FGK Tagung – Chrom 2020 Kunststoffgalvaniken auf dem Weg zur Autorisierung

Oberflächen 05. 02. 2015

Die 2. Tagung des Fachverbandes Galvanisierte Kunststoffe (FGK) zum Thema Chrom 2020 – Kunststoffgalvaniken auf dem Weg zur Autorisierung setze den intensiven Austausch zum Thema Autorisierung von Chromtrioxid aus dem November 2013 fort. FGK Vorsitzender Jörg Püttbach konnte am 12. November in Köln mit 77 Teilnehmern erneut Vertreter der gesamten Lieferkette rund um verchromte Kunststoffbauteile begrüßen. Dabei erfuhren Beschichter, Verfahrenslieferanten, Automobilzulieferer und Vertreter der Automobilhersteller den neuesten Stand zur Autorisierung von Chromtrioxiden und den Entwicklungsfortschritte bei Alternativen. Nach REACh ist für die Verwendung von Chromtrioxiden ab September 2017 eine Autorisierung zwingend vorgeschrieben. Jörg Püttbach betonte, dass seit November 2013 sowohl bei den Autorisierungsbemühungen als auch beim Testen von chrom(VI)freien Verfahren weitere Erkenntnisse vorliegen und der FGK fest von einer Autorisierung ausgeht.

Über die in Vorbereitung befindlichen Autorisierungsanträge bei der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA), referierte Dr. Carsten Brockmann (Kunststofftechnik Bernt) aus Sicht des VECCO Konsortiums. Dr. Harald Bluhm (Lanxess Deutschland GmbH) über die Arbeit des CTAC Konsortium. In beiden Konsortien sind FGK Mitglieder engagiert.

Sowohl bei VECCO als auch bei CTAC sind die Dossiers weitgehend fertig gestellt und befinden sich in der finalen Abstimmung. VECCO will im Februar, CTAC im Mai 2015 einreichen. Beide deutlich vor dem spätesten Einreichungsdatum im Februar 2016. Laut Dr. Bluhm planen die im CTAC vertretenen Importeure und einige Formulierer ein Joint Application, also einen gemeinsamer Antrag. Dieser Antrag würde alle nachgeschalteten Anwender mit abdecken. Wir gehen fest von einer Autorisierung bis mindestens 2024 für die kunststoffgalvanikrelevanten Anwendungen aus, so Dr. Brockmann in voller Zuversicht. Parallel dazu versucht VECCO mit juristischen Mitteln und auf politischer Ebene eine Erleichterung des REACh-Aufwandes für Galvaniken zu erreichen. Die FGK Unternehmen haben an der Erstellung beider Dossiers kräftig mitgewirkt.

Erfolgt eine Autorisierung für einen bestimmten Zeitraum, kann auch danach im Review- Prozess die Autorisierung von Chromtrioxid beliebig oft verlängert werden. Dr. Bluhm betonte, dass der FGK aufgrund der besonderen Bedingungen der Automobilindustrie Chancen auf längere Autorisierungszeiträume habe.

Die Besonderheiten beim Einsatz von Chromtrioxid bei Produkten für die Automobilindustrie erläuterte der Leiter der VDA Projektgruppe Dekorative Verchromung, Markus Bommer (BMW). Eine Umstellung von den derzeitigen sechswertigen Chromoberflächen, die unabhängig vom Beschichter eine einheitliche Dekor-Chromfarbe garantieren, sei derzeit nicht denkbar. Nach Markus Bommer dürfen weder die Kundenanforderungen noch die Langzeitqualität beeinträchtigt werden. Derzeit seien die Alternativoberflächen aus Chrom(III)verfahren aber selbst für den Kunden klar zu unterscheiden. Da die verschiedenen verchromten Bauteile oft eng miteinander verbaut werden, müssen sie annährend gleich aussehen. Somit ist eine Umstellung nur denkbar, wenn die Alternativverfahren in Farbe und Funktion der heutigen Oberfläche aus Chromtrioxidelektrolyten entsprechen. Dafür brauchen die Entwickler aber deutlich mehr Zeit. Darüber hinaus gibt es bei den Vorbehandlungen, die ebenfalls Chromtrioxide enthalten, bis heute keinerlei Erfahrungen für den Automobilbereich. Die Automobilindustrie fordert eine Qualifizierung für jedes einzelne Produkt, das umgestellt wird.

Zusammenfassend betont Markus Bommer für die VDA Projektgruppe, dass die Entwicklungsprozesse und die Freigaben, Umstellungszeiten und Ersatzteilversorgung im Automobilbereich eine langfristige Autorisierung von Chromtrioxid zwingend machen – sonst stehen die Bänder still.

Somit haben die Zulieferer der Automobilindustrie hier bereits sehr gute Gründe genannt, warum sie eine Autorisierung benötigen, so Dr. Markus Berges von der ECHA (Europäische Chemikalienagentur) aus Helsinki. Er gab den Anwesenden einen Einblick in die Abläufe und den Prozess der Autorisierung. Das noch junge Verfahren wird von seiner Behörde immer wieder überarbeitet. Dr. Berges ist davon überzeugt, dass REACh ein Erfolg ist, denn die Unternehmen hätten ihre Anstrengungen bei Erforschung und der Entwicklung von Alternativen deutlich erhöht.

Er gab praktische Hilfen für den Autorisierungsantrag und betonte, dass es wichtig sei, eine überzeugende Geschichte zu erzählen und der ECHA das Geschäftsmodell und die Besonderheiten des Marktes zu verdeutlichen. Kosten sollten so klar wie möglich beziffert werden und eine intensive Kommunikation entlang der Lieferkette und mit der ECHA sei wichtig. Von den ersten bereits bearbeiteten Autorisierungsanträgen für andere Stoffe, könne man viel lernen. Auch Dr. Berges betonte, dass die Autorisierung zwar erst einmal für einen bestimmten Zeitraum gegeben würde, aber im Review-Verfahren erneute langfristige Autorisierungen möglich sind, wenn die Bedingungen und Gründe weiter bestehen. Die Besonderheiten der Premium-Automobilhersteller würde das Verfahren berücksichtigen. Die ECHA wird unter REACh den Kunden und Anwendern nicht vorschreiben, was sie am Markt anbieten und nachfragen. Es ist nicht ihre Entscheidung zu bewerten, was der Kunde braucht, so Dr. Berges. Auch würden die Forderungen an den Arbeits- und Umweltschutz an die bestehenden Umweltschutzauflagen anknüpfen und hier keine zusätzlichen Hürden aufgebaut.

Dass der FGK in Zusammenarbeit mit den Fachfirmen sehr aktiv an der Entwicklung und Testung von Alternativen zu den herkömmlichen Chromoberflächen arbeitet, zeigte Dr. Harald Prestel, FGK Projektleiter Labor- und Felderprobung von Chromoberflächen anhand der Vergleichsuntersuchung verschiedener Chrom(III)- und Chrom(IV)verfahren in Labor- und Feldtests. Nach der ersten Studie 2012 wurden 2013/14 die Tests erheblich ausgeweitet. 12 Varianten von sieben Verfahrenslieferanten wurden mit dem Schwerpunkt Farbe und Korrosionsbeständigkeit getestet. Vier Chlorid- und acht Sulfat-basierte Chrom(III)-verfahren wurden mit mikroporigen und mikrorissigen Chrom(VI)verfahren verglichen. Insgesamt wurden 3000 FGK-Versuchsplatten untersucht, davon waren 600 im Feld an 72 Pkw und 10 Lkw auf den Straßen unterwegs.

Diese sehr breit angelegten Feldstudie hat somit eine gute Aussagekraft, so gibt Dr. Prestel der Untersuchung eine hohe Signifikanz. Zusammenfassend ist festzuhalten, dass es sicher auch durch den milden Winter, nur zu wenigen korrosionsbedingten Ausfällen kam. Anders war es bei der Optik. Der Verschmutzungsgrad bei den Chrom(III)-varianten war auffallend höher als bei den hexavalent verchromten Platten. Dr. Prestel stellt zudem fest: Wie bereits im Vorjahr wurde bei allen Chrom(III)varianten ein deutliches Nachdunkeln festgestellt.

Chrom(VI)basierte Verfahren garantieren dagegen immer einen identischen Chromfarbton. Die Chrom(III)verfahren weichen hier von dem gewünschten, typischen Chromton deutlich ab. Dass die Abweichung im Feld durch Verschmutzung und Nachdunkeln teilweise massiv zunimmt, konnten die Teilnehmer an einer Vielzahl präsentierter Musterplatten begutachten.

Für den kommenden Winter starten jetzt die dritte Testreihen. Dabei werden ausschließlich sulfatbasierte Chrom(III)verfahren mit einer Mindesthelligkeit (L-Wert über 80) zugelassen. So kann den Anforderungen der Automobilindustrie Rechnung getragen werden, dass die Alternativen vom Farbton her möglichst dem derzeitigen Chromtönen entsprechen soll.

Christian Klaiss (Firma Fischer) stellte die Besonderheiten des Verchromungsprozesses für die Anwendung im Automotive Sektor heraus. Aus Sicht der Anwender gibt es zwar Verchromungsprozesse auf Basis von Chrom(III) in anderen Industriesegmenten, aber keine Tests und Praxiserprobungen für die Automotive-Branche der FGK Mitglieder. So weiß man nichts über die Korrosions- und Verschleißbeständigkeit im stark belasteten Interieur (Beispiel Schaltknopf) oder auch bei Mattchrombauteilen. Darüber sind die Verfahren von den Automobilherstellern nicht freigegeben. Bei den Konditionierungen (Beizen) gibt es noch keine Erfahrungen im Automotive Bereich in ganz Europa, wenig Prozess-Know-how und keine Erfahrung mit Mehrkomponentenbauteilen. Hier steht die Entwicklung noch ganz am Anfang und ein Versagen neuer Technologien kann zu Ablösungen der Metallschichten bei der Nutzung führen. Dies wäre dann der Super-GAU!

Zu allen Referenten gab es zahlreiche Fragen. Die engagierte Diskussion bestätigte das große Interesse an den angesprochenen Themen. Jörg Püttbach betonte zum Schluss noch mal die Wichtigkeit des Dialoges der Beschichter mit der ECHA auf der einen und den Kunden auf der anderen Seite. Dieser Dialog soll auch 2015 weiter geführt werden.Christoph Matheis

 
Dr. Carsten Brockmann informiert zahlreiche Fachleute über REACh

Über den Fachverband Galvanisierte Kunststoffe – FGK

Der Fachverband Galvanisierte Kunststoffe e. V. (FGK) repräsentiert aktuell 12 qualifizierte Industrieunternehmen der Oberflächentechnik mit dem Schwerpunkt dekorative und funktionelle galvanische Oberflächen auf Kunststoffen für die Automobil- und Zulieferindustrie. Zweck des Verbandes ist es, durch eine gemeinsame strategische Ausrichtung die Interessen seiner Mitglieder wahrzunehmen, insbesondere durch Zusammenarbeit mit wissenschaftlichen Institutionen, mit Verbänden und sonstigen Stellen und Einrichtungen auf dem Gebiet der galvanischen Kunststoffbeschichtung. Ferner unterstützt der FGK seine Mitglieder bei allen Themen von branchenweitem Interesse, insbesondere zur Weiterentwicklung der Oberflächeneigenschaften im Hinblick auf Qualität und wirtschaftliche Herstellung und zur Weiterentwicklung der Prozesse und Oberflächen im Hinblick auf Umweltverträglichkeit und Sicherheit. Der FGK ist Mitglied im Zentralverband Oberflächentechnik e.V. (ZVO).

Mitglieder

Kunststofftechnik Bernt GmbH, Dr. Herbert-Kittel-Straße 10, D-87600 Kaufbeuren;
www.ktbernt.de

BIA Kunststoff- und Galvanotechnik GmbH & Co. KG, Untengönrather Straße 73, D-42655 Solingen; www.bia-kunststoff.de

Bolta Werke GmbH, Industriestraße 22, 91227 Leinburg; www.bolta.de

Boryczew Oberflächentechnik Deutschland GmbH, Armaturenstraße 8, D-17291 Prenzlau; www.akt-ag.de

Fischer GmbH & Co. surface technologies KG, Auf der Wahnsbach 3, D-56368 Katzenelnbogen; www.fischer-galvanik.de

Gerhardi Kunststofftechnik GmbH, Schlittenbacher Straße 2, D-58511 Lüdenscheid;
www.gerhardi.com

Heinze-Gruppe GmbH, Eupener Straße 35, D-32051 Herford; www.heinze-gruppe.de

C. Hübner GmbH, Sudetenstraße 1, D-87616 Marktoberdorf; www.huebnergmbh.de

C+C Krug GmbH, Am Eichelberg 3, D-01458 Ottendorf-Okrilla; www.veredlung.de

SAXONIA Galvanik GmbH, Erzstraße 5, D-09633 Halsbrücke; www.saxonia-galvanik.de

Karl Simon GmbH & Co. KG, Sulgener Straße 19-23, D-78733 Aichhalden; www.simon.de

WAFA Kunststofftechnik GmbH, Schafweidstraße 37, D-86179 Augsburg; www.wafa.com

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