Viele Facetten des technischen Alltags beleuchten

Verbände 07. 09. 2015

Fachleute informieren Fachleute – wichtige Basisarbeit der DGO-Bezirksgruppen am Beispiel der BG-Stuttgart

Die Deutsche Gesellschaft für Galvanotechnik (DGO) bietet über ihre Bezirksgruppen eine einfache und effiziente Möglichkeit, Informationen über Oberflächentechnik sowie die unterschiedliche Bereiche im Umfeld der Oberflächentechnik zu erhalten. Diese ergänzenden, aber wichtigen Bereiche reichen von der Anlagentechnik und die peripheren Gerätschaften über die Analytik bis hin zu gesetzlichen Bestimmungen und Umweltschutz oder Werkstofftechnologie. Die Bezirksgruppe Stuttgart beispielsweise veranstaltet dazu acht bis zehn kostenfreie Abendveranstaltungen in Stuttgart und Umgebung, an denen jeder Interessierte teilnehmen kann. Seit kurzem finden die Veranstaltungen auch bei Unternehmen statt, die in der Regel auch die Möglichkeit zu einer Besichtigung einschließen. Nachfolgend werden einige der Vorträge aus diesem Jahr in einer Übersicht zusammengefasst – und damit auch die Breite der Themen aufgezeigt.

Erste Hilfe nach Kontamination mit Gefahrstoffen

Florian Lequeux, Prevor GmbH, Köln, gab einen Einblick in den Umgang mit Gefahrstoffen, wie er in der Galvanotechnik alltäglich ist. Dazu müssen Vorkehrungen zur Hilfe bei unerwünschtem Kontakt getroffen werden. Besonders sind dabei ätzende Säuren und Laugen zu beachten, aber auch die als reizend eingestuften Substanzen. Unter den Säuren nimmt Flusssäure eine besondere Stellung ein, die sowohl durch die ätzende Säure als auch das giftige Fluorid wirkt. Dabei sind die Wirkungen gekoppelt: Zunächst wird die Haut durch Säure angegriffen und durch diesen Angriff kann das Fluorid eindringen und mit Calcium reagieren. Dies führt im schlimmsten Fall zu Kreislaufstörungen und Herzflimmern.

Das Verätzen durch Säuren und Laugen läuft in mehreren Phasen ab, wobei die eigentliche Abwehr schon bei der ersten Phase des Kontakts ansetzen sollte. Durch entsprechende Ausrüstung ist ein nahezu vollständiger Schutz erzielbar. Im Weiteren besteht die Gefahr durch beschädigte Schutzausrüstung oder auch durch gasförmige Aufnahme der Säuren oder Laugen. Zellen werden auch bei verdünnten Stoffen, beispielsweise 0,5 m Natronlauge, sehr schnell geschädigt. Ein weiterer Einflussfaktor ist die Temperatur, bei der ab 50 °C ­erheblich schnellere Schädigungen sowie Verbrennungen auftreten.

Die absolut wichtige Abwehr bei Kontakt mit Gefahrstoffen ist das Spülen mit Wasser: Hierbei wird gekühlt, verdünnt und entfernt. Besonders wichtig ist die Bewegung zwischen Wasser und Haut, wobei die Reaktion innerhalb von zehn Sekunden erfolgen muss und das Spülen mindestens für 15 Minuten erfolgen sollte. Da diese Reaktionszeit selten eingehalten werden kann, muss ein freier Zugang zu Notduschen absolut gewährleistet sein. Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass sauberes Wasser aufgrund des geringen Salzgehalts in Zellen eindringen und diese durch Platzen zerstören kann. Angeätzte Körperteile sind von diesem Effekt besonders betroffen. Vermeidbar ist dies durch den Einsatz von hypertonischen Flüssigkeiten, die allerdings nur eine begrenzte Zeit beständig sind (1 Jahr).

Arbeitssicherheit

Frank Schüle befasste sich mit den Auswirkungen der Arbeitssicherheit auf die Galvano- und Oberflächentechnik aufgrund neuer Regelungen der Betriebssicherheitsverordnung, Gefahrstoffverordnung oder DGUV. Hintergrund ist die neue Umsetzung von EU-Richtlinien in nationales Recht oder der Ersatz von BG-Vorschriften und Regeln durch staatliche Werke (Ländervorgaben werden dabei zum Teil hinfällig). Nachteilig wirkt sich das föderale System aus, das heißt die unterschiedlichen Zuständigkeiten von Bund und Ländern. Vor allem die DGUV strebt hier eine Zusammenfassung von allen bisher bestehenden Einzelvorschriften an.

Die Betriebssicherheitsverordnung wurde per Artikelvorordnung vom 6. Februar 2015 zur Neuregelung der Anforderungen an den Arbeitsschutz bei der Verwendung von Arbeitsmitteln und Gefahrstoffen veröffentlicht. Die Verordnung trat am 1. Juni 2015 mit einigen Ausnahmen in Kraft. Die Ziele der Verordnung sind die Beseitigung von Mängeln rechtlicher Art sowie die Verbesserung des Arbeitsschutzes. Einbezogen werden Instandhaltung, Betriebsstörungen, Manipulation von Schutzeinrichtungen oder die Forderung zur Zusammenarbeit verschiedener Arbeitgeber. Die Anwendung betrifft alle Arbeitsmittel in Unternehmen; Ausnahmen sind lediglich Dinge, die in anderen Bereichen geregelt sind (Laser, Gefahrstoffe). Zentrales Thema der Verordnung ist die Gefährdungsbeurteilung und die daraus resultierenden Schutzmaßnahmen.

Einer der neuen Punkte ist die alters- und alternsgerechte Gestaltung, oder auch die regelmäßige Überprüfung der Gefährdungsbeurteilung. Der Arbeitgeber hat jetzt unter anderem dafür zu sorgen, dass nur die Arbeitsmittel verwendet werden, die er den Mitarbeitern ausdrücklich zur Verwendung gestattet – dies betrifft beispielsweise auch Geräte wie ein Radio. Manipulationen von Sicherheitseinrichtungen müssen verhindert und die Einhaltung muss überprüft werden. Besonderer Wert wird darauf gelegt, dass durch Instandhaltung die Arbeitsmittel während der gesamten Verwendungsdauer den geltenden Sicherheitsbestimmungen und Gesundheitsanforderungen entsprechen, wobei die Herstellerangaben einzuhalten sind. Für Arbeitsmittel gelten verschiedene besondere Vorschriften, die ihren Einsatz betreffen.

Bei der Gefahrstoffverordnung liegen die Schwerpunkte bei der Anpassung an EU-Recht sowie der Modernisierung der Regelungen zur Krebsprävention am Arbeitsplatz. Enthalten sind außerdem die Regelungen zur Kennzeichnung (CLP-Verordnung), die mit Wirkung vom 1. Juni 2015 vollzogen sein müssen (Kennzeichnungen an Rohrleitungen, Anlagen oder Einrichtungen in Unternehmen (alle orangen Symbole)). Ausgenommen sind Gebinde, in denen Stoffe angeliefert werden. Auch bei der Gefahrstoffverordnung ist ein neues Risikokonzept zu implementieren. Dies muss im Einklang mit der Gefahrstoffverordnung und REACh erfolgen. Als Schritte ist unter anderem das Einrichten einer Expositionsdatenbank zu nennen, die 40 Jahre zugänglich sein muss. Kritische Punkte sind das Akzeptanzrisiko (= Besorgnisschwelle) und das Toleranzrisiko (= Gefahrenschwelle). Als Akzeptanzrisiko gilt die Krebsvermeidung bei Kontakt über den Referenzzeitraum (8 h/d, 5 d/w, 44 w/a, 40 Jahre). Die Toleranzgrenze ist erreicht, wenn 4:1000 Erkrankungen vorliegen. Diese Grenzen geben Anhaltspunkte über die Verwendung (Art und Dauer) von persönlichen Schutzausrüstungen. Bei dauerhaftem Vorliegen von hohem Risiko kann als eine der Konsequenzen ein Stoffverbot folgen.

Als wichtige Regelung zur Unfallverhütung wurde die DGUV Vorschrift 1 Grundsätze der Prävention neu aufgelegt (bisher BGV A1 von 2004). Neuerungen ergeben sich bei den Sicherheitsbeauftragten. Ergänzend wurde die DGUV-Regel 100-001 als Hilfsmittel zur Umsetzung zusammengestellt.

Für 2015 werden eine neue Störfallverordnung, eine geänderte Arbeitsschutzverordnung, TRGS 509 und TRGS 510, DGUV-Information 213-716 Galvanotechnik und Eloxieren, der ZVO-Galvano-Leitfaden Abluft, Galvanonorm für Anlagen (für Zukunft eine C-Norm) sowie voraussichtlich die TRGS Metalle erwartet.

Umweltanalytik in der Galvanik

Der erste Termin 2015 der DGO-BG außerhalb des bisher üblichen Veranstaltungsorts (Haus der Wirtschaft, Stuttgart) fand auf Einladung von Gerhard Kirner in den Räumen der Metrohm Deutschland in Filderstadt statt. Metrohm ist einer der renommierten Hersteller von Analysengeräten und Sensoren. Am Standort Stuttgart sind 120 Mitarbeiter im Bereich Laboranalytik und etwa 30 Mitarbeiter in der Prozessanalytik beschäftigt. Das Unternehmen liefert grundsätzlich neben den Geräten auch die entsprechende Dienstleistung zur Durchführung der Analysen. Wichtig für die nasschemische Oberflächentechnik sind Sensoren und Geräte für den pH-Wert oder die Spektroskopie zur Analyse von Elektrolyten und Prozesslösungen.

Wie Gerhard Kirner ausführte, wird Umweltschutz in Nachschlagewerken zum Beispiel als das Aufrechterhalten erträglicher Lebensbedingungen durch Verhindern oder Beseitigen von Umweltschäden definiert. In die selbe Kategorie fallen die Begriffe Ökologie und Analyse. Damit liegt nahe, dass Umweltschutz den Schutz von Luft, Boden, Vegetation, Tierwelt und Menschen vor Schädigungen bedeutet. Als staatliche Autoritäten sind das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BMUB) und das Umweltbundesamt (UBA) für die Einhaltung von Umweltschutzregelungen zuständig. Darüber hinaus befassen sich aufgrund der föderalen Ordnung zusätzliche Landesbehörden mit den Belangen des Umweltschutzes. Von den Behörden werden beispielsweise Verordnungen wie die TA Luft herausgegeben und deren Befolgung überprüft. Untersucht werden kann die Luft unter anderem mit Geräten der Metrohm wie Marga, mit dem Immissions- und Emissionsmessungen möglich sind. Dieses Gerät ist sowohl für Untersuchungen in Räumen als auch im Freien und damit an jedem beliebigen Ort einsetzbar. Bestimmt werden die in der Luft enthaltenen Gase und Aerosole, die beispielsweise im Ionenchromatographen im Stundentakt ermittelt werden. Die selbe Einrichtung dient aber auch in Produktionsbetrieben zur Bestimmung der Zusammensetzung von Arbeitsluft.

Ein weiterer Bereich der Umweltanalytik befasst sich mit Wasser, sowohl mit Trinkwasser als auch mit Abwasser (Wasserhaushaltsgesetz, Abwasserverordnung). Die Belange der Oberflächentechnik sind unter anderem in Anhang 40 der Abwasserverordnung zusammengestellt. Ein wichtiger Punkt in Bezug auf das Abwasser betrifft die Grenzwerte für die Einleitung in das öffentliche Abwassernetz. Relativ kritisch können die Grenzwerte für Abwasser vor dem Vermischen (d. h. vor der Einleitung) sein. Die meisten in der Oberflächentechnik relevanten Metalle werden durch Titration (ppm), Ionenchromatographie (ppb) sowie mittels Elektroanalytik (ppt) bestimmt.

Korrosionsschutz für Radschrauben

Einen Einblick in die Praxis des Korrosionsschutzes bot Andreas Fink, Atotech Deutschland, der sich mit Korrosionsschutzsystemen für Verbindungselemente­ auf organischer Basis befasst. Bei den Anforderungen an Beschichtungen steht an erster Stelle der Wunsch nach einer schwarzen Oberfläche, da diese bei einem Korrosionsangriff ihr Aussehen nicht verändert. Im Salzsprühtest gemäß ISO 9227 müssen solche Oberflächen mindestens 120 Stunden ohne Überzugskorrosion und 720 Stunden ohne Grundmetallkorrosion überstehen. Des Weiteren wird bei der Beständigkeit eine Mehrfachverschraubung (10 x, zum Teil auch 20 x) ohne Korrosionserscheinung gefordert.

Für Schrauben wird heute Zink beziehungsweise Zink-Nickel mit Passivierung und Decklack eingesetzt. Allerdings gibt es keine Systeme, die für alle Anforderungen gleich gute Eigenschaften ergeben, vielmehr empfiehlt sich die Abstimmung auf die jeweils zu beschichtenden Teile. Damit auch durch anfängliche und prozessbedingte Beschädigungen keine farblichen Fehler auftreten, werden schwarze TopCoats ­(2-fach) und schwarze Decklacke aufgetragen. Eingesetzt werden derartige Schichtkombinationen vor allem bei Rädern, Türschlössern und im Motorenbereich.

Modulares Zink-Nickel-Verfahren

Andreas Blumenberg, SurTec, stellte ein neues modulares Verfahren zur Abscheidung von Zink-Nickel aus einem alkalischen Elektrolyten mit einem speziellen Polymer vor. Zink-Nickel besitzt eine hohe Korrosions- und Temperaturbeständigkeit sowie ein günstiges elektrochemisches Potenzial­ für den Kontakt mit Aluminium. Zudem besteht kaum Gefahr der Wasserstoffversprödung und die Korrosionsprodukte sind nicht voluminös.

Ein neues modulares Verfahren zeichnet sich durch ein breites Stromdichtefenster, eine gute Metallverteilung und eine verhältnismäßig hohe Stromausbeute aus. Als modular wird hier die Anwendung für Gestell, Trommel und bei der Forderung nach duktilen Schichten gesehen. Die gute Metallverteilung wird durch einen günstigen Komplexbildner erzeugt, was sich insbesondere bei der Gestellbeschichtung als vorteilhaft erweist. Bei niedrigen Stromdichten lassen sich duktile Schichten mit matten bis halbglänzenden Schichten auftragen. Insbesondere für die Luftfahrt ­eignet sich die Beschichtung als Ersatz für Kadmiumschichten.

Die Eigenschaften der Schichten werden über die verfügbaren Zusätze eingestellt. Vorteilhaft ist die Tatsache, dass der Glanzgrad über den breiten nutzbaren Stromdichtebereich weitgehend konstant bleibt. Der Wirkungsgrad ist abhängig von der Abscheidestromdichte und liegt bei dem vorgestellten Verfahren zwischen etwa 90 % bei 0,5 A/dm2 und etwa 40 % bei 5 A/dm2. Die Abscheidungstoleranzen bleiben bei steigenden Elektrolyttemperaturen bis circa 35 °C erhalten. Vorteilhaft ist, dass der Glanzgrad bei diesem Elektrolyten ohne Erhöhung der Konzentration an Zusatz gehalten werden kann. Die gute Metallverteilung lässt es zu, dass die Beschichtungsdauer reduziert werden kann, kaum ein Kantenaufbau erfolgt und die Duktilität erhalten bleibt. Durch den polymeren Bestandteil des Elektrolyten wird unter anderem der Nickelgehalt auf 16 % begrenzt.

Im Laufe der Benutzung verlieren Elektrolyte durch den Anstieg von Carbonat und Sulfat an Wirkungsgrad. Dem wird unter anderem durch Ausfrieren, Ionenaustauscher oder Verdampfen entgegengewirkt. Bei dem neuen System kann die Ausfriertemperatur von sonst üblichen 1 °C bis 2 °C auf etwa 8 °C angehoben werden. Der Elektrolyt bietet die Möglichkeit, nach Zugabe eines Konditionierungsadditivs auch mit Stahlanoden zu arbeiten, ohne dass das ­Risiko des Eiseneintrags besteht und zugleich die Bildung von Cyanid stark minimiert ist. Vorteil ist die deutliche Reduzierung der Investmentkosten durch Entfallen der Nickelanoden.

Überwachung von galvanischen Bädern

In einem zweiten Beitrag ging Gerhard Kirner auf die am besten geeigneten Verfahren zur Analyse von Elektrolyten ein. Dabei betonte er einführend, dass durch Oberflächenveredlung pro Jahr etwa 150 Milliarden Euro an Korrosions- und Verschleißschäden vermieden werden. Die Verfahren der Oberflächenbehandlung setzen in der Regel eine gründliche Vorbehandlung voraus. Die Beschichtungen selbst werden im Bereich der Galvanotechnik durch chemische oder elektrochemische Verfahren erzeugt. Dabei enthalten diese Elektrolyte neben den Metallverbindungen eine Reihe­ von weiteren Stoffen zur Einstellung von pH-Werten oder Ergänzungen zur Erzeugung von Glanz, Härte oder Metallverteilung.

Als geeignete Analysenverfahren zur Überwachung des Prozesses gelten Methoden zur Konzentrationsbestimmung oder des pH-Werts. Dazu stehen unter anderem die nasschemischen Analysen, die Spektroskopie, physikalische Methoden oder solche unter Nutzung der Energieabgabe nach Anregung von Atomen zur Verfügung. Ein weiteres Kriterium für eine Eignung besteht in der Auswahl der zu messenden Probe, wie manuelle oder automatisierte Probennahmen und Probentransport zum Messgerät. Analysenverfahren können dementsprechend online, atline oder offline erfolgen.

Ein weiteres Entscheidungskriterium bezieht sich auf die zu messende Konzentration einer Spezies – beispielsweise im Bereich von ppt bis ppm. Je nach Verfahren lässt sich eine unterschiedliche Zahl an Elementen erfassen; viele der Elemente sind mittels Titration oder Photometrie zu bestimmen.

Schließlich erfolgt die Definition einer geeigneten Messtechnik nach den Bedürfnissen des Nutzers, in der Regel eine gute Prozessführung, aber auch nach den Möglichkeiten des Geräteanbieters, wie hoher Automatisierungsgrad oder eine Qualifizierung. Letzteres beinhaltet beispielsweise die Auswahl eines Verfahrensumfangs der inline-Analytik und der offline-Analytik.

IMO Königsbach Stein

Die IMO in Königsbach-Stein war Gastgeber der Bezirksgruppenveranstaltung am 25. Juni; sie begann mit einer Besichtigung der sehr interessanten Bandgalvanik. Die Technologie des Hauses stellte Thomas Frey in einem kurzen Überblick vor.

Die IMO hatte als einer der ersten, bereits in den 1970er Jahren, mit der Entwicklung und dem Einsatz von Bandgalvanikanlagen begonnen. 2000 bezog das Unternehmen den heutigen neuen Hauptstandort, 2005 erhielt das Unternehmen als einzige Galvanik einen Umweltpreis. Hauptkunde ist die Automobilbranche, meist indirekt. Darüber hinaus werden Teile für unterschiedliche Einsätze in der Elektronik, aber auch für Reißverschlüsse bearbeitet. Derzeit wird die 31. Bandanlage aufgebaut; Ende des Jahres soll sie in Betrieb gehen. Abgeschieden werden vor allem Gold, Goldlegierungen, Nickel oder Palladium. Neben der Bandgalvanik werden Beschichtungen von Kleinteilen auch auf Gestellen und in Trommeln vorgenommen.

Für die Bandbeschichtung kommen Streifentechnik, Tauchtechnik, Spottechnik oder Brushtechnik zum Einsatz, um selektive Beschichtungen zu erhalten. Dabei lassen sich sowohl Vollbänder als auch gestanztes Rohmaterial beschichten. Möglich sind einseitige als auch zweiseitige Beschichtungen, wobei mit rundlaufendem Abdeckband als auch mit Klebebändern gearbeitet werden kann. Während mit der Streifentechnik streifenförmige Beschichtungen erzeugt werden, lassen sich mit der Brushtechnik dreidimensional gestanzte Bänder punktuell beschichten. Hierdurch werden deut­liche Kosteneinsparungen (Goldeinsparungen) erzielt. Beim Spotverfahren kommen Maskierungsketten mit Löchern zum Einsatz, durch die der Elektrolyt an die Metall­oberfläche angedüst wird.

Die MPP-Technik arbeitet mit Abdecklack, bei welcher der Abdecklack sehr gezielt per Laser entfernt wird. Diese Technik ist relativ kostenintensiv und wird deshalb nur bei teuren Produkten herangezogen. Bei den Dicken wird heute herunter bis unter 1 µm gearbeitet, auch mit dem Wissen, dass die Schichten nicht porenfrei sind. Bei Kontaktstiften oder ähnlichen Bauteilen wird selektiv mithilfe von speziellen Gestellen und partiellem Eintauchen gearbeitet.

Nano- und Mikrostrukturierung von Formeinsätzen

Das Karlsruher Institut für Technik KIT ist aus dem früheren Kernforschungszentrum entstanden und zählt heute zu den großen Forschungseinrichtungen des Landes. Es ist derzeit in 30 Kompetenzfelder und sechs Kompetenzzentren untergliedert. Tätig sind knapp 10 000 Mitarbeiter, bei einem Jahresbudget von 844 Millionen Euro. Dr. Markus Guttmann ist am IMT Institut für Mikrostrukturtechnik tätig und leitet die Arbeitsgruppe für die galvanotechnische Herstellung von Formeinsätzen für die Produktion von Kunststoffteilen. Dafür werden Nickel und Gold abgeschieden. Neben den galvanotechnischen Arbeitsschritten spielen vor allem Lithographieverfahren eine Rolle. Die verwendeten Nickelsulfamatelektrolyte scheiden zwar langsam ab, erlauben aber Nickeldicken bis etwa 6 mm. Daneben wird ein Hartnickelelektrolyt verwendet.

Shim-Formeinsätze, ein Schwerpunkt der Arbeiten bei Dr. Guttmann, sind Werkzeuge­ für das Heißprägen mit wenigen Millimetern Dicke. Damit lassen sich alle Arten von Strukturen bis in den Bereich von einigen Nanometern abbilden, die mit Masken darstellbar sind; allerdings werden damit auch die in den Masken vorhandenen Fehler reproduziert. Verwendet werden Shim-Formeinsätze beispielsweise für die Herstellung von optischen oder fluidischen Komponenten.

Hauptaufgabe der Abteilung von Dr. Guttmann ist die Durchführung von Forschungsprojekten für Unternehmen, von denen er einige laufende und abgeschlossene vorstellte. Ein solches Projekt wurde mit der silicet AG durchgeführt, aus dem ein Halter für die galvanische Beschichtung von Siliziumwafer entstanden ist. Eine zweite Arbeit führte zur Produktion von Mikrowerkzeugen mit Durchmessern von etwa 1 mm, die für das Kunststoffspritzen von Massenteilen verwendet werden. Ein weiterer Service des KIT ist die Nutzung der vorhandenen Einrichtungen für Forschung und Entwicklung von Unternehmen mit der Bezeichnung KNMF.

Up-Plating von mikro- und nanostrukturierten Formeinsätzen

Eine weitere Vorstellung galvanischer Verfahren bot Herr Benkel, der Arbeiten zur Herstellung nano- und mikrostrukturierter Formeinsätze durchgeführt hat. Hierbei wird unter anderem ein Formeinsatz durch Ätzen von Stahl in seiner ersten Form erzeugt. Verwendet wird ein besonders ausgewählter Stahl ohne Einschlüsse, im ersten Schritt auf Hochglanz mit extrem geringen Rauheiten (unter 10 nm) poliert. Eingesetzt werden solche Formen beispiels­weise für die Herstellung von Autospiegeln oder Leuchten.

Auf diese Rohformen wird mithilfe galvanischer Verfahren beispielsweise Nickel abgeschieden. Erste Herausforderung ist die Vorbehandlung ohne Änderung der Rauheiten der Formen. Die Schichten werden über Lackverfahren strukturiert, zum Beispiel durch Prägen. Außerdem kommt Ionen­ätzen zum Optimieren der Strukturen zum Einsatz. In diese Strukturen wird die Hart­nickelschicht (NiP) abgeschieden. Schließlich wird durch einen Plasmaprozess das Resist entfernt und damit die eigentliche Form erhalten. Auch hier spielen Fehler, beim Stahlsubtrat (Karbide) bei den ersten Strukturierungen sowie beim Beschichten eine wichtige Rolle. Eingesetzt werden die Formen zur Erzeugung von gekrümmten Oberflächen für die Außenformen von Autospiegeln. Die mit dem Verfahren aufgebrachte, außerordentlich feine Wabenstruktur verbessert die Lackierbarkeit erheblich.

Hinweis

Vorankündigungen zu Veranstaltungen werden auf der Homepage der DGO-BG Stuttgart unter www.dgo-stuttgart.de veröffentlich. Dort finden sich auch einige der Vorträge als Präsentationen.

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