Stabiles Fliegengewicht aus Kohlenstoff

Werkstoffe 09. 04. 2016
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Eigentlich besteht er nur aus Luft. Wie kann ein solcher Stoff gleichzeitig stabil, leitfähig und wasserabweisend sein? Aerographit vereint all diese Eigenschaften und könnte zudem die Elektromobilität revolutionieren.

75-mal leichter als Styropor, dafür extrem stabil unter Zug und Druck – das Fliegengewicht Aerographit begeistert derzeit die Produktentwickler. Bemerkenswert daran:­ Materialwissenschaftler der Technischen Universität Hamburg-Harburg und der Christians-Albrecht-Universität zu Kiel entdeckten das Material rein zufällig während eines Experiments mit Kohlenstoffnanoröhren. Nun spricht man vom leichtesten Stoff der Welt. Damit löst Aerographit den bisherigen Weltrekordhalter, ein Nickel­material, ab. Denn es wiegt nur ein Viertel davon.

Weil es sich auf Nano- und Mikroebene aus einem Netzwerk aus porösen Kohlenstoffröhren zusammensetzt, hält das Material­ einiges aus und eignet sich für Produkte, die starken Zug- und Druckbelastungen ausgesetzt sind. Und das, obwohl Aerographit zu 99,99 Prozent aus Luft besteht. Aber: Der Werkstoff lässt sich um bis zu 95 Prozent komprimieren und anschließend wieder in seine ursprüngliche Form auseinander-
ziehen.

Das Aerographit wird dadurch bis zu einem bestimmten Grad sogar fester und damit stärker als vorher, erklärt Rainer Adelung, Professor an der Universität Kiel den großen Vorteil gegenüber anderen Materialien, die in solch einem Prozess zunehmend schwächer und instabiler würden.

Ultraleichte Batterien könnten E-Mobilität voranbringen

Die Anwendungsgebiete für Aerographit scheinen immens. So ließen sich etwa Kunststoffe, die keine Energie leiten, mit Aerographit beschichten, um sie leitfähig zu machen und statische Aufladungen zu vermeiden.

Als besonders vielversprechend gilt die Verwendung des Werkstoffs in Lithium­ionenbatterien, weil er die enorme Kraft, die beim Aufladen mit Strom wirkt, problemlos aushalten kann. Zudem wäre nur noch eine minimale Menge Batterieelek­trolyt notwendig. So entstünden neuartige­ Batterien, die sich aufgrund ihres geringen Gewichts sehr gut für E-Bikes und Elektro­autos eignen würden – und damit zur Verbreitung umweltschonender Verkehrsmittel beitragen könnten.

Die Wissenschaftler der Universität Kiel und der Technischen Universität Hamburg-Harburg könnten sich ebenfalls vorstellen, das Material in der Luft- und Raumfahrt, beispielsweise in der Satellitentechnik, einzusetzen. Die Voraussetzung dafür ist nämlich, dass der Werkstoff starken Vibrationen standhält.

Für die Wasserreinigung böte Aerographit den Vorteil, dass es Schadstoffe elektrochemisch zersetzen und abbauen kann. Stabilität, elektrische Leitfähigkeit und hohe Oberfläche – diese Vorteile kämen dabei ebenso zum Tragen wie in der Medizin. Hier könnte der Werkstoff eingesetzt werden, um die Außenluft für Inkubatoren oder Beatmungsgeräte zu reinigen.

Titelbild:Quelle: TUHH

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