Ionische Flüssigkeiten und deren Anwendung als Elektrolyte für die Aluminiumabscheidung

Oberflächen 10. 04. 2015

Von Peter von Czarnecki, Maria Ahrens und Thomas J. S. Schubert, Heilbronn

Aluminium lässt sich aufgrund seines hohen Reduktionspotentials nicht aus wässrigen Lösungen abscheiden. Eine galvanische ­Beschichtung mit Aluminium aus ionischen Flüssigkeiten ist prinzipiell möglich und aus technischer Sicht vielversprechend. Unter Einsatz von entsprechenden Additiven wurden glatte und auch glänzende Aluminiumschichten auf Kupfer und Stahl mit Dicken im Bereich von 2 µm bis 4 µm abgeschieden. Die Zusammensetzung der Schichten ist vom verwendeten Elektrolytsystem abhängig, mit Aluminiumanteilen zwischen etwa 70 % und etwa 95 %.

Ionic Liquids as Electrolytes for Aluminium Electrodeposition

Because of its very cathodic redox potential, aluminium cannot be electrodeposited as the metal from aqueous electrolytes. However using ionic liquids as electrolytes, there is no fundamental reason why aluminium could not be electrodeposited and in technical terms, there are many good reasons for doing so. Using suitable addition agents, smooth and bright aluminium deposits were formed on copper and steel in the thickness range 2 to 4 µm. The composition of these deposits depends on the nature of the electrolyte but was typically between 70% and around 95% aluminium.

1 Einleitung

Seit langem sind Aluminiumbeschichtungen für ihre Korrosionsbeständigkeit bekannt [1]. Bei sofortigem Kontakt mit Luft bildet sich eine sehr stabile Oxidschicht aus, die eine hohe Resistenz gegenüber Chemikalien und atmosphärischen Angriffen besitzt. Weiter kann die Schichtdicke noch durch Anodisieren verdichtet und eingefärbt werden [24]. Durch den silbernen Glanz (Dekor), die geringe Dichte, aber den dennoch guten mechanischen Eigenschaften (Leichtbau) sowie gute thermische und elektrische Leitfähigkeit löst Aluminium in vielen Anwendungsbereichen ein großes Interesse aus [2].

Plotnikov zeigte 1899, wie sich Aluminium reduktiv aus einer organischen Lösung von Aluminiumhalogeniden abscheiden lässt [3]. Seitdem wurden viele Aluminiumelektrolyte untersucht und entwickelt. Gerade in den Anfängen waren hierbei immer wieder die Selbstentzündlichkeit der Aluminiumorganyle, die brennbaren organischen Lösungsmittel sowie die damals noch sehr teuren Inertgastechniken und Aluminiumquellen große Herausforderungen [4].

Anfang 1950 entdeckten Wissenschaftler die Abscheidung von Aluminium aus sogenannten Raumtemperatursalzschmelzen, die aus Aluminiumchlorid und organischen Halogeniden hergestellt wurden. Aufgrund der extrem hygroskopischen Eigenschaft des Aluminiumchlorids wurden die Versuche bald wieder eingestellt und erst in den 1980er Jahren wieder aufgenommen, da erst seither die Inertgassysteme zu moderaten Preisen erhältlich waren [5]. Daraus wurde dann auch das Sigal-Verfahren (Siemens-Galvano-Verfahren) entwickelt, wobei elektrochemische Aluminiumbeschichtungen für den Ersatz von Cadmium (hohe Toxizität) und Zink im Korrosionsschutz eingesetzt werden sollten [6]. Aufgrund der hohen Brennbarkeit der Aluminiumorganyle und der geringen Lebensdauer des Elektrolyten besteht jedoch weiterhin ein großes industrielles Interesse an der Entwicklung von alternativen Verfahren für die galvanische Aluminiumabscheidung.

Ionische Flüssigkeiten sind Salze, die einen Schmelzpunkt unter 100 °C besitzen. Sie sind unbrennbar und haben eine hohe thermische Stabilität sowie einen sehr geringen Dampfdruck. Viele ionische Flüssigkeiten zeichnen sich durch ein breites elektrochemisches Fenster aus [7], welches prinzipiell auch die Abscheidung von Metallen mit hohen Reduktionspotentialen ermöglicht. Elektrolyte aus ionischen Flüssigkeiten stellen daher für die galvanische Abscheidung von Metallen eine Alternative zu wässrigen Elektrolytsystemen dar [8]. Problematisch bei der elektrochemischen Abscheidung von Metallen aus wässrigen Elektrolyten sind das Überpotential und die Reaktivität von unedlen Metallen sowie die Bildung von Wasserstoff und dessen Einlagerung in die Schicht bei der Abscheidung von Edelmetallen [9]. Über die Abscheidung einer Vielzahl an Metallen und Legierungen aus ionischen Flüssigkeiten wurde bereits in der Literatur berichtet (Abb. 1).

Abb. 1: Übersicht über verschiedene Metalle  und Legierungen , die bereits aus ionischen Flüssigkeiten galvanisch abgeschieden wurden

 

2 Aluminiumabscheidungen aus ionischen Flüssigkeiten

2.1 Stand der Technik

In der Literatur werden zurzeit zwei Ansätze der Aluminiumabscheidung aus ionischen Flüssigkeiten (ILs) verfolgt. Auf der einen Seite werden einphasige Systeme verwendet, bei denen ILs mit Tetrachloroaluminat-Anionen (z. B. Abb. 2a) zum Einsatz kommen, und auf der anderen Seite Abscheidungen aus zweiphasigen Systemen [25], wobei die ILs Bis(trifluoromethylsulfonyl)imid-Anionen (BTA-Anionen) [10] (z. B. Abb. 2b) enthalten und als Aluminiumquelle wieder Aluminiumchlorid Verwendung findet.

Abb. 2: R = Et: 1-Ethyl-3-methylimidazolium tetrachloroaluminat, EMIM AlCl4, bzw. R = Bu: 1-Butyl-3-methylimidazolium tetrachloroaluminat, BMIM AlCl4 (links); 1-Butyl-1-methylpyrrolidinium bis(trifluoromethylsulfonyl)imid, BMPyrr BTA (re.)

 

Bei den einphasigen Tetrachloroaluminat- Varianten handelt es sich um ionische Flüssigkeiten, welche Mischungen aus Aluminiumchlorid und organischen Halogensalzen sind. Allerdings zeigten Studien, dass die Aluminiumabscheidung nur möglich ist, wenn die elektrochemisch aktive Spezies Al2Cl7 gebildet wird (Gl. <1>), welche erst ab Mischungen von Ionischer Flüssigkeit zu AlCl3 1 : > 1 gebildet wird [11].

4Al2Cl7 + 3e ⇒ Al + 7AlCl4     <1>

S. Zhang zeigte weiter die Abhängigkeit der Morphologie des abgeschiedenen Aluminiums von der Abscheidungstemperatur, gewählten Stromdichte, molaren Zusammensetzung und Rührgeschwindigkeit [12]. Darüber hinaus wurde in der Arbeitsgruppe von Endres nanokristallines [13] Aluminium abgeschieden.

Weiter können mittels der auf Tetrachloroaluminat basierenden ionischen Flüssigkeiten Aluminiumlegierungen abgeschieden werden [14, 15]. Eine kurze Auswahl der bis dahin realisierten Legierungen ist in Tabelle 1 zusammengestellt.

 

2.2 Neue Ergebnisse

Neuere eigene Untersuchungen zur Aluminiumabscheidung aus ionischen Flüssigkeiten gehen von Aluminiumelektrolyten auf Basis von EMIM AlCl4 in einem Verhältnis von 1 : 1,5 aus. Hierbei wurden bei den einzelnen Abscheidungen unterschiedliche eigenentwickelte Additive eingesetzt, um die verschiedenen Morphologien der Aluminiumschichten auf den jeweiligen Substraten (Kupfer, Stahl, Aluminium) zu bewerkstelligen (Abb. 3).

Abb. 3: Aluminiumabscheidung auf Kupfer (a), Stahlschraube (b), Stahlnetz (c) und Aluminiumblech (d)

 

Lichtmikroskopische Aufnahmen zeigten bei allen Substraten dichte Aluminiumschichten (Abb. 4). Der Pfeil in Abbildung 4b zeigt die Position der Halterung an. Weiter konnte mittels des Gitterschnitt-Tests (DIN EN ISO 2409) eine gute Adhäsion der Schicht auf den Substraten nachgewiesen werden (Abb. 5).

        

Abb. 4: Lichtmikroskopische Aufnahmen der Aluminiumabscheidungen auf Kupferblech (a), dem Gewinde einer Stahlschraube (b; schwarzer Pfeil markiert die Position der Halterung) sowie einem Aluminiumblech (c; zeigt die Oberflächengrenze; rechts blankes Aluminiumblech, links Aluminiumabscheidung)

     

Abb. 5: Adhäsionstest nach DIN EN ISO 2409; Oberfläche vor (a) und nach Abschluss des Tests (b)

 

Die Zusammensetzung und Schichtdicke der Aluminiumabscheidung wurde durch REM-EDX-Mikroskopie analysiert. Dabei wurden Schichtdicken auf Kupferplatten bis zu 2 µm ermittelt, die innerhalb von 30 min abgeschieden werden konnten (Abb. 6a). Bei den Stahlschrauben konnten Schichtdicken von 3,5 µm gemessen werden, wofür allerdings eine Aluminiumabscheidung über einen Zeitraum von 2 Stunden erforderlich war (Abb. 6b). Dies war dem angepassten Elektrodenaufbau geschuldet, wodurch die Stromdichte reduziert werden musste und dadurch weniger Ladung pro Zeit übertragen werden konnte.

     

Abb. 6: Schichtdickenbestimmung an Aluminium mittels REM; Schnittbildern auf Kupfer (a) und einer Stahlschraube (b)

 

Durch EDX-Messungen konnte in diesem Fall auch die Zusammensetzung der abgeschiedenen Aluminiumschicht bestimmt werden. Dabei ergab sich, dass diese von den verwendeten Additiven abhängig war. Mit dem Additiv A, welches spiegelnde Abscheidungen erzeugte (Abb. 3a) wurde ein Chloridgehalt bis zu 4 % gemessen (Abb. 7). Bei Verwendung des Additivs B wurde eine matte Oberfläche mit einer deutlich höheren Reinheit erzeugt (Abb. 8).


 

Spektr.

Al (at.%)

C (at.%)

O (at.%)

Cl (at.%)

1

66,6

11,5

18,4

3,5

2

73,6

6,9

15,5

4,0

3

72,4

7,2

16,4

4,0

Abb. 7: REM-Aufnahme und EDX-Analyse der Aluminiumschicht auf Kupfer; Abscheidung erfolgte mittels Additiv A


 

Spektr.

Al (at.%)

C (at.%)

O (at.%)

Cl (at.%)

1

82,7

14,1

3,2

2

92,7

5,6

1,7

3

94,3

5,7

3,2

Abb. 8: REM-Aufnahme und EDX-Analyse der Aluminiumschicht auf Kupfer; Abscheidung erfolgte mittels Additiv B

 

3 Zusammenfassung und Ausblick

Die elektrolytische Aluminiumabscheidung aus ionischen Flüssigkeiten ist bei Raumtemperatur und komplexeren Strukturen möglich. Diese können bei Stromdichten von bis zu 2 A/dm² durchgeführt werden. Die Morphologie der Metalloberfläche lässt sich stark durch die Struktur der ioni­schen Flüssigkeit und den Abscheidebedingungen beeinflussen. Zurzeit wird bei Iolitec ein Verfahren entwickelt, um den Elektrolyten zu regenerieren beziehungsweise zu recyceln, um die Kosten für die notwendige Galvanisieranlage zur Abscheidung von Aluminium zu reduzieren.

Danksagung

Die Autoren danken dem WIWeB Erding und Herrn L. M. A. Ferreira vom CERN, Genf, Schweiz, für die REM-Aufnahmen sowie die EDX-Analytik der Aluminiumoberfläche und die gute Zusammenarbeit.

Literatur

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[23] M. Ueda, H. Ebe, T. Ohtsuka; Electrochemistry (2005) 73, 739–741

[24] R. Böck, S.-E. Wulf: Abscheidung und Anodisierung von Aluminiumüberzügen aus ionischen Flüssigkeiten (EMImCl-AlCl3); in: Jahrbuch Oberflächentechnik (66) (2010) 42-54

[25] R. Böck Mat.- wiss. u. Werkstofftech. (2008), 39, 901-906

DOI: 10.7395/2015/Czarnecki1

Kontakt

IOLITEC – Ionic Liquids Technologies GmbH, Salzstraße 184, D-74076 Heilbronn

e-mail: czarnecki@iolitec.de

 

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