Einer der Höhepunkte des Verbandsjahres von ZVO und DGO sind die ZVO-Oberflächentage mit der Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Oberflächentechnik e.V. und der Fachtagung mit begleitender Ausstellung des Zentralverband Oberflächentechnik e.V. An den drei Tagen von 23. bis 25. September wurden 65 Fachvorträge sowie im Rahmen des Nachwuchsprogramms eine Exkursion zur Diehl Metal Applikation GmbH, die sich mit der Beschichtung von Bändern und Stanzteilen befasst, angeboten. Die Fachvorträge reichten mit einem Schwerpunkt bei der Abscheidung von funktionellem und dekorativem Chrom – ein besonders brennendes Thema aufgrund der Entwicklungen durch REACh – über Funktionsschichten, die Reinigung, Energie- und Materialeffizienz, Anlagentechnik, Prüfverfahren, Korrosionsschutzschichten und -techniken bis hin zu anwendungsnahen Zukunftstechnologien. Zu einer festen Größe der ZVO-Oberflächentage ist der Vortragsblock für die jungen Kollegen geworden, in dem traditionell Arbeiten aus den Hochschulen vorgestellt werden.
Die ZVO-Oberflächentage 2015 konnten mit einem neuen Teilnehmerrekord von mehr als 550 Anmeldungen ihre hohe Akzeptanz unterstreichen, wie aus dem Kreis des Veranstalters zu erfahren war. Dazu hat sicher der attraktive Veranstaltungsort Berlin beigetragen. Erfreulich war aber auch die überwiegend hohe Zahl an Zuhörern an den einzelnen Vortragssitzungen, was für eine gelungene Auswahl an Themen spricht. Nachfolgend sowie in der nächsten Ausgabe der WOMag wird eine Zusammenfassung der Fachvorträge geboten.
Ascona-Projekt 2.0
Seit vielen Jahren ist Joachim Ramisch mit einem inzwischen 25 Jahre alten Opel Ascona bei vielen Veranstaltungen in kleinerem oder größerem Rahmen beteiligt. Er demonstriert an diesem Fahrzeug nach eigenem Bekunden das Langzeitverhalten der unterschiedlichen Werkstoffe und Bauteile, wobei er besonderes Augenmerk auf die guten Eigenschaften der klassischen galvanischen Zinkschichten legt. Zugleich ist er mit der langjährigen Nutzung seines inzwischen als Oldtimer anerkannten Fahrzeugs ein bekennender Kritiker der weit verbreiteten Wegwerfmentalität. Diese Standpunkte brachte er in der ihm eigenen, kurzweiligen Art zum besten.
Neue Produkte – Impulsvorträge
Die Dörken MKS-Systeme GmbH & Co. KG bietet einen neues Korrosionsschutzsystem an, bei dem eine Zinkbasisschicht wahlweise mit einem kathodischen Tauchlack beschichtet werden kann, vorgestellt von Martin Grün. Dazu wurde das Anlagenkonzept Twin Line entwickelt, das die Abscheidung des Elektrotauchlacks auch im Massenschüttgutverfahren erlaubt. Das von Dörken in Lizenz vergebene System zeichnet sich durch einen hohen Durchsatz von bis zu 2 t pro Stunde, geringer Gefahr der Bildung von Schlagstellen sowie geringen Wartungs- und Betriebskosten aus. Je nach Substrat zeigen die Schichten (10 µm Zink + 10 µm Lack) Korrosionsbeständigkeiten von mehr als 1600 Stunden (DIN EN ISO 9227) beziehungsweise 30 Zyklen im Testverfahren PV 1210 /TL 260.
Dr. Norbert Feck stellt econius GmbH als unabhängiges Ingenieurbüro für Energie- und Umweltdienstleistungen vor. Zu den angebotenen Dienstleistungen zählen unter anderem die Optimierung von Prozessen und Anlagen, die Entwicklung von Energiekonzepten oder Wirtschaftlichkeitsanalysen. Dazu kommen verschiedene Messtechniken für Energieströme zum Einsatz, um beispielsweise unnötige Verbrauchsstellen zu identifizieren. Die Betreuung der Prozesse erfolgt auf der Grundlage der ISO 50001, Energieaudits werden gemäß DIN 16247-1 durchgeführt.
Die Gründungsinitiative des interdisziplinären Kompetenznetzwerkes Analytische Tribologie wurde von Dr. Ulrich Gunst vorgestellt. Zu den zentralen Zwecken der Netzwerkstruktur gehört die Förderung innovativer Technologien für tribologische Systeme und Systemkomponenten. Dies soll durch den Aufbau und die Erweiterung von wissenschaftlicher und technischer Expertise und Realisierung eines interdisziplinären Kompetenznetzwerkes für die Forschung und Entwicklung von Werkstoffen, Materialien, Strukturen und Verfahren erfolgen, um daraus marktfähige Systeme und Systemkomponenten zu gewinnen. Die Arbeiten im Netzwerk erfolgen, wie vorgesehen, durch Arbeitskreise zu unterschiedlichen Aspekten der Tribologie. Zur Unterstützung der Arbeiten sollen öffentliche Fördergelder (ZIM) genutzt werden.
Dr. Thorsten Kühler, Coventya GmbH, stellte einen neuen Elektrolyten zur chemischen Abscheidung von Nickel vor, der sich insbesondere durch eine geringe Nickelkonzentration von 3 g/l auszeichnet. Das System ist in drei Ausführungen zur Abscheidung von niedrigen, mittleren und hohen Phosphorgehalten verfügbar. Zu den Vorteilen des Elektrolytsystems zählen verlängerte Standzeiten, glattere und gleichmäßige Schichten und aufgrund des geringen Nickelgehalts niedrigere Emissionen sowie Kosteneinsparungen von bis zu 10 % gegenüber den bisher gebräuchlichen Systemen.
Das Programm an Gleichrichtern für die Galvanotechnik des schwedischen Herstellers Kraft Powercon stellte Sandra Theis vor. Das seit 1935 tätige Unternehmen hat weltweit mehr als 10 000 Gleichrichter verkauft und setzt heute auf Schaltnetzteiltechnik in modulbauweise. Die Module lassen sich innerhalb weniger Minuten austauschen und setzen dafür keine speziellen Fachkenntnisse voraus. Gesteuert werden die Gleichrichter über ein Touchpanel.
Im letzten Impulsvortrag warb Karl Morgenstern für die Mitarbeit im DIN-Normenausschuss NA 062, der sich in Unterausschüssen mit chemischen und elektrochemischen Überzügen (NA 062-1-76) sowie den Mess- und Prüfverfahren für metallische und andere anorganischen Überzügen (NA 062-01-61) befasst. Aktuelle Themen sind die Regelungen über chrom(VI)freie Passivierungen auf Nichteisenmetallen (DIN 50935), Prüfung galvanischer Bäder (DIN 50957), STEP-Test (DIN EN 16866), Messung der Haftfestigkeit von Überzügen durch den Zugversuch (DIN EN 13144), Magnetverfahren zur Messung der Schichtdicke (DIN EN ISO 2178), galvanische Zink- und Zinklegierungsschichten mit chrom(VI)freier Passivierung (DIN EN ISO 19598) sowie Phospatüberzüge auf Metallen (DIN EN ISO 9717).
Funktionsschichten
Tribokorrosion an Nickel-Legierungsschichten
Im Rahmen des BMWi-Projekts Poseidon wurde die Eignung von galvanischen Schichten auf Basis von Nickel in Lagersystemen untersucht. Als Ziel des von Stefan Kölle durchgeführten und vorgestellten Projekts sollte auf Abdichtungen und Kapselungen und damit auch auf die Verwendung von Schmiermittel verzichtet werden. Daraus ergeben sich Vorteile im Hinblick auf die Reibungsverluste, Wartung sowie die Freisetzung von Schmierstoffen.
Die Schichten müssen dafür eine hohe Beständigkeit gegen Korrosion und tribologische Belastung aufweisen. Im Rahmen einer Vorauswahl wurden als mögliche Schichtwerkstoffe insbesondere binäre Nickellegierungen mit Phosphor, Kupfer, Wolfram und Zinn sowie ternäre mit Phophor-Wolfram und Phosphor-Zinn präferiert. Als galvanisch abscheidbare Varianten wurden schließlich die binären Legierungen mit Wolfram, Zinn und Kupfer gewählt, die gegen eine Nickelreferenzschicht getestet wurden.
Die Prüfung erfolgte mit einem am Fraunhofer IPA zusammengestellten Prüfstand für Tribokorrosion. Kriterien für die Bewertung der Schichten waren unter anderem die Kennwerte aus Stromdichte-Potenzial-Kurven sowie das mikroskopisch ermittelte Schadbild in der Reibspur. Relativ gut schnitten hierbei Nickel-Wolfram (20 - 30 Gew.% W) und Nickel-Zinn (60 - 70 Gew.% Sn) ab. Die Härten der Schichten lagen bei etwas 600 HV im Falle von Nickel-Wolfram und zwischen 660 und 900 HV im Falle von Nickel-Zinn. Beide Schichttypen wiesen Reibwerte von etwa 0,4 auf.
Im nächsten Schritt werden die Schichten auf reale Bauteile aufgebracht und in einem Meewasserprüfstand getestet.
Anlagentechnik zur Beschichtung von Lagerringen
Ebenfalls im Rahmen des Poseidon-Projekts wurde eine Anlagentechnik zur optimalen Beschichtung von Lagerringen mit Nickel-Legierungsschichten entwickelt. Wie Peter Schwanzer in seinen Ausführungen erläuterte, muss die Anlagentechnik eine endmaßgenaue Beschichtung von 25 µm mit engen Toleranzen von +/- 2 µm gewährleisten. Dabei muss eine vollflächige Beschichtung der Lauffläche ohne korrosive Belastung des Bauteils erfolgen und wahlweise auch ein System aus zwei Schichten aufgebracht werden können.
Zur Lösung der Herausforderungen wurden mögliche bestehende Anlagentypen, wie sie heute für derartige Aufgaben zur Anwendung kommen, auf deren Vor- und Nachteile hin bewertet. Daraus entstand eine Anlagentechnik mit wenigen Behandlungsbecken und maximaler Ausnutzung von Automatisierungseinrichtungen sowie hoher Flexibilität. Besonderes Augenmerk war hierbei der Aufnahme des Lagerrings zu schenken, um eine geschlossene Kontaktfläche zu erzielen bei einfacher Handhabung. Zur schnellen Optimierung der wichtigen Nutzung von Blenden und angepassten Anoden wurde Simulationen der Stromdichteverteilung genutzt. Dabei zeigte es sich, dass die Simulation eine sehr gute Basis für eine schnelle Annäherung an die geforderte Schichtverteilung bietet. Im Endergebnis konnte mit der neuen Anlage die Schichtverteilung in hervorragender Qualität erzeugt werden.
Whiskerarme Zinnschichten
In der Elektronik werden Zinnschichten zur Herstellung von Kontakten zwischen Bauteilen und Leiterplatten in großem Umfang eingesetzt. Eine Methode zur Herstellung der Kontakte ist die Verwendung von Steckverbindern in Kombination mit Lötprozessen wie dem Reflow-Löten. Steffen Krause stellte zur Herstellung der erforderlichen Zinnschichten neue galvanische Elektrolyte auf Basis von Schwefelsäure und Methansulfonsäure vor, die sich vor allem durch eine Beständigkeit gegen Whiskerbildung auszeichnen – Whiskerbildung führt in elektronischen Schaltungen zur Kurzschlüssen.
Um beispielsweise solche Schichten auf Einpresskontakten einsetzen zu können, müssen die Elektrolyte eine hohe Streufähigkeit über einen breiten Stromdichtebereich sowie ein gleichmäßiges Aussehen der Schichten bei unterschiedlichen Stromdichten aufweisen. Die Schichten müssen eine gute Löfähigkeit, Beständigkeit gegen Temperaturbelastung sowie einen problemlosen Einsatz in Reflow-Anlagen erlauben. Darüber hinaus muss auf Blei (auch im niederen Konzentrationsbereich) verzichtet und akzeptable Betriebskosten gewährleistet werden. Die beiden Elektrolyte können diese Anforderungen erfüllen. Dabei wurden insbesondere die Whiskerbildung (gemäß JESD22-A121A und JESD201A) sowie die Lötfähigkeit intensiv untersucht. Unter allen Versuchsbedingungen blieb die maximale Whiserklänge unter 10 µm und damit unter den Werten von konventionellen Vergleichssystemen. Auch die Löfähigkeit war sehr gut, wodurch sich die Verfahren in Kombination mit einer speziellen Nickelbeschichtung als Alternative zu Oberflächen mit Edelmetall eignen.
Eigenspannungen in Nickel-Phosphor-Schichten
Julia Bejan befasste sich in ihrem Vortrag mit den Einflussfaktoren auf die Eigenspannungen in chemisch abgeschiedenem Nickel-Phosphor. Eigenspannungen können in Form von Druck- oder Zugkräften auftreten und entstehen durch Einbau von Fremdatomen in das Kristallgitter, durch Gitterfehler, Versetzungen, Korngrenzen oder thermische Ausdehnung. Die Folge sind Rissbildung, Haftungsproblem sowie Abplatzen der Schichten, wodurch beispielsweise auch die Korrosionsbeständigkeit vermindert wird.
An chemisch abgeschiedenen Nickel-Phosphor-Schichten wurden umfangreiche Untersuchungen zu den Einflüssen eines Elektrolyten mit dessen Bestandteilen, den Abscheideparametern wie Elektrolyttemperatur und -alter oder Art des Substrats durchgeführt. Dabei zeigte sich die sehr komplexe Natur der Eigenspannungen, die aber trotzdem bestimmte Gesetzmäßigkeiten erkennen lassen. Dazu zählt unter anderem der Phosphorgehalt der Schicht; so besitzen Schichten mit mittlerem bis höherem Phosphorgehalt Druckeigenspannungen, die im Falle eines höheren Phophorgehalts zudem mit dem Alter des Elektrolyten stark ansteigen. Ebenfalls sehr markant ist der Einfluss des pH-Werts des Elektrolyten, wiederum insbesondere mit steigendem Elektrolytalter. Ein Einfluss der Wärmeverteilung im Elektrolyten ist dagegen nicht erkennbar. Um Eigenspannungen erkennen und messen zu können, ist allerdings eine bestimmte Mindestdicke einer Nickel-Phophor-Schicht von etwa 8 µm bis 10 µm Voraussetzung. Es zeigt sich bei den Untersuchungen, dass die kontinuierliche Entfernung von Abbauprodukten und die Einhaltung der Elektrolytparameter und -zusammensetzung die Erzielung von konstanten Eigenspannungen deutlich fördert.
Polierfähige Nickel-Phosphor-Schichten
Zur Herstellung von ultrapräzisen Metalloptiken eignen sich Nickel-Phoshor-Schichten auf Aluminiumsubstraten, mit deren Herstellung sich Jan Kinast befasste. Um durch die unterschiedlichen Ausdehnungen von Aluminium und Nickel-Phosphor einen Verzug der hergestellten Optiken zu vermeiden, dürfen die Schichten eine Dicke von 10 µm nicht übersteigen. Umgekehrt lassen sich Schichten mit Dicken unter 1 µm nicht in ausreichendem Maße polieren, um eine Oberflächenrauheit zwischen 0,1 nm und 2 nm zu erreichen. Eingesetzt werden derartige Optiken für VIS- und EUV-Anwendungen (z.B. für die Lithographie).
Als zielführend wurden Schichten im Bereich zwischen 1 µm und etwa 10 µm ermittelt, wobei galvanisch und chemisch abgeschiedene Schichten untersucht wurden. Die Bearbeitung der Oberflächen erfolgte durch chemisch-mechanisches Polieren. Dabei zeigte es sich, dass mit steigender Schichtdicke die Defektdichte sinkt und damit das Ergebnis verbessert werden kann. Im Vergleich schnitten die chemisch abgeschiedenen Schichten besser ab.
Junge Kollegen
Katalysatoren für Brennstoffzellen
Ein wichtiges Element einer Brennstoffzelle ist der Katalysator, der für eine schnelle und verlustarme Umsetzung der Redoxreaktionen zuständig ist. Ann-Kathrin Egetenmeyer stellte Untersuchungen zur Herstellung von Katalysatoren für Brennstoffzellen durch Anwendung von elektrochemischen Verfahren vor. Dabei ist insbesondere eine hohe Oberfläche des Katalysators anzustreben, was beispielsweise durch die Herstellung von kleinen und fein verteilten Partikeln erreicht wird. Da für die hier betrachteten Zellen Platin ein wirksames Katalysatormaterial ist, kommt die galvanische Abscheidung von Platin in Betracht.
Die Abscheidung selbst erfolgt auf der Gasdiffusionsschicht. Diese stellt die äußere Lage vor den beiden Elektroden der Brennstoffzelle dar uns sorgt unter anderem für einen gleichmäßigen Zustrom der Brennstoffe Wasserstoff und Luft. Mittels Pulsabscheidung ist es möglich, eine sehr hohe Keimdichte zu erreichen, wobei gleichzeitig eine geringe Metallkonzentration im Elektrolyten erforderlich ist. Vor der Abscheidung wird die Gasdiffusionsschicht mittele elektrochemischen und Plasma vorbehandelt. Bei den Arbeiten ergab sich ein Optimum des Abscheideergebnisses bei durchschnittlichen Stromdichten von etwa 2,5 A/dm2, was Maximalstromdichten von etwa 100 A/dm2 aufgrund der pulsierenden Arbeitsweise entspricht. Im weiteren Verlauf der Untersuchungen werden die beschichteten Zellenelemente einem Praxistest unterzogen.
Galvanoformung von Kathoden für Akkumulatoren
Die Preisträgerin des DGO-Nachwuchsförderpreises 2015 stellte ihre Arbeit zur Herstellung von hybriden Kupfer/Schwefel-Kathoden für Lithium/Schwefel-Zellen mit Hilfe der Dispersionsabscheidung vor. Kathoden für die zukunftsträchtigen Lithium/Schwefel-Akkumulatoren werden bisher durch Aufbringung einer Mischung Schwefel- und Kohlenstoffpartikel auf ein leitendes Substrat, den sogenannten Stromsammler, unter Einsatz von Bindemittel hergestellt. Nachteile sind eine geringe elektrische Leitfähigkeit, geringe mechanische Stabilität und eine abnehmende Effizienz im Gebrauch.
Als Alternative zur binderbasierten Aufbringung der Partikel sollte einem neuen Ansatz folgende die Dispersionsabscheidung in Betracht kommen. Dabei wird davon ausgegangen, die erforderlichen Schwefelpartikel in eine Kupferschicht einzubetten, wobei Kupfer sowohl den Stromsammler als auch den Binder für die Schwefelpartikel darstellt. Da sich die zu verwendeten Schwefelpartikel nicht direkt im Elektrolyten dispergieren lassen, wurde mit einer Einlagerung der Partikel in eine Polythiophenkapsel gearbeitet. Daraus konnte eine geschlossene Schicht hergestellt werden. Durch Abscheidung auf einem Edelstahlträger ergibt sich eine Folie, die als flexible Kathode einsetzbar ist. Erste Test in einer Modellzelle zeigten ein sehr gutes Langzeitverhalten: so wurde über 350 Be-/Entladezyklen nahezu keine Abnahme der Beladekapazität festgestellt.
Biokompatible Titan-Niob-Oberflächen
Titan ist einer der am meisten eingesetzten Werkstoffe für Implantate oder Hilfsteile für die medizinische Behandlung. Die gute Verträglichkeit von Titan und Titanlegierungen kann durch die Herstellung einer biokompatiblen Oberfläche zusätzlich verbessert werden, insbesondere zur Anhaftung von Körpergewebe. Dimitri Eigel stellte dazu Arbeiten unter Einsatz der Plasamanodisation für Titan-Niob vor.
Beim Plasamanodisieren liegt eine Kombination aus elektrolytischer Oxidation und Oxidation durch Entstehung eines Sauerstoffplasmas vor. Die dabei auftretenden hohen Temperaturen führen zu einer sehr dichten Oxidschicht auf der Metalloberfläche. Gearbeitet wird in gut leitenden Elektrolyten ohne besondere Zusätze, wodurch auch keine Gefahr des Einbaus von unerwünschten Störstoffen in die Oxidschicht besteht. Verwendet wird beispielsweise Natronlauge bei Raumtemperatur und Arbeitsspannungen von bis zu 600 V.
Bei der Bearbeitung entstehen Schichtdicken von wenigen Mikrometern mit einem mehr oder weniger stark ausgeprägten porösen Bereich. Dicke und Art des Porenbereichs werden durch die verwendeten elektrischen Parameter beeinflusst. Des weiteren zeigt sich ein Abhängigkeit der Oxidzusammensetzung von der Stromdichte: höhere Stromdichten führen zu höheren Anteilen an Sauerstoff sowie Natrium.
Zinn-Nickel-Schichten mit Titandioxid als Dispersion
Eine neue interessante Legierung für Schichten ist Zinn-Nickel mit einem Anteil von etwa 65 Gew.% Zinn. Martin Leimbach hat diese galvanisch hergestellte Legierung genauer untersucht, wobei er zusätzlich Titandioxid als Dispersionsstoff zugegeben hat. Die galvanisch hergestellten Zinn-Nickel-Schichten zeichnen sich durch eine hohe Grundhärte von 500 HV bis 800 HV sowie eine hohe Korrosions- und Verschleißbeständigkeit. Zudem lassen sich die Schichten glanzerhaltend abscheiden und sie lösen keine Kontaktallergie aus. Dies macht sie zu aussichtsreichen Kandidaten als Ersatz für Chromschichten, beispielsweise auf dekorativen Teilen für den Automobil- oder Sanitärbereich. Durch den Einbau von Titandioxid soll ihnen zusätzlich ein selbstreinigender Effekt verliehen werden, was den Einsatz bei den dekorativen Oberflächen noch attraktiver machen würde.
Die Abscheidung erfolgt aus einem Elektrolyten auf Chloridbasis mit einem pH-Wert von etwa pH 5, wobei zur Komplexierung des abscheidbaren Zinn(VI)ions Fluorid zugesetzt werden muss. Die Abscheidestromdichten liegen optimalerweise zwischen 0,6 A/dm2 und 1 A/dm2. Als Dispersionszusatz kam Titandioxid mit einer Partikelgröße von etwa 20 nm zum Einsatz. Die Abscheidung wurde mit unterschiedlichen Stromformen (Gleichstrom, Rechteck- und Dreieckpulse) durchgeführt, wobei stets vergleichbare Ergebnisse der Abscheidung beobachtet wurden. Die Schichten zeigten geringe lokale Unterschiede in der Einbaurate von Titandioxid, Zugspannungen zwischen 50 und 100 MPa sowie etwas geringere Korrosionsbeständigkeiten bei eingebautem Titandioxid. Die Röntgenuntersuchungen erbrachten drei unterschiedliche Phasen an Mischkristallen.
Korrosionsschutz von Magnesium
Ein weiteres interessantes Thema zur Verbesserung eines interessanten Grundmaterials stellte Daria Tabatabai vor. Er befasste sich mit der Modifizierung von anodisch erzeugten Oxidschichten auf Magnesium durch den Einbau von Korrosionsinhibitoren. Ein Ansatz besteht darin, Siliziumdioxidpartikel in die natürlich vorhandenen Defekte der entstehenden Oxidschicht einzubauen. Durch die Polarisation der Partikel sollte dieser Effekt verstärkt werden. Die durchgeführten Untersuchungen zeigten, dass dies prinzipiell zu einer guten Verteilung der Partikel über die Oberfläche führt.
Ein weiterer Ansatz ist der Einbau von Kapseln, durch die beispielsweise Korrosionsinhibitoren in die Oberfläche eingebracht werden können. Damit sollte sich beispielsweise ein Selbstheilungseffekt der Beschichtung herstellen lassen. Da Chrom für einen solchen späteren Passivierungsschritt aufgrund der Toxizität nicht in Betracht kommt, wurde die Wirkung von Lanthaniden, wie beispielsweise Europium, untersucht. Allerdings erwies sich der Einbau bei der standardmäßigen Anodisation als sehr schwierig. Eine Verbesserung konnte auch durch Plasmaanodisation nicht erzielt werden. Bessere Ergebnisse sind von Transportstrukturen wie beispielsweise Zeolithen zu erwarten, die sich sowohl durch Plasmaanodisation in erkennbarem Maße in die Schicht einbauen lassen, als auch die Funktion eines Transportpartikels gut erfüllen.
Wasserstoffversprödung von Stahl
Die Gefahr der Wasserstoffversprödung bei hochfesten Stählen ist der vorrangige Grund, solche Werkstoffe ohne galvanische Korrosionsschutzschichten einzusetzen. Dabei werden sowohl die Belastung durch die galvanische Abscheidung als auch die Maßnahmen zur Vermeidung einer Wasserstoffversprödung nach wie vor kontrovers diskutiert. Tim Gommlich stellte eine umfangreiche Untersuchung vor, die sich mit den Prozessen der Wasserstoffaufnahme und der Wasserstoffeffusion detailliert befasst. Die Wasserstoffeinlagerung in hochfeste Stähle verursacht bei mechanischer Belastung den gefürchteten Sprödbruch.
Ausgangspunkt der Untersuchung war die bisher allgemein verbreitete Annahme, dass der Wasserstoff bei der Abscheidung an der Grenzfläche zwischen Substrat und Schicht entsteht und dann in den Werkstoff eindringt und dort eingelagert wird. Eine anschließende Wärmebehandlung führt zum Ausgasen und damit direkt zum Ausschluss der Versprödungsgefahr. Für die genaue Untersuchung der Reaktionsabläufe und der Wasserstoffverteilung beim galvanischen Metallisieren wurden vier Beschichtungssysteme miteinander verglichen: Zink-Nickel aus einem alkalischen Elektrolyten, Glanzkadmium, Nickel aus einem Sulfamatelektrolyten sowie Zink aus einem alkalisch-cyanidfreien Elektrolyten. Dabei zeichnen sich die Kadmium- und die Nickelabscheidung durch hohe Stromausbeuten und damit geringe Wasserstoffentwicklung aus, während die Stromausbeuten bei den beiden anderen Systemen lediglich 30 % (Zink-Nickel) beziehungsweise 60 % bis 70 % (Zink) betragen.
Genau betrachtet wurde die Verteilung des gebildeten Wasserstoffs auf den Werkstoff und die Beschichtung sowie die Mengen an eingedrungenem und wieder ausgetretenem Wasserstoff, sowohl aus dem Grundmaterial als auch aus den Schichten. Dabei zeigte es sich unter anderem, dass die Wasserstoffeffusion bei beschichteten Proben höher ist als bei Proben, bei denen die Beschichtung entfernt wurde. Daraus wurde ersichtlich, dass nicht nur das Substrat sondern auch die Schicht selbst Wasserstoff aufnehmen kann. Für Zink, Zink-Nickel und Nickel ist dies naheliegend, wobei für Zink und Nickel der Anteil an Wasserstoff in der Schicht sogar höher als der bei der Abscheidung in das Grundmaterial eingedrungene ist. In der Folge kann deshalb auch davon ausgegangen werden, dass bei einer Wärmebehandlung im ersten Schritt auch Wasserstoff aus der Schicht ins Grundmaterial wandert. Damit muss das Hauptaugenmerk bei der Entwicklung von galvanischen Verfahren zur Beschichtung von hochfesten Stählen auf einen Abscheideprozess ohne nennenswerte Wasserstoffentwicklung gelegt werden.
Abscheidung aus ionischen Flüssigkeiten
Silvia Hertel befasste sich mit der elektrochemischen Abscheidung von Aluminium und Palladium aus ionischen Flüssigkeiten zur Anwendung für das reaktive Waferbonden. Beim reaktiven Waferbonden werden Materialeigenschaften von Multilagensystemen zur Herstellung von Bondverbindungen ausgenutzt. Diese Multilayer wurden bisher durch Sputtern hergestellt. Die Abscheidung aus ionischen Flüssigkeiten bietet dazu eine Alternative. Voraussetzung zur Erzeugung der Bondfunktion ist die Herstellung sehr dünner (ca. 100 nm) und sehr glatter Schichten mit hoher Reproduzierbarkeit in Stapelfolge.
Im ersten Schritt der Untersuchungen wurden Elektrolytesysteme zur Abscheidung der beiden Metalle und deren Eignung für die Abscheidung ermittelt. Diese wurden in Form eines Systems auf Basis von EMImCl gefunden. Bei den Versuchen ergab sich allerdings die Schwierigkeit, dass die Palladiumschicht keine ausreichende Haftung auf der Aluminiumschicht aufweist. Ansonsten konnten in beiden Fällen feinkristalline und glatte Metallfilme erzeugt werden.
Ehrungen
Die Deutsche Gesellschaft für Galvano- und Oberflächentechnik e.V. (DGO) vergab DGO-Nachwuchsförderpreis, überreicht durch Prof. Dr. Paatsch, an Claudia Erhardt von der Hochschule Aalen – Technik und Wirtschaft für ihre Research-Master-Arbeit mit dem Thema Galvanoformung neuartiger, hybrider Kupfer/Schwefel-Kathoden für Li/S-Batterien mit Hilfe der Dispersionsabscheidung. Die Preisträgerin hat durch eine Dispersionsabscheidung von geeignet modifizierten Schwefelpartikeln mit Kupfer im Galvanoformungsverfahren eine Metallfolie einstellbarer Dicke hergestellt, die direkt und ohne Stromsammler als flexible Kathode im Li/S-Akkumulator verwendet werden kann. Die verbesserten elektrischen und mechanischen Eigenschaften führen zu einer erhöhten Energiedichte, verbesserter Zyklenfestigkeit beim Be- und Entladen des Akkumulators sowie zu einem erhöhten Wirkungsgrad. Durch das Verfahren werden der Galvanotechnik neue Einsatzmöglichkeiten im Bereich der Energietechnik eröffnet, so die Begründung der Preisvergabe.
Der jährlich vergebenen Heinz-Leuze-Preis ging an Dr. Andreas Bán, Melanie Reichinger und Tilo Reichardt für ihren Beitrag mit dem Titel Elektropolieren von rostfreien Edelstählen und medizinischen Sonderwerkstoffen in ionischen Flüssigkeiten und nichtwässrigen Elektrolyten, erschienen in der Zeitschrift Galvanotechnik 105 (2014), Heft 1, S. 38-53. Der Preis wird durch ein Kuratorium unter dem Vorsitz von Prof. Dr. Waldfried Plieth ermittelt.