Durchlaufgalvanik – Ein Sonderfall in der Galvanotechnik

Oberflächen 10. 12. 2016

Von Oliver Brenscheidt, ON Metall GmbH, Sundern/Arnsberg

Mittels der Technologie der Durchlaufgalvanik werden Endlosprodukte wie Bänder und Drähte in hohen Mengen beschichtet. Daraus entstehen heute insbesondere unverzichtbare Teile oder Systeme für den Einsatz in der Elektrotechnik, wobei allerdings nur eine überschaubare Anzahl an Unternehmen aktiv ist. Sowohl für die Beschichtung von Bändern als auch von Drähten gelten spezielle Anforderungen an die Ausgangsprodukte als auch die Anlagentechnologie, was ein Grund für die beschränkte Anzahl an Anbietern auf dem Markt ist. Beispielsweise eine weiter steigende Standardisierung aber auch strengere gesetzliche Vorgaben tragen dazu bei, dass Kapazitätsanpassungen vorwiegend durch vorhandene Unternehmen realisiert werden.

Continuous Plating – A Special Case in Electroplating

Continuous electroplating technology allows the cost-effective coating of endless products such as strip or wire. Included in this category are some vital components and systems used in electronics or electrical engineering. However, that said, only a limited number of companies actually carry out this type of process. Both in respect of coated strip and wire, special requirements are demanded of the finished product and the equipment used in its production. This is largely the reason for the somewhat limited number of companies offering such processes. An increasing degree of standardisation and also stricter legislative requirements mean that demand for such products is largely matched by existing production facilities.

1 Durchlaufgalvanik – Charakterisierung

Die Galvanotechnik gilt in der Regel als Schlüsseltechnologie unter der Vielzahl an Produktionstechniken. Grund dafür ist die Tatsache, dass eine große Zahl an Produkten ohne eine spezielle Beschichtung oder Oberflächenbehandlung ihre Funktion beziehungsweise Eigenschaft nicht oder nur in eingeschränktem Maße erfüllen kann. Darüber hinaus gibt es einige oberflächentechnische Verfahren, die sich durch Besonderheiten in Bezug auf die Durchführung auszeichnen. Dazu zählt die Durchlaufgalvanik, was mit den vorliegenden Ausführungen begründet und näher beleuchtet wird.

Im Bereich der Galvanik in Deutschland ist generell eine lange gewachsene Tradition des nicht miteinander Sprechens festzustellen. Es scheint der gefühlte Wunsch aller Beteiligten zu sein, sich gegeneinander abzugrenzen. Insofern ist die Sonderstellung eines jeden Mitstreiters aus der Historie heraus begründet. Es ist wohl der Globalisierung geschuldet, dass national ein Umdenken erfolgt und inzwischen viele Teilbereiche der Oberflächentechnik in gewissen Bereichen zusammenarbeiten. Der Schulterschluss in VECCO zur Bewältigung der Anforderungen im Hinblick auf ein Verbot von Chrom(VI) durch die EU-Gesetzgebung ist hier ein erstes Beispiel.

Ziel der galvanischen Metallabscheidung ist stets die Aufwertung oder funktionelle Erweiterung einer Oberfläche. Dabei wird in einem sogenannten Elektrolyten, meist eine wässrige Lösung von Metall- und Leitsalzen, mittels eines Gleichstroms, Material von einer Elektrode auf das Werkstück aufgebracht. Das Metall löst sich von der Elektrode (Anode) ab, geht in die Lösung und scheidet sich auf dem kathodisch geschalteten Werkstück ab. Im klassischen Fall der Galvanotechnik wird das Werkstück dabei von einer Prozessstufe zur nächsten verbracht. Dies kann im Rahmen der Handgalvanik manuell erfolgen. Üblicher ist die Bearbeitung einer Vielzahl von Werkstücken, die an Gestellen befestigt sind oder sich in Behältnissen wie Trommeln oder Körben befinden, und mit Kränen durch eine Anlage transportiert werden. Grundlegendes Prinzip ist aber immer der ruhende Elektrolyt und das bewegte Werkstück.

Kennzeichnendes Hauptmerkmal der Durchlaufgalvanik ist nun aber die Tatsache, dass das Werkstück selbsttätig durch die Anlage hindurchfährt beziehungsweise über einen irgendwie gearteten Mechanismus gezogen wird. Hierzu ist es nötig, dass das zu beschichtende Material in einer endlosen, gewickelten Form vorliegt, zum Beispiel Draht auf einer Spule oder als Bandcoil. Eine Ausnahme bilden die sogenannten Stromschienen, die zum Teil ebenfalls im Durchlauf beispielsweise verzinnt werden, aber vor und nach der Beschichtung als Einzelstücke vorliegen und für den Prozess kurz verkettet werden (beispielsweise durch Verschweißen).

Die Anlagentechnik hingegen unterscheidet sich sehr deutlich von der konventionellen Galvanik. Im Rahmen der konventionellen Galvanotechnik finden sich unter anderem im Allgemeinen Fertigungslinien mit einer Länge von 15 Metern bis 30 Metern. Bandanlagen erreichen eine produktive Länge von bis zu 120 Metern. Auch ist die Technonologie dieser Systeme häufig deutlich komplexer und erreicht einen weit höheren Automatisierungsgrad. Dieser hohe Grad an Automatisierung stellt neben der für den Endlosbetrieb nötigen Wickeltechnik hohe Anforderungen an den Aufbau dieser Systeme.

     

 

Infrage kommen hier also im Grunde nur solche Substrate, die im Rahmen ihrer Herstellung ohnehin in quasi endloser Form gefertigt werden. Dies sind drei Materialklassen:

  • Draht
  • Band
  • Rohr

2 Geschichtliches

Historisch entstand die Technologie der Durchlaufgalvanik aus einer Kombination aus galvanotechnischer Verfahrenstechnik und Drahtzug, also der Weiterverarbeitung von sogenannten Gießwalzdrähten. Durch die räumliche Nähe zur deutschen Eisendrahtwiege im Raum Ihmert/Altena im Märkischen Kreis unweit des Ruhrgebiets, war die Technik des Drahtzugs und die damit verbundene Kompetenz der Materialwicklung in der Region bestens bekannt. Bereits 1919 gründete Otto Brenscheidt sen. seine Galvanische Anstalt. Der gelernte Metallfärber war recht früh mit der damals neuen Technik der Metallabscheidung, der Galvanotechnik, in Berührung gekommen. Sein Sohn Ernst F. Brenscheidt kombinierte schließlich die beiden Technologien in den 1920er Jahren.

 

Historische Aufnahme der ersten Durchlaufanlage bei Otto Brenscheidt und Blick in die heutige Produktion zur Bearbeitung von Drähten und Bändern

 

Stand zunächst der Korrosionsschutz von Eisendrähten, die für die Verwendung im Zaunbau, der Möbelindustrie sowie bei der Verwendung innerhalb der Herstellungsprozesse bei mechanischen Federn vorgesehen waren, im Vordergrund, so ist es heute die Elektrotechnik und Elektronik in Verbindung mit dem Fahrzeugbau, der als wichtigster Abnehmer und Technologietreiber dieses Segments der Galvanotechnik befeuert.

Den größten Teil decken aktuell die sogenannten Bandgalvaniken ab. Hierbei läuft ein Metallband als Voll- oder Stanzband durch die verschiedenen Lösungen (z.B. Beizen oder Spülpositionen) und Elektrolyte (z.B. Entfettung oder Metallabscheidung). Einen enormen Schub erhielt dieser Industriezweig in den frühen 1970er Jahren, als erste sogenannte Selektivtechniken zum Einsatz kamen. Hier wird das Metall an der Oberfläche nicht mehr auf der gesamten äußeren Fläche des Materials abgeschieden, sondern das Beschichten auf funktionell relevante Stellen des Materials beschränkt. Die so ermöglichten Einsparpotenziale im Bereich der Edelmetallabscheidung waren enorm. Vor allem durch diese Möglichkeit der Kostenreduzierung erhält diese Branche bis heute mit jeder Verteuerung insbesondere der Edelmetalle beispielsweise in Boom-Zeiten neuen Schwung.

3 Betriebswirtschaftlicher Aspekt

Der Aspekt der Kostenreduzierung bei der Bandbeschichtung führt zu der Fragestellung, ob auch die Durchlaufgalvanik aus betriebswirtschaftlicher Sicht ein Sonderfall der Branche sein könnte.

Für den Versuch, sich den betriebswirtschaftlichen Zahlen dieser Branche zu nähern, zeigt die Klassifikation der Wirtschaftszweige, der sogenannte WZ-Code, einen möglichen Weg auf. Der aktuelle WZ-Code in der Version von 2008 des Statistischen Bundesamts DESATIS ordnet die Galvanotechnik in die Oberflächentechnik und Wärmebehandlung (Klasse 25.61) ein. Eine Recherche beim Bundesanzeiger beziehungsweise der Creditreform listet über 3500 Unternehmen in dieser Klasse auf. Unter der gleichen Klassifizierung werden aber auch Härtereien, Eloxalbetriebe, Pulverbeschichter, Feuerverzinker, Betriebe aus dem Bereich der mechanischen Oberflächenbearbeitung, Lackierer und sonstige Beschichter mit organischen Schichten und sogar Beflockungsunternehmen gelistet, was eine klare Eingrenzung auf die Betriebe der Galvanotechnik sehr aufwändig macht.

Eigene Analysen zeigen, dass es sich um etwa 1300 Unternehmen handelt, die direkt im Bereich der elektrolytischen Beschichtung tätig sind.

Erschwerend auf die Auswertung des Zahlenwerks der einzelnen Betriebe wirkt sich aus, dass einige größere Lohngalvanikunternehmen aus dem Bereich der Durchlaufbeschichtung entweder Teil einzelner Unternehmen sind oder aber die Selbstklassifizierung in andere Bereiche gewählt haben. Diese Unternehmen tauchen in obigen Daten überhaupt nicht auf und müssen manuell hinzugerechnet werden. Eine Abschätzung des Anteils der Galvanotechnik beispielsweise anhand des Gesamtumsatzes der Klasse 25.61 ist sehr vage, da natürlich keine Zahlen hierzu öffentlich zugänglich sind. Eine Annäherung erlaubt die Kenntnis über die Anzahl und Möglichkeiten der installierten Maschinen, die dem Autor größten Teils vorliegen.

Zu guter Letzt ist eine Vielzahl von Linien, Teil von innerbetrieblichen Anlagen zum Beispiel namhafter Steckverbinderhersteller wie TE, Phoenix oder Harting, in die Berechnungen aufzunehmen.

Unter Berücksichtigung dieser Umstände verbleiben 34 Unternehmen, von denen nur 11 unter den WZ-Code 24.61 einzuordnen sind. Somit haben die Unternehmen im Bereich Durchlaufgalvanik durchaus eine Sonder- beziehungsweise eine Nischenstellung innerhalb der Galvanotechnik (nähere Angaben zu wichtigen Unternehmen der Branche werden in Kürze auf der Internetseite des Autors zu finden sein unter:
www.on-metall.de beziehungsweise unter: www.oliver-brenscheidt.de).

Fachleute schätzen, dass der deutsche Markt der Durchlaufgalvaniken im Jahr 2014 einen Gesamtumsatz von etwa 650 Mio. € erwirtschaftet. Dies entspricht circa 1 ‰ des Brutto-Inlandprodukts des sogenannten verarbeitenden Gewerbes. Dabei wird insbesondere im Bereich der Bandveredelung der Umsatz durch die eingesetzten Edelmetalle deutlich aufgebläht. Die tatsächliche Wertschöpfung liegt wahrscheinlich bei weniger als 50 %.

3.1 Werkstoffe für Substrat und Beschichtung

Ein weiterer interessanter Punkt betrifft die in der Durchlaufgalvanik zum Einsatz kommenden Metalle. Als Basismaterial finden sich alle Industriemetalle in den Anlagen wieder. Neben Eisen und Kupfer, sowie deren Legierungen, werden inzwischen auch Aluminiumdrähte und -bänder im industriellen Maßstab veredelt (Tab. 1). Ebenso finden sich die meisten aus der klassischen Galvanotechnik bekannten Schichtmetalle:

  • Zinn (zudem nach wie vor Zinn/Blei)
  • Silber
  • Gold (zur Steigerung der Härte auch mit Kobalt oder Nickel legiert)
  • Nickel (matt oder halb-glänzend, teilweise mit Phosphor legiert)
  • Zink
  • Palladium (auch als Palladium/Nickel-
    Legierung)
  • Zinn/Zink (Messing)
  • Weißbronze (Kupfer/Zinn/Zink-Legierungen, zum Teil mit Nickel)

Es gibt aber auch Metalle, die sich auf diese Weise nicht abscheiden lassen. Ein Ausscheidungskriterium für Chrom ist beispielsweise seine hohe Härte. Da die Materialien nahezu alle nach der Bearbeitung noch durch das Wickeln gebogen werden müssen, können harte und spröde Schichten auf diese Weise nicht oder eben nur unter großem Aufwand realisiert werden. Auch hochglänzende Nickelschichten sowie die zum Teil sehr harten Nickel-Phosphor-Legierungsschichten fallen hierunter.

Im Hinblick auf die Notwendigkeit zur Beschichtung von Werkstoffen ist der Blick auf die Produkte zu richten. Um deren Herstellung mit Unterstützung der Durchlauftechnologien betreiben zu können, müssen diese in einer endlosen Form vorliegen. Das beschränkt den Einsatz auf die erwähnten Halbzeuge Draht, Band und Rohr.

Weiter muss das fertige Produkt entweder selbst endlos sein (z. B. in der Kabelfertigung) oder nach dem finalen Fertigungsprozess in hohe Stückzahlen gefordert werden. Dies ist im Bereich der Stanzbandveredelung gegeben. Hierbei wird ein metallisches Band nach einem vorgegebenen Muster vorgestanzt, jedoch erst nach der Veredelung (und vielfach einem weiteren Prozessschritt wie dem Umspritzen mit Kunststoff) vereinzelt.

3.2 Produktionsverfahren

Ziel jeder langjährigen Entwicklungsphase – auch die der letztgenannten Produkte – ist immer zunächst die Wirtschaftlichkeit, die natürlich den verantwortungsvollen Umgang mit endlichen Ressourcen, wie den Edelmetallen, sowie die Kostenreduzierung innerhalb der Fertigung an sich, beinhaltet. Ist diese ausgereizt, rücken neue Impulse, wie die Möglichkeit der selektiven Abscheidung nicht edler Metalle – wie Nickel und Zinn –, für die Kunden und Ingenieure in den Fokus.

Im Fall von Zinn beispielsweise ist Grund für letztere Entwicklung die Restpartikelanforderung der Automobilindustrie. Zinnschichten neigen dazu, im Rahmen der normalen Alterung Stäube und Partikel zu bilden. Diese können jedoch nachgelagerte Prozesse stören, da diese Partikel nur sehr lose auf der Oberfläche haften und somit leicht abfallen. Dies kann dann zu einer Verunreinigung der Produkte führen oder auch zu Störungen bei den Fertigungsanlagen bis hin zum Ausfall. Daher wird versucht, mehr und mehr den Einsatz von Zinn in sensiblen Systemen auf ein notwendiges Minimum zu reduzieren.

Ein weiteres Beispiel sind Löt- oder Schweißanwendungen. Hier werden zum Löten in einigen Fällen auf ein und demselben Werkstück unterschiedliche Technologien eingesetzt, die einerseits eine Unternickelung benötigen, diese andererseits aber verbieten. Hier werden selektive Unterschichten aufgetragen, um beide Techniken zu ermöglichen.

Als Technologie der selektiven Abscheidung seien hier das sogenannte Tauchtiefen-Verfahren sowie die diversen Abdecktechniken wie Abkleben, Lackieren oder Maskieren durch Einsatz spezieller Werkzeuge genannt. Im Bereich der Drahtfertigung werden solche selektiven Beschichtungen, insbesondere im Bereich der Silber- und Goldabscheidung, immer wieder vom Markt nachgefragt. Nach Kenntnis des Autors wurde aber nie eine Anlage in Betrieb genommen, die solche Abscheidungen realisieren konnte. Im Drahtbereich findet sich daher heute ausschließlich die vollflächige Beschichtung mit Zink, Nickel, Kupfer, Zinn, Silber und Gold. Diese Anlagen laufen zum Teil mit Geschwindigkeiten von deutlich über 1000 m/min.

In Richtung mikroskopisch kleiner Strukturen können mit den extremen Gleichgewichtszuständen, welche die Durchlaufgalvanik ermöglicht, immer weitere Einsparpotenziale erschlossen werden. So ist neben der immer weiter fortschreitenden Selektivierung der Abscheidungsflächen auch ein Trend zur Kostenreduzierung für Edelmetalle durch das Auftragen sehr dünner Schichten im Bereich < 0,1 µm zu beobachten. Dies gelingt durch die geschickte Kombination von verschiedenen Metallen in Mehrschichtsystemen.

3.3 Märkte

Insgesamt fällt auf, dass kaum Anbieter im Markt der Durchlaufgalvanik aktiv sind, deren Produktionsverfahren sich in weiten Teilen gleichen. Jeder hat sich im Laufe seiner Geschichte auf bestimmte Kundenkreise, zum Teil sogar auf bestimmte Kunden oder Marktsegmente beziehungsweise Technologien spezialisiert. Die Überschneidungen sind häufig sehr gering bis nicht vorhanden.

Standorte von Unternehmen für draht- und bandgalvanische Beschichtungen 

 

Im Bereich der Eisenfertigung werden zum rosten neigende Stähle häufig verzinkt. Das so entstehende System ist ein gutes Arbeitspferd für die Massenfertigung und deutlich günstiger als ein Einsatz von unbeschichteten Edelstählen und bestimmten Nichteisenmetallen (NE-Metalle). Auch Weißblechstrecken, also Maschinen die Eisenbänder verzinnen und diese anschließend thermisch aufschmelzen, erreichen zum Teil erhebliche Produktionsgeschwindigkeiten, die insbesondere mit Bezug auf die Abmessungen des Materials beeindruckend sind.

Hauptumsatzträger der Branche sind die Elektro- und Elektronikindustrie und die mit ihr eng verbundenen Fahrzeug- und Maschinenbauunternehmen. Ein weites Segment ist die Kontakttechnik, in der Zinn, Silber und Gold entscheidende Rollen spielen. Hier geht es um Löt-, Schweiß- oder Steckverbinder, die häufig im Automotive-Sektor ihren Einsatz finden. Aber auch im Gehäusebau oder der Signalübertragung kommen den Beschichtungen Schlüsselrollen zu.

Weitere wichtige Märkte sind aber nach wie vor Architektur und Interieur. Diese treten jedoch mit ganz anderen, eher dekorativen Ansprüchen an die Oberfläche und meist darauf spezialisierten Anbietern auf dem Markt auf. Schlussendlich stellt auch die Weißblechherstellung einen weiteren hoch spezialisierten Unterbereich in diesem Segment dar.

Aber es sterben auch Anwendungen aus oder werden in den Hintergrund gedrängt. War zum Ende des letzten Jahrhunderts das Vermessingen von Eisendrähten noch ein riesiger Markt, so finden sich in Europa heute keine (nennenswerten) Kapazitäten dieser Technologie mehr. Anwendung fanden diese Drähte in der Herstellung von sogenannten Stahlgürtelreifen. Dabei diente die Messingschicht als Haftvermittler zwischen dem Stahlmantel und dem Gummi des Pneus. Heute finden sich in den Karkassen der Reifen moderne Werkstoffe, die eine Veredelung weitestgehend überflüssig machen. Auch hat ein Großteil der Reifenfertigung Europa inzwischen verlassen.

Zwei weitere Randthemen im Bereich der Durchlaufgalvanik betreffen die Bandveredelung. Zum einen ist die Weißblechherstellung nach wie vor auch in Europa ein bedeutender Konsument für Zinn. Weiter spielt das dekorative Vermessingen von Eisenbändern für die Herstellung von Zieh- und Stanzteilen, zum Beispiel für die Sanitär-, Möbel- oder Leuchtenindustrie, eine wichtige Rolle.

4 Ausblick

In einer Studie aus dem Jahr 2007 [1]erzeugen die Lieferzeiten den größten Leidensdruck der Kunden, die allerdings trotzdem eine durchaus erstaunliche Treue gegenüber ihren Lieferanten beweisen.

In den letzten Jahren sind in Deutschland, aber auch im restlichen Europa, insbesondere im Segment der Bandveredelung, nennenswerte Anlagenkapazitäten geschaffen worden. Aktuell ist der Investitionsdruck, der durch zum Teil horrend lange Lieferzeiten innerhalb der Lohngalvaniken durch den Kundenandrang geschaffen wurde, allerdings deutlich geringer, als beispielsweise noch 2014. Hier ist zu erwarten, dass die Konsolidierungsphase weiter anhält. Dennoch ist die Umlaufdauer eines Lohnauftrags nach wie vor ein extrem heikles Thema, welches aber durch die neu geschaffenen Kapazitäten aktuell etwas abgemildert werden konnte.

Allerdings ist die Volatilität nur sehr schwierig in den Griff zu bekommen. Die Branche fungiert in wichtigen Teilen als reiner Lohnanbieter, der naturgemäß auf die Beistellung von Material durch seine Kunden angewiesen ist. Kommt es nun beispielsweise durch konjunkturelle Schwankungen bei den Herstellern zu Produktionsengpässen, schlägt diese vorübergehende Mangelsituation einige Wochen später mit gestiegenen Mengen, aber auch den Erwartungen der Kunden hinsichtlich Lieferfähigkeit zu großen Belastungen zu den Galvanikunternehmen durch. Diese können oft nicht schnell genug oder im Extremfall gar nicht auf diese Veränderungen reagieren und verstärken die Belastung in der Lieferkette weiter. Dieses Kernproblem ist folglich systematisch und kann nie völlig eliminiert werden. Einziger Ausweg wäre ein weiterer Ausbau der Kapazitäten, dem aber die enormen Kosten dieser Anlagen gegenüberstehen.

Ein weiteres Nadelöhr ist der hohe Spezialisierungsgrad der Unternehmen, aber auch der einzelnen Anlagen, der ein Ab- und Zuschalten weiterer Anlagen oder Lieferanten nachhaltig verhindert. Die Freigabe- und Qualitätsansprüche der Automobilindustrie tun ihr Übriges, indem Prozesswechsel ohne den Durchlauf der vollständigen Freigabekette nicht erfolgen dürfen und obige Reorganisationen nahezu unmöglich werden. Hier tun Kunden gut daran, schon zu Beginn einer Fertigung mehrere Lieferanten oder Anlagen zu qualifizieren, um im Falle von Engpässen oder bei Ausfällen überhaupt lieferfähig zu bleiben. Leider scheuen viele Kunden die durch mehrgleisiges Optimieren entstehenden Kosten. Der Druck der Automobilindustrie wird sich aber ausgehend von einigen Schlüsselteilen heute auf die gesamte Produktionskette ausweiten.

Durch die Schaffung der notwendigen Kapazitäten ist aber auch der dringende Aufwand großer und mittlerer Kunden, selbst in diese Technologie zu investieren, weiter deutlich gesunken. Es ist daher damit zu rechnen, dass die innerbetrieblichen Galvanikabteilungen nicht weiter an Bedeutung zunehmen.

Zum einen ist es schwierig mit einem begrenzten Produktspektrum für eine sinnvolle Auslastung der Anlagen zu sorgen. Zum anderen ist die Komplexität der Prozessführung und die Vielzahl behördlicher Auflagen heute ein guter Grund für viele Konzerne, auf eigenen Kapazitäten zu verzichten. Hier arbeiten die behördlichen Auflagen ausnahmsweise einmal als Schutzmechanismus für die Unternehmen, die über entsprechende Genehmigungen verfügen. Hierin besteht aber auch ein internationaler Wettbewerbsnachteil für den Standort Deutschland, da viele Galvanikunternehmen, auch im europäischen Ausland, diese Belastung nicht in vollem Maße spüren. Andere EU-Länder legen die eigentlich gleiche Gesetzgebung vielerorts laxer aus.

Infolge dessen ist zu erwarten, dass sich die Kompetenzen weiter auf die Lohngalvanik konzentrieren werden und somit die Möglichkeiten der übergreifenden, technologischen Entwicklungen vereinfacht werden. Die Flexibilität der Lohngalvaniken in Verbindung mit der technischen und behördlichen Kompetenz dieser Technologie wird somit zu einem Abbau dieser innerbetrieblichen Kapazitäten führen, was die Aussichten für die bestehenden Marktteilnehmer positiv stimmen dürfte.

Durch die abgeschiedenen Metalle und die aus chemischer Sicht eher einfache Anlagenführung, sind kurzfristig keine Bedrohungen durch REACh oder IED zu erwarten. Dennoch erschweren insbesondere behördliche Auflagen den Markteinstieg für neue Teilnehmer. Im Bereich der Bandveredelung kann es aber natürlich trotzdem zu einer weiteren Überschneidung zwischen konventioneller und Durchlaufgalvanik kommen. Der Trend der Lohngalvaniken in diesem Bereich parallel auch konventionelle Beschichtungsverfahren, zum Beispiel die Beschichtung in Körben oder Trommeln, anzubieten, nimmt aktuell zu. Insofern wird der umgekehrte Weg ebenfalls mit großer Wahrscheinlichkeit mit steigendem Interesse betrachtet.

Im Gegensatz zu den konventionellen Anlagen sind aber nur sehr wenige Anlagenbauer am Markt aktiv, die geeignete Durchlaufanlagen von der Stange anbieten würden, sodass der Markteintritt auch für bestehende Galvanikunternehmen nur durch Selbstbau oder mithilfe der wenigen Kompetenzen am Markt möglich ist. Dabei liegen die Kosten für eine einzelne Anlage je nach Auslegung zwischen 1 und 5 Mio. €.

Im Bereich der Drahtverarbeitung liegt die Verzinnung insbesondere von Kupferdrähten für die Leiter- und Kabelindustrie in einem recht stabilen Umfeld. Dies gilt für die Verzinnung von sogenannten Drahtprofilen, beispielsweise Vierkantdrähten, nicht. Hier führen der Trend zu weiteren Miniaturisierungen und die Möglichkeiten der selektiven Technologien in der Standbandbearbeitung nach Ansicht des Autors zu einem deutlichen Rückgang der benötigten Kapazitäten.

Die Beschichtung von Rohren, insbesondere Kupferrohren für die Kühltechnik mit Zinn, ist in der Branche noch weitestgehend unbekannt. Hier ist wahrscheinlich ein deutlicher Zuwachs zu erwarten, sobald die Branche die Möglichkeiten veredelter Rohre durchgängig erkennt. Durch die Kleinteiligkeit der Betriebe dieses Segments wird dies aber noch einige Zeit auf sich warten lassen. Auch ist der Bereich insgesamt kaum von Bedeutung, sodass sich hier wahrscheinlich keine neuen Anbieter etablieren werden.

Insbesondere der Grundwerkstoff Aluminium [2] spielt aktuell in der Entwicklung eine wichtige Rolle. Durch die Volatilität von Kupfer haben über die Jahrzehnte alle wichtigen Komponentenhersteller mit dieser Alternative experimentiert. Es scheint, dass viele technische Hürden inzwischen genommen werden konnten und insbesondere die E-Mobilität und die regenerativen Energien diesem Werkstoff zu einer Renaissance verhelfen. Hier liegt eine große Chance für den bestehenden Markt. Allerdings zeigen die vergangenen 50 Jahre, dass jeder Hype ums Aluminium auch irgendwann wieder abebbte. Es ist aber durch den gestiegenen Erwartungsdruck wahrscheinlich, dass bestehende Probleme im Laufe der kommenden Jahre gelöst werden können.

5 Fazit

Die Beschichtungstechnologie der Durchlaufgalvanik ist ein Sonderfall in der Galvanotechnik und nirgendwo in Europa so stark vertreten wie in Deutschland. Das Marktumfeld ist für bestehende Unternehmen günstig, jedoch für Neueinsteiger ein schwieriges Terrain.

Die Aussichten für bestehende Unternehmen sind sehr gut. Nach den Erfahrungen des Autors empfiehlt sich aber dringend die vorsichtige Öffnung zu anderen Marktteilnehmern zum Schutz gegen die zunehmende Regulierung durch Behörden und den stärker werdenden Druck durch Unternehmen im außereuropäischen Ausland.

Durch die hohe Spezialisierung und die extreme Standardisierung zum Beispiel durch die Automobilindustrie sind die Kunden- und Produktbeziehungen im Allgemeinen sehr langfristig angelegt.

Alle Faktoren zusammengenommen lassen eine zuverlässige Aussage zu: die Durchlaufgalvanik in Deutschland hat Zukunft.

Literatur

[1] N.N.: Entwicklungsperspektiven im Markt für Bandgalvanik – Markt - Technologie - Trends; (Dezember 2007), Institut für industrielles Service-Management, Bergisch Gladbach

[2] O. Brenscheidt: Aluminium als Werkstoff für die Strom- und Signalübertragung; WOMag 5(2016)11; www.womag-online.de

 

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