Schrauben & Co

Verbände 08. 11. 2015
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Verbindungselemente und die REACh-Verordnung

Von Dr. Saša P. Jacob, ZVO/DGO, Hilden,
Ralf Krumbiegel – Leiter Produktmanagement bei F. Reyher Nchfg. GmbH & Co. KG und Mitglied im Technischen Ausschuss des Fachverbandes des Schrauben-Großhandels e. V. (FDS), Hamburg, und Klaus-Dieter Schmidt – Geschäftsführer F. Reyher Nchfg. GmbH & Co. KG und Vorsitzender
des Technischen Ausschusses des Fachverbandes des Schrauben-Großhandels e. V. (FDS), Hamburg

Auch wenn Abnehmerindustrien nicht direkt von einem Verwendungsverbot oder anderen Regulierungsbestrebungen der REACh-Verordnung betroffen sind, so sind sie es indirekt über die Lieferkette. Und damit ist die Verbindung mit der Galvano- und Oberflächentechnik ganz schnell hergestellt.

Zu diesen Abnehmerindustrien gehören auch die Großhändler von Verbindungselementen, die häufig im Kundenauftrag eine nachträgliche Oberflächenveredelung für ihre Produkte benötigen. Daher ist die enge Zusammenarbeit des ZVO mit dem Fachverband des Schrauben-Großhandels e. V. (FDS) nur folgerichtig. Im ZVO Ressort REACh sind engagierte Vertreter des FDS und leisten wertvolle Beiträge, um die Belange der Branche zu unterstützen.

Schnittpunkt mit der Galvanotechnik ist dabei unter anderem die Verwendung von zulassungspflichtigem und chrom(VI)haltigem Chromtrioxid zur Erzeugung von korrosionsschützenden Konversionsschichten, den sogenannten Chromatierungen.

Die neue europäische Chemikalienverordnung REACh ist am 1. Juni 2007 in Kraft getreten. REACh steht für Registration, Evaluation, Authorisation and Restriction of Chemicals also der Registrierung, Bewertung, Zulassung und Beschränkung von Chemikalien. Diese Verordnung unterscheidet dabei in ihren Begriffen weiterhin in Stoffe, Zubereitungen und Erzeugnisse. Verbindungselemente fallen unter die Begrifflichkeit Erzeugnisse. Sie sind also ein Gegenstand, der bei der Herstellung eine spezifische Form, Oberfläche oder Gestalt erhält, die in größerem Maße als die chemische Zusammensetzung seine Funktion bestimmt.

Erzeugnisse sind immer dann registrierungspflichtig, wenn sie Chemikalien enthalten, die bei bestimmungsgemäßem Gebrauch freigesetzt werden sollen. Dies ist bei Verbindungselementen in der Regel nicht der Fall.

Neben der REACh-Verordnung müssen im Bereich Verbindungselemente weitere Branchenregelungen, wie zum Beispiel die ELV-Richtlinie (Altfahrzeuge) 2000/53/EG und die RoHS-Richtlinie (Elektro- und Elektronikgeräte) 2011/65/EU beachtet werden. Alle diese Regelungen haben unter anderem chrom(VI)haltige Verbindungen auf Basis des Chromtrioxids im Fokus, welche sich in Korrosionsschutzüberzügen, wie zum Beispiel in gelb-, schwarz,- und oliv-chromatierten Überzügen befinden.

Einfluss von Chromatierungen auf den Korrosionsschutz

Die Chromatierungsschichten, welche auf galvanischen Zinküberzügen zusätzlich aufgebracht wurden und auch noch teilweise werden, enthalten Chrom(VI)verbindungen in unterschiedlicher Konzentration. Die Chrom(VI)verbindung steigert dabei die Korrosionsbeständigkeit des galvanischen Überzugs nochmals deutlich. So können gelb chromatierte Zinküberzüge auch im Außenbereich noch vergleichsweise gute Ergebnisse bei moderaten Kosten erzielen.

Durch die Aufnahme von Chromtrioxid in den Anhang XIV der REACh-Verordnung (Verzeichnis der zulassungspflichtigen Stoffe) wird die Verwendung dieses Stoffes in Galvanikbetrieben ab dem 21. September 2017 zulassungspflichtig werden. Da Chromtrioxid für die Herstellung der Konversionsschichten benötigt wird, besteht eine hohe Unsicherheit darüber, ob die Herstellung von gelb-, schwarz, und oliv-chromatierten Zinküberzügen in Europa ab diesem Datum noch möglich sein wird. Falls doch, muss geprüft werden, inwiefern die Bedingungen noch ausreichend gut sein werden, damit sich die Anwendung in der EU überhaupt noch lohnt.

Die Herausforderung, die durch die Chemikalienregulierungen erzeugt wird, besteht somit in der Substitution dieser Chromatierungen, die noch bis heute in etlichen Industriezweigen Verwendung finden, welche durch die bisherigen Richtlinien nicht betroffen waren. (Im Bereich der Automobilherstellung sind die Chromatierungen seit längerem nicht mehr zugelassen!)

Kriterien für Ersatzverfahren

Die Vergangenheit hat gezeigt, dass es keinen generellen (einfachen) Ersatz für die chrom(VI)haltigen Konversionsschichten gibt, sondern verschiedene Alternativen für den Anwender in Betracht kommen. So nutzen viele Anwender die aktuelle Situation, um die Anforderungen an die Oberflächenbeschichtung neu zu definieren. Qualitätskriterien sind hierbei unter anderem Korrosionsbeständigkeit, Montage­erleichterung durch gezielt eingestellte Reibwerte, Vermeidung des Risikos der Wasserstoffversprödung, Gewinde-Lehrenhaltigkeit und elektrische Leitfähigkeit.

Die Herausforderung speziell für Handelsunternehmen der Schraubenbranche ist es, eine Vielzahl von Beschichtungen auf den unterschiedlichsten Verbindungselementen mit einer großen Anzahl von Abmessungen am Lager vorzuhalten. Da dies häufig weder wirtschaftlich abbildbar, noch ausreichend Platz verfügbar ist, wird kundenindividuell beschafft, mit Mindestmengen und vergleichsweise hohen Kosten. Das Ziel muss es sein, einen Standard zu etablieren, der sowohl die Masse an Kundenanforderungen abdeckt und zugleich einen wirtschaftlich vernünftigen Rahmen bildet.

Der Fachverband des Schraubengroßhandels (FDS) hat deshalb eine Übersicht (Tab. 1) über etablierte Beschichtungen erstellt, die den verschiedenen Anforderungen unterschiedlich gerecht werden können. Sie soll dem Anwender und den beratenden Handelsunternehmen als Unterstützung dienen, marktgerechte Verbindungselemente in den Endprodukten einzusetzen, um den entsprechenden Nutzen in Bezug auf Kosten und Verfügbarkeit zu erhalten.

 

Galvano- und oberflächentechnische Branche leistet Unterstützung

Die vielfältigen Anforderungen an die Oberfläche bei Verbindungselementen ist ein Beispiel dafür, dass die von der REACh-Verordnung geforderte Substitution nicht so leicht zu bewerkstelligen ist.

Es gibt bereits Systeme, welche vielfach für einige Anwendungen einen hinreichend guten Ersatz für die Chromatierungen darstellen. Dies sind beispielsweise die auf Chrom(III)verbindungen beruhenden Passivierungen.

Zusammen mit den Herstellern und Händlern von Verbindungselementen werden Lösungen der galvano- und oberflächentechnischen Branche für diese spezifischen Anforderungen gefunden. So wird auch in Zukunft die geforderte und benötigte ­Qualität geliefert werden können.

 

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