Magnesium als Leichtbauwerkstoff mit Zukunft

Werkstoffe 07. 03. 2017
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Grundstein für Gebäude mit Pilot-Forschungsanlage für Gießwalztechnologie an der TU Bergakademie Freiberg gelegt

Sachsens Wissenschaftsministerin Dr. Eva-Maria Stange informierte sich über die an der TU Bergakademie Freiberg entwickelte Gießwalztechnologie für das Leichtmetall Magnesium. Anlass für den Besuch ist die Grundsteinlegung für eine Maschinenhalle auf dem Campus, in die eine neue Pilot-Forschungsanlage für die Herstellung von Magnesiumdraht kommt. Das Ministerium fördert die Anlage mit fünf Millionen Euro aus dem EU-Strukturfonds.

Die Weiterentwicklung von Leichtbauwerkstoffen und deren wirtschaftliche Produktion sind ein Schwerpunkt der Forschung der Technischen Universität Bergakademie Freiberg. Besonders großes Potenzial bietet Magnesium, das nicht nur das leichteste­ Konstruktionsmetall, sondern auch auf der Erde in nahezu unbegrenzter Menge verfügbar ist. Im Vergleich zu herkömmlichen Stahlbauweisen lassen sich mit dem Einsatz von Magnesium in Bauteilen für die Automobilindustrie oder den Maschinenbau bis zu 75 Prozent Masse einsparen. Die in Freiberg entwickelte Gießwalztechnologie soll in den kommenden Jahren weltweit erstmalig für die Erzeugung von Magnesiumdraht erprobt werden. Dafür wird nun eine Pilot-Forschungsanlage errichtet, deren Finanzierung das Sächsische Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst mit fünf Millionen Euro aus dem EU-Regio­nalfonds fördert. Eigens zur Unterbringung dieser Anlage errichtet die TU Bergakademie Freiberg auf dem Campus eine Versuchs- und Maschinenhalle. Anlässlich der Grundsteinlegung informierte sich Wissenschaftsministerin Dr. Eva-Maria Stange über die neue Technologie und die Freiberger Forschung zu Leichtbauwerkstoffen. Das Leichtmetall Magnesium ist insbesondere für die Automobilindustrie ein vielversprechender Werkstoff. Magnesiumdraht wird verwendet für Schweißdraht, Schrauben, Nieten, Bolzen (als Fügematerial), in hybriden Drahtstrukturen (als Konstruktionsmaterial) oder für den biomedizinischen Einsatz (vor allem Selten-Erd-Legierungen).

Wissenschaftsministerin Dr. Eva-Maria Stange erklärt: Wir wollen mit modernsten Technologien unsere Wirtschaft stärken und uns dabei nicht nur auf eine Schlüsseltechnologie festlegen. Von Mikroelektronik allein, also von Chips allein, könne eine moderne Gesellschaft nicht existieren. Deswegen sei Sachsen auch auf anderen Gebieten ganz vorn mit dabei – in der Biotechnologie und den Lebenswissenschaften. Oder auch bei den Klassikern Fahrzeug- und Maschinenbau, Material- und Werkstoffwissenschaften, Energie, Umwelt, Ressourcen. Dabei werde klar, dass der Leichtbau in seiner Breite ein wichtiges Querschnittsthema mit Wirkung auf viele dieser Gebiete sei. Die neue Pilot-Forschungsanlage sei ein weiterer Baustein in der Entwicklung von Leichtbautechnologien.

Als eine der drei sächsischen Universitäten der im letzten Sommer gegründeten Leichtbauallianz arbeiten die Forscher in Freiberg nach Aussage von Rektor Prof. Dr. Klaus-Dieter Barbknecht intensiv an der Entwicklung und Herstellung von besonders leichten und effizienten Werkstoffen für den Fahrzeug- und Maschinenbau. Unsere zum Teil einmaligen Versuchs- und Pilotanlagen können wir nun dank der Förderung durch das Sächsische Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst erweitern, so Prof. Barb­knecht.

Ein Beispiel aus dem studentischen Umfeld nimmt vorweg, welche Zukunft dem Werkstoff Magnesium bevorsteht: Denn ihren Elektrorennwagen fertigten die Studenten­ des Racetech Racing-Teams aus einem Magnesium-Monocoque. Den 45 Studenten des Konstruktionsteams ist es gelungen, mit der selbsttragenden Karosserie (Monocoque) aus Magnesium etwas weltweit Einzigartiges zu schaffen und nicht nur den Automobilisten im Rennsport zu zeigen, was mit dem recycelbaren Werkstoff Magnesium möglich ist. Im Gegensatz zum Carbon ist Magnesium zu 100 Prozent wiederverwertbar. Somit leistet auch die Formula-Student und vor allem das Racetech Racing-Team einen Beitrag zur nachhaltigen Mobilität. Im Zusammenhang mit dieser Bauweise reichte die Technische Universität Freiberg auch Patente ein.

Das Leichtmetall Magnesium ist insbesondere für Automobilhersteller ein attraktiver Werkstoff. Metalle werden nach den Worten von Prof. Rudolf Kawalla, Prorektor für Forschung an der Technischen Universität Bergakademie Freiberg, nicht aus dem Fahrzeug verschwinden; auch wenn die Elektromobilität die Konstruktion des Autos und damit auch die eingesetzten Werkstoffe komplett verändere. Aufgrund seiner vielen Vorzüge sieht er gerade im recycelbaren Leichtbauwerkstoff Magnesium großes Potenzial. Magnesium sei, wie andere Metalle, gut formbar, was sich auch auf das Crash-Verhalten positiv auswirke. Kunststoffe wie CFK (kohlenfaserverstärkter Kunststoff) etwa seien instabil, sobald Risse­ entstünden. Das neue Freiberger Gießwalzverfahren verspricht eine wirtschaftliche Produktion des Metalls.

In den vergangenen 15 Jahren hat das Institut für Metallformung der Technischen Universität Bergakademie Freiberg gemeinsam mit dem Industriepartner MgF Magnesium Flachprodukte GmbH eine neue Technologie zur Herstellung von Magnesiumband durch kombiniertes Gieß- und Bandwalzen entwickelt. Das besondere Merkmal des Gießwalzverfahrens ist, dass eine metallische Schmelze unmittelbar zwischen zwei rotierenden Walzen vergossen wird und so während des Erstarrungsvorgangs eine erste Umformung erfährt. Die neue Herstellungsroute verbessert durch die Einsparung von Prozessschritten und Energie die Produktivität und Wirtschaftlichkeit. Andererseits wirkt sich bei der neuen Technologie die rasche Erstarrung in Verbindung mit einer partiellen Umformung positiv auf das Umformvermögen, die mechanischen Eigenschaften und die Qualität der Erzeugnisse aus. Die Technologie soll jetzt für eine Anwendung bei Magnesiumdraht weiterentwickelt werden. Konkret sollen die Kosten um drei Viertel gesenkt werden, ohne dass die Qualität beeinträchtigt wird. Gegenüber dem herkömmlichen Strangpressprozess punktet das Gießwalzen durch Kontinuität und eine hohe Geschwindigkeit, was die wirtschaftliche Ausbringung von Langprodukten wie Draht erhöht.

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