In Folge der REACh-Verordnung muss der Einsatz von bisher gängigen Werkstoffsystemen auf mögliche Alternativen überprüft werden. Dies gilt beispielsweise für Chrombeschichtungen. Da galvanisch abgeschiedenes Chrom ein multifunktionaler Werkstoff ist, müssen im Falle eines Entfallens eine Reihe von Alternativsystemen die bisher erbrachten Eigenschaften leisten. Dadurch müssen sich sowohl die Beschichtungsunternehmen als auch die Kunden der Beschichter auf die veränderten Rahmenbedingungen einstellen.
Alternative Materials not a Problem – or are they ?
As a consequence of REACh legislation, some materials that have long been used, are no longer permitted and possible alternatives must be sought and evaluated. Electroplated chromium coatings are one example of this. Given that this was very much a multi-purpose coating, no single substitute might exist and instead, a range of alternatives need to be identified, having comparable properties. To do this.not only Metal Finishers but also their customers will have to adapt to the changed circumstances .
Im Zuge der Chemikalienverordnung REACh stehen derzeit vor allem die Verbindungen des sechswertigen Chroms im Mittelpunkt zahlreicher Diskussionen [1-7; Hinweis: nur eine Auswahl der Beiträge zum Thema]. Für die Oberflächentechnik zur Herstellung von metallischen Schichten ist die als toxisch eingestufte Chromsäure eine der wichtigsten Substanzen zur Herstellung von Chromschichten. Chromschichten sind sowohl auf Metall- als auch auf Kunststoffsubstraten in vielen Bereichen des täglichen Lebens als funktionelle und als dekorative Oberfläche in Gebrauch.
Insbesondere beim Einsatz als dekorative Schichten wäre es denkbar, dass die europäischen Behörden den Einsatz von Chromsäure erheblich erschweren, da die erforderliche hohe Notwendigkeit der Endprodukte (in diesem Fall eine dekorative Chromschicht aus konventionelle Elektrolyten auf Basis von Chrom(VI)) nur schwer zu vermitteln ist. Die Eigenschaft dekoratives Erscheinungsbild ist eben eine vom Zeitgeist mitgetragene Größe, die sich schnell ändern kann. Dies erfahren wir in unserer schnelllebigen Zeit fast täglich. Es kann also als mögliches Szenario angenommen werden, dass Chromschichten in einer dekorativen Funktion nicht oder nur noch sehr beschränkt verwendbar sind, Chrom also für derartige Anwendungen zu ersetzen ist. Automobilhersteller stellen derartige Überlegung bei der Konzeption neuer Modelle bereits an, wie im Rahmen der kürzlich stattgefundenen Tagung Stuttgarter Automobiltag zu vernehmen war [8].
Auf den ersten Blick würde dies nur die Hersteller der galvanischen Chromschichten, also Betriebe der Galvanotechnik betreffen. Genauer betrachtet sind aber vor allem die Kunden der Beschichtungsbranche betroffen, da sie sich auf die dann verfügbaren Alternativen mit veränderten Eigenschaften einstellen müssen. Dazu wird nachfolgend ein knapper Einblick über die Eigenschaften bisherigen Chromoberflächen und mögliche Alternativen an Produktbeispielen gegeben.
Dekoration ist vor allem Glanz
Der Glanz dekorativer Chromschichten ist eines der markantesten und von jedem Nutzer erkennbaren Merkmale von galvanisch hergestellten Chromschichten. Vor allem im Sanitärbereich oder bei Fahrzeugen sind sie für das ansprechende Äußere von Metallteilen und solchen, die als Metallteile erscheinen sollen (vor allem die zahlreichen galvanisch beschichteten Kunststoffe), ausschlaggebend. Der Glanz einer Metalloberfläche ist in der Regel von der Rauheit der Oberfläche abhängig, durch die das Licht gerichtet reflektiert wird.
Darüber hinaus wird der Glanz bei Metalloberflächen für das menschliche Auge durch die bei Lichteinfall auftretende Farbe beeinflusst. Bei galvanisch abgeschiedenem Chrom erscheint die Oberfläche schwach blau-metallisch. Bei Platin oder Edelstahl wirkt die Oberfläche leicht grau, bei Nickel schwach gelblich oder bei Rhodium weiß-metallisch. Dabei tritt der blau-metallische Farbton nur bei Chrom aus den bisher üblichen Chromelektrolyten auf
Basis von Chrom(VI) auf. Das galvanische Alternativprodukt, Chrom aus Chrom(III)elektrolyten, zeigt einen Farbton, der eher dem von Edelstahl entspricht. Durch spezielle Zusätze zu den Abscheideverfahren kann die Farbe – zumindest für physikalische Messverfahren – weitgehend denen von Schichten aus Chrom(VI)elektrolyten angenähert werden. Die Abscheidetechnik wird allerdings deutlich aufwendiger und damit auch kostenintensiver [9]. Für Menschen mit guter Farbwahrnehmung verliert das Alternativprodukt aus Chrom(III)elektrolyten an Brillanz, was sich insbesondere an größeren planen Flächen, wie sie für die Sanitärindustrie typisch sind, an Brillanz. Die geringe Rauheit als Ausgangsgröße zur Erzeugung von Glanz stammt im übrigen vom Untergrund, indem das Grundmaterial poliert und zudem glanzerzeugende Galvanikschichten (z.B. Hochglanzkupfer und -nickel) als Unterschichten für Chrom verwendet werden. Die Chromschicht selbst ist für dekorative Schichten lediglich zwischen 0,2 µm und etwa 1,5 µm dick.
Als weitere Alternative für galvanische Chromschichten könnte mittels PVD-Verfahren (physical vapour deposition) Chrom aufgebracht werden. Allerdings lassen sich hiermit ebenfalls keine blau-metallischen Oberflächen erzeugen. Zudem wird die Verfahrenstechnik zur Schichterzeugung aufwendiger, da ein galvanischer Unterbau erforderlich ist, also die Herstellung mit zwei vollständig voneinander abweichenden Verfahren erzeugt werden. Seit einigen Jahren sind zudem Lackschichten mit Chromeffekt verfügbar, die aber ebenfalls keinen blau-metallischen Farbeffekt besitzen.
Dekoration erhalten durch Kratzbeständigkeit
Insbesondere bei Oberflächen im Sanitärbereich sind auch nach vielen Jahren im Gebrauch keine Oberflächenschäden durch Kratzer festzustellen. Diese sehr gute Nutzerfreundlichkeit kann auf die hohe Härte von galvanisch aus Chrom(VI)elektrolyten abgeschiedene Schichten zurückgeführt werden. Bereits das Alternativverfahren auf Basis von Chrom(III)elektrolyten ergibt keine vergleichbar harten Oberflächen. Es kann davon ausgegangen werden, dass die Oberflächen wesentlich schneller Gebrauchsspuren aufweisen können. Ursächlich hierfür können Unterschiede im Mikrogefüge der Chromschicht sein, beispielsweise durch geringe Anteile an Begleitstoffen, die in das Metallgefüge eingebaut werden. Die Änderung des Elektrolyten verändert Aufbau und Zusammensetzung der Chromschicht mit veränderten mechanischen Eigenschaften.
Auch Chromschichten aus PVD-Verfahren weisen eine geringere Kratzbeständigkeit auf. Hier ist es möglich, durch Variation des Verfahrens sehr dünne und kaum erkennbare Chromverbindungen (mit Stickstoff oder Sauerstoff) zu erzeugen, durch die die Kratzbeständigkeit stark erhöht wird und unter Umständen noch höher als bei galvanisch abgeschiedenem Chrom ist.
Adhäsion
Vor allem bei Anwendungen im Sanitärbereich fällt auf, dass Chromoberflächen einfach sauber zu halten sind. In der Regel können dünne Ablagerungen an Kalk mit geringer Kraftaufwand abgerieben werden. Da Chromoberflächen eine hohe Kratzbeständigkeit besitzen, erleidet die Oberfläche auch durch Einwirkung von Scheuermittel keine nachteilige Beeinträchtigung. Ebenso lassen sich Trockenflecken als Rückstände von Feuchtigkeit ohne große Mühe entfernen.
Vergleichbar gute Eigenschaften besitzen beispielsweise Hartstoffschichten, die mit Hilfe von PVD-Verfahren aufgetragen werden. Lacke, soweit sich dort Trockenrückstände oder Kalk ablagern, können beim Reinigen leicht beschädigt werden. Dabei auftretende Kratzer erhöhen die Haftung von Rückständen und neigen dabei stärker zum Verschmutzen. Lacke stellen zudem für biologischen Bewuchs einen deutlich besseren Haftgrund dar, als dies beispielsweise für Chrom- oder Edelstahloberflächen der Fall ist.
Beständigkeit gegen Korrosion
Die Schichtkombination aus Nickel und Chrom auf Metalluntergründen sowie auf Kunststoffen stellt neben Zink und Zinklegierungen auf Eisenwerkstoffen eines der wirksamsten Systeme gegen Korrosion dar. Dies beruht zum einen auf der hohen chemischen Beständigkeit von Chrom gegen die meisten Korrosionsmedien. Zum anderen ergibt sich durch die Kombination aus Nickel und Chrom eine elektrochemische Metallpaarung mit relativ geringer Potenzialdifferenz. Da ein Korrosionsangriff in der Regel nicht gänzlich unterbunden werden kann, sondern nur soweit vermindert, dass die Schädigung eines Bauteils gering bleibt, stellt die Beschichtung aus Nickel und Chrom ein sehr effizientes System dar [10, 13].
Lediglich unter Einwirkung von Calziumchlorid – der Fall der sogenannte Russland-Korrosion – wird Chrom mit hoher Geschwindigkeit aufgelöst und das gesamte Schutzsystem versagt. Hier zeigen die aus Chrom(III)elektrolyten abgeschiedenen Schichten deutlich bessere Eigenschaften, wie beispielsweise der Fachverband Galvanisierte Kunststoffe (FGK) in aufwendigen Versuchen bestätigt hat [11, 12].
PVD-Schichten mit hoher Härte bestehen in der Regel aus Oxiden, Nitriden und Carbiden verschiedener Metalle. Diese verhalten sich in Kombination mit einem anderen Metall, also beispielsweise einem Stahlsubstrat oder auch einer galvanisch abgeschiedenen Nickelschicht, ähnlich wie eine Edelmetallschicht. Da harte Beschichtungen stets Risse aufweisen und herstellungsbedingt Poren erfolgt an diesen Stellen eine verstärkte Korrosion des Untergrundwerkstoffes. In Folge dessen wird die Oberfläche mit Korrosionsprodukten bedeckt (visuell sichtbarer Fehler) und bricht mit fortschreitender Korrosion ein.
Lacke sind je nach Art mehr oder weniger durchlässig für Feuchtigkeit und Gase. Vor allem unter Einwirkung von Chloriden oder Schadgasen wie Schwefeldioxid kann hierbei nach relativ kurzer Zeit eine sichtbare Korrosion des Grundwerkstoffes mit Ablösen der Lackschicht erfolgen. Der Effekt wird durch Schädigung des Lackes unter UV-Einstrahlung zudem verstärkt.
Alternativen mit Sorgfalt wählen
Galvanisch abgeschiedene Chromschichten sind bereits seit etwa 100 Jahren in breitem Umfang für dekorative und funktionelle Anwendungen im Einsatz. Sie verfügen über zahlreiche besondere Eigenschaften, die sie bekanntermaßen zu einem All-round-Produkt machen [14]. Ganz besonders vorteilhaft ist der einfache Aufbau und der universelle Einsatz der herkömmlichen Elektrolyte auf Basis von Chrom(VI)verbindungen. Aufgrund der REACh-Verordnung sind die Beschichter trotzdem gezwungen, an Alternativen zu arbeiten. Hierbei sind die vor allem die Kunden der Beschichter gefragt, da diese die Anforderungen an die beschichteten Oberflächen definieren müssen.
Der hier vorgenommene knappe Blick auf einige der zahlreichen Eigenschaften von Oberflächen, wie sie bisher von Chromschichten in bester Art und Weise erfüllt wurden, macht klar, dass es wohl kaum ein direktes Äquivalent geben wird. Vielmehr werden in Zukunft verschiedene Arten an Beschichtungen und Oberflächenbehandlungen notwendig sein, um die Eigenschaften der Produkte in gleicher Weise wie bisher erfüllen zu können [8] – dabei sind die Kosten in der vorliegenden Betrachtungen unberücksichtigt geblieben.
Die Kunden hochwertiger Beschichtungen – vor allem die Automobilhersteller und die Sanitärindustrie – werden in nächster Zeit erhebliche Anstrengungen unternehmen (müssen), um die bestmöglichen Oberflächen auszuwählen. Unter Umständen wird es sich zeigen, dass Lacksysteme [15], neue galvanische Systeme wie beispielsweise Zinn-Nickel-Legierungen mit guten Voraussetzungen als Chromersatz [16] oder auch PVD-Hartstoffschichten – die alle noch erheblich weiter entwickelt werden müssen – durchaus vergleichbare Eigenschaften wie Chromoberflächen besitzen. Auf jeden Fall werden allen Beteiligten Kompromisse ebenso abverlangt wie eine intensive Zusammenarbeit.
Literatur
[1] M. Zimmer: Chrom – objektiv betrachtet; WOMag 12/2013
[2] N. N.: REACh als Herausforderung für galvanisch abgeschiedenes Chrom; WOMag 3/2013
[3] N. N.: REACh und Chrom(VI) – der erste Schritt ist getan; WOMag 2/2014
[4] Ch. Matheis: Chrom 2020 – Kunststoffgalvaniken auf dem Weg zur Autorisierung; 2/2015
[5] M. Zöllinger: Galvanische Verchromung –die Entwicklungen sind im Gange! WOMag 12/2015
[6] M. Zimmer: REACh – Welche Schutzwirkung ist erreichbar? WOMag 10/2014
[7] S. Jacob: Chromtrioxid – Was tun? WOMag 10/2015
[8] N. N.: Leistungsträger Oberflächen im Automobil; WOMag 7-8/2016
[9] M. Jordan: Chromabscheidung aus Chrom(III)elektrolyten; WOMag 12/2013
[10] Lausmann, Unruh: Die galvanische Verchromung, 2. Auflage 2006, Leuze-Verlag, Bad Saulgau, Seite 240ff
[11] N.N.: Chrom 2020; WOMag 12/2015
[12] Ch. Matheis: FGK-Tagung – Chrom 2020...; WOMag 2/2015
[13] K. Müller: Lehrbuch der Metallkorrosion; Leuze Verlag 1993, Saulgau; Seite 103ff
[14] Dettner, Elze: Handbuch der Galvanotechnik; Carl Hanser Verlag, 1966; Band II, Seite 151ff
[15] M. Banghard, K. Silmy, R. v. Metzen, V. Bucher: Korrosionsschutz von Edelstahl mit neuartigem Schichtdesign; WOMag 12/2015
[16] S. Heitmüller, M. Tröster, M. Funk, W.-A. Heiß, S. Klingelstein, R. Freudenberger: Dringend gesucht: Ersatz für funktionelle Hartverchromung; WOMag 4/2014