Optimierte Nachbehandlungsverfahren für die Anwendung in der Bandgalvanik

Oberflächen 07. 10. 2016

Anlaufschutz für Elektronikbauteile: einfach, schnell, sicher – Umicore Galvanotechnik optimiert Nachbehandlungsverfahren für die Anwendung in der Bandgalvanik

Von Friedrich Talgner und Robert Ziebart, Umicore Galvanotechnik GmbH

Die Preise für Edelmetalle sind in den letzten Jahren enorm gestiegen. Unter anderem haben sich die Beschaffungskosten für Gold in den vergangenen zehn Jahren drastisch erhöht. Lag der Preis für ein Kilogramm Gold vor rund zehn Jahren noch unter 20 000 Euro, so liegt er mittlerweile auf einem Niveau von 40 000 Euro.

Insbesondere in den wettbewerbsintensiven Märkten für Elektronikprodukte sind daher fast alle Hersteller bemüht, ihre Edelmetallkosten zu reduzieren. Dazu werden beispielsweise Schichtdicken reduziert, neue Legierungszusammensetzungen­ ­getestet, Elektrolyte mit selektiverer Abscheidung verwendet oder Teile der Komponenten, die keinen Edelmetallauftrag benötigen, werden immer aufwändiger maskiert.

Außerdem setzen Produzenten zunehmend auf Anlaufschutzverfahren. Diese Nach­behandlungsprozesse müssen – bei deutlich geringeren Schichtdicken – die sensibleren Oberflächen schützen. Dabei dürfen sich technische Eigenschaften der Endoberflächen – wie Kontaktübergangswiderstand, Verschleißbeständigkeit sowie Löt- und Bondbarkeit – nicht verschlechtern. Außerdem gilt: Viele standardisierte Elektronikprodukte, vor allem Steckverbinder und Smartcards, werden in hohen Stückzahlen gefertigt. Das Gesetz der Serien­produktion fordert auch für die galvanische Beschichtung einen möglichst kurzen Zeitaufwand, also hohe Volumina pro Zeiteinheit.

Dies lässt sich auch in automatisierten Durch­laufanlagen bei kurzen Kontaktzeiten­ erzielen. Herkömmliche Nachbehandlungs­verfahren kommen unter derartigen Bedingungen an ihre Grenzen. Nach einer umfangreichen Produktentwicklung bietet die Umicore Galvanotechnik eine neue, optimierte ­Generation von Anlaufschutzprozessen an.

Hervorragende Ergebnisse mit elektrolytischen Verfahren

Im Zuge der Neuentwicklung erfolgte ein Benchmark-Vergleich bekannter Verfahren­ und Wirksubstanzen bei Umicore. Die Optimierung der Wirkstoffe und neue Zusätze steigerten die Schutzleistung deutlich. So zeigte speziell die elektrolytische Anwendung erhebliche Vorteile. Im Vergleich zum reinen Tauchverfahren lassen sich Schichten mit Strom sehr viel dichter und kompakter abscheiden. Zudem sorgen die Additive dafür, dass die Schutzschicht in wenigen Sekunden vollständig ausgebildet ist. Damit ist das Verfahren ideal für Bandgalvaniken.

Weitere Untersuchungsergebnisse belegen, dass die neue Anlaufschutzgeneration die Leistungsfähigkeit von herkömmlichen Verfahren deutlich übertrifft.

Korrosionstests bestätigen hervorragende Schutzeigenschaften

Um Korrosions- und Anlaufschutzleistung zu prüfen, wurden Silberoberflächen getestet. Silber reagiert generell sehr sensibel auf schwefelhaltige korrosive Medien und ist somit ideal zur Bewertung von Schutzleistungen geeignet. Üblicherweise werden in der Industrie Sulfidtests (z. B. mit 2 % bis 5 % Kaliumsulfid oder 2 % bis 3 % Ammoniumsulfid) bei unterschiedlichen Prüfzeiten verwendet; Verfärbungen der Silberoberfläche sind nicht zulässig.

Bei Umicore konnten die Prüfzeiten, bedingt durch die verbesserte Anlaufbeständigkeit, deutlich verlängert werden, um stärkere Belastungen des Schichtsystems zu simulieren. Zur Bewertung der Anlaufschutzleistung wurden silberbeschichtete, passivierte Teile in zweiprozentigen Kalium­sulfidlösungen geprüft. Beim Standardprodukt (Umicore Anlaufschutz 614) zeigen sich nach zwei Minuten erste Verfärbungen der Oberflächen. Im Vergleich dazu bestanden Teile mit dem neuen Anlaufschutzverfahren deutlich längere Prüfzeiten von sieben Minuten, bis erste Anzeichen von Verfärbungen erkennbar waren und das Korrosionsmedium einen Angriff auf die Silberoberfläche bewirkte.

Geringerer Reibkoeffizient – verbesserte Gleiteigenschaften

Um den Reibkoeffizient auf Steckkontakten zu ermitteln, wurden unbehandelte und nachbeschichtete Silberoberflächen mit einem Hartgoldniet als Gegenpartner geprüft. Die Messung erfolgte mit einem UNAT-Nanoindenter von Zwick/Asmec. Mit dem neuen ­Anlaufschutz sank der Reibkoeffizient um bis zu 95 % und somit konnten die Gleiteigenschaften enorm verbessert werden.

Eine grundlegende Anforderung an Anlaufschutzsysteme ist, dass die elektrische Funktionalität, zum Beispiel eines Steckverbinders, durch die zusätzliche Schicht nicht verändert wird. Daher wurde untersucht, wie die Anlaufschutzschichten – je nach Tauchzeit und Konzentration – den Kontaktwiderstand beeinflussen. Die Messung erfolgte mit dem Messgerät Kowi 3001 (WSK-Messtechnik). Als maximal zulässiger Grenzwert wurde ein Wert von 10 mΩ definiert. Sowohl das Referenzmuster als auch die passivierten Oberflächen mit unterschiedlichen Konzentrationen und Zeiten blieben alle deutlich unter diesem Grenzwert. Eine spürbare Zunahme des Übergangswiderstands wurde nicht beobachtet.

Keinen Einfluss auf Bond- und Lötbarkeit

Auch bei der Untersuchung der Bond- und Lötbarkeit ließen sich überzeugende Ergebnisse erzielen. Bei Golddraht-Bond-Abzugstests übertrafen alle Versuchsmuster die Zielvorgaben der DVS-Spezifikation 2811 mit mehr als der doppelten Abzugskraft. Der Einfluss auf die Lötbarkeit wurde über Lötwaagentests ermittelt. Als Referenz wurde die Zero-Cross-Time betrachtet. Sie belegt, dass alle passivierten Silberoberflächen die Anforderungen von IEC-60068-2-58 erfüllen. Im Vergleich zu unbeschichteten Referenzproben zeigt sich keine Veränderung durch die Passivierungsschicht. Der Anlaufschutz hat somit keinen Einfluss und ist daher für Lötanwendungen bestens geeignet.

Schließlich erfolgte noch eine eingehende Prüfung der optischen Eigenschaften, wie Reflexion, GAM-Wert und Farbe. Die Messungen zeigen eindeutig, dass die optischen Eigenschaften durch die neuen Anlaufschutzverfahren nicht beeinflusst werden.

Verbesserter Korrosionsschutz für Hartgoldschichten

Im Verlauf der Untersuchungen betrachtete Umicore auch passivierte Hartgoldschichten im neutralen Salzsprühnebeltest (NSS-Test nach DIN-EN ISO 9227-NSS). Zur Simulation wurden Prüflinge mit Nickel-Gold-Schichten bei typischen Prozesszeiten für Bandgalvanikeinsatz von nur 5 s mit Sealing 691 elektrolytisch nachbehandelt.

Bereits sehr dünne Hartgoldschichten (nur 0,05 µm) zeigten nach 72 Stunden im neutralen Salzsprühtest (NSS) noch einen guten Oberflächenzustand, während die Referenzproben ohne Nachbehandlung mit deutlich ausgeprägten Korrosionserscheinungen komplett ausfielen.

Die neue Generation von Umicore-Anlauf­schutzprozessen bietet dem Anwender daher ein bislang nicht erreichtes Maß an Korrosionsbeständigkeit. Die Untersuchungsergebnisse zeigen, dass die elektrischen Eigenschaften der Funktionsoberflächen unbeeinflusst bleiben und sich zusätzlich mechanische Eigenschaften, wie zum Beispiel das Gleitverhalten, sogar deutlich verbessern lassen.

Das Produkt Umicore Sealing 691 enthält keine Additive wie FCKW, CKW, KW und Chrom. Es wird in einem wässrigen System verwendet und ist komplett frei von Lösemitteln.

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