Chromtrioxid im Zulassungsverfahren

Oberflächen 10. 12. 2014

Standortbestimmung im Chromium Trioxide Authorization Consortium CTAC und Implikationen für die Downstream-User

Von Dr. Martin Kleban, Köln

Der Zulassungsprozess für Chromtrioxid geht in seine entscheidende Phase. Nach drei Jahren der Vorbereitung werden 2015 die ersten Anträge erwartet, die sicherstellen sollen, dass Chromtrioxid auch in der absehbaren Zukunft als Rohstoff in der Oberflächenveredelung eingesetzt werden darf. Im Chromium Trioxide Authorization Consortium CTAC sind die Weichen gestellt für eine Joint Application auf Ebene der Importeure, um praktisch 100 Prozent der importierten Menge an Chromtrioxid mit einheitlichen Rahmenbedingungen zu betrachten. Nach Erteilung wird diese Zulassung alle Downstream-User vom Formulierer bis zur Lohngalvanik abdecken, soweit sie im technischen Scope des CTAC-Dossiers erfasst sind, und adäquate, wirksame Methoden einsetzen, um Risiken für Mitarbeiter, Umwelt und Bevölkerung zu minimieren.

Chromium Trioxide Authorisation Procedure – Establishing the Location in the Chromium Trioxide Authorisation Consortium (CTAC) and Implications for Downstream Users

The authorisation procedure for use of chromium trioxide has progressed through a sequence of defined phases. After three years of preparation, the first applications are expected in 2015. This should ensure that, for the foreseeable future, chromium trioxide can be used as a raw material in the surface finishing industry. Within the Chromium Trioxide Authorisation Consortium (CTAC), a procedure is available for a Joint Application by potential importers to authorise virtually 100% of total imports for use under tightly defined conditions. Following authorisation, permission to use is afforded to all downstream users from product formulation down to contract platers to the extent their respective operations fall within the technical scope of the CTAC dossier and provided adequate and effective methods are used to minimise risk to personnel involved, the environment and the wider population.

Nach der REACh-Registrierung in 2010 wurde schon frühzeitig klar, dass Chromtrioxid genau wie wasserlösliche und wasserunlösliche Chrom(VI)salze (Chromate) schnellstmöglich in den Prozess der Zulassung überführt werden sollten (Chromate­ sind laut IUPAC-Nomenklatur negativ geladene Komplexe des Chrom, unabhängig von der Oxidationsstufe. In nicht wissenschaftlichen Texten ist häufig das Synonym für Verbindungen des Chrom in Oxidationsstufe VI mit dem entsprechenden Tox-Profil zu finden. Unbedenkliche, dreiwertige Chromate gibt es zum Beispiel in Metallkomplexfarbstoffen­ (nicht zu verwechseln mit Chrom(VI)-Pigmenten). Auf Anregung verschiedener Stakeholder der Branche bildete sich daher im Juli 2011 schon vor der Priorisierung eine Arbeitsgruppe Zulassung Chromtrioxid (Phase 1), die im März 2013 in das Chromium Trioxide­ Authorization Consortium CTAC mündete, einem Zusammenschluss aus rund 150 europäischen Unternehmen der kompletten Lieferkette (Supply-Chain) mit dem Ziel, die für einen Antrag auf Zulassung erforderlichen Dokumente zu erstellen (Phase 2). Durch Priorisierung und Listung von Chromtrioxid in Annex XIV der REACh-Verordnung wurde der Zeitrahmen vorgegeben mit einem Last Submission Date im März 2016 und Sunset Date im September 2017.

Während bei der Registrierung die Herstellung beziehungsweise der Import des Stoffes freigeschaltet werden muss, und damit jeder Hersteller/Importeur (aber auch nur diese) automatisch zur Registrierung verpflichtet ist, gestaltet sich die Situation bei der Zulassung komplizierter. Dort geht es um die Verwendung des jeweiligen Stoffes, womit weit mehr als bei der Registrierung auch die Downstream-User aktiv gefordert sind.

Im Kern richtet sich die Anforderung zur Zulassung an diese Unternehmen, die im Fall der Oberflächenveredlung in der Mehrzahl kleine und mittelständische Unternehmen (KMUs) sind und die Anzahl der Importeure um ein Vielfaches überschreiten. Dabei gibt der Gesetzestext nicht die Möglichkeit, dass sich Downstream-User im Rahmen eines einzigen Zulassungsantrags horizontal zusammenschließen und damit die Einreichungskosten auf eine einzige Gebühr reduzieren (Abb. 1). Nur durch vertikale Bündelung innerhalb der Lieferkette können von einem Importeur mehrere Kunden und/oder Ebenen der Lieferkette downstream mittels eines Zulassungsantrags abgedeckt werden. Eine Zulassung am unteren Ende der Lieferkette kann nur den jeweiligen Vorlieferanten abdecken. Ist dies ein Formulierer (keine Registrierung) und nicht ein Importeur ist die Lieferkette damit unterbrochen. In allen Fällen ist jedoch eine Joint Application möglich, bei denen sich für weitere Antragsteller die Gebühren deutlich reduzieren.

Abb. 1: Registrierung und Zulassung im Vergleich

 

Da zum Zeitpunkt der Unterschrift zu diesen Prozessen noch keinerlei Erfahrung vorlag, ist die eigentliche Einreichung des Antrags auf Zulassung (Application for Authorization, AfA) nicht Bestandteil des CTAC-Konsortialvertrags.

Der Fokus der Arbeiten im CTAC lag daher in der Ermittlung und Strukturierung von Daten sowie der Erstellung der nötigen Dokumente Chemical Safety Report (CSR), Analysis of Alternatives (AoA) sowie Socio-Economic Analysis (SEA) auf der breiten Basis der 150 Mitgliedsunternehmen. Nach Analyse einer ersten Datensammlung wurde eine Strukturierung nach den Prozessen der Oberflächenveredlung gewählt und ergänzt durch ein Szenario Formulieren und Umfüllen. Zum jetzigen Zeitpunkt ergibt sich daraus die Notwendigkeit eines Antrags mit fünf Verwendungen:

  1. Formulierung von Präparationen
  2. Hartverchromung (Galvanotechnik)
  3. Funktionelle Verchromung mit dekorativen Aspekten (Galvanotechnik)
  4. Oberflächenbehandlung mit gebundenem Chrom(VI) im Artikel (Passivierung)
  5. Oberflächenbehandlung ohne Chrom(VI) im Artikel (z. B. Passivierung oder Beizen)

Eine weitere Unterteilung, zum Beispiel nach Industriesektor des Endabnehmers, angewandten Risikominimierungstechniken oder Neu- im Gegensatz zu Ersatzteilen, wurde bei der Datensammlung berücksichtigt, hat sich aber für eine Einreichung als nicht zielführend herausgestellt.

Im September 2014 wurden die Draft-Dokumente von CSR, AoA und SEA im Kreis des Konsortiums kommuniziert und befinden sich seitdem in einem intensiven Review-Prozess. Ziel ist es, die Abstimmung und Finalisierung bis Ende des Jahres abgeschlossen zu haben. Doch schon aus dem laufenden Prozess heraus zeigen sich einige wichtige Aspekte:

  • CSR: Durch die vom RAC vorgeschlagene Dose-Response-Curve der Arbeitsplatzexposition sind für belastbare Aussagen Messungen nötig, deren Erfassungsgrenze deutlich unter der der Standardanalytik von 5 μg/m3 liegen. Dadurch wird der Pool der verwendbaren Datensätze stark eingeschränkt, sodass ein Eindruck von geringer Repräsentativität entstehen kann.
  • AoA: In der Literatur gibt es eine Vielzahl von Vorschlägen zu alternativen Prozessen zur Herstellung von Oberflächen mit vergleichbaren Eigenschaften. Nur einige davon haben es bis in den Maßstab einer Pilotanlage oder weiter gebracht, sodass selbst in einer so großen Gruppe wie CTAC nur beschränkt konkrete Vergleichsdaten zu Performance, Kosten oder Umsetzbarkeit vorhanden sind. So ergibt sich das Paradoxon, dass für die Vorschläge mit den größten Defiziten die wenigsten Daten vorliegen, um diese ­Defizite aufzuzeigen.
  • SEA: Aufgrund der Struktur der galvanotechnischen Industrie und ihrer Abnehmerbranchen sowie der Tatsache, dass Artikel mit Chromoberflächen vollkommen unbedenklich sind und daher weder von einer REACh-Zulassung noch einer Einschränkung erfasst werden können, ergeben sich für die europäischen Oberflächenveredler praktisch keine Alternativen zu Schließung/Verlagerung als Non-Use-Szenario. Diese Tatsache reduziert die Komplexität bei der Berechnung, birgt aber auch die Gefahr, als nicht vollständig beziehungsweise plausibel betrachtet zu werden.
  • AfA: Ausgedruckt würde der Antrag mehrere Standordner füllen und wäre geschrieben im Stile einer Registrierung nur schwer überschaubar sowohl für die Entscheidungsträger in den CTAC-Mitgliedsunternehmen wie auch der europäischen Kommission. Durch die Umkehr der Beweislast bei der Zulassung wird es zur Aufgabe des Antragstellers, über Strukturierung und Visualisierung auf dieses Problem einzugehen.

In mehreren Konferenzen und Workshops wurden diese Aspekte und andere kritische Punkte an die ECHA, Mitglieder der Europäischen Kommission sowie nationale Behörden herangetragen, um schon im Vorfeld der Einreichung eine Abstimmung zu erreichen.

Ein besonderer Schwerpunkt wurde dabei auf die Formalitäten der Einreichung gelegt, und so ist es gelungen, die Rahmen­bedingungen einer Joint Application so weit zu präzisieren, dass diese Variante nun für die Fortführung der CTAC-Kooperation in Frage kommt. Einige der entscheidenden Klarstellungen sind:

  • Zulassungen werden pro Antragsteller und Anwendung (Use) erteilt (Joint Application mit zehn Antragstellern und jeweils fünf Anwendungen (Uses): 50 Zulassungsnummern
  • Review Period beginnt am Sunset Date für alle Einreichungen vor der Application Deadline (Icebreaker werden nicht durch früheres Review-Datum bestraft)
  • eine Review Period pro Anwendung (nicht pro Antrag, nicht mehrere; spare parts)
  • geändertes Sunset Date reduziert Risiko und ermöglicht Back-Up

Im Rahmen der Joint Application werden dann die Daten aller Antragsteller in einem einzigen Dokument zusammengefasst. Der Lead Applicant überweist die kompletten Gebühren nach Helsinki und wird der zentrale Ansprechpartner für die ECHA in den Phasen der Public Consultation und des Trialogues. Joint Applicants werden mit 75 % der Grundgebühr berechnet und zahlen nicht für zusätzliche Uses. Hieraus ergibt sich für die Gruppe der Einreicher eine Ersparnis bei den Gebühren, die genutzt werden kann, um die Aufgaben des Lead Applicant an Dienstleister zu delegieren, sodass Kosten, Risiken und Vorteile in der Gruppe der Antragssteller zu gleichen Teilen gestreut sind (Abb. 2).

Abb. 2: Lösungsansätze zum Erhalt einer Zulassung

 

Unter diesen Rahmenbedingungen hat sich die LANXESS Deutschland GmbH bereit erklärt, wie schon bei der Registrierung die Rolle des Lead Applicant zu übernehmen. Im Juli wurden alle Mitglieder des CTAC sowie alle aktiven Registranten von Chromtrioxid angeschrieben und nach ihrem Interesse an einer gemeinsamen Einreichung befragt. Dieser Letter of Intent wurde von elf Unternehmen gezeichnet, die zusammen praktisch 100 % der nach Europa importieren Menge an Chromtrioxid abdecken.

Auf Basis dieses sehr positiven Feedback wird nun als dritte Phase der Zusammen­arbeit der Konsortialvertrag für die Joint Application erstellt. Die Zeichnung wird nach der Finalisierung des CTAC-Dossiers beginnen, die für Ende 2014 geplant ist. Auch wenn der Vertrag in erster Linie an das obere Ende der Lieferkette gerichtet ist, wird die Unterschrift für alle Unternehmen der Branche möglich sein, die gemäß der Vorgaben aus dem REACh-Gesetzestext in der Position sind, einen Antrag auf Zulassung zu stellen, also Importeure, Only Representatives, Formulierer und Downstream-User von Chromtrioxid. Zweite Voraussetzung ist der Zugang zum CTAC-Dossier, sodass Nicht-Mitglieder vor der Unterschrift einen Letter of Access zu diesem Datenpaket erwerben müssen (Abb. 3).

Abb. 3: Unterzeichnung der Lol durch elf Unternehmen wird nahezu 100 Prozent des Importvolumens an Chromtrioxid abgedeckt

 

Für den weiteren Ablauf ist eine Pre Submission Information Session (PSIS) mit der ECHA im Februar geplant, um die Einreichung im zweiten Submission Window 2015 (Mai) vorzubereiten.

Die weiteren Schritte Public Consultation, Trialogue und Bewertung des Antrags beim Risk Assessment Commitee (RAC) und Socio Economic Assessment Committee (SEAC) werden im Rahmen des Zulassungsprozesses mit zehn Monaten veranschlagt, sodass vor Ablauf der Einreichungsfrist im März 2016 zwar noch nicht mit einer Entscheidung durch die EU-Kommission zu rechnen ist, wohl aber die Empfehlung von RAC und SEAC absehbar sind.

Sobald die Zulassung erteilt sein wird, deckt sie alle Formulierer und Oberflächenveredler im europäischen Raum ab, die

  • Chromtrioxid direkt oder indirekt von einem Importeur beziehen, der Mitglied der Joint Application ist
  • mit ihrem Prozess innerhalb des technischen Rahmens des CTAC-Dossiers liegen
  • in ihrer Anlage adäquate Maßnahmen zum Schutz der Mitarbeiter, Umwelt und Bevölkerung etabliert haben

Dabei ist es unerheblich, ob ein Unternehmen dem ursprünglichen CTAC-Consortium angehört oder nicht. Die Mitglieder hatten jedoch den Vorteil, bei der Definition des technischen Umfangs der Zulassung aktiv mitwirken zu können, frühzeitig über die finalisierten Rahmenbedingungen informiert zu sein, und im Falle einer Behördenkontrolle die bestmögliche Ausgangsposition für eine erfolgreiche Inspektion zu haben.

Allen nicht CTAC-Mitgliedern kann empfohlen werden, den weiteren Zulassungsprozess auf der ECHA-Homepage zu verfolgen. Nach erfolgter Einreichung des Zulassungsantrags werden dort die technischen Rahmenbedingungen zusammengefasst publiziert, sodass die eigene Situation mit den veröffentlichten Anforderungen verglichen werden kann (Abb. 4). Sollten hieraus Zweifel oder der Bedarf einer eigenen Antragstellung abgeleitet werden, verbleiben einige­ Monate vor der Submission Deadline im März 2016.

Abb. 4: Möglichkeiten zur Identifikation der Position in der Branche und innerhalb der Lieferkette

 

Es wird den Unternehmen der betroffenen Branche sehr empfohlen, die Public Consultation Phase zu nutzen, um eigene Anwendung zu vertreten, auch wenn das betroffene Unternehmen nicht CTAC-Mitglied ist. Die Erfahrungen aus den bisher eingereichten Anträgen zu anderen Stoffen zeigen, dass zumeist Kommentare eingehen, die sich gegen eine Zulassung oder für kürzere Review-Periods aussprechen. Durch die genannten Aktivitäten kann hier für ein Gleichgewicht der Argumente gesorgt ­werden!

Nach dem Sunset Date muss jeder Anwender eines zugelassenen Stoffs seine­ Verwendung bei der ECHA in Helsinki notifizieren. Von dort gelangen die Informationen zu den nationalen Behörden die für die Umsetzung und Kontrolle vor Ort zuständig sind.

Es ist unbedingt angeraten, die Zeit vor dem Sunset Date zu nutzen, um die technischen Bedingungen und die Exposition im Unternehmen angemessen zu dokumentieren.

Wenn auch nach dem Sunset Date 9/2017 Chromtrioxid verwendet werden soll, ist eine Zulassung für die jeweilige Anwendung durch den Beschichter selbst oder seinen Lieferanten essentiell für die Existenz jedes Unternehmens. Daraufhin muss die Situation jedes betroffenen Unternehmen bewertet und entsprechend gehandelt werden.

 

Sunset Date

Ein Stoff, der auf Anhang XIV der REACh-Verordnung gelistet ist, darf nach Ablauf des Sunset Date nur noch verwendet werden, wenn eine Zulassung erteilt wurde und der Anwender angemessene und wirksame Maßnahmen ergriffen hat, um Mitarbeiter, Umwelt und Bevölkerung zu schützen.

DOI: 10.7395/2014/Kleban1

Kontakt: martin.kleban@lanxess.com

 

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