Die Uhr für die freie Verwendung von Chromtrioxid in der EU tickt. Das Sunset Date, also das Datum, ab dem Chromtrioxid nicht mehr verwendet oder in Verkehr gebracht werden darf, ist der 21. September 2017. Dies gilt auch für eventuell vorhandene Lagerbestände, wie auch für die wässrige Lösung des Chromtrioxids, welche oft als Chromsäure bezeichnet wird.
Um die Möglichkeit einer kontinuierlichen Weiterverwendung im Rahmen der REACH-Verordnung offen zu halten, müssen Anträge zur Autorisierung bis zum 21. März 2016 abgegeben worden sein. Die Autoriserung, auch Zulassung genannt, ist eine Genehmigung den Stoff unter bestimmten Bedingungen verwenden zu dürfen.
Das Schema in Abbildung 1 zeigt die möglichen Szenarien, wie mit der Autorisierungspflicht umgegangen werden kann. Grundsätzlich ist zunächst zu entscheiden, ob eine über den Sunset Date hinausgehende Verwendung gewünscht oder nicht gewünscht ist. Daraus leiten sich dann alle weiteren Maßnahmen ab.
Abb. 1: Szenarien zum Umgang mit der Autorisierungspflicht der Chromtrioxid
1 Autorisierung über die Lieferkette
Dies ist für den Anwender der einfachste Weg, auch über das Sunset Date hinaus Chromtrioxid zu verwenden und für die Lohn- oder Inhouse-Galvanik der gangbarste Weg. Hierbei stellt ein Akteur entlang der Lieferkette einen Antrag auf Autorisierung, die dann an den Abnehmer des Chromtrioxids weitergereicht wird. Dies bedeutet, dass nach erteilter Autorisierung jeder direkte und nach unten hin jeder indirekte Kunde Chromtrioxid nutzen kann. Die nachgeschalteten Anwender in der Lieferkette brauchen in diesem Fall keine eigene Zulassung nach dem 21. September 2017. Der Anwender muss nur prüfen, ob seine Anwendung mit dem Autorisierungsbescheid abgedeckt wird. Beispielsweise, dass die Anwendung zur galvanischen Abscheidung von Chromschichten oder zum Vorbehandeln von Kunststoff enthalten ist.
Es ist sinnvoll bereits im Vorfeld mit einem Autorisierungskonsortium zusammenzuarbeiten und den Kontakt zum Lieferanten zu suchen, um sicherzugehen, dass die Berücksichtigung der eigenen Anwendung auch wirklich geschieht. Falls der eigene Lieferant in Zukunft voraussichtlich nicht auf eine Autorisierung zurückgreifen kann, ist ein Lieferantenwechsel notwendig.
Die bekannten Stellen die eine Autorisierung vorbereiten, sind das CTAC-Konsortium, vertreten durch die Anwaltskanzlei Jones Day, sowie der eingetragene Verein VECCO, vertreten durch das Beraterbüro Eupoc GmbH.
Basierend auf den vom CTAC vorbereiteten Dokumenten, wurden von den Mitgliedsunternehmen des CTAC Sub Einreichungskonsortiums bereits Autorisierungsanträge bei der ECHA eingereicht. In Tabelle 1 sind die dort aufgeführten Anwendungen aufgeführt. Die einreichenden Unternehmen der CTAC Sub sind (alphabetisch geordnet):
- Atotech Deutschland GmbH
- Aviall Services Inc.
- Bondex Trading Ltd.
- Cromital Spa
- Elementis Chromium
- Enthone GmbH
- Lanxess Deutschland GmbH
Der Prozess zum CTAC-Autorisierungsantrag ist aktuell bei der öffentlichen Konsultation, die am 12. August 2015 gestartet und am 7. Oktober 2015 endet. Informationen hierzu sind unter folgenden Links zu bekommen:
- Details zu den veröffentlichten Teilen der Anträge: http://echa.europa.eu/de/addressing-chemicals-of-concern/authorisation/applications-for-authorisation
- Anleitungen zu der Beteiligung an der öffentlichen Konsultation und Einreichung unter: https://comments.echa.europa.eu/comments_cms/AfA_Comments.aspx
Beiträge können in deutscher Sprache und vertraulich eingereicht werden. Der ZVO wird sich an diese Konsultation beteiligen und einen unterstützenden Kommentar abgeben.
Damit interessierte Unternehmen einen möglichst effektiven Kommentar an die ECHA abgeben können, formuliert die CTAC Sub folgende Orientierungshilfe, worauf im Kommentar eingegangen werden sollte:
- Art der Nutzung von Chromtrioxid
- Unabdingbarkeit der Nutzung von Chromtrioxid und für welchen Zeitraum (keine Alternativen?) (was sind die kritischen Eigenschaften der Nutzung, die von Chromtrioxid erfüllt werden müssen?)
- Beschreibung der Versuche und Forschung, Chromtrioxid zu ersetzen
- Bestätigung, dass das betroffenen Unternehmen die von CTAC Sub im Zulassungsantrag beschriebenen Anwendungsbedingungen und Schutzmaßnahmen sowie dass das Unternehmen die einschlägige nationale Arbeits- und Umweltschutzgesetzgebung einhalten wird
Der ZVO empfiehlt den betroffenen Unternehmen, sich an der öffentlichen Konsultation zu beteiligen, um der ECHA die Relevanz der Anträge zu verdeutlichen, eine korrekte Einordnung der Betroffenheit zu ermöglichen und möglichst lange Prüfungszeiträume (review periods) zu erhalten.
Der VECCO e.V. hat seinen Antrag im August 2015 bei der ECHA eingereicht. Er ist noch nicht öffentlich einsehbar, daher ist auch noch offen welche Anwendungen dieser Antrag abdeckt. Das Einreichungskonsortium wird hierbei über die Hapoc GmbH & Co. KG abgebildet.
Ist die Autorisierung erfolgt, werden die notwendigen Informationen über das Sicherheitsdatenblatt kommuniziert, so beispielsweise die Autorisierungsnummer. Der Anwender ist dann in der Pflicht:
- der ECHA die Verwendung des Stoffes innerhalb von drei Monaten zu melden, und
- die vorgegebenen Risiko-Management-Maßnahmen einzuhalten, beispielsweise bezüglich Abluft und persönlicher Schutzausrüstung, da ansonsten ein Straftatbestand vorliegt.
Die Kosten des Autorisierungsverfahrens werden vermutlich über den Preis des Chromtrioxids entlang der Lieferkette weitergereicht. Zu den Kosten gehört dabei auch, die Finanzierung der Forschung nach SVHC-freien Ersatzverfahren. Diese Forschung ist grundsätzlich an jede Autorisierung geknüpft und eine gesetzliche Bedingung für die Erteilung jeder Autorisierung.
2 Eigene Autorisierung
Unter gewissen Umständen ist es für den Anwender sinnvoll, eine eigene Autorisierung zu beantragen. Diese Umstände könnten sein:
- Die eigene Anwendung ist in den anderen Autorisierungsanträgen nicht abgedeckt und keines der existierenden Autorisierungskonsortien ist gewillt, dies zu ändern.
- Der eigene Prozess ist sehr speziell, so dass er nicht in den Antrag eines anderen Konsortiums passt.
- Die Anwendung hat eine hohe strategische Bedeutung für die Unternehmensgruppe, so dass maximale Kontrolle auf den Autorisierungsprozess genommen werden muss (Festsetzung der Prüfungszeiträume, Verhandlungshoheit mit der ECHA, Unabhängigkeit von fremder Autorisierung, Aufbau einer alternativen Argumentationskette, evt. höhere Chance auf Liefersicherheit, falls eine andere Autorisierung wegfällt).
- Einige für die Autorisierung benötigte Daten sind streng vertraulich und sollen einem möglichst kleinen Kreis bekannt gegeben werden.
- Unauflösbare kartellrechtliche Gründe.
Der personelle und finanzielle Aufwand eines einzelnen Unternehmens ist bei dieser Form der Antragstellung der höchste. Die Kosten können auf umso mehr Antragssteller verteilt werden, je mehr Unternehmen das gleiche Anliegen haben und es zu einer gemeinschaftlichen Antragseinreichung kommt (Joint Application). Eventuell können Ressourcen zusätzlich eingespart werden, wenn auf Autorisierungsanträge anderer Konsortien zurückgegriffen werden kann. Nutzungsrechte an einem solchen Basisdokument (Dossier) können erworben werden, um sie dann an die eigenen Bedürfnisse anzupassen.
Ein weiterer Unterschied zur Autorisierung über die Lieferkette ist, dass nun die Möglichkeit besteht, die Autorisierung in der Lieferkette nach unten oder genau einen Schritt nach oben weiterzugeben. Der Anwender kann stärker als Händler in Erscheinung treten. Die Stellung in der Lieferkette kann zusätzlich soweit entwickelt werden, dass die Rolle als Importeur oder Alleinvertreter (Only Representative) hinzukommt, wobei dies die Verpflichtung einer Stoffregistrierung nach sich zieht.
Auch bei dieser Form der Autorisierung, bestehen bei der Verwendung von Chromtrioxid die in Abschnitt 1 beschriebenen Verpflichtungen des Anwenders.
3 Chromtrioxid ersetzen
Nach Prüfung der Sachlage und intensivem Austausch mit seinen Verfahrenslieferanten und Kunden besteht eventuell die Möglichkeit, Verfahren, welche Chromtrioxid enthalten, durch Alternativerfahren zu ersetzen. Ein Beispiel, mit dem die Galvanotechnik bisher Erfahrung sammeln konnte, ist der Ersatz von sechswertigen Chromatierungen durch, auf dreiwertigem Chrom basierende, Passivierungen.
Auch die Substitution, also der Chromtrioxidersatz, kann mit großem Aufwand und Risiko einhergehen. Es bietet sich jedoch die Chance, den Markt mit eigenen Produkten weiter beliefern zu können und sich vom komplexen und sehr unsicheren Zulassungsverfahren unabhängig zu machen.
4 Ersatzlos einstellen
Die letzte Option ist, die Verwendung von Chromtrioxid einzustellen und kein Ersatzverfahren in der EU aufzubauen. Dies bedeutet, dass der bisher mit Chromtrioxid nutzenden Verfahren belieferte Geschäftszweig ebenfalls wegfällt.
Aufruf zur Mitarbeit in den ZVO-Ressorts
Die Galvano- und Oberflächentechnik ist direkt oder indirekt immer im Fokus von Regulierungsbestrebungen der Behörden. Der ZVO als Branchenvertreter kann nur dann für die Branche einstehen, wenn genügend Rückhalt und Engagement der Mitgliedschaft besteht. In hohem Maße sind dabei die Anwender von Verfahren gefragt, da nur diese zum einen ihre Anforderungen formulieren und andererseits gegenüber Behörden glaubhaft als Betroffene vertreten können. Nur durch das verstärkte Einbringen von Anwendern, ist eine weitere fokussierte und zielgerichtete Interessensvertretung möglich.
Daher liegt die Mitgestaltung der Ressorttätigkeiten im unmittelbaren unternehmerischen Interesse. Der ZVO und das Ressort REACh freuen sich auf Ihre Eingaben und Ihre Mitarbeit.