Thermisch gespritzte Korrosionsschutzschichten, eine Ergänzung zur Feuerverzinkung!

Oberflächen 05. 08. 2016

Von K. Bobzin, M. Öte, C. Schulz und M. A. Knoch, Institut für Oberflächentechnik/RWTH Aachen University

Vor allem bei großen Stahlbauten ist ein nachhaltiger und ressourcenschonender Korrosionsschutz gefordert, insbesondere dann, wenn diese einer starken korrosiven Belastung ausgesetzt sind, beispielsweise in maritimer Umgebung oder durch Industrieatmo­sphäre. Der kathodische Korrosionsschutz durch Zinküberzüge hat sich dabei als besonders wirksam erwiesen. Das Verzinken von Stahlbauteilen erfolgt häufig durch Feuerverzinken. Ein weiteres Verfahren zur Applikation von Zinküberzügen ist das Thermische Spritzen. Im Gegensatz zum Feuerverzinken gibt es für die Bauteile beim thermischen Spritzen keine Einschränkungen bezüglich der maximalen Bauteilgröße und des Substratwerkstoffs. Weitere Vorteile dieses Verfahrens sind der geringe Temperatureintrag in das Substrat, die Variabilität des Verfahrens und die sofortige Eignung der Oberfläche für folgende organische Beschichtungen. Die Eigenschaften der Beschichtungen lassen sich durch die unterschiedlichen Spritztechnologien und Spritzparameter sowie die Verwendung verschiedener Zusammensetzungen der Schicht optimieren. Vor allem Legierungen auf Zinkbasis mit Aluminium und Magnesium zeigen sehr gute Ergebnisse, die zum Teil mit zusätzlichen organischen Deckschichten weitere Vorteile aufweisen.

Thermally Sprayed Corrosion Protection Coatings, a Complement to Hot-Dip Galvanization!

Especially in the case of large steelwork constructions, a sustainable and economically attractive corrosion protection coating is called for, not least when such structures are exposed to strongly corrosive environments such as in maritime service or in the areas of industrial pollution. Cathodic protection afforded by zinc coatings has long been recognised as one meeting such criteria. Such zinc coatings are often applied using hot-dip galvanising. An alternative procedure is thermal spraying. In contrast to hot-dip galvanising, the latter process places no constraints on the physical size of the object to be coated. Further advantages include avoiding the high temperatures to which the entire structure is subject in hot-dip processing, a degree of flexibility and the fact that such coatings are able immediately to receive subsequent organic coating. Coating properties can be optimised for a particular service, thanks to a range of available spraying technologies and spraying parameters while the composition of the sprayed material itself can be modified, using alloying elements. In particular, zinc-based alloys with magnesium or aluminium show excellent behaviour, not least when used in conjunction with subsequently applied organic coatings.

1 Einleitung

Korrosion beschreibt die Reaktion eines metallischen Werkstoffs mit seiner Umgebung. Diese muss dabei eine Veränderung des Werkstoffs hervorrufen [1]. Die Ursache dieser Reaktion ist das Bestreben des Metalls einen energetisch günstigeren Zustand einzunehmen. Im Falle von Eisen beziehungsweise Stahl können die Korrosionsprodukte chemisch den natürlich vorkommenden Eisenerzen entsprechen. Werden Stahlbauteile nicht oder unzureichend vor Korrosion geschützt, können Korrosionsschäden auftreten. Ein Beispiel hierfür ist der Einsturz der Silver Bridge in Ohio am 15. Dezember 1967 mit 46 Todesopfern. Korrosion und Materialermüdung führten zu einem Spaltbruch an einem geringfügigen Gefügefehler.

Neben einem energetisch ungünstigen Zustand, erfordert die Korrosion von Metallen die Interaktion desMetallsmit seiner Umgebung. Die wichtigsten Einflussfaktoren sind hierbei die Anwesenheit eines Elektrolyten und dessen Eigenschaften, wie beispielsweise Ionengehalt und -leitfähigkeit oder pH-Wert sowie Temperatur und Druck. In diesem Zusammenhang ist insbesondere die wechselseitige Beeinflussung zwischen Umgebung, Elektrolyt und Stahlbauteil zu beachten. Wasser kann beispielsweise durch Interaktion mit Beton und Kohlenstoffdioxid (CO2) eine Absenkung des pH-Werts erfahren. Infolgedessen wird die korrosive Belastung der Bewehrungselemente gesteigert. Diese Bewehrungskorrosion ist für 60 % der Schäden an Stahlbetonbauten verantwortlich [2]. Wasser unterschiedlicher Reinheitsgrade, zum Beispiel Abwasser in der Kanalisation, Meerwasser oder Regenwasser, ist wahrscheinlich der am weitesten verbreitete Elektrolyt. Neben elektrochemischer Korrosion können auch chemische, beispielsweise in heißen Gasen, und metall-physikalische, zum Beispiel in Metallschmelzen, Korrosionserscheinungen auftreten. Diese Korro­sionsarten werden im Folgenden nicht näher betrachtet.

Um Schäden zu vermeiden, werden unter anderem verschiedene Beschichtungen zum aktiven und passiven Korrosionsschutz eingesetzt. Beim passiven Korrosionsschutz bildet die Beschichtung eine physikalische Barriere zwischen Substrat und Umgebung und verhindert somit die erforderlichen Wechselwirkungen mit dem umgebenden Medium. Diese Schutzschichten sind so lange wirksam, wie sie die vollständige Isolierung des Substrats gewährleisten. Treten jedoch, aufgrund von Degradation oder mechanischer Beschädigung, Fehlstellen in der Beschichtung auf, so können diese Beschichtungen das darunter liegende Bauteil nicht mehr schützen.

Beim aktiven Korrosionsschutz wird dagegen gezielt in den Korrosionsprozess eingegriffen, um diesen an die Anforderungen anzupassen. Dabei kann beispielsweise das Bauteil durch eine Opferanode, mit oder ohne Fremdstrom, kathodisch polarisiert werden. Der Vorteil dieser Strategie liegt darin, dass im Allgemeinen das Substrat auch bei kleinen Beschädigungen weiter geschützt wird. In Abbildung 1 ist das Thermische Spritzen beispielhaft dargestellt.

Abb. 1: Manuelles Lichtbogendrahtspritzen (Quelle: Grillo Werke AG)

Abb. 2: ZnAl15-Beschichtung nach 500 Stunden Salzsprühnebeltest, wie sie in einer REM-Aufnahme mit verschiedenen Detektoren zu sehen ist; links als Topographie und rechts als Elementkontrast

 

Eine wichtige Einflussgröße auf das Korrosionsverhalten ist die Morphologie der metallischen Schicht. Liegt ein poröses Material vor, so kann der Elektrolyt in das Innere vordringen und die Korrosion ist nicht auf die Oberfläche beschränkt. Sind keine Defekte vorhanden, muss der Elektrolyt zunächst die gesamte Beschichtung durchdringen, bevor das Substrat angegriffen werden kann.

Abbildung 2 zeigt eine ZnAl15-Beschichtung auf S355J2+N nach 500 Stunden im neutralen Salzsprühnebeltest. Es ist deutlich zu erkennen, dass der lamellare Schichtaufbau Poren sowie Oxide enthält. In diesem Zusammenhang ist neben der Morphologie auch die Phasenzusammensetzung entscheidend. Zwischen zwei unterschiedlichen Phasen, beispielsweise in einem eutektischen Gefüge, kann sich ein lokales galvanisches Element bilden. Dieses hat die bevorzugte Auflösung einer Phase zur Folge.

2 Kathodischer Korrosionsschutz (KKS) durch Zink-Basis-Beschichtungen

Sind zwei Metalle mit unterschiedlichem Elektronenpotential elektrisch leitend und über einen Elektrolyten miteinander verbunden, so bildet sich eine galvanische Zelle. Das unedlere Metall, das heißt das Metall mit geringerem Elektronenpotential, stellt dabei die Anode dar und wird bevorzugt aufgelöst. Am edleren Metall laufen hingegen die kathodischen Teilreaktionen ab und dieses Metall wird somit kathodisch vor Korrosion geschützt. Solche Systeme werden beispielsweise zum Schutz von Bauten in maritimer Atmosphäre, großen Stahlkonstruktionen, Bewehrungs­stählen und Schweißnähten eingesetzt.

Aufgrund ihres geringen Elektronenpotentials, unter realen Bedingungen, eignen sich Zink (Zn) und Zink-Basis-Legierungen als Opferanoden zum Schutz von Stahlbauteilen. Zudem bildet Zink in maritimer Atmosphäre, im Gegensatz zu Aluminium (Al), keine stabilen Passivschichten auf der Oberfläche aus und besitzt eine Fernschutzwirkung. Zink-Aluminium-Legierungen zeigen in verschiedenen Untersuchungen einen besseren Korrosionsschutz in maritimer Umgebung, als reines Zink oder Aluminium [3]. Neben dem Feuerverzinken und thermischen Spritzen können metallische Überzüge auch mittels Sherardisieren, galvanischer Abscheidung und mechanischem Plattieren appliziert werden. Diese Verfahren eignen sich jedoch nicht für sehr große Bauteile, wie beispielsweise Brücken, und werden daher im Weiteren nicht betrachtet.

2.1 Feuerverzinken

Beim Feuerverzinken wird das zu beschichtende Bauteil zunächst in einem mehrstufigen Reinigungsprozess vorbereitet. Im Anschluss erfolgt die Beschichtung in einer flüssigen Metallschmelze. Dabei wird zwischen diskontinuierlichem Stückverzinken und kontinuierlichem Band- oder Drahtverzinken unterschieden.

Beim Stückverzinken werden die zu schützenden Bauteile, nach mehreren Reinigungs- und Oberflächenvorbereitungsbädern, in ein Schmelze getaucht (Abb. 3). Das flüssige Beschichtungsmaterial erstarrt an der Bauteiloberfläche und bildet eine dichte Beschichtung aus.

Abb. 3: Schematischer Ablauf der Stückverzinkung

Abb. 4: Querschliff durch einen feuerverzinkten Stahl (Quelle: Institut für Feuerverzinken GmbH)

 

Während der Beschichtung bilden sich durch Diffusionsvorgänge Eisen-Zink-Mischkristalle (Abb. 4). Weiterhin kann die hohe Temperatur eine Veränderung des Gefüges im Grundwerkstoff zur Folge haben. Infolge des Temperaturgradienten beim Feuerverzinken werden zudem Eigen­spannungen in das Bauteil, insbesondere in die Oberfläche und Beschichtung, eingebracht. In Kombination mit diffusions­bedingter Rissbildung kann Spannungsrisskorrosion auftreten. Bei hochlegierten Stählen kann es zudem zur Bildung von Sprödphasen an den Korngrenzen des Substratwerkstoffs kommen. Die Ursache hierfür ist, dass Legierungselemente, die sich an den Korngrenzen angelagert haben, mit der Metallschmelze reagieren und somit ­intermetallische Phasen bilden können.

Limitierend beim Feuerverzinken wirken­ zum einen die relevanten Umwandlungstemperaturen der zu beschichtenden Werkstoffe und die Bauteilgröße an sich. Diese­ ist in Deutschland (durch die Größe des Zinkbades) auf eine Bauteillänge von etwa 19 m begrenzt. Beim Stückverzinken wird meistens reines oder niedriglegiertes Zink eingesetzt. Die üblichen Schichtdicken liegen zwischen 50 µm und 150 µm [4, 5].

Im Gegensatz zum Stückverzinken ist das Draht- und Bandverzinken ein kontinuierlicher Prozess. Die Reinigung der Oberfläche erfolgt dabei unter anderem durch oxidierendes und reduzierendes Glühen. Neben reinem und niedriglegiertem Zink kommen beim Bandverzinken auch Zink-Aluminiumlegierungen, wie beispielsweise Galfan® mit etwa 5 Gew.-% Aluminium und Galvalume® mit cirka 55 Gew.-% Aluminium zum Einsatz (Galfan und Galvalume sind Markenbezeichnungen).

Weiterhin können bandverzinkte Bauteile­ auch mit einem Zink-Magnesium-Aluminium-Überzug versehen werden. Diese Beschichtungen ermöglichen eine deutliche Steigerung der Korrosionsschutzdauer, wobei Zink-Magnesium-Aluminium-Legierungen den Zink-Aluminium-Legierungen in dieser Hinsicht überlegen sind. Übliche Schichtdicken für bandverzinkte Bauteile liegen zwischen 10 µm und 40 µm [5, 6].

2.2 Thermisches Spritzen

Das Thermische Spritzen (TS) ist ein Verfahren zur Applikation von Beschichtungen. Dabei wird das Beschichtungsmaterial,­ der sogenannte Spritzzusatzwerkstoff, an- ­beziehungsweise aufgeschmolzen und im Anschluss durch einen Gasstrahl auf die Substratoberfläche beschleunigt (Abb. 5). Im Gegensatz zum Feuerverzinken hat das Thermische Spritzen keine beziehungsweise eine geringe thermische Einfluss­zone und ist auch nicht in der Bauteilgröße limi­tiert. Es können beispielsweise Türme von Offshore-Windenergieanlagen (OWEA)oder Brücken mithilfe dieser Technologie beschichtet werden.

Abb. 5: Schematische Darstellung des TS-Prozesses

 

Aufgrund der robusten Anlagentechnik und der hohen Wirtschaftlichkeit eignet sich insbesondere das Lichtbogendrahtspritzen­ (LDS) zur Applikation von thermisch gespritzten Zinkbasisbeschichtungen für den Korrosionsschutz. Bei diesem Verfahren liegt der Spritzzusatzwerkstoff in Drahtform vor. Zwischen den beiden Drahtspitzen­ wird ein Lichtbogen gezündet. Durch die dabei auftretenden Temperaturen von bis zu 5000 °C schmelzen die Drahtspitzen. Aus diesen Schmelzezonen­ werden durch einen Zerstäubergasstrahl flüssige Partikeltröpfchen herausgelöst und auf das Substrat geschleudert. Die Schichtqualität wird dabei durch Partikeleigenschaften, zum Beispiel Partikeltemperatur, -geschwindigkeit und -durchmesser, beim Auftreffen auf das Substrat entscheidend beeinflusst. Diese Eigenschaften hängen wiederum von den Prozessparametern wie Spannung, Stromstärke, Spritzabstand, Druck oder Zerstäubergas ab.

Neben den bereits genannten allgemeinen Vorteilen des Thermischen Spritzens, kann das Lichtbogendrahtspritzen auch mobil eingesetzt werden, beispielsweise um ­Brücken oder Offshore-Anlagen vor Ort zu reparieren. Für eine tiefergehende Beschreibung sei an dieser Stelle auf [7] verwiesen.

3 Werkstoffentwicklung

Ziel der Werkstoffentwicklung ist zum einen die Erhöhung der Schutzdauer einer Beschichtung, andererseits stehen auch wirtschaftliche Aspekte im Fokus. Dabei stellen die beiden genannten Ziele keinen Konflikt dar, sondern repräsentieren vielmehr zwei unterschiedliche Betrachtungsweisen. Durch Erhöhung der Schutzwirkung einer Beschichtung können im Allgemeinen entweder die Schichtdicke reduziert oder die Wartungsintervalle erhöht werden. In beiden Fällen ist ein wirtschaftlicher Vorteil eine direkte Folge der technischen Überlegenheit der neuen Beschichtung.

Im Bereich des Korrosionsschutzes von OWEA stellen Duplex-Beschichtungen, bestehend aus einer thermisch gespritzten­ ZnAl15-Schicht, einem Versiegler und zwei bis drei Decklagen aus organischen Beschichtungen den Stand der Technik dar. Dabei wird der Korrosionsschutz primär passiv, durch räumliche Trennung von Substrat und Elektrolyt, erreicht. Erst nach ­Beschädigung der Beschichtung erfolgt ein aktiver Korrosionsschutz des Substrats. Auslagerungsversuche zeigten, dass eine ZnAl15-Spritzschicht von 100 µm, auch ohne zusätzliche organische Deckschicht, in der Lage ist, Stahlsubstrate über mehrere Jahre effektiv vor Korrosion zu schützen. Dennoch sind regelmäßige Kontrollen und gegebenenfalls Wartungen der Offshore-Anlagen erforderlich. Da eine Verletzung der organischen Deckschicht jederzeit erfolgen kann, sind die Intervalle in Abhängigkeit von der Schutzdauer des ­Beschichtungssystems nach Verletzung der Deckschicht zu wählen. Daher ist die Weiterentwicklung der Beschichtungen durch Thermisches Spritzen zu geringeren Korrosionsraten Gegenstand der Forschung.

Das Zulegieren von verschiedenen Elementen zur aktiven Beeinflussung der Korrosionsmechanismen ist ein bewährtes Prinzip der Legierungsentwicklung. Die Korrosionsschutzwirkung kann dabei durch die Senkung der Korrosionsstromdichte und durch die Bildung von stabilen und dichten Korrosionsprodukten, die eine weitere Korrosion behindern, gesteigert werden. Je nach Verfahren müssen die Beschichtungswerk­stoffe prozesstechnische Randbedingungen, wie beispielsweise die Herstellbarkeit von Drähten für Beschichtungen durch Lichtbogendrahtspritzen, erfüllen.

ZnAl15 hat sich in diesem Zusammenhang, aufgrund der guten Korrosionsschutzwirkung sowie der robusten Herstellbarkeit und Verarbeitbarkeit der Drähte, als Stand der Technik für besonders korrosions­belastete Bauteile in maritimer Umgebung etabliert. Büteführ und Prenger [8] haben Langzeituntersuchungen über einen Zeitraum von elf Jahren unter verschiedenen maritimen Bedingungen vorgestellt. Die in der Dauertauchzone und an Meeresatmo­sphäre ausgelagerten ZnAl15-Proben wiesen keinen Rotrost (Korrosionsprodukt des Stahlgrundwerkstoffs, das in der Regel nach Auflösung oder Beschädigung der Korrosionsschutzschichten entsteht) auf. Rot­rost auf der Probenrückseite der in der Spritzwasserzone ausgelagerten Proben ist auf einen externen Abtrag zurückzuführen. Ein Angriff des Stahlsubstrats kann nicht festgestellt werden.

Im Vergleich zur Auslagerung in der Spritzwasserzone weisen die im Salzsprühnebeltest untersuchten ZnAl15-Proben keinen Rotrost auf. Im Querschliff (Abb. 7) ist eine deutliche Oxidation der Beschichtung zu erkennen, die über die Oxidation nach elfjähriger Auslagerung (Abb. 6) hinausgeht. Der Angriff der ZnAl15-Beschichtung nach 500 Stunden Salzsprühnebeltest (Abb. 2) erscheint nahezu das Maß der Oxidation in Abbildung 6 erreicht zu haben.

Abb. 6: Thermisch gespritzte ZnAl15-Beschichtungen auf S235JR im Neuzustand (oben) und nach elf­jähriger Auslagerung (unten) nach [8]

Abb. 7: Oberfläche und Querschliff einer thermisch gespritzten ZnAl15-Beschichtung auf S355J2+N nach 2448 Stunden Salzsprühnebeltest nach [9]

 

Bei diesem Vergleich ist zu beachten, dass die Beschichtungen auf unterschiedlichen Substraten appliziert wurden. Da es sich bei beiden Substraten um unlegierte Baustähle­ handelt, ist jedoch kein großer Einfluss zu erwarten. Neben den Substraten unterscheiden sich auch die Umgebungsbedingungen, wie beispielsweise Elektrolyt oder Temperatur. Eine direkte Übertragbarkeit der Ergebnisse aus Salzsprühnebeltests auf Standzeiten unter realen Bedingungen ist daher nicht möglich. Es besteht jedoch eine Korrelation zwischen Ergebnissen im Salzsprühnebeltest und dem Korrosionsangriff in maritimer Umgebung.

In [9] wurden verschiedene kommerzielle und experimentelle Zink-Basis-Legierungen (Zn, ZnAl2, ZnAl15, ZnAl22, ZnCr0,3, ZnCr1, ZnCr5, ZnSn1Al1 und ZnMg1,8Al1,4) mittels Lichtbogendrahtspritzen auf S355J2+N appliziert. Eine AlMg5-Beschichtung sowie eine Stückverzinkung nach DASt 0.22 stellten dabei die Referenz dar. Die Beschichtungen wurden zunächst bezüglich der wesentlichen Schichteigenschaften, wie beispielsweise Phasenzusammensetzung, Porosität und Haftzugfestigkeit, analysiert. Weiterhin erfolgten quasipotentiostatische Korrosionsuntersuchungen in 5-prozentiger NaCl-Lösung (Abb. 8).

Abb. 8: Stromdichte-Potential-Kurven einiger Beschichtungen aus [9] in 5-prozentiger NaCl-Lösung als Elektrolyt bei pH = 5,5–5,7 und einem Potentialvorschub von 60 mV/min

Abb. 9: ZnMgAl-Beschichtung nach 2448 Stunden Salzsprühnebeltest im Querschliff (links) [6] und durch Phasenanalyse mittels XRD (rechts) [7]

 

Die untersuchten Zink-Basis-Beschichtungen zeigen dabei ein ähnliches Verhalten, unterscheiden sich jedoch in den ermittelten Stromdichten und Ruhepotentialen. Die AlMg5-Beschichtung hingegen bildet einen Passivbereich aus, in dem eine wesentlich geringere Stromdichte gemessen werden kann. Die in Abbildung 7 gezeigten Beschichtungen wurden weiterhin in einem neutralen Salzsprühnebeltest über 2448 Stunden untersucht. Dabei ist bei der ZnMgAl-Beschichtung, im Gegensatz zur quasipotentiostatischen Untersuchung, der geringste korrosive Angriff nach 2448 Stunden festzustellen. Im Gegensatz zu ZnAl15, die den Stand der Technik für Offshore-Anwendungen darstellt, wies die ZnMgAl-Beschichtung große Bereiche auf, die noch nicht oxidiert sind (Abb. 7 und Abb. 9).

Ein Angriff des Substrats konnte ebenfalls nicht festgestellt werden. Der gegenüber ZnAl15 gesteigerte Korrosionsschutz von ZnMgAl ist vermutlich auf die Bildung von dichten Korrosionsprodukten zurückzuführen, die die Sauerstoffdiffusion behindern [6, 10]. Dabei spielen insbesondere Simonkolleit (Zn5(OH)8Cl2·H2O) und Layered Double Hydroxides (LDH) – M(II)xM(III)y(A-)m(OH)n·zH2O mit M(II) und M(III): zwei- bzw. dreiwertige Kationen, A-: Zwischenlagenanion – eine entscheidende Rolle. Weiterhin wird die Bildung von Hydrozinkit (Zn5(CO3)2(OH)6), einem im Vergleich zu Simonkolleit weniger beständigem Korrosionsprodukt, durch die Bildung von Magnesiumcarbonat (MgCO3) behindert [6, 9]. Die Unterschiede zwischen quasipotentiostatischer Untersuchung (Abb. 8) und Salzsprühnebeltest sind wahrscheinlich durch Unterschiede in Elektrolyt, Belüftung sowie Belastungsart und -geschwindigkeit begründet.

ZnMgAl-Beschichtungen mit je 1 Gew.-% bis 2 Gew.-% Aluminium und Magnesium­ können bisher nur mit Fülldrähten mittels Lichtbogendrahtspritzen appliziert werden. Fülldrähte sind in der Herstellung verfahrensbedingt aufwändig und damit kostenintensiv. Weiterhin schmilzt im Lichtbogen zunächst der Manteldraht auf und die Füllstoffe im Inneren werden teilweise lediglich angeschmolzen. Aufgrund dieser Nachteile ist die Herstellung und Verarbeitung von ZnMgAl-Massivdrähten Gegenstand der Forschung.

Neben der Weiterentwicklung von thermisch gespritzten Zink-Basis-Legierungen wird auch das Eindringverhalten von Versieglern in die porösen Beschichtungen ­erforscht. Durch Variation des Verhältnisses aus Versiegler und Verdünner kann der Versiegler mit unterschiedlichen Viskositäten appliziert werden. Mithilfe von verschiedenen spektroskopischen Analyseverfahren, wie zum Beispiel der Mikroramanspektroskopie, wird im Anschluss die Eindring­tiefe am Querschliff beziehungsweise Querbruch ermittelt. Die Korrelation zwischen Porosität, Viskosität und Eindringtiefe kann zu einer Steigerung der Korrosionsbeständigkeit versiegelter thermisch gespritzter Beschichtungen beitragen.

4 Prozessentwicklung

Die Prozessentwicklung verfolgt, analog zur Werkstoffentwicklung, sowohl technische als auch wirtschaftliche Ziele. Ökologische Aspekte, zum Beispiel die Reduzierung der Emissionen beim Thermischen Spritzen, stellen hierbei einen weiteren Ansatzpunkt dar.

Trotz, bei manchen Bauteilen, näherungsweise doppelt so hoher Kosten beim Beschichten, bietet das Thermische Spritzen­ gegenüber dem Feuerverzinken eine Reihe­ von Vorteilen [9]. Es gibt keine Begrenzungen bezüglich der maximalen Bauteilgröße­ oder des Substratwerkstoffs. Ferner erfährt das Bauteil, während des Beschichtens, lediglich eine geringe Wärmezufuhr, wodurch die Gefügestruktur des Grundwerkstoffs nahezu unverändert bleibt. Infolge der geringen thermischen Belastung tritt zudem kaum Verzug auf. Schließlich können mittels thermischen Spritzens nicht schmelzmetallurgisch herstellbare Legierungen appliziert werden und die Beschichtungen lassen sich mobil aufbringen. Somit ist auch eine nachträgliche Applikation an ­bestehenden Bauwerken oder die Reparatur beschädigter Beschichtungen möglich. Die prozessbedingte Mikroporosität und Rauheit ermöglicht zudem die Applikation von Versieglern und organischen Beschichtungen auf die Spritzverzinkung ohne weitere Vorbehandlung. Die Poren ermöglichen es dabei dem Versiegler, in die Schicht einzudringen und sorgen somit für eine gute Haftung.

Ansatzpunkte bei der Prozessentwicklung für thermisch gespritzte Beschichtungen sind einerseits das Oxidations- und Zerstäubungsverhalten, beeinflusst durch die Stromquelle und das Zerstäubergas. Mithilfe von Hochgeschwindigkeitsaufnahmen des Lichtbogens und des Zerstäubungsprozesses kann beispielsweise der Einfluss verschiedener Parameter auf die Prozessstabilität nahezu in Echtzeit ermittelt werden. In Abbildung 10 sind solche Aufnahmen für den Prozess des Lichtbogendrahtspritzens dargestellt.

Abb. 10: Hochgeschwindigkeitsaufnahmen des Lichtbogens und der Zerstäubung beim Lichtbogendrahtspritzen (Quelle: Grillo-Werke AG)

 

Aus der Schweißtechnik sind gepulste Stromquellen zur besseren Steuerung des Abschmelzverhaltens bekannt. Die Übertragung auf das Lichtbogendrahtspritzen­ wird beispielweise im IGF-Vorhaben Verbesserung der Schichteigenschaften beim Lichtbogenspritzen durch Strommodula­tion untersucht. Durch die Variation des Zerstäubergases werden sowohl der Lichtbogen- als auch die thermophysikalischen Gaseigenschaften verändert. Weiterhin können auch chemische Reaktionen zwischen Zerstäubergas und Spritzzusatzwerkstoff gezielt gefördert beziehungsweise­ ­gehemmt werden. Die Zusammenhänge zwischen Zerstäubergasvariation, chemischer Zusammensetzung der Beschichtung, Schichtmorphologie und Korrosionsverhalten sind Gegenstand der Forschung.

Der Zusammenhang zwischen Substratvorbereitung, Oberflächentopographie und den daraus resultierenden Verbundeigenschaften, insbesondere der Haftzugfestigkeit, ist ebenfalls Gegenstand der Forschung. Zur Untersuchung von diesen Zusammenhängen werden Proben mit definierten und reproduzierbaren Parametern gestrahlt, die resultierenden Oberflächen analysiert und definiert und reproduzierbar beschichtet. Mithilfe von Haftzug­prüfungen an diesen Schichten sollen danach Zusammenhänge abgeleitet werden, die eine wissensbasierte Definition der ­erforderlichen Substratvorbereitung ermöglichen.

Für tiefgreifendere Untersuchungen zum Zusammenhang zwischen Strahlparametern, Topographie und Haftzugfestigkeit sei an dieser Stelle auf [11] und [12] verwiesen.

5 Zusammenfassung

Das Thermische Spritzen besitzt ein sehr großes Potential im Bereich Beschichtungen zum kathodischen Korrosionsschutz. Im Gegensatz zum Feuerverzinken sind die thermischen Spritzbeschichtungen porös und weisen keine intermetallischen Eisen-Zink-Phasen auf. Insbesondere bei Duplexsystemen ermöglichen die Poren dabei ein besseres Eindringverhalten des Versieglers und können somit den Korrosionsschutz ­erhöhen. Aufgrund der geringen thermischen Belastung werden die Werkstoffeigenschaften des Substrats nicht beeinflusst. Ein weiterer Vorteil des thermischen Spritzens gegenüber dem Feuerverzinken ist die praktisch unbegrenzte maximale Bauteilgröße, wodurch das Verfahren insbesondere bei großen Stahlbauten, zum Beispiel Türme von OWEA oder Brücken, alternativlos ist. Das Verfahren ist auch für die Applikation und Reparatur vor Ort ­geeignet.

Aktuelle Forschungsschwerpunkte liegen im Bereich der Entwicklung von Spritz­zusatzwerkstoffen sowie in der Erhöhung der Korrosionsschutzwirkung der thermisch gespritzten Beschichtung. In der Prozessentwicklung sind die Steigerung von Reproduzierbarkeit und Wirtschaftlichkeit durch Verringerung des erforderlichen Aufwands sowie die Erhöhung der Reproduzierbarkeit durch ein besseres Verständnis der zugrunde liegenden Mechanismen Gegenstand der Forschung. Zudem wird an der Weiterentwicklung der Anlagentechnik bezüglich einer genaueren Prozesssteuerung und -überwachung gearbeitet.

Literatur

[1] Norm DIN EN ISO 8044: Korrosion von Metallen und Legierungen – Grundbegriffe und Definitionen (1999); 1999

[2] K. Richardt: ROST – Richtiger Oberflächenschutz durch Thermisches Spritzen? Promotionsvortrag, Aachen, 11.12.2008

[3] M. Büteführ: Einfluss des Aluminiumgehaltes gespritzter Zinküberzüge auf den Korrosionsschutz von Stahl; Stuttgart, Otto-Graf. Inst., 2006

[4] Institut Feuerverzinken GmbH: Arbeitsblätter Feuerverzinken; A. 6 Planungsgrundlagen Feuerverzinken (09.03.2015), 09.03.2015

[5] Stahl-Informations-Zentrum: Merkblatt 400. Korrosionsverhalten von feuerverzinktem Stahl; im Internet: www.stahl-online.de//
wp-content/uploads/2013/10/MB400_2004_ueberarbeitet.pdf; Stand: 28.04.2015, 2004

[6] K. Bobzin, M. Öte, T. F. Linke, C. Schulz: Corrosion of wire arc sprayed ZnMgAl; Mater. Corros. 2014

[7] K. Bobzin: Oberflächentechnik für den Maschinenbau; 1. Aufl., 2013

[8] M. Büteführ, F. Prenger: Korrosionsverhalten von verschiedenen ZnAl-Überzügen im maritimen Bereich; Ergebnisse von Langzeitauslagerungen, Dresden, 28.04.2015

[9] K. Bobzin, C. Schulz, W. Bleck, T. Ingendahl, M. Feldmann, C. Heinemeyer (Hrsg. R. Salomon, FOSTA – Forschungsvereinigung Stahlanwendungen e.V.): Forschungsvorhaben P 823/IGF-Nr. 16434N: Weiterentwicklung eines optimierten korrosionsgeschützten Systems für niedrig legierten Baustahl mit einer thermisch gespritzten Schutzschicht auf Basis modifizierter Zinklegierungen als Ergänzung zum Stückverzinken von Bauteilen; Düsseldorf, Verl. und Vertriebsges. mbH, 2013

[10] T. A. Keppert, G. Luckeneder, K.-H. Stellnberger, C. Commenda, G. Mori, H. Antrekowitsch: The effect of magnesium on the corrosion of hot-dip galvanized steel in chloride containing environments; Mater. Corros., 2014, 871–880

[11] K. Bobzin, M. Öte, T. F. Linke, X. Liao, J. Sommer: Untersuchung des Einflusses der Substrattopographie auf die Haftzugfestigkeit thermisch gespritzter Beschichtungen; Tagungsband zum 18. Werkstofftechnischen Kolloquium, 2016

[12] K. Bobzin, M. Öte, T. F. Linke, X. Liao: Influence of Process Parameter on Grit Blasting as a Pretreatment Process for Thermal Spraying; J. Therm. Spray Tech., 2015, DOI: 10.1007/s11666-015-0297-0

Kontakt

 

 

 
 
 

Relevante Unternehmen

Video(s) zum Thema

Werbepartner

Links zu diesem Artikel

Aus- und Weiterbildung

Top