Schlüsseltechnologien von der Reinigung bis zur Galvanotechnik

Werkstoffe 10. 11. 2014

Teil 2 – Bericht über die ZVO-Oberflächentage 2014 in Neuss

Fortsetzung aus WOMag 10/2014 

Die Metallisierung von Kunststoffen ist in breitem Umfang bei der Herstellung von Innenteilen für Fahrzeuge im Einsatz. Um dies auch zukünftig im selben Maßstab durchführen zu können, wird intensiv an Alternativen zur Aktivierung von Kunststoff gearbeitet. Auch verbesserte Kombinationsschichten mit höheren Korrosionsbeständigkeiten stehen hier im Fokus der Beschichter. Entsprechend hoch ist auch das Interesse der Beschichter an den weiteren Entwicklungen der Gesetzgebung im Zusammenhang mit REACh – was stets auf ein hohes Interesse bei Tagungen wie den ZVO-Oberflächentagen in Neuss stößt. Darüber hinaus befassen sich Beschichtungsbetriebe­ mit neuen Anlagentechniken einschließlich der Verbesserung der Prozesstechnik. Nach wie vor ist der Brandschutz als eines der größe­ren Risiken beim Betrieb von Galvanoanlagen ein hochinteressantes Thema.

Metallisierter Kunststoff im Automobil

Aktivatoren

Eröffnet wurde die Vortragsreihe zur Kunststoffmetallisierung, wie sie in großem Umfang für die Innenteile in Fahrzeugen zur Anwendung kommt, von Frank Bayer, Atotech Deutschland GmbH. Die Anforderungen an die Beschichtungen sind dabei einerseits auf eine kurze Prozessdauer gerichtet und andererseits auf die Möglichkeit zur partiellen Metallisierung, wobei stets eine hohe Haftfestigkeit und ein gutes Erscheinungsbild erzielt werden müssen. Dafür kommen derzeit prinzipiell zwei Beschichtungsvarianten zum Einsatz: ionische und kolloidale Aktivatoren. Kolloidale Systeme ermöglichen die Direktmetallisierung und damit eine kürzere Prozessdauer; ionische Aktivatoren werden dagegen vornehmlich für die partielle Beschichtung von 2K-Spritzteilen verwendet.

Um die Kunststoffmetallisierung weiter zu verbessern, wurden Grundsatzuntersuchungen zur Wirkungsweise der beiden­ Technologien durchgeführt. Die beiden Verfahren unterscheiden sich in der Größe­ der für den Start der Metallisierung notwendigen Aktivatorpartikel. Diese sind bei den konventionellen Verfahren größer als bei der Direktmetallisierung. Sie besitzen zudem eine breitere Größenverteilung, eine dickere Hülle und einen Kern mit einem höheren Zinnanteil. Durch die Partikelhülle verfügen die Aktivatoren über eine höhere Ionendichte in der Hülle.

Aufgrund der gefundenen Unterschiede wurden modifizierte Systeme entwickelt, die sich derzeit im Praxistest befinden.

Chromfreie Beizen

Neben dem Hartverchromen ist die Kunststoffmetallisierung ein Verfahren, das durch REACh und die Einschränkungen beim Einsatz von sechswertigem Chrom einen erheblichen Entwicklungsbedarf erfordert. Desiree Lemke, Conventya GmbH, stellte Ergebnisse eines Ersatzverfahrens vor. Bei diesem Verfahren wird für die Akti­vierung des Kunststoffs eine Lösung aus Kaliumpermanganat und Phosphorsäure verwendet. Desiree Lemke berücksichtigte nicht nur das Ergebnis der Metallisierung, sondern verglich auch die Prozessschritte der beiden grundlegenden Verfahrens­technologien miteinander.

Die Oberfläche von ABS-Kunststoff zeigt beim neuen Verfahren ein nahezu identisches Erscheinungsbild wie beim klassischen Verfahren mit Chromsäure; der zusätzliche Arbeitsschritt des Konditionierens kann dabei relativ einfach in bestehende Anlagen integriert werden. Ebenso ist neben reinem ABS auch ABS/PC behandelbar. Bei der Verwendung der Gestelle muss etwas genauer auf Beschädigungen geachtet werden, da diese zur Gestellbeschichtung führen können. Durch den Einsatz einer Reoxidationszelle und einer Filtration kann eine hohe Standzeit der Beizlösung erzielt werden. Die Behandlung der anfallenden Abwässer ist ohne große Probleme möglich.­

Vorbehandlung von ABS ohne Chromschwefelsäure

Tim Söntgerath von der Atotech Deutschland GmbH, befasste sich ebenfalls mit alternativen Verfahren zur Aktivierung von ABS-Kunststoffen für eine nachfolgende Metallisierung. Dabei zog er zunächst die Verfahren auf Plasma, UV-Licht, Korona­behandlung, mechanisches Aufrauen sowie die PVD-Beschichtung mit in die Betrachtung ein. Zu bevorzugen sind nach seinen Worten aufgrund der vorhandenen Anlagentechnologien allerdingsdie nass­chemischen Verfahren.

Hier empfiehlt sich nach seinen Untersuchungen der Start mit einer organischen Beizlösung, durch welche die Butadienphasen entfernt werden, gefolgt von einer Beizbehandlung in Permanganatlösung. Diese Beizbehandlung erhöht die Aufnahme von Palladium, wodurch die Direkt­metallisierung mit einem besseren Ergebnis durchgeführt werden kann. Das Verfahren hat sich in ersten Praxistests sehr gut bewährt.

Korrosion von Chromoberflächen

Bedingt durch REACh ergeben sich ebenfalls veränderte Bedingungen bei den Deckschichten verchromter Kunststoffteile. Philip Hartmann, Atotech Deutschland GmbH, erläuterte die Ergebnisse von vergleichenden Korrosionsuntersuchungen an Chrom aus drei- und sechswertigen Elektrolyten. Hierbei wird vor allem aufgrund der unterschiedlichen Zusammensetzungen der Elektrolyte von unterschiedlichem Korrosionsverhalten auszugehen sein.

Während Chromschichten aus sechswertigen Elektrolyten nur Chrom und Chromoxid (an der Oberfläche) enthalten, enthalten die Schichten aus dreiwertigen Elektrolyten auch Eisen und Kohlenstoff bei einem Chromanteil von etwa 80 % bis 86 %. Daneben macht sich die Art der darunter liegenden Beschichtung aus Nickel in unterschiedlicher Ausführung (mikrorissig, mikroporig, Halbglanz oder Glanz) sowie die Zusammensetzung des Korrosions­mediums bemerkbar.

Die Chromoberflächen wurden den klassischen Korrosionswechseltests als auch elektrochemischen Untersuchungsverfahren unterzogen. Außerdem wurden Schichten mit und ohne Nachbehandlung untersucht. Vor allem durch die Nachbehandlung kann die Beständigkeit der Chromober­flächen im neutralen Salzsprühtest erkennbar verbessert werden.

Chrom mit Zinn-Nickel-Schicht

Holger Sahrhage, Coventya GmbH, stellte­ ein neues Schichtsystem vor, durch das die Beständigkeit der Beschichtung, insbesondere unter Einwirkung von Kalziumchlorid (Russian Mud), verbessert wird.

Bei der konventionellen Verfahrensvariante wird als Schutz gegen Kalziumchlorid mikroporiges Nickel als Unterbau unter die abschließende Chromschicht aus sechswertigem Elektrolyten aufgebracht. Bessere ­Ergebnisse können bei der Kombination aus Nickel (Halbglanz und Glanz) und einer bis zu 4 µm dicken Zinn-Nickel-Schicht erreicht werden. Hierbei unterliegen Zinn-Nickel und Chrom aus einem dreiwertigen Elektrolyten kaum einer Korrosion, während das darunter liegende Nickel nach dem üblichen Mechanismus porenförmig aufgelöst wird. Allerdings besitzen die darüber liegenden Schichten eine ausreichende Festigkeit, sodass keine Einbrüche erfolgen. Vorhandene Korrosionsprodukte können einfach entfernt werden. Das neue Schichtsystem besitzt zudem eine gute ­Beständigkeit im Waschbürsten- und neutralen Salzsprühtest.

Chrom(III) im Automobilbereich

Rolf Profalla gab einen Einblick in die Anforderungen und Trends der Automobil­industrie im Hinblick auf die Chromschichten. Diese sind ihm zufolge stark auf die Vermeidung von Stoffen wie sechswertiges Chrom, Blei oder Kadmium ausgerichtet. Darauf beruht auch die Suche nach neuen Beschichtungen, wobei die Beständigkeiten­ der Oberflächen den selben Anforderungen unterliegen und die Kosten für deren Herstellung kaum höher liegen dürfen.

Haftung in biologischen Systemen

Einen Exkurs in die Biologie und die Haftung zwischen organischen und anorganischen Stoffen unternahm Jürgen Hofinger, Helmholtz-Institut Freiberg. An zahlreichen Beispielen zeigte er auf, wie in der Natur entsprechende Verbindungen hergestellt werden und wie sie sich unter mechanischen Belastungen verhalten.

Zunächst stellte er dar, wie sich Werkstoffkombinationen unter Belastungen verhalten, beispielsweise bei der Entstehung von Delaminationen. Bei biologischen Systemen sind sehr oft mechanische Verankerungen vorhanden, die sich rückstandsfrei lösen und wieder neu bilden können, wodurch eine Schädigung der beiden Partner verhindert wird. Um die Mechanismen ­detailliert aufklären zu können, muss allerdings mit hochauflösenden Verfahren bis in den Bereich von einigen Nanometern vorgedrungen werden.

Analyse von Kupferelektrolyten

Malte Standera, Dr. Hesse GmbH & Cie KG, griff mit der Analyse von Kupferelektrolyten ein für die Beschichtung von Kunststoffen wichtiges Thema auf. In der Regel wird durch die Verwendung von Kupferschichten in Dicken von bis zu 30 µm der Oberfläche von Kunststoffteilen der erforderliche Glanz verliehen. Die hohe Dicke der Kupferschichten trägt zudem zur Oberflächenhärte der Kombination aus Metall und Kunststoff bei. Damit entsprechende Elektrolytsysteme in hoher Qualität arbeiten, sind eine kontinuierliche Analyse und Überwachung der Zusammensetzung, insbesondere im Hinblick auf Abbauprodukte, notwendig.

REACh aktuell

Stand der Autorisierungsverfahren von Chromtrioxid

Die Vortragsreihe zu REACh eröffnete Dr. Martin Metzner vom Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung IPA. Dabei wies er einführend daraufhin, dass REACh keine Stoffverbotsverordnung ist; Ziel der Verordnung ist es vielmehr, Stoffe, für die es einen Ersatz gibt, zu ersetzen. Des Weiteren sind natürlich Aussagen wie Chrom ist giftig oder Chrom wird verboten vollkommen unkorrekt. REACh befasst sich fast ausschließlich mit Stoffen zur Herstellung von Produkten, also besser ist die Aussage einer REACh-konformen Herstellung von Oberflächen. Der Kern der REACh-Verordnung als no data, no market darf durchaus als guter Ansatz betrachtet werden, wogegen die Ausführung dieser Bemühungen bisher weniger positiv ausgefallen ist.

Eine der wichtigsten Stellen in Zusammenhang mit REACh ist die ECHA, European Chemicals Agency, in Helsinki. Sie entscheidet nicht über die Zulassung, sondern sie gibt nur Empfehlungen an die Kommission.­ Bedenklich ist, dass die ECHA relativ inhomogen ist, das heißt, eine Zusammen­arbeit ist stark davon abhängig, mit welcher Person bei der ECHA die Zusammenarbeit ­erfolgt.

Ein wichtiger Punkt im Zusammenhang mit der Arbeit zu REACh ist die SVHC-Liste,­ die von den Ländern vorgegeben wird (SVHC = Substances of Very High Concern). Die Länder legen also fest, welcher Stoff in die Liste aufgenommen wird und sie geben die Rahmendaten vor. Um dann einen genannten Stoff weiterhin benutzen zu dürfen, müssen in erster Linie die Risiken bei der Verwendung des Stoffes aufgezeigt werden, insbesondere muss eine solche Betrachtung für jede Verwendung durchgeführt werden. Dafür wurde von den Behörden ein Stichtag in Form des Sunset Days festgelegt. In letzter Konsequenz bedeutet dies, dass ab dem 21. September 2017 zum Beispiel die Verwendung von Chromtrioxid nur noch bei Vorliegen einer Autorisierung möglich ist. Eine erfolgreiche Autorisierung setzt also eine sichere Handhabung und das Fehlen eines Alternativverfahrens voraus.

Ergänzend dazu konnte inzwischen gezeigt werden, dass die Gefährdung der Mitarbeiter, die in Anlagen nach dem in Deutschland geltenden Standard arbeiten, keiner erhöhten gesundheitlichen Gefahr unterliegen. Zudem können die in den Unterlagen ­genannten Alternativen nur sehr bedingt als sinnvolle Verfahren gewertet werden.

Herausforderung durch REACh

Dr. Malte Zimmer, Eupoc GmbH, wies einführend darauf hin, dass den meisten Unternehmen der Umfang der Angaben, die zur Erlangung der Autorisierung nötig sind, nur bedingt bewusst ist. Es erfordert auf jeden Fall von den Unternehmen eine deutlich erhöhte Aktivität.

Die Autorisierung ist nicht zwingend eine Forderung nach dem Ersatz von Stoffen, sondern primär der Nachweis, dass ein Stoff zur Herstellung von Produkten erforderlich ist und dessen sichere Handhabung gewährleistet ist. Für den Nachweis nötig sind konkret der Stoffsicherheitsbericht, eine Analyse der Alternativen (stofflich und technologisch, Machbarkeit technisch ökonomisch) sowie gegebenenfalls eine sozioökonomische Analyse. Dr. Zimmer betonte, dass die Behörden Leitlinien in Form von inhaltlichen Erläuterungen zur Vorgehensweise anbieten, diese sind aber vor allem für KMUs nicht unbedingt hilfreich.

Ein wichtiges Element bei der Vorgehensweise ist die Kommunikation innerhalb der Lieferketten, das heißt, die Diskussion mit dem Kunden beziehungsweise einer Reihe von Kunden über die Notwendigkeit des Einsatzes beispielsweise von Chrom aus Chrom(VI)verfahren. Problematisch für KMUs ist die Tatsache, dass für die anstehenden Aufgaben bisher keine Fachleute in den Unternehmen betraut waren. Herausforderungen ergeben sich bereits aus der Sprache, in der die Unterlagen bei der ECHA eingereicht werden: So können Unterlagen zwar in Deutsch abgegeben werden; sie werden dann aber von der ECHA übersetzt, wobei kritisch ist, ob diese Übersetzung dem entspricht, was der Antragsteller fachlich vermitteln möchte. Auch dies spricht dafür, dass die Unternehmen der Branche nach Partnern suchen, mit denen eine Autorisierung beantragt wird. Auf keinen Fall kann den Unternehmen geraten werden, den weiteren Verlauf der Stoffzulassung abzuwarten, ohne selbst aktiv zu werden.

Status im CTAC

Im dritten Beitrag im Rahmen der Autorisierung von Chrom befasste sich Dr. Martin Kleban, Lanxess Deutschland GmbH, mit den Auswirkungen auf die Downstream User. Dabei wies er darauf hin, dass durch die Autorisierung auch Wert auf den sicheren Umgang mit dem Stoff zum Schutz von Mitarbeitern und Umwelt gelegt wird. Ein Stoff innerhalb einer Lieferkette kann nur dann eingesetzt werden, wenn zwischen den Unternehmen nicht mehr als eine Lieferstufe liegt.

Ausgehend von diesen Gegebenheiten hat das Konsortium CTAC (CTAC = Chromium Trioxide REACh Authorization Consortium) ein Dokument erstellt, mit dem ein entsprechendes anmeldendes Unternehmen die Anmeldung durchführen kann, wodurch eine wesentliche Arbeitserleichterung ­geschaffen wird. Der Antrag ist in Praxis nach verschiedenen Vordiskussionen mit der ECHA erst dann eingereicht, wenn die ECHA alle Vorprüfungen positiv bescheidet und die gestellte Rechnung bezahlt ist. Innerhalb von 18 Monaten nach Antragstellung wird dann der Antrag beschieden oder abgelehnt.

Von der CTAC wurde eine Joint Application erarbeitet, bei der die einzelnen Teilnehmer trotzdem als Einzelantragsteller behandelt werden. Dadurch kann allerdings auch jeden Teilnehmer eine andere Entscheidung treffen. Vorteilhaft ist die Handhabung der Gebühren: Der führende Anmelder bezahlt für alle; es wird ein Rabatt gewährt. Von Vorteil ist aber auch, dass spätere Anwender für neue Anwendungen­ nicht mehr bezahlen müssen. Dr. Kleban stellte die Schritte im Einzelnen vor. Nach derzeitiger Schätzung liegen die Gebühren bei knapp 100 000 Euro pro Unternehmen. Bei Erteilung der Zulassung durch dieBehörde sind alle Beschichter in Europa abgedeckt, die innerhalb des technischen Rahmens des CTAC-Dossiers liegen und adäquate Sicherheitsmaßnahmen anwenden.

PFOS – schaumfreie Netzmittel

Die sehr effektiv wirkenden Netzmittel auf Basis von PFOS sind als umweltschädlich erkannt worden und müssen durch andere Stoffe ersetzt werden. Dirk Wiethölter, Enthone GmbH, stellte dazu Alternativen vor, die unter Praxisbedingungen getestet wurden. Einleitend beschrieb er die Wirkungsweise der Netzmittel, die sowohl die Aufgabe haben, die Benetzung der Oberfläche zu verbessern, als auch durch Schaumbildung das entstehende Gas zu binden und gezielt abzuführen. Des Weiteren verhindern sie die Anreicherung von Chromsäure in der Umgebungsluft.

Der Anteil an Schaum hängt von der Temperatur (sinkend) und der Konzentration an Netzmittel (steigend) ab. Des Weiteren nimmt die Schaubildung zu, wenn der Gesamtstrom steigt und die Elektrolytoberfläche sinkt. PFOS-freie Netzmittel ermöglichen die Kontrolle von Emissionen durch Absenkung der Oberflächenspannung. Dadurch kann beispielsweise auch die Verschleppung gesenkt werden. Die Emissionen können durch die Randabsaugung, eine niedrige Oberflächenspannung oder einen niedrigen Gesamtstrom gesteuert werden. Allerdings ist für den Einsatz von schaumfreien Netzmitteln eine Analyse der Netzmittelkonzentration erforderlich.

Feldversuche zeigten, unter welchen Bedingungen der Einsatz von PFOS-freiem Netzmittel praktikabel ist. Dabei wurden Versuchsunternehmen danach ausgewählt, ob sie Randabsaugungen in Elektrolyten besitzen und eine bestimmte Mindestdauer für die Abscheidung (> 2 h) aufweisen. Damit kann dann die Emission nach den geltenden Regeln des Arbeitsschutzes bestimmt werden. Ziel der Untersuchung war es auch, den künftig für die EU geltenden Wert von 1 µg/m3 zu prüfen, wobei eine Expositionsrate von bis zu 0,34 µg/m3 erreicht wurde.

Borsäure

Robert Gerke von der Riag Oberflächentechnik AG stellte Untersuchungen zum Ersatz von Borsäure in Nickelelektrolyten vor. Hintergrund ist ein drohendes Verbot beziehungsweise eine Reglementierung des Einsatzes von Borsäure in Elektrolyten durch die Aufnahme von Borsäure in die SVHC-Liste.

Als Ersatz wurde ein Stoff auf organischer Basis mit Carbonsäuregruppe unter der Bezeichnung CSG gewählt. Besonders hoch ist die Pufferwirkung im schwachsauren Bereich, in dem Nickelelektrolyte arbeiten. In Abscheideversuchen wurde eine stärkere Pufferwirkung als bei Borsäure festgestellt; dieses Verhalten hat sich auch in einem ersten Pilotbetrieb bestätigt. Darüber hinaus weist der Stoff ein breites Einsatzfenster bis 40 g/l auf, wogegen dieses bei Borsäure nur bis etwa 10 g/l reicht. Die abgeschiedenen Schichten zeigen keine merklichen Veränderungen der Schichteigenschaften; lediglich bei den inneren Spannungen konnte eine geringe Abnahme verzeichnet werden.

Von Vorteil ist darüber hinaus die Möglichkeit, den Übergang von Borsäure zu CSG fließend vorzunehmen. Die anfallenden Abwasser mit CSG sind ebenso zu behandeln, wie diejenigen mit Borsäure. Die Nickel­hydroxidfällung zeigt keine Änderungen. Im Einsatz konnte bisher kein Abbau des Stoffs festgestellt werden, sodass Verluste ausschließlich auf Ausschleppung zurückzuführen sind. Im Bedarfsfall kann CSG auch unterstützend zur pH-Korrektur eingesetzt werden, indem hierfür erstellte Modifizierungen zum Einsatz kommen.

Produktivität

Thomas König, Galcon GmbH, befasste sich in seinem Vortrag mit der Produktivität und deren Steigerung in der galvanotechnischen Beschichtung. In Erweiterung zu den Standardparametern der Produktivität spielen in der Galvanotechnik noch die Chargengröße, die Taktzeit, die Behandlungsdauer oder die Abscheidegeschwindigkeit, aber auch die Schichtdickenverteilung eine Rolle. Vor allem der letzte Punkt beinhaltet die optimale Bestückung von Gestellen oder die Füllmenge von Trommeln.

Zu den einzelnen Größen erarbeitet König Kennzahlen, die berechenbar und automatisiert abrufbar sein müssen. Vor allem bei der Anlagenerweiterung ist festzustellen, dass einmal festgelegte Prozesse oder Bestückungsmengen bei der Inbetrieb­nahme von Neuanlagen einfach von Altanlagen übernommen werden, statt neue Anlagen auf deren Möglichkeiten hin neu zu ­optimieren.

Zu empfehlen ist, jede Anlage in Haupt- und Nebenprozesse zu zerlegen und Engpässe weitgehend zu eliminieren, Überhebe- und Abtropfzeiten sowie Gleichrichterkapazitäten und Stromdichten zu optimieren. Nach Ansicht des Vortragenden ist im Bereich der Galvanotechnik ein Dreischichtbetrieb die beste Lösung, da teure An- und Auslaufzeiten vermieden werden. Schließlich ist es lohnend, den Materialfluss in der Produktion genau zu analysieren mit besonderem Blick zum Beispiel auf die Arbeitsvorbereitung, die Puffer-/Speicherplätze oder den anfallenden Rücklauf und die Nacharbeit.

Fertigung von Metalloptiken

Die ultrapräzise Fertigung von Metalloptiken auf Basis von chemisch abscheidenden Nickelelektrolyten war das Vortragsthema­ von Jan Kinast vom Fraunhofer-Institut für Angewandte Optik und Feinmechanik IOF. Hintergrund ist die Fertigung des derzeit weltgrößten Primärspiegels mit einem Durchmesser von 39 Metern. Dafür werden Metalloptiken benötigt, um die eingehenden Signale zu verarbeiten, beispielsweise eine Aluminiummetalloptik auf Basis von fünf Spiegeln. Die Optik ist charakterisiert durch Werte von 3 nm bei der Rauheit oder eine Formabweichung von weniger als 100 nm bei einer Fläche von 100 mm2. Als Anwendungstemperatur gilt -190 °C. Da diese Anforderungen mit Aluminium nicht erzielbar sind, wird eine amorphe Schicht (Nickel mit 12,6 % Phosphor) aufgebracht. Das große Problem ist hierbei der Temperaturkoeffizient, der bei den üblichen Legierungen nicht erreicht wird. Zur Lösung der Herausforderungen wird eine Legierung mit 39 % Silizium sowie eine Nickel-Phosphor-Legierung mit einem angepassten Phosphoranteil eingesetzt.

Die durch Spanen vorgefertigten Spiegel werden durch Ultrapräzisionsdrehen mit Diamantwerkzeugen auf besonders ausgeführten und gelagerten Drehmaschinen hergestellt. Anschließend erfolgt das chemische Vernickeln mit Dicken zwischen 50 µm und 150 µm. Die chemisch abgeschiedene Nickel-Phosphor-Schicht kann mit äußerst geringer Rauheit abgedreht werden. Besonders kritisch ist nach dem Drehen die linienförmige Drehstruktur, die wie ein optisches Gitter wirkt. Die Drehstruktur kann durch Elektropolieren entfernt werden. Im letzten Arbeitsschritt wird magnetorheologisches Schleifen (MRF) vorgenommen, durch das eine Formabweichung von 214 nm bei 2900 mm2 und einer Rauheit von 2 nm erreicht wird. Dabei werden die Bewegungen durch das Abkühlen auf -196 °C einbezogen.

Ergänzende Technologie

Aluminiumabscheidung aus ionischen Flüssigkeiten

Die guten Eigenschaften von Aluminium unter atmosphärischer Belastung sind der Grund für das hohe Interesse an der Aluminiumabscheidung zum Schutz von weniger beständigen Metallen. Zwar ist seit mehr als 100 Jahren die Möglichkeit zur Abscheidung von Aluminium aus organischen Lösungsmitteln bekannt, allerdings hat die Technologie durch die hohe Brandgefährdung entscheidende Nachteile, die einen Einsatz im großtechnischen Maßstab bisher verhindert hat. Erst die ionischen Flüssigkeiten mit ihrer akzeptablen Verfügbarkeit bieten Ansätze, über entsprechende Einsatzmöglichkeiten in der Praxis nachzudenken. Thomas Schubert, Peter von Czernecki und Maria Ahrens haben hierzu Untersuchungen durchgeführt, die sich unter anderem mit der Reinheit und Oberflächenbeschaffenheit von Aluminiumschichten aus ionischen Flüssigkeiten befassen. Darüber hinaus wurden Zusätze zur Optimierung der Schichten untersucht.

Abwasser aus der Zink-Nickel-Beschichtung

Der heutzutage weit verbreiteten galvanischen Beschichtung von Eisenwerkstoffen mit Zink-Nickel lastet der Nachteil von deutlich höheren Kosten für die Abwasserbehandlung an, was vor allem auf den notwendigen Chemikalieneinsatz zurückzuführen ist, wie Peter Demarez einführend darlegte. Eine Technologie, die diesen Nachteil umgeht, ist die Destillation. Hierdurch werden die anfallenden Spülwässer aufkonzentriert und als ein weiter verwendbares Produkt reines Wasser zur Wiederverwendung in bestimmten Spülprozessen erzeugt. Das entstehende Konzentrat kann mit hoher Effizienz und unter Einsatz von deutlich geringeren Mengen an Chemikalien aufgearbeitet werden. Dadurch ergibt sich trotz der anfallenden Energiekosten für die Destillation eine Einsparung im Vergleich zur chemisch-physikalischen Abwasserbehandlung mit UV-Oxidation von etwa 35  bis 40 Prozent.

Schwermetallfällung

Michael Kück trug mit einer Betrachtung zu einem umweltfreundlichen Verfahren zur Schwermetallfällung in der Abwasserbehandlung einen weiteren Aspekt zum Recycling und Umweltschutz bei. Auch bei ihm standen die stärkeren und stabileren Komplexbildner im Vordergrund. Darüber hinaus wies er darauf hin, dass die effizienteren Spültechniken zu höheren Konzentrationen an Metallen sowie organischen und anorganischen Verbindungen in der Abwasserbehandlung führen. Diese erfordern neue Technologien, um beispielsweise die bisher gebräuchlichen Sulfide zu ersetzen. Dabei wird natürlich auf die Wiederverwertung von Metallen und anderen anorganischen Verbindungen Wert gelegt.

Verschleißschutz

Vermeidung von Salpetersäure

Für die chemische Abscheidung von Nickel ist Salpetersäure als Hilfsstoff erforderlich. Wie die als Gefahrstoff eingestufte Säure ersetzt werden kann, war Thema von Helmut Horsthemke und Joachim Kraft. Der Ersatzstoff muss sich zur Entfernung von Nickel und zur Passivierung der Abscheidebehälter sowie zur Vorbehandlung von Aluminium eignen.

Markereinbau in Metallschichten

Wolfgang Stuckert stellte ein neu entwickeltes Verfahren vor, um galvanisch abgeschiedene Schichten zu kennzeichnen oder deren Verschleiß im Gebrauch zu erfassen. Verwendung finden hierzu spezielle Anti-­Stokes-Kristalle, die sich durch eine außerordentlich hohe Beständigkeit und eine eindeutige Charakterisierung auszeichnen. Die Größe der Partikel und die Möglichkeit zur Oberflächenmodifizierung erlauben es, diese nach den Grundlagen der Dispersionsabscheidung in galvanische Schichten einzubauen.

Erste Ergebnisse liegen für galvanische Chromschichten, chemisch abgeschiedene Nickelschichten sowie anodisch erzeugte Oxidschichten vor. Für die Messung kann auf eingeführte Verfahren der Fluoreszenzmesstechnik zurückgegriffen werden.

Strukturchromschichten für kraftschlüssige Verbindungen

Galvanisch abgeschiedene Chromschichten zeichnen sich insbesondere dadurch gegenüber anderen Materialen aus, dass sie über zahlreiche positive Eigenschaften im Gebrauch verfügen, wie Michael Hekli­ in seinen Ausführungen zu kraftschlüssigen­ Verbindungen durch mechanisches Verzahnen der Fügeverbindung unter Einsatz von Strukturchrom erläuterte. Bei Kontakt einer Chromoberfläche mit einem Gegenpartner unter Bewegung sind das Reibungs- und Gleitverhalten die zentralen Eigenschaften. An Messwerten zeigte Michael Hekli, dass die Reibwerte einerseits bei glatten Chromschichten niedrig sind, aber durchaus deutlich niedrigere Werte zum Beispiel bei DLC-Schichten erzielt werden. Chrom ist aber im praktischen Einsatz beispielsweise aufgrund der besseren Korrosions- oder Wärmebeständigkeit durchaus der bessere Werkstoff.

Insbesondere besticht das galvanische Abscheiden von Hartchromschichten dadurch, dass die Oberflächenstruktur verändert und somit der Reibkoeffizient eingestellt werden kann. So steigt der Reibwert von 0,1 für glatte Chromschichten auf bis zu 0,6 für Strukturchrom. Diese Schichten können sich in ihren Gegenpart eindrücken und damit – regelbar – in der Haftreibung den Anforderungen anpassen lassen.

Auch hier tragen die weiteren positiven ­Eigenschaften von Chrom dazu bei, opti­male Werkstoffpaarungen zu erhalten. So tritt beim Einsatz von Strukturchrom kein Passungsrost in Kombination mit Stahl auf, sodass eine kraftschlüssige Verbindung auch ohne Zerstörung der Teileoberfläche wieder gelöst werden kann.

Atmosphärendruck-Plasmabehandlung

Die Oberflächenbehandlung mittels Plasma bei Atmosphärendruck hat in den letzten Jahren einen erheblichen Aufschwung erfahren. Liliane Kotte stellte in ihrem Beitrag eine Variante für die großflächige Bearbeitung vor. Das Verfahren eignet sich sowohl zur Veränderung der Oberflächenstruktur unter Einwirkung von reaktiven Teilchen als auch zur Beschichtung beispielsweise mit Siliziumdioxid. Damit lässt sich etwa die Haftfestigkeit für eine Klebung deutlich erhöhen, wie sie am Beispiel einer Titan­legierung zeigte.

Dabei bieten die heute verfügbaren Plasmaquellen eine breite Auswahl an Reaktivgasen sowie an einsetzbaren Partikeln. Bei Verwendung von Gasmischungen aus Argon und Stickstoff sowie von Argon und Kohlenstoffdioxid kann die Arbeitstemperatur an der Oberfläche zwischen etwa 600 °C bis zu 1600 °C eingestellt werden.

Weitere Beispiele befassten sich mit der Oberflächenreinigung und Aktivierung von CFK oder Aluminium. Je nach Art der Arbeitsparameter kann zudem ein hydrophiles oder hydrophobes Verhalten der Siliziumdioxidoberfläche erzielt werden.

Automobil- und Maschinenbau

Elektropolieren in ionischen Flüssigkeiten

Wie Dr. Reinhard Böck einführend darlegte, weisen Teile nach einer mechanischen Bearbeitung Oberflächendefekte auf, die in der Folge – beispielsweise bei einer mechanischen Belastung – zu Schäden führen können. Solche Oberflächendefekte lassen sich bekannterlich durch Elektropolieren beseitigen. Allerdings müssen die entsprechenden Elektropolierelektrolyte vor allem für Werkstoffe wie Titanlegierungen oder Edelstähle, wie sie zum Beispiel in der Medizin eingesetzt werden, starke Säuren enthalten. Diese stellen oftmals ein Risiko für die Arbeitssicherheit und die Umwelt dar. Als Alternative können ionische Flüssigkeiten in Betracht kommen, über deren Verwendung bisher noch relativ wenig bekannt ist. Insbesondere muss hier untersucht werden, welche Produkte beziehungsweise­ Abbauprodukte entstehen.

Untersuchungen mit ionischen Flüssigkeiten zeigen, dass ein Elektropolieren von Titan-Nickel (Nitinol) für den Einsatz als Stent möglich ist. Allerdings entstehen bei der Anwendung nach ersten Beobachtungen kritische Stoffe, sodass nur wenige Zusammensetzungen vollkommen unkritisch sind.

Neue Einsatzbereiche für Zinkdruckguss

Zink ist bei Druckgussteilen einer der am meisten eingesetzten Werkstoffe. Dr. Sabine Grund nannte in ihren Ausführungen dafür die Gründe, wie beispielsweise eine hohe Festigkeit, ein gutes Fließverhalten beim Gießen oder eine hohe Recyclingfähigkeit. Der Einsatz des vielseitigen Werkstoffs mit einer guten Wirtschaftlichkeit wird von der Initiative Zink dadurch gefördert, dass neue Einsatzmöglichkeiten regelmäßig prämiert werden. Vor allem für Automobile, Hausgeräte oder Armaturen werden stetig neue Teile hergestellt. Darüber hinaus sind aber auch der Maschinenbau oder die Medizingerätetechnik an Zink als Werkstoff zum Druckgießen interessiert.

Maschinen- und Anlagenbau

Im dritten Beitrag der Vortragsreihe zeigte Heiko Reski die Innovationskraft der Oberflächenbranche, die im Maschinen- und Anlagenbau immer wieder mit beeindruckenden Lösungen aufwarten kann. Seit langem zählen Hartchromschichten für hochbelastbare Zylinder zu den wichtigsten Konstruktionselementen im Maschinenbau. Darüber hinaus sind aber auch Nickelvarianten mit Einlagerungen (Dispersionsschichten) oder Nickel-Phosphor-Legierungen als korrosionsbeständige Oberflächen mit einstellbarem Reib- und Gleitverhalten begehrt. Galvanisch abgeschiedene Bronzen besitzen ein gutes Gleitverhalten und eine hohe Korrosionsbeständigkeit, wodurch sie bei Lagern oder bei Grubenstempeln eingesetzt werden.

An einer beeindruckend hohen Zahl an Anwendungen belegte der Vortragende, dass die galvanischen Verfahren aus dem Maschinen- und Anlagenbau kaum mehr wegzudenken sind.

Elektrolytentwicklung

Eine Gruppe von Wissenschaftlern unter intensiver Mitarbeit der TU Chemnitz befasst sich mit der Nutzung von Simulationen im Bereich der Elektrolytentwicklung. Dadurch wird es möglich, sich mit überschaubarem Aufwand aus der großen Zahl an Kombinationsmöglichkeiten auf die interessantesten Zusammensetzungen zu konzentrieren. Die Vielfalt der möglichen Elektrolyte wird bereits daraus klar, dass zwar nur etwa 20 reine Metalle als sinnvolle Schichtwerkstoffe verfügbar sind, aber etwa 190 binäre und etwa 1140 ternäre ­Legierungen in Betracht kommen. Darüber hinaus tragen auch die einsetzbaren Zusätze­ zur Erhöhung der Härte, Herstellung von einebnenden oder glänzenden Schichten oder das Aufbringen von Schichtkombinationen zur weiter steigenden Zahl an Möglichkeiten bei.

Durchgeführt wurden theoretische und praktische Arbeiten für die einsetzbaren Metalle, die Anionen, Komplexverbindungen oder Arbeitsparameter. Als Ergebnis ergibt sich ein Parametersatz, mit dessen Hilfe die Eigenschaften von einer neuen Beschichtung vor Beginn der eigentlichen ­Experimente eingegrenzt werden können.

Brandschutz

Praxisfall

Walter Preisendanz erläuterte den Verlauf eines Brandes bei der Schweizer Electronic AG in Schramberg am 1. Juni 2005. Der Brand brach in der Abwasseranlage aus und breitete sich rasch auf die übrige Galvanikanlage aus, wobei wie in den meisten Fällen die Abluftanlage erheblich zur Brandausbreitung beigetragen hat. Der Vortragende gab einen Einblick in den Verlauf der Aktivitäten nach dem Brand im Hinblick auf die Abwicklung mit den Behörden und der Versicherung. Er wies darauf hin, dass die intensive Zusammenarbeit mit der örtlichen Feuerwehr den Brandumfang im Rahmen halten kann. Ebenso hat es sich gezeigt, dass die vorhandenen Volumina für Löschwasser sowie die Schutzeinrichtungen zum Austritt von Abwasser richtig bemessen waren und funktioniert haben.

Vorbeugender Brandschutz

Aufgrund der häufig auftretenden hohen Schäden von Anlagen und Gebäuden beim Brand von Galvanikanlagen hat der vorbeugende Brandschutz in der Galvanotechnik einen hohen Stellenwert. Dieter Lenzenhuber erläuterte, dass unter Vorbeugung nicht nur die Einstellung eines bestimmten­ Standards an Sicherheitsvorkehrungen im Anlagenbereich direkt zu verstehen ist. Vielmehr sind auch die Folgen im Hinblick auf den Wiederaufbau oder die Produk­tionsschwierigkeiten bei Kunden zu berücksichtigen.

Sicherheitsmanagement

Wolfgang Dietz befasste sich in seinem Vortrag mit den Inhalten der Störfallverordnung und den daraus abgeleiteten Arbeiten zum Sicherheitsmanagement. Dabei geht es vor allem darum, für den jeweiligen Betrieb den richtigen Umfang an Einrichtungen oder Abläufen zu finden und so drohende Kosten im Schadensfall zu vermeiden.

Versicherungstechnische Abwicklung

Galvanikbetriebe sind hinsichtlich der Festlegung des richtigen Versicherungsschutzes anspruchsvoll, da neben der Wiedererrichtung im Schadensfall erhebliche Unsicherheiten aufgrund des Umweltschutzes oder auch der Folgeschäden für Kunden im Falle von Nichtlieferungen zu berücksichtigen sind. Victor Orendovici zeigte die verschiedenen Einzelaspekte an möglichen Versicherungsdetails von grober Fahrlässigkeit, Blitzschaden, Entschädigungshöhe, Über-/Unterversicherung, laufende Prüfung von Anlagen bis hin zu Schäden an gemieteten Gebäuden auf. Er wies darauf hin, dass laufende Aktualisierungen und Anpassungen an neue gesetzliche Vorgaben, beispielsweise aus der Störfallverordnung oder auch aus REACh, eine ständige Überprüfung und Neuausrichtung der Versicherungshöhe oder des Versicherungsumfangs unerlässlich machen.

Löschwasserrückhaltung

Im letzten Beitrag zum Thema Brandschutz befasste sich Frank Schüle mit Löschwasserrückhaltung bei HBV-Anlagen, zu denen die Galvanikanlagen gerechnet werden. Die entsprechende Richtlinie existiert seit 1992. Daneben sind für diesen Themenkomplex heute das WHG (neu), die DWA-A779, TRwS und die AwSV zur beachten. Anhand der vorhandenen Arbeitsmedien und der Brandlast wird die notwendige Einrichtung zur Löschwasserrückhaltung ermittelt. Schüle zeigte an zahlreichen Beispielen, wie beispielsweise durch Schotts den Vorgaben des Gesetzgebers Folge geleistet werden kann.

Tipp

WOMag-online-Abonnenten finden den ausführlichen Beitrag von Dirk Wiethölter in WOMag 10/2014, S. 28 ff.

Kathodischer Korrosionsschutz –
Herausforderungen für die Oberflächentechnik

Im Rahmen der ZVO-Oberflächentage in Neuss wurde eine Podiumsdiskussion zum Thema kathodischer Korrosionsschutz veranstaltet, die erwartungsgemäß hohes Interesse fand. Dem kathodischen Korrosionsschutz wird insbesondere im Automobilbau zum Schutz von Verbindungselementen oder sicherheitsrelevanten Bauteilen hohe Beachtung geschenkt. Wie Wolfgang Kohl einleitend bemerkte, sind das Abscheiden von Zink oder der Auftrag von Zinkflakebeschichtungen wichtige Aufgaben der Galvanotechnik.

Hans-Joachim Koeppen, Moderator der Diskussionsrunde, übernahm die technische Einführung in das Thema. Er nannte den Einsatz von Streusalz, von Magnesium oder die Kombination von Werkstoffen als wichtigste Herausforderungen. Nachdem Porsche als erstes Automobilunternehmen galvanische Zinkschichten in größerem Umfang einsetzte, zogen andere OEMs nach, sodass seit 1995 auch VW mit Zink als Korrosionsschutz in größerem Umfang arbeitet. Der Korrosionsschutz soll den Wert des Fahrzeugs erhalten, vor allem soll er vermeiden, dass Korrosion sichtbar wird und Schraubverbindungen auch nach längerem Gebrauch noch lösbar sind.

Insbesondere der hohe Einsatz von Feuchtsalz (Gehalt an Calciumchlorid) hat den Korrosionsangriff an Fahrzeugen verändert. Vor allem ab 2004 wurden die Mengen an Streusalzen drastisch erhöht (mehr als verdoppelt). Zu diesem Zeitpunkt hatten auch die Automobilhersteller eine erhebliche Zunahme an Reklamationen zu verzeichnen.

Um den üblichen Korrosionsschutz von drei Jahren unter Lack und von zwölf Jahren auf Durchrosten garantieren zu können, müssen verschiedene Verfahren eingesetzt werden. Dazu gehören neben­ Feuerzink und galvanisch Zink auch Nachbehandlungen mit Wachsen oder der Hohlraumschutz. Als eine der neuesten ­Anwendungen gelten Schmelztauchschichten aus Zink mit wenigen Prozent Magnesium, die zum Beispiel bei Opel und BMW bereits zum Einsatz kommen. Daneben wurden und werden vor allem Zink- und Zinklegierungsschichten, Zinklamellenbeschichtungen oder Phosphatierungen verwendet. Dabei ist der Anteil an Phosphatierungen und Zink drastisch zurückgegangen, was der Vortragende am Beispiel des Golfs darlegte. Hier sind bei den Fahrzeugen der siebten Generation etwa zu gleichen Teilen Zink-Nickel und Zinklamelle zu finden.

Zum Abschluss wies Hans-Joachim Koeppen darauf hin, dass derzeit kaum eine Alternative zu Zink-Nickel in Sicht ist. Eventuell können Zinkdiffusionsschichten einen bestimmten Teil der Schutzschichten übernehmen. Welchen Herausforderungen sich die Beschichtungshersteller gegenüber sehen können, zeigte der Referent am Beispiel einer Zink-Eisen-Beschichtung im Vergleich zu einer Zink-Nickel-Beschichtung. Allerdings wies er in diesem Zusammenhang darauf hin, dass zukünftig stärker darauf geachtet werden muss, ob und welche Art des Schutzes wirklich erforderlich ist.

Roland Gehring, Benseler Oberflächentechnik, gab sich als überzeugter Vertreter der Zinklamellenbeschichtung, da es sich um das derzeitig kostengünstigste Produkt handelt, das weltweit zum selben hohen Qualitätsstandard verfügbar ist. Weitere Vorzüge sind der Ressourcenschutz sowie der geringe Anteil an Schwermetallen, die gute Möglichkeit, auch komplexe Bauteile gut beschichten zu können, keine Gefahr der Wasserstoffversprödung oder die gute Einstellbarkeit von Gleitwerten.

Dr. Martin Kupjoweit, WHW Hillebrand, ­betonte, dass derzeit bis zu 550 Tonnen an Teilen pro Tag fast ausschließlich mit Schichten des kathodischen Korrosionsschutzes beschichtet werden. Vorwiegend werden Befestigungsteile für die hohen Ansprüche der Automobilindustrie behandelt. Als neuere Herausforderung sieht er den Leichtbau, aber auch den zyklischen Korrosionsschutz, durch dessen Anforderungen das Top-Coat immer wichtiger wird.

Alle diese Anforderungen müssen unter dem steigenden Preisdruck gewährleistet werden, wobei die steigenden gesetzlichen Anforderungen verhindern, dass Beschichtungsunternehmen in nennbarem Umfang in Deutschland entstehen. Insbesondere der Anstieg der Qualitätsanforderungen der OEMs bewirkt jedoch, dass hochwertige Produkte immer (noch) in Deutschland gefertigt werden.

Initiative Zink, vorgestellt durch Dr. Grund, verfügt über ein umfangreiches Netzwerk in der Zinkindustrie, innerhalb dessen alle Belange der Zinkindustrie – von der Gewinnung bis zum Recycling – Berücksichtigung finden. Der Bereich Galvanotechnik spielt hier mengenmäßig eine geringe Rolle. Deutlich größere Mengen an Zink werden durch Feuerverzinken eingesetzt mit sehr hohen Korrosionsbeständigkeiten aufgrund deutlich höherer Schichten. Beim Anwender spielt dabei die Umweltverträglichkeit eine immer wichtigere Rolle.

Dr. Martin Welp wies einführend darauf hin, dass mit den Mikrokorrosionsschutzschichten der Trend verfolgt wird, so wenig Zink wie möglich einzusetzen. Dagegen macht sich ein weiterer Trend, demzufolge Produkte bewusst eine begrenzte Lebensdauer aufweisen sollen, bemerkbar, durch den die steigende Lebensdauer stets neu zu diskutieren ist. Neben den Lamellenschichten befasst sich das Unternehmen von Dr. Welp mit der KTL und neuen Varianten der galvanischen Zinkschichten. Trends sieht Dr. Welp derzeit beim Einsatz von Beschichtungen für hochfesten Stahl oder Leichtbauwerkstoffen wie Aluminium oder Magnesium. Schließlich stehen nach wie vor optische Belange bei vielen beschichteten Teilen im Vordergrund.

Besonders interessant ist die Aussage aus dem Bereich OEMs, dass bei C-Teilen neue Beschichtungen nur dann umgesetzt werden, wenn der Gesetzgeber dies erforderlich macht oder die Beschichtung die Herstellkosten verringert.

Adlan Demiroglu gab einen Blick in die Massenbeschichtung. Hierbei spielt neben der Kostenreduzierung die Erzeugung eines Mehrwerts in Zukunft eine immer wichtigere Rolle.

Rainer Venz zog einen Vergleich zwischen den heute verfügbaren Verfahren und betonte, dass oftmals nur nach dem Kilopreis geurteilt wird, was als sehr kritisch zu bezeichnen ist. Es ist klar, dass zukünftig deutlich mehr auf die Anforderungen der einzelnen Bauteile zu achten ist.

Die Diskussion zeigte, dass die unterschiedlichen Arten der Zinkbeschichtung auch in nächster Zeit ihre Berechtigung haben werden. Dabei spielt Zink stets die tragende Rolle, ob als reines Metall, in Legierung mit Nickel oder Eisen oder in Form der Flakebeschichtung. Allerdings wird aus Kostengründen sehr genau geprüft, welche Beschichtung in welchem Umfang auf die unterschiedlichen Teile aufgebracht werden soll. Dabei kann es durchaus auch sein, dass bei der einen oder anderen Anwendung auf einen Schutz verzichtet wird.

 

Text zum Titelbild: Wolfgang Kohl, Dr. Martin Kurpjoweit, Dr. Martin Welp, Roland Gehring, Adlan Demiroglu, Dr. Sabine Grund, Hans-Joachim Koeppen, Rainer Venz (v. l. n. r.)

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