Ist REACH ein Exportschlager?

Verbände 09. 12. 2015
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Von Dr. Saša P. Jacob, ZVO/DGO, Hilden, und Paul Gehle, Dr. Hesse GmbH & Cie KG, Bielefeld

Seit dem Inkrafttreten und der Implementierung von REACh sind die Chemiebranche und damit auch die Galvano- und Oberflächentechnik in der EU unter großer Anspannung. Denn sie fordert vom Hersteller und allen nachgeschalteten Anwendern erhebliche Anpassungsleistungen. REACh ist mittlerweile nicht nur in der EU in aller Munde – REACh wird in anderen Staaten der Welt mit Bewunderung und Begeisterung aufgenommen.

Fast zeitgleich mit der REACh-Verordnung wurde die CLP-Verordnung (Regulation on Classification, Labelling and Packaging of Substances and Mixtures – Verordnung zur Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen) in der EU eingeführt. Die CLP-Verordnung ist angelehnt an das GHS, dem Globally Harmonised System of Classification and Labelling of Chemicals (Global harmonisiertes System zur Einstufung und Kennzeichnung von Chemikalien) der UN. Wie die REACh-Verordnung, hat die CLP-Verordnung ebenfalls die Gesundheit des Menschen und den Umweltschutz im Fokus. Gleichzeitig sollen der freie Handel von chemischen Stoffen, Gemischen und Erzeugnissen innereuropäisch gewährleistet werden.

REACh ist zwar eine EU-Verordnung, hat aber auch Einfluss auf den Handel mit Chemikalien im Rest der Welt. So ist es für außer­europäische Handelspartner nur bei Einhaltung der REACh-Anforderungen möglich, in die EU zu importieren. Bereits vor REACh gab es eine Vielzahl von Stoffinventaren, wie beispielsweise TSCA (Toxic Substances Control Act – Gefahrstoff-Überwachungsgesetz) in den USA oder ENCS (Existing and New Chemical Substances – bestehende und neue chemische Sub­stanzen) in Japan. Diese Inventare verfolgen aber einen anderen Ansatz als REACh: Ist ein Stoff auf dem Inventar zu finden, dann darf er auch in das Land importiert oder dort hergestellt werden. REACh verfolgt hier einen anderen Ansatz, das heißt jeder Importeur und jeder Hersteller eines­ Stoffes in der EU muss diesen auch registrieren. An dieser Stelle macht sich das Verursacherprinzip bemerkbar, bei REACh auch gerne durch das Synonym keine Daten – kein Markt ausgedrückt. Initiiert durch REACh, haben sich allerdings auch in anderen Teilen der Welt Aktivitäten ergeben, Chemikalien zu listen und zu registrieren. So hat unter anderem China mit IECSC (Inventory of Existing Chemical Substances Produced or Imported in China – Bestandsliste existierender Chemikalien hergestellt oder importiert in China) reagiert, wie häufig sehr industriefreundlich, und führte ein Stoffinventar ein. Südkorea hingegen reagierte auf REACh mit Korea-REACh, einer nahezu 1:1-Kopie der EU-Version, auf welche später genauer eingegangen wird.

Um die Chemikalien registrieren zu können, sind Vorarbeiten notwendig, die sehr kostenintensiv sind. So müssen umfangreiche Untersuchungen zu möglichen Gefahren für Mensch und Umwelt gemacht werden, woraus sich Regelungen zur Kennzeichnung, Einstufung, Verpackung und zum Transport chemischer Produkte ergeben.

Exportschlager REACh am Beispiel Südkorea

Nach mehreren Chemieunfällen in Korea, teilweise auch mit Toten, reagierte die koreanische Regierung mit Verschärfungen der Gesetzgebung, was dazu führte, dass eine koreanische Variante von REACh am 30. April 2013 verabschiedet wurde und am 1. Januar 2015 in Kraft trat. Sie beeinflusst sicher in erster Linie die chemische Industrie in Südkorea, betrifft aber natürlich auch nicht-koreanische Unternehmen, die nach Korea exportieren. Der offizielle Name der Verordnung lautet Act on Registration and Evaluation of Chemicals of Korea (Koreanisches Gesetz zur Registrierung und Bewertung von Chemikalien), kurz AREC oder auch bekannt unter dem Namen K-REACh.

Nach dem europäischen Vorbild sind wesentliche Ziele von K-REACh, Stoffe zu registrieren und zu bewerten. Auch hier führt dieser Prozess dazu, zu ermitteln, welche Stoffe verboten oder beschränkt werden müssen beziehungsweise ohne Einschränkung zugelassen werden können.

Wie in der EU-REACh gibt es einen Alleinvertreter beziehungsweise ein Konsortium, das es nicht-koreanischen Importeuren ermöglicht, Registrierungen und Stoffmeldungen über diesen vornehmen zu lassen. Ähnlich wie bei EU-REACh ist die Kommunikation in der Lieferkette ein wesentlicher Teil der Verordnung. Zentrales Element ist auch hier das Sicherheitsdatenblatt, in dem die Registriernummer, Gefahren und Risiken und die daraus folgenden Handhabungen, Begrenzungen und Überwachungen der Exposition dargestellt werden sollten. Die Kommunikation innerhalb der Lieferkette ist ein sehr wichtiges Instrument, da sich die Auswirkung von K-REACh auf die nachgeschalteten Anwender bezieht, sodass diese Angaben zur Art der Verwendung, Exposition, der verwendeten Menge und zum sicheren Einsatz geben müssen.

K-REACh: Übergangsfristen

Ähnlich wie REACh in Europa wird K-REACh auch stufenweise eingeführt. Im Gegensatz zu REACh, in der verschiedene Übergangsfristen anhand von Mengenschwellen und der Einstufung definiert werden, geben die koreanischen Behörden ganz klar vor, welche Stoffe bis wann zu registrieren sind. Die sogenannten PAC-Listen (Priority Assessment Chemicals – vorrangig zu bewertende Chemikalien) definieren diese Stoffe.

Die erste PAC-Liste mit 510 Stoffen wurde am 1. Juli 2015 veröffentlicht. Diese enthält neben Basischemikalien wie Natronlauge teilweise auch aus REACh bekannte kritische zu betrachtende SVHC-Stoffe. Diese müssen innerhalb von drei Jahren registriert werden, also bis Juli 2018. Auch der Umgang mit Polymeren ist anders. Sie sind nicht generell von der Registrierung ausgenommen, anders als in der EU.

Vergleichbar mit der EU können die Registrierungsdaten von einem Konsortium gemeinsam eingereicht werden und sind inhaltlich im Großen und Ganzen auch vergleichbar mit den Daten der EU, außerdem im geforderten Umfang abhängig von folgenden Mengen per anno:

  • 0,1 t–1 t, bei Neustoffen
  • 1 t–10 t
  • 10 t–100 t
  • 100 t–1000 t
  • >–1000 t

Verwaltungsaufwand

Wie unschwer erkennbar, sind sich die EU- und Südkorea-Verordnungen sehr ähnlich. Grundsätzlich würde man denken, dass dies im internationalen Warenhandel von großem Wert ist, da kostenintensive Untersuchungen nicht mehrfach gemacht werden müssen.

Allerdings werden REACh-Registrierungen in Südkorea nicht anerkannt, das heißt es muss zwingend eine Registrierung in Südkorea durchgeführt werden. Weiterhin beinhalten europäische Konsortialverträge keine Regelungen zu K-REACh, sodass neu verhandelt werden muss, wer welche Daten in Südkorea nutzen darf. Südkorea nutzt eine eigene Software, weshalb das europäische IUCLID nicht einsetzbar ist. Regelungen zur Behandlung vertraulicher Daten sind nicht oder nur teilweise vorhanden. Kurz gesagt: An allen Ecken und Enden zeigt es sich, dass K-REACh mit der heißen Nadel gestrickt wurde und nicht alle Gedanken zu Ende gedacht wurden. Leider wurden die Erfahrungen aus REACh nicht aufgenommen. Der Verwaltungsaufwand wurde also nicht angeglichen.

Beispiel China-REACh

Chinas Erlass Nr. 7 zu Bestimmungen über die Umweltverwaltung von neuen Substanzen (Provisions on Environmental Administration of New Chemical Substances) ist seit Oktober 2010 in Kraft. Diese Chemikalienregulierung ist auch unter dem Namen China-REACh bekannt, obwohl dies aufgrund der deutlichen Unterschiede zur euro­päischen REACh-Verordnung unpassend ist. Neue Chemikalien müssen bei der CRC (Chemical Registration Centre – Chemikalien Registrierungszentrum), welches zum Ministerium für Umweltschutz – MEP (Ministry of Environmental Protection) gehört, angemeldet werden. Wie bereits zuvor erwähnt, hat China ein industriefreundlicheres System, nach den alten Vorbildern der USA oder Japan aufgebaut. Sofern ein Stoff auf dem IECSC aufgeführt ist, darf er damit auch genutzt werden.

Ein Unterschied zu EU-REACh sind Polymere, die ebenfalls registriert werden müssen, auch wenn sie zusammen mit ihren zugrundeliegenden Monomeren schon gelistet sind. Neue Chemikalien werden hier als Stoffe definiert, die nicht schon in der IECSC gelistet sind. Hinsichtlich der Registrierung ist auch in China die Tonnage pro Jahr ein Unterscheidungsmerkmal:

  • < 1 t/a: einfache Anmeldung innerhalb von drei bis vier Monaten

Über 1 t/a werden vier Stufen unterschieden, und es wird normal nach acht bis 36 Monaten angemeldet

  • 1 t/a–10 t/a
  • 10 t/a–100 t/a
  • 100 t/a–100 t/a
  • > 1000 t/a

Eine einfache Anmeldung innerhalb von zwei bis drei Monaten kann für folgende Fälle angewendet werden:

  • Chemikalien, die nur für den Export sind und unter 1 t/a bleiben
  • Chemikalien für wissenschaftliche Zwecke mit Tonnagen zwischen 0,1 t/a und 1 t/a
  • Chemikalien für technische Forschung mit Tonnagen weniger als 10 t/a
  • Polymere, die als Monomere in IECSC ­gelistet sind, falls das Polymer nicht gelistet sein sollte
  • Polymere, die weniger als 2 % der neuen Chemikalie enthalten

Ausnahmen sind neue Chemikalien, die zu wissenschaftlichen Zwecken genutzt werden sollen und unter 0,1 t/a verbraucht oder auch nur in chinesischen Labors verwendet werden. Diese können innerhalb von drei bis zehn Werktagen angemeldet werden.

Wen betreffen die neuen Regelungen?

Sowohl Hersteller als auch Importeure und auch Fremdfirmen, die in China oder Südkorea neue Substanzen vertreiben, unterliegen diesen Verordnungen. Sie können diese entweder selbst oder auch durch Agenturen anmelden. Vergleichbar mit der EU-REACh brauchen Importeure entweder eine Vertretung oder eine in Südkorea ansässige juristische Person, um anmelden zu können. Ein Unterschied ist die Tatsache, dass für China-REACh zum Beispiel eine lokale Vertretung ein Minimum von 360 000 Euro Kapital aufweisen muss.

EU-REACh – weltweit erfolgreich kopiert

Die aufgeführten Beispiele zur weltweiten Chemikalienregulierung zeigen, dass es zwar spezifische Unterschiede gibt, aber die EU-REACh-Verordnung eine Vorlage oder zumindest der Anlass für ähnliche Gesetzgebungen anderer Staaten ist und daher mit Fug und Recht als Exportschlager bezeichnet werden kann. Insbesondere in Asien vermehren sich die Anzeichen für Stoffinventare in Thailand und Malaysia; Taiwan hat erst gegen Ende 2014 sein bis dato freiwilliges Inventar in ein Pflicht­inventar umgewandelt. Weitere asiatische Staaten sind bereits mit der EU, den USA oder Japan in Diskussionen zur Einführung Chemikalien regulierender Gesetzgebungen.­

Ein Ziel der politischen Interessensvertretung für Unternehmen ist, die bürokratischen Hürden der Gesetzgebungen zur Chemikalienregulierung zu senken. Dadurch hätten Handel, Gewerbe und Industrie sowie gerade der Mittelstand mehr Freiräume, ihre Ziele zu erreichen und ein tragfähiges Gerüst für den Wohlstand der Gesellschaft aufzusetzen. Wenn es dann noch gelingt, das Ganze international abzustimmen, könnte sich die Arbeit für den Moloch REACh zum Schluss für alle gelohnt haben.

Referenzen

Dr. Adriana Jalba, CEFIC – REACh-like regulations around the world, http://www.cefic.org

REACh in Südkorea (K-REACh) – Folge des globalen Wandels im Chemikalienmanagement, D. Drohmann, Zeitschrift für Stoffrecht, Jahrgang 12 (2015), Ausgabe–4, S. 136–140, Dieter Drohmann-REACh in Korea

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