Elektromobilität, Energie, moderne Antriebs­konzepte

Karriere 04. 02. 2017

– Forschungsfelder in Aalen

Das Forschungsinstitut für Innovative Oberflächen (FINO) an der Hochschule Aalen feiert zweijähriges Jubiläum

Vor zwei Jahren wurde an der Hochschule Aalen das Forschungsinstitut für Innovative Oberflächen, kurz FINO, gegründet. Das Institut gehört nach eigenen Angaben zu den forschungsintensivsten an der Hochschule und macht diese mit zur forschungsstärksten Hochschule für angewandte Wissenschaften in Baden-Württemberg. Geforscht wird in wichtigen Zukunftsfeldern, die uns alle im Alltag bewegen, unter anderem Elektromobilität, Energie oder moderne Antriebskonzepte. Der Einladung zum 1. FINO Forum am 1. Dezember in der Aula der Hochschule Aalen waren mehr als 120 Gäste, auch aus namhaften Unternehmen, gefolgt. In wissenschaftlichen Vorträgen referierten Dr. Martin Fenker vom Forschungsinstitut Edelmetalle und Metallchemie fem in Schwäbisch Gmünd, Josef Linska, Projektleiter im Bereich der chemischen und elektrochemischen Verfahren bei der MTU Aero Engines AG sowie Prof. Dr. Timo Sörgel als Mitglied der FINO-Institutsleitung. Die zahlreichen Gäste knüpften neue Kontakte und ließen sich Details zu aktuellen Forschungsprojekten erläutern.

Innerhalb von nur zwei Jahren hat sich das Institut nach Aussage des FINO-Geschäftsführers Prof. Dr. Joachim Albrecht zu einem verlässlichen Forschungspartner im Feld von Oberflächentechnik und Oberflächenwissenschaft entwickelt. Zahlreiche Industriekooperationen gehören mittlerweile ebenso zum Institutsalltag wie die Veröffentlichung der Ergebnisse in internationalen Fachzeitschriften. Das Institut füllt nach den Worten von Albrecht eine Lücke, die die technischen Anwendungen unserer Zeit aufgetan haben.

Die Energiewende und die Forderung nach ständig steigender Effizienz bei der Energiewandlung oder dem Transport sind häufig durch material- und oberflächenspezifische Einschränkungen begrenzt. Hier wird an Lösungen geforscht: Alternativen zu Hochspannungsleitungen werden beispielsweise­ durch supraleitende Beschichtungen zugänglich. Weitere große Zukunftsthemen sieht das Institut in der Elektromobilität, wo gezieltes Oberflächendesign bei Hochleistungsbatterien zwingend notwendig ist. Auf diesem Gebiet hat Prof. Dr. Timo Sörgel mit seinem Team aussichtsreiche Ergebnisse erzielt. Und im Bereich moderne Antriebe mindern maßgeschneiderte Oberflächen Reibung und Verschleiß, was grundlegend bei der Umsetzung der Konzepte ist.

Das FINO hat in den vergangenen zwei Jahren in all diesen Themenfeldern Fortschritte präsentiert, die unter anderem in hochrangigen internationalen Zeitschriften veröffentlicht wurden. Auf dieser Basis hat sich das FINO laut Albrecht zu einem gefragten Partner für die anwendungsnahe Forschung in der Region und darüber hinaus entwickelt. Das Institut veranstaltet unter anderem wissenschaftliche Seminare oder ein sogenanntes Kaffeeseminar, mit dem vor allem die Studenten an erfolgreiche Forschungs- und Entwicklungsarbeiten herangeführt werden sollen. In der Industrie konnten des Weiteren Industriepartner gewonnen werden, wie CCT, Varta, das fem oder Freudenberg. Im akademischen Bereich bestehen darüber hinaus mit dem MPI, dem KIT oder dem Helmholtz-Zentrum Berlin intensive Kontakte. Seit der Gründung wurden bisher 14 Veröffentlichungen realisiert.

Der Prorektor der Hochschule Aalen Prof. Dr. Harald Riegel freute sich über die gute Entwicklung des FINO in den letzten beiden Jahren. Er lobte insbesondere die geleisteten Forschungsarbeiten, durch die Aalen bereits zum zehnten Mal als forschungsstärkste Hochschule registriert wurde. Aufgrund dieser guten Position hat die Hochschule die Genehmigung eines Forschungsgebäudes erhalten und somit die bereits gute Situation nochmals verbessert.

Plasmaoberflächentechnik

Dr. Martin Fenker gab einen Einblick in moderne Verfahren zur Verbesserung der Leistungsfähigkeit von Materialien durch den Einsatz von Oberflächentechniken. Hier spielen beispielsweise die Bearbeitungstechnologien PVD und PACVD eine große Rolle. Anwendungen sind in zahlreichen Technikbereichen zu finden, von der dekorativen Oberflächenbehandlung bis zur Herstellung von Elektronik, Verschleißschutz oder optischen Teilen.

Für das PVD-Beschichten werden unterschiedliche Technologievarianten herangezogen, um von einem Target das Schichtmaterial abzulösen, wie beispielsweise das thermische Sputtern, Elektronenstrahlsputtern, kathodische Lichtbogenverdampfen oder das Magnetronsputtern. Die Auswahl des Werkstoffs für die Schicht wird über Targets getroffen, die in unterschiedlichsten Ausführungen erhältlich sind. Erweitert wird die Art des Schichtmaterials durch das einzustellende Reaktionsgas. Beim PACVD werden die Schichtwerkstoffe aus meist flüssigen Ausgangsstoffen hergestellt, die insbesondere fein verstäubt oder gasförmig zugegeben werden.

Ein wichtiges Einsatzgebiet ist die Beschichtung von Architekturglas oder Kunststofffolien für die Verpackungsindustrie. Folien können hier mit relativ hohen Geschwindigkeiten von bis zu 10 m/s beschichtet werden, da die notwendigen Schichten sehr dünn sind – in der Regel im Bereich von wenigen Nanometern. Einzelteile werden in der Regel mittels Batch-Verfahren beschichtet. Hier stehen Vakuumkammern mit bis zu mehreren Kubikmetern Volumen zur Verfügung, zum Teil mit Planetengetrieben. Dekorative Schichten bestehen häufig aus Nitriden und Oxiden (bzw. Mischungen) von Titan, Chrom oder Magnesium. Je nach Mischung der Elemente lassen sich die Farben der Schichten verändern. Möglich ist auch die Abscheidung von Schichten zur Erzeugung von Interferenzeffekten, die ansprechende Gold-, Blau- und Violetttöne ergeben.

Als Verschleißschutz eignen sich Nitride und Carbonitride aus Titan, Niob und Chrom. Für Stempel werden Nitride und Carbonitride mit Titan oder Niob mit Wasserstoffeinlagerungen als Verschleißschutz verwendet. Gute Werte werden insbesondere mit wasserstoffhaltigen DLC-Schichten erzielt. Titannitrid mit Anteilen an Magnesium erreicht mit steigendem Magnesiumgehalt einen zunehmend besseren Korrosionsschutz. Bei derartigen Schichten fungiert Magnesium als Opfermetall.

Galvanische Dispersionsschichten

Anwendungen in der Luftfahrt stellte Josef Linska am Beispiel des Triebwerks für den A380 vor. Einleitend wies er darauf hin, dass bei Triebwerken im Zivilbereich das By pass Ratio (hier 7:1) als ein Maß für die Bewertung gilt. Mit dem Verbrennungs­bereich wird der Hauptvan angetrieben. Alle Elemente sitzen auf einer Welle, die sowohl den Hauptvan als auch die Kompressor­räder für die Brennkammer sowie den Strahlausstoß antreiben. Alle Elemente bewegen sich in der selben Geschwindigkeit.

Eine Herausforderung im Triebwerksbau betrifft die Abdichtung der Brennkammer, um den erforderlichen Druck aufzubauen. Dies erfolgt durch Einarbeitung der Außenkante der Getriebeschaufel in einen relativ weichen Einlaufbelag auf dem Außengehäuse des Triebwerks. Hierbei sind die Ausdehnungen durch die hohe Temperatur und die Fliehkraft wichtige Kenngrößten. Die Schubkraft eines Triebswerks wird stark vom jeweiligen Spalt zwischen Brennkammer und den Schaufeln des Getriebes bestimmt. Verbesserungen werden beispielsweise durch einen harten Anstreifbelag erzielt. Allerdings müssen dazu die Titanschaufeln an der Außenseite mit einer Schutzschicht versehen werden, um das Brennen des Titans zu verhindern. Die benötigten Streifbeläge auf dem Gehäuse werden mittels thermischem Spritzen hergestellt.

Für die Schaufelspitzen kommen galvanisch abgeschiedene Dispersionsschichten mit kubischem Bornitrid zum Einsatz. Die erforderliche Haftung wird mit Hilfe eines speziellen Ätzverfahrens erzielt. Als problematisch hat sich das Überwachsen der galvanischen Schicht erwiesen, das die Schwingfestigkeit negativ beeinflusst. An Schwingungsknoten bilden sich Risse, die zum Abreißen der Schicht führen können. Aus diesem Grund muss die überstehende Schicht – im ersten Ansatz mittels Diamantfeile – entfernt werden. Eine Verbesserung der Technik wird durch Lackieren, Abdrehen und Ätzen erreicht, wobei eine überstehende Lackschicht zur Formgebung dient.

Auf Basis dieser neuen Technologie konnte bei Triebwerken der neuesten Generation ein By Pass Ratio von 10:1 erreicht werden. Allerdings ist für diese Triebswerksart ein Getriebe notwendig, das die Van-Umdrehung erniedrigt. Der Vortragende verdeutlichte mit seinen Ausführungen beeindruckend, welche Herausforderungen moderne Geräte aufweisen können und welche Möglichkeiten sich durch intensive technische Forschung im Bereich der Werkstoffkunde und Oberflächentechnologie bieten.

Elektroden für Batterien

Den dritten Beitrag der Veranstaltung bestritt Prof. Dr. Timo Sörgel mit einem Überblick über die Nutzung galvanotechnischer Verfahren für den Aufbau neuartiger Elek­trodenmaterialien für Batterien. Die Ausführung von Batteriematerialien im Hinblick auf den grundlegenden Aufbau wurden bereits in einigen Entwicklungsprojekten untersucht. Aussichtsreich sind diesen Untersuchungen zufolge Elektroden auf Basis von Kupferschichten mit Schwefelpartikeln. Durch Anwendung der Dispersionsabscheidung gelingt es, Schwefelpartikel in einer optimalen Konzentration in eine Kupferschicht einzubetten. Durch Nutzung der Verfahren aus der Herstellung von Kupferfolien ist es möglich, Schwefel-Kupfer-Folien in Endlosform zu gewinnen, die zudem eine starke Strukturierung besitzen. Ein besonderer Vorteil ergibt sich durch die Tatsache, dass keine Kleber oder Binder – wie bei bisherigen Elektroden – erforderlich sind, welche die elektrische Leitfähigkeit reduzieren würden. Insgesamt wird aus diesem Grund von einer schnellen industriellen ­Implementierung ausgegangen.

Als Anodenwerkstoff eignet sich neben Kupfer auch Nickel, bei dem eine noch höhere Strukturierung erzielt wird. Zudem zeigt die hergestellte Folie eine geschlossene Grundschicht, sodass eine hohe Flexibilität und Stabilität der Folie vorliegt. Die Ergebnisse zeigen so positive Resultate in Bezug auf die Umsetzung in die industrielle Anwendbarkeit, dass mit einer weiteren BMBF-Förderung gerechnet werden kann.

Ein weiterer Ansatz ist die Nutzung von Schaumkathoden als Basis für die Metall-Schwefel-Elektrode. Hierbei konnte eine sehr gute Verteilung des Schwefels und zugleich eine gute Zugänglichkeit von Elektrolyt nachgewiesen werden. Die Anbindung der Partikel an das Metall ist zudem sehr hoch. Durchgeführte elektrochemische Charakterisierungen zeigen für die Elektrode eine hohe Effizienz. Weitere Verbesserungen der spezifischen Kapazität können durch eine zusätzliche Nickel-Schwefel-­Legierungsschicht mit einer Dicke von wenigen Hundert Nanometern erzielt werden. Die Schicht besitzt darüber hinaus elektrokatalytische Eigenschaften. Für die studentischen Hilfskräfte bedeutet die Arbeit in FINO nach Aussage von Prof. Dr. Sörgel eine wesentliche Bereicherung ihrs Studiums.

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