Forschungsprojekt stellte auf Innovationstag Mittelstand aus
3D-Druck-Verfahren werden in der direkten Fertigung noch nicht entsprechend ihres Potentials eingesetzt. Denn bislang müssen die Produkte aufwendig nachbearbeitet werden und haben schlechte mechanische Eigenschaften. In einem Forschungsprojekt zum mehrachsigen 3D-Druck haben die TH Köln und die GRIP GmbH Handhabungstechnik diese Probleme durch ein neuartiges Verfahren behoben. Das Konzept ermöglicht eine Zeitersparnis von bis zu 80 Prozent sowie eine Festigkeitssteigerung des Bauteils um bis zu 28 Prozent. Ein Prototyp war auf dem Innovationstag Mittelstand des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie am 18. Mai 2017 in Berlin zu sehen.
Additive Fertigungstechniken wie der Extrusions-3D-Druck könnten ein wesentlicher Bestandteil der digitalen industriellen Revolution sein, werden aber nach Aussage von Prof. Dr. Ulf Müller, Leiter des Labors für Fertigungssysteme der TH Köln, zurzeit vor allem für die Herstellung von Prototypen verwendet. Im Forschungsprojekt der TH Köln wird auf einen mehrachsigen Druckvorgang statt der bislang verwendeten drei Achsen gesetzt und neue Fertigungsstrategien entwickelt. Beim dreiachsigen Druck ist das Werkstück fixiert und der Druckkopf trägt aufgeschmolzenen Kunststoff schichtweise von unten nach oben auf. Im neuen Verfahren wird das Werkstück von einem Gelenkarmroboter mit sechs Achsen geführt, der Druckkopf kann seine Position zudem auf einer weiteren Achse verändern. Dadurch, dass das zu fertigende Objekt frei um den Druckkopf bewegt werden könne, würden die Beschränkungen, denen 3D-Druck bislang unterliege, minimiert, so Müller.
Schwierigkeiten des bislang angewendeten Verfahrens
Der herkömmliche 3D-Druck benötigt sogenannte Stützstrukturen, um frei schwebende Elemente des Bauteils so lange zu stabilisieren, bis der geschmolzene Kunststoff ausgehärtet ist. Diese müssen anschließend mechanisch oder chemisch entfernt und können nicht recycelt werden. So entstehen hohe Kosten durch zusätzliches Material, erhöhte Bearbeitungsdauer und zusätzliche Arbeitsschritte. Zudem wird im 3D-Druck ein Objekt bislang dadurch erzeugt, dass Kunststoffbahnen horizontal aufeinandergesetzt werden. Diese sind nicht entsprechend der Belastungen angelegt, denen das Objekt später ausgesetzt ist. Im Einsatz können die Strukturen im Extremfall versagen.
Zeitersparnis von bis zu 80 Prozent
Der größte Vorteil der neuen Vorgehensweise ist, dass die Beschränkung, einen Körper ausschließlich von unten nach oben aufzubauen, entfällt. Stattdessen kann das Material immer dort hinzugefügt werden, wo es entsprechend der Fertigungsstrategie am sinnvollsten ist. Das Objekt kann deshalb so gefertigt werden, dass überhängende Strukturen immer durch das Werkstück selbst gestützt werden. Stützstrukturen werden so weitgehend unnötig. In Tests erzielte die Methode eine Zeitersparnis von bis zu 80 Prozent.
Die neue Flexibilität ermöglicht es aber auch, die Kunststoffbahnen exakt nach den späteren Belastungsrichtungen und den daraus resultierenden bauteilinternen Spannungen auszurichten. So wird etwa zunächst der innere Kern komplett erstellt und anschließend eine Außenschicht beanspruchungsgerecht aufgebracht. Besonders belastete Bauteile können durch mehrere, um 90° versetzte Schichten verstärkt werden und sind so robuster, wenn das Objekt im Gebrauch gebogen oder verdreht wird. In Laborexperimenten steigerte dies die Festigkeit um bis zu 28 Prozent.
Das Forschungsprojekt Mehrachsiger 3D-Druck wurde über das Zentrale Innovationsprogramm Mittelstand (ZIM) des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie gefördert.
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