Die zyklische Nukleation –

Oberflächen 09. 12. 2015

Reinigung von kapillaren Strukturen und komplexen Geometrien

Von Gerhard Koblenzer, Riederich

Die CNp-Technologie (Cyclic Nucleation process) arbeitet nach dem Prinzip der zyklischen Nukleation, einem Unterdruckverfahren mit besonderen Stärken bei der Reinigung von kapillaren Strukturen und komplexen Geometrien, wie sie überall in der industriellen Produktion vorkommen. Die wirksamen Mechanismen zeigen sich zum einen durch den kavitätischen Effekt unmittelbar auf der Bauteiloberfläche sowie zwischen dem Bauteil und der Verunreinigung. Des Weiteren äußert sich die Wirkung durch die Erzeugung eines asymetrischen Volumenstroms in kapillaren und damit schwer erreichbaren Bauteilbereichen.

Cyclic Nucleation – Cleaning of Capillary Structures and Components with Complex Geometries

CNp technology (Cyclic Nucleation process) operates according to the principle of cyclic nucleation, a low-pressure process especially suited to cleaning of capillaries structures and those with complex geometries as these are widely found in industrial production. The underlying mechanism involves a cavitation effect immediately at the component surface as well as at the interface between component and surface contamination. The process is also characterised by formation of an asymmetric liquid flow within capillaries and thus also hard-to-access parts of assemblies.

Herkunft

Reinigungsverfahren auf Basis der zyklischen Nukleation waren bisher nur in der Halbleiterindustrie, in einigen Spezialberei­chen der Medizintechnik sowie der optischen Industrie bekannt. Die Wirkweise ist in mehreren nationalen und internationalen Patentanmeldungen beschrieben. Im Wesentlichen wurde das Verfahren bisher für Aufgaben der Feinstreinigung in Bezug auf höchste partikuläre oder filmische Verunreinigungen eingesetzt. Das Fähigkeitsspektrum geht jedoch deutlich über diesen Bereich hinaus (Abb. 1).

Abb. 1: Das CNp-Prinzip gleicht bisherige Schwächen der wasserbasierten Reinigung aus (Foto: LPW High Purity)

 

Wirkweise

Der CNp-Effekt lässt sich mittels bekannter klassischer verfahrenstechnischer Grundprinzipien erzeugen, indem eine mit Medium (z. B. eine Reinigungsflüssigkeit) gefüllte, geschlossene Kammer mit Unterdruck beaufschlagt wird. Die hierbei entstehenden Gasblasen bilden sich auf alle reaktiven Oberflächen, auch in komplexen Strukturen wie etwa Kapillaren und Bohrungen. Bei plötzlicher Wegnahme des Unterdrucks fallen diese wieder in sich zusammen (implodieren) und erzeugen einen Druckschlag (Kavitation) mit einer spürbaren mechanischen Wirkung auf der gesamten Bauteil­oberfläche – gerade in verdeckten oder kapillaren Bereichen. Der entscheidende waschmechanische Effekt, die eigentliche Neuerung, besteht in der Bestimmung eines­ fest eingestellten Zyklus zwischen ­einem definierten unteren Schaltpunkt im Vakuum und einem oberen Schaltpunkt im Unterdruck oder gegebenenfalls auch im Überdruck, der beliebig oft wiederholt und variiert werden kann. Daher der Begriff zyklische Nukleation.

Bei den physikalischen Effekten der zyklischen Nukleation handelt es sich prinzipiell um die selben, wie sie bei den bekannten Ultraschallprozessen auftreten. Der Kavitationseffekt ist zwar tendenziell schwächer, allerdings entfaltet sich dieser auch zwischen der Verunreinigung und dem Substrat – und das auf der gesamten Bauteil­oberfläche, auch im Innenraum von komplexen dreidimensionalen Strukturen, in den Ultraschall nur bedingt vordringen kann (Abb. 2).

Abb. 2: Ultraschall entfaltet seine starke Wirkung unmittelbar im beschallten Bereich, wogegen CNp zusätzlich in verdeckten Bereichen und auch zwischen der Verunreinigung und der Bauteiloberfläche wirkt (Foto: LPW High Purity)

 

Dieses Verfahren kann somit allein oder auch ergänzend zu klassischen Reinigungsverfahren angewendet werden.

Durch die isostatischen Eigenschaften von Flüssigkeiten machen sich die genannten Druckveränderungen auch in den kleinsten Abmessungen komplexer Innengeometrien bemerkbar. In Folge entsteht ein Medienfluss/-austausch in allen – gerade auch kapillaren – Bereichen des Bauteils. Die durch Unterdruck entstandenen Gasblasen wachsen und schrumpfen durch die Druckamplituden fortlaufend und sorgen dafür, dass Partikel und Verschmutzungen an schlecht zugängigen Stellen gelöst und aus dem unmittelbaren Bereich des Bauteils transportiert werden. Dieser als asymmetrischer Volumenstrom bezeichnete Vorgang (Abb. 3) gewährleistet selbst in jenen kapillaren Strukturen einen Medienstrom und Verschmutzungsaustrag, die ein ungünstiges Querschnitt-Längenverhältnis aufweisen. So können zum Beispiel Schläuche oder kapillare Bohrungen mit einem Innendurchmesser von 1 mm oder weniger auf eine Länge von 1000 mm und mehr aktiv ausgereinigt werden.

Abb. 3: Der asymmetrische Volumenstrom erzeugt einen Pumpeffekt, der zum einen den Medienaustausch in Kapillaren und Bohrungen sicherstellt und gleichzeitig zum Austrag der Verunreinigungen beiträgt (Foto: LPW High Purity)

 

Neben den Unterdruckverfahren haben sich auch Varianten entwickelt, die mit Druckschwankungen von Unter- bis hin zum Überdruck arbeiten. Diese erhöhen die waschmechanischen Effekte durch eine höhere Intensität/Kraft des kavitätischen Moments.

Voraussetzungen für die Wirksamkeit des Verfahrens stellen unter anderem die Materialbeschaffenheit und -struktur sowie Temperatur des Substrats in Relation zur Medientemperatur dar. Metalle sind durch ihre Oberflächenstruktur und ihre Fähigkeit der Temperaturaufnahme uneingeschränkt geeignet. Bei Isolatoren wie Kunststoffen kommt es auf die Eigenschaften an, ob zyklische Nukleation eingesetzt werden kann. Gut geeignet sind hier beispielsweise kohlenstoffhaltige Kunststoffe.

Anwendungen

In zahlreichen Anwendungsbeispielen aus der Halbleiterindustrie, der optischen Industrie und Medizintechnik (Abb. 4) hat die zyklische Nukleation seine Eignung bereits erfolgreich bewiesen. In vielen Bereichen der Feinstreinigung lassen sich hiermit im Vergleich zu den klassischen Methoden deutlich verbesserte Reinigungsergebnisse­ erzielen beziehungsweise es empfiehlt sich die Anwendung in Ergänzung zu diesen Verfahren.

Abb. 4: Die Ausreinigung von Schläuchen und ­kapillaren Strukturen an einem Beispiel aus der Medizintechnik (Foto: LPW High Purity)

 

Auch die Vorversuche für die Eignung für Reinigungsaufgaben in der allgemeinen Industrie zeigen ein großes Potenzial auf. Bei stärkeren Verschmutzungen kann die zyklische Nukleation ergänzend oder auch gleichzeitig mit den anderen waschmecha­nischen Verfahren die Reinigungsleistung­ deutlich verbessern – gerade in den schwer erreichbaren Partien. Letztlich erfordert jedoch jede Aufgabenstellung die Durchführung von realitätsnahen Versuchen zur Überprüfung.

Fazit

Ein bislang wenig bekanntes Reinigungsverfahren, die zyklische Nukleation, ist auf dem besten Weg für jene Aufgabenstellungen eine prozesssichere Reinigung anzubieten, die bisher mittels der wasserbasierten Reinigungstechnik nicht und gegebenenfalls auch mit lösemittelbasierter Technik nur schwer zu erreichen waren.

Das betrifft nicht nur jene Bereiche der Fein- und Feinstreinigung, die als klassische Technologien aus den Bereichen der Elektronik-/Halbleiterindustrie, der Medizintechnik und der optischen Industrie bekannt sind. Auch jene Aufgabenstellungen in anderen Industriebereichen, wie zum Beispiel in der Automobilindustrie, die sich normalen partikulären und filmischen Anforderungen zu stellen haben, kann dieses Verfahren Lösungen aufzeigen.

Kapillare Bedingungen können auch bei dicht gepackter Ware oder bei eng liegender Schüttware bestehen und stellen somit bei bisherigen Verfahren eine Herausforderung für die Reinigungs-, Spül- und Trocknungsprozesse dar. Feine Bohrungen zum Beispiel in der Kraftstoff-Einspritztechnologie, verdeckte und komplexe Innengeometrien wie in Kühlelementen lassen sich mittels des CNp-Verfahrens auf ein höheres Reinheitsniveau bringen.

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