen und magnetischen Formgedächtnislegierungen. Produzenten, Distributoren sowie Anwendern magnetischer Werkstoffe steht somit eine neuartige Messtechnik zur Verfügung, um Feldstärke­verteilungen magnetischer und magnetisierbarer Funktionsmaterialien schnell und zuverlässig zu prüfen.

Die aktuelle magnetooptische Sensortechnik kann auf Messflächen von bis zu 20 mm x 15 mm magnetische Streufelder im Feldstärkebereich von 0,1 mT bis 150 mT erfassen. In Zukunft soll die Messfläche auf 60 mm x 45 mm verdreifacht werden, um noch größere Bereiche charakterisieren zu können. Die optische Auflösung des Systems beträgt 10 µm über einen Messbereich von mehreren Quadratzentimetern. Die Entwicklung der Sensortechnik ist mittlerweile soweit fortgeschritten, dass es technisch möglich ist, weichmagnetische Druckstrukturen und Merkmale des Wert- und Sicherheitsdrucks magnetooptisch zu detektieren. Auf Basis der vorhandenen leistungsfähigen Sensormaterialien und der entwickelten Hard- und Softwarelösungen sollen zukünftig robuste Messsysteme aufgebaut werden, um diese in der industriellen Fertigung zur Inline-Prüfung magnetischer Halbzeuge etablieren zu können.

Ansprechpartner:

Morris Lindner, Dipl.-Ing. für Werkstofftechnik

 

Text zum Titelbild: Magnetfeldbild (oben) in Falschfarbendarstellung (Nordpol: rot, Südpol: blau, Übergangsbereich: grün) und Feldstärkeverlauf (unten) eines Encoders mittels magnetooptischer Sensortechnik (Bild: Innovent e. V.)

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