Für die neue Fertigung in Münchsmünster installierte die Audi AG eine Beizanlage mit sehr hohen Qualitätsvorgaben und maximaler Energieeffizienz. Audi beauftragte damit die Decker Anlagenbau GmbH, welche für die Frage der Trocknung ihren langjährigen Geschäftspartner Harter Oberflächen- und Umwelttechnik GmbH aus Stiefenhofen mit seiner alternativen Entfeuchtungstechnologie ins Boot nahm. Das Deckersystem sah einen 90°-Trockner mit anschließender Kühlzone vor. Dem Trocknungsanlagenbauer Harter war es mit seinem speziellen Niedertemperaturverfahren möglich, das geforderte Trocknungsergebnis bereits bei 75 °C zu erreichen. In mehreren Versuchsreihen zusammen mit Audi wurde dies verifiziert.
Energieeinsparung beim Trocknen
Die Trocknungssysteme der Harter GmbH arbeiten im Niedertemperaturbereich. Sie könnten, wenn gefordert, auch bei Temperaturen von 90 °C gefahren werden. Allerdings sind diese hohen Temperaturen mit der Kondensationstrocknung von Harter oft nicht notwendig und so mancher Anwender hat schon gerne darauf verzichtet, denn die hohe Temperatur hat viele, nur allzu bekannte Nachteile. So bot Harter eine Trocknungsanlage mit 75 °C an und schlug gleichzeitig vor, Trocknungsversuche mit Originalbauteilen im hauseigenen Technikum durchzuführen, um unter Beweis zu stellen, dass auch auf einem niedrigeren Temperaturniveau erfolgreich getrocknet werden kann.
Audi zeigte sich demgegenüber offen, übergab Originalbauteile und -rahmen an Harter und machte somit seinem Slogan Vorsprung durch Technik alle Ehre. Harter wiederum führte in einem Versuchstrockner in Originalgröße eine umfangreiche Testreihe durch. Von Anfang an war allen Beteiligten klar, dass eine erfolgreiche Trocknung aufgrund der schwierigen Geometrie der Aluminiumteile eine große Herausforderung sein würde. Die Versuchsreihe belegte dann auch, dass nur durch den Einsatz zusätzlicher Abblasleisten die Trocknung realisiert werden kann. Die gewünschten 75 °C wurden eingehalten.
Optimierung durch Anpassung
Das umgesetzte Trocknungssystem sieht folgendermaßen aus: Es wurden acht Edelstahltrockner und zwei sogenannte Airgenex®-Entfeuchtungsmodule installiert. Jeweils 1 Entfeuchtungsmodul versorgt vier Trockner mit der benötigten trockenen Luft. Aufgrund der vorgegebenen, sehr kurzen Taktzeit von drei Minuten pro Warenkorb waren diese vier Stationen notwendig. Zusätzlich integriert in die Trockner wurde eine Abblasleiste mit einem speziellen Mitteldruckventilator. So werden die an Gestellen befindlichen Bauteile beim Einfahren in den Trockner abgeblasen und anschließend in der Trocknungskammer vollständig getrocknet. Die Trocknungszeit beträgt insgesamt elf Minuten.
Die Trocknung bei niedrigen Temperaturen mittels Kondensationstrocknung hat für den Automobilhersteller viele positive Auswirkungen. Die Ventilatoren, die bei 75 °C und weniger im Trockner eingesetzt werden, sind deutlich platzsparender als solche für eine Trocknung bei 90 °C. Daher kann in Fahrtrichtung deutlich Platz gespart werden beziehungsweise der Trockner an sich kleiner ausfallen. Ein weiterer Vorteil ergibt sich darüber hinaus, wie Reinhold Specht, geschäftsführender Gesellschafter von Harter, erläutert: Wir sind der einzige Trocknungsanlagenbauer, der aufgrund der Niedertemperaturtrocknung Ventilatoren mit innenliegenden Motoren einsetzen kann. Bei Heißlufttrocknung ist das nicht möglich. Ein weiterer Nutzen ist, dass die Abwärme der innenliegenden Motoren dieser speziellen Ventilatoren im Trockner verbleibt und in das Trocknungssystem miteinbezogen wird. Ansonsten geht solche Wärmeenergie unwiederbringlich verloren.
Airgenex® – Funktion und Besonderheit
Doch wie funktioniert die eingangs erwähnte Entfeuchtungstechnologie und was macht sie so besonders? Das von Harter entwickelte Kondensationstrocknungsverfahren hat einen physikalisch alternativen Ansatz. Im Airgenex®-Entfeuchtungsmodul wird Luft stark entfeuchtet und erwärmt. Diese ungesättigte, extrem trockene Luft wird dann über das zu trocknende Material geführt und nimmt dabei die Feuchtigkeit auf. Die nun feuchte Luft wird anschließend in das Airgenex®-Entfeuchtungsmodul zurückgeleitet und über eine zweistufige Luftkühlung geleitet. Dadurch wird die gespeicherte Feuchtigkeit entzogen und als Kondensat aus der Anlage abgeführt. Anschließend wird die abgekühlte Luft wieder erwärmt und im nun geschlossenen Kreislauf wieder über das Trocknungsgut geführt.
Der Trocknungsprozess ist nahezu emissionsfrei und von klimatischen Veränderungen unabhängig. Die Trocknung mit Airgenex® ist adaptierbar an alle Prozessarten, das heißt für den Batchbetrieb mit beispielsweise Gestellen, Trommeln, Körben oder in der Kammer sowie für kontinuierliche Betriebsarten, sei es hängend, stehend oder liegend. Der zweite Faktor für eine erfolgreiche Trocknung ist die richtige Luftführung. Die trockenste Luft bringt keinen Nutzen, wenn sie nicht direkt an oder durch die zu trocknenden Teile geführt wird. Bei diesem Part entfaltet Harter sein ganzes Know-how und bringt Trocknungsparameter wie Temperatur, Luftvolumen, Luftgeschwindigkeit und Luftführung in Einklang – individuell angepasst an den vorgegebenen Prozess und seine Bauteile.
Auch hinsichtlich des Energieeinsatzes kann mit dieser Art der Trocknung eine positive Bilanz gezogen werden. Die Airgenex®-Entfeuchtungsmodule haben eine Anschlussleistung von je 15 Kilowatt. In jeden Trockner wurden zehn Umluftventilatoren mit je 1,2 Kilowatt eingebaut. Das ergibt 48 Kilowatt pro Anlage. Die Anschlussleistung des Mitteldruckventilators für die Abblasung liegt ebenfalls bei nur 15 Kilowatt. Zusätzlich sind alle Trockner mit einem automatischen Deckelsystem ausgestattet, was wiederum für weitere Energieeffizienz sorgt – insgesamt eine sehr energiesparende Art zu trocknen.
Auf Kundenwunsch werden häufig Zusatzheizungen in die Trockner eingebaut, die dazu dienen, die Trockner in ihrer Anlaufphase schnell auf Temperatur zu bringen. Sobald die gewünschte Trocknungstemperatur erreicht ist, schaltet sich diese dann automatisch ab. Im Fall von Audi war – wie bei vielen anderen Unternehmen zwischenzeitlich auch – überschüssiges Warmwasser vorhanden, das für die Zusatzheizung eingesetzt wurde. Schlussendlich ergab sich für Audi noch ein weiterer Vorzug. Die ursprünglich geplante Kühlzone, die bei einer Trocknung von 90 °C notwendig gewesen wäre, konnte entfallen. Die Bauteile werden einige Zeit nach der Trocknung von einem Roboter aufgenommen und dürfen dann eine Temperatur von 45 °C nicht überschreiten.
Bilanz einer erfolgreichen Zusammenarbeit
Alle drei Parteien zogen aus diesem Projekt eine durchweg positive Bilanz, so Bernhard Hilliges von Decker. In Sachen Trocknung kann abschließend nochmals zusammengefasst werden, dass die Kondensationstrocknung auf Wärmepumpenbasis die Wirtschaftlichkeit einer Anlagentechnik enorm erhöht. Durch die Wärmerückgewinnung im geschlossenen System werden Betriebskosten gesenkt. Die geringen Anschlusswerte der Entfeuchtungsaggregate ergeben weitere Kosteneinsparungen. Die niedrigen Temperaturen bei der Trocknung verhindern eine unerwünschte Produkterhitzung. Durch die energetisch geschlossene Trocknung werden Prozesse von den Jahreszeiten und damit unterschiedlichen Klimaverhältnissen in den Fertigungshallen unabhängig. Wettereinflüsse werden somit nahezu ferngehalten.
Diese Entwicklung aus dem Hause Harter sorgt für höchste Effizienz beim Trocknungsvorgang. Mit dieser Wärmepumpentechnik wird ein ökonomisch sowie ökologisch sinnvoller Kreislauf geschlossen.
Kontakte:
Harter Oberflächen- u. Umwelttechnik GmbH, Reinhold Specht, Geschäftsführer, E-Mail: reinhold.specht@harter-gmbh.de
Decker Anlagenbau GmbH
Robert Fuchs, Geschäftsführer