Zweifellos steht derzeit das Thema Industrie 4.0 an der Spitze der öffentlichen (technischen) Wahrnehmung. Zu den jedoch in knappem Abstand folgenden Spitzenreitern zählt die additive Fertigung, auch mit Fachbegriffen wie generative Fertigung oder 3D-Druck bezeichnet. Die Anwendungen decken hierbei einen besonders breiten Bereich von Kunststoffteilen für alle erdenklichen Einsatzbereiche von Metall- und Kunststoffprodukte bis hin zu Lebensmitteln ab.
Ebenso breit gefächert sind in diesem Zusammenhang aufgeführten Vorteile der additiven Herstellverfahren: verbesserte technische Eigenschaften, geringer Materialverbrauch, beliebige Freiheitsgrade, Entfallen von Werkzeug oder Formen zur Herstellung, sehr schnelle und kostengünstige Reproduktion (Nachbau von Originalteilen), extrem hohe Individualität der hergestellten Produkte - die Liste lässt sich sicher deutlich erweitern. Bei aller Euphorie über die Möglichkeiten für die Anwendung fällt aber auf, dass bisher kaum Verfahren zur Herstellung von Oberflächen nachgefragt und deshalb auch von den unterschiedlichen Anbietern – sowohl den Verfahrenslieferanten als auch den Dienstleistern – entwickelt wurden. Dies war unter anderem ein Resümee der diesjährigen 39. Ulmer Gespräche (Bericht Seite 26). Erstaunlich ist diese Tatsache vor allem, weil die meisten Produkte in sehr hohem Maße über das äußere Erscheinungsbild definiert und bewertet werden.
Ansätze, dies zu ändern, stellen beispielsweise Anlagen des Schleifmaschinenherstellers Elb-Schliff dar, die das Auftragsschweißen und das mechanische Schleifen kombinieren (Bericht Seite 8). Hierzu betont der Hersteller, dass die verschiedensten Eigenschaften und Materialien kombiniert werden, wobei zum Beispiel das aufgeschweißte Material geeignete Oberflächeneigenschaften (beispielsweise Verschleiß- oder Korrosionsfestigkeit) besitzt, während das Grundmaterial über geeignete Struktureigenschaften (beispielsweise Zähigkeit oder geringen Materialpreis) verfügt. Somit lassen sich die Gesamtbauteileigenschaften sehr gezielt verbessern und beeinflussen.
Ähnlich argumentiert Dr. Erkens von der Surcoatec GmbH. Nach seinen Erfahrungen (Beitrag Seite 18) konnten Schichtsysteme mit herausragenden Eigenschaften oftmals nicht den erhofften Erfolg erbringen, weil die Voraussetzungen in Bezug auf das Grundmaterial, dessen Bearbeitung oder die vorliegenden konstruktiven Gegebenheiten fehlten. Die additiven Techniken erfordern eine neue konstruktive Herangehensweise zur Gestaltung der Bauteile. Werden hierbei von Anfang an die Eigenschaften der Oberflächen als Teil des Verbundsystems in die Konstruktion mit einbezogen, so entstehen neue Produkte und neue Märkte – diese Chance müssen alle beteiligten Fachleute entlang der Prozesskette von der Konstruktion über die Fertigung der Rohteile bis zur abschließenden Oberflächenbehandlung nutzen. Ein Gewinn aller Teilnehmer der Prozesskette dürfte hierdurch sicher sein!
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