Zuverlässige Qualitätskontrolle ohne Pseudoausschuss

Werkstoffe 07. 06. 2017
Industrie-Laservibrometer für eine exakte Gut-/Schlecht-Bewertung - Von Dipl.-Ing. Martin Beck und M.A. Ellen-Christine Reiff

Wer sich auf dem Markt behaupten will, muss zuverlässige Produktqualität liefern. In vielen Bereichen sind deshalb 100-prozentige Endkontrollen obligatorisch, um die Produkteigenschaften zu überprüfen und eventuelle Fehler aufzuspüren. Die Anforderungen an die hierfür eingesetzte Prüftechnik steigen ständig, denn oft gleicht die Kontrolle einer Gratwanderung: Schließlich sollen fehlerhafte Produkte zuverlässig erkannt gleichzeitig aber auch Pseudoausschuss genauso zuverlässig vermieden werden. Gute Voraussetzung für die dafür notwendigen Präzisionsmessungen im Fertigungsbereich bietet heute die vibroakustische Qualitätskontrolle mit speziellen Laservibrometern für die Industrie, die sich direkt in den Fertigungsprozess integrieren lassen.

Laservibrometer sind überall dort ein wichtiges Testinstrument, wo die dynamischen und akustischen Eigenschaften zu den wesentlichen Qualitätsmerkmalen der Produkte gehören (Abb. 1). Das gilt für Haushaltsgeräte (Abb. 2) ebenso wie für Motoren, Wälzlager, Pumpen, medizinische Geräte oder Materialprüfungen, wie beispielsweise zum Aushärtungsverhalten von Zement. Dabei vermeiden moderne Laservibrometer durch ihre Genauigkeit in der Fertigungskontrolle Pseudoausschuss sowie Fehlerfolgekosten und können bereits bei der Produktentwicklung helfen Gestaltung, Auslegung oder den Sound der Produkte zu optimieren.

 

Abb. 1 (Titelbild): Laservibrometer sind dort ein wichtiges Testinstrument, wo dynamische und akustische Eigenschaften zu den wesentlichen Qualitätsmerkmalen der Produkte gehören (Quelle: Polytec in Kooperation mit Wilo)

 

Abb. 2: IVS Industrie-Vibrometer (Quelle: Polytec in Kooperation mit Loccioni)

 

Funktionsprinzip – Laser-Doppler-Effekt

Das Verfahren basiert auf der Laser-Doppler-Vibrometrie. Wird ein Lichtstrahl von einem bewegten Objekt reflektiert, so ändert sich die Frequenz des Lichts proportional zu seiner Geschwindigkeit (Abb. 3). Dieser Effekt wird als Doppler-Effekt bezeichnet. Auch aus dem Alltag der nach dem österreichischen Mathematiker und Physiker Christian Doppler (von 1803 bis 1853) benannten Effekt bekannt. Jeder hat beispielsweise im Straßenverkehr schon die Erfahrung gemacht, dass ein sich näherndes Einsatzfahrzeug von Polizei oder Feuerwehr Töne mit höherer Frequenz von sich gibt, während eine tiefere Frequenz wahrgenommen wird, wenn es sich entfernt. In dieser Frequenzverschiebung ist die Geschwindigkeitsinformation kodiert. Sie wird in der Laser-Doppler-Vibrometrie als Messsignal genutzt. Ein Präzisionsinterferometer und eine digitale Dekodierungselektronik wandeln diese Frequenzverschiebung in ein der Schwinggeschwindigkeit proportionales Spannungssignal um, das von allen herkömmlichen Datenerfassungssystemen verarbeitet werden kann. Die Geschwindigkeitsinformation ist unabhängig von der Lichtintensität. Somit eignet sich dieses Messprinzip auch für Messobjekte, die einen sehr geringen Reflexionsgrad haben.

Abb. 3: Das Messprinzip der Laservibrometer beruht auf dem Doppler-Effekt, bei dem die Frequenz eines Laserstrahls durch die Objektbewegung moduliert wird (Quelle: Polytec)

 

Vorteile gegenüber anderen Messmethoden

Verglichen mit herkömmlichen Messmethoden ergeben sich gleich mehrere Vorteile: Aufwändige Schallisolierungen wie bei Mikrofonen sind zum Beispiel unnötig. Das beschleunigt die Qualitätskontrolle, da die Prüflinge für den Test nicht in eine spezielle Prüfkabine gefahren werden müssen, was immer zulasten der Taktzeit geht.

Auch gegenüber Beschleunigungssensoren kann die Laservibrometrie punkten. So sind keine mechanischen Verschleißteile enthalten, keine aufwändigen Zustelleinrichtungen erforderlich und der Arbeitsabstand ist variabel. Es kann an allen optisch erreichbaren Stellen berührungslos gemessen werden und es gibt keine Beeinflussung des Prüflings. Das schnelle Messprinzip macht dabei sehr kurze Taktzeiten möglich. Die Messergebnisse sind exakt reproduzierbar. Da Laservibrometer zudem mit hoher Frequenzbandbreite arbeiten, sind sie universell und flexibel einsetzbar. Sie können Materialeigenschaften, Fehler oder charakteristische Eigenschaften bei den unterschiedlichsten Prüflingen anhand des Geräuschs bzw. des Schwingverhaltens bestimmen. Außerdem hat sich das Messverfahren in vielen industriellen Anwendungen selbst unter rauen Umgebungsbedingungen bewährt.

Industrielle Qualitätssicherung: wirtschaftlich und flexibel

Polytec hat Laservibrometer für die vibroakustische Qualitätskontrolle bereits seit fast drei Jahrzehnten im Programm. Das umfassende Produktspektrum bietet Lösungen für nahezu jede schwingungstechnische Fragestellung in Forschung, Entwicklung, Produktion und Langzeitüberwachung: Ob für Einpunkt- oder differentielle Messungen, für die Bestimmung von Rotations- oder In-Plane-Schwingungen, zur Visualisierung von Schwingungen an MEMS und mikroskopischen Systemen oder zur vollständigen, flächenhaften Darstellung kompletter Strukturschwingungen.

Dabei bleibt die Entwicklung keineswegs stehen. So wurden jetzt die kompakten Laservibrometer noch einmal verbessert. Das neue Industrie-Vibrometer IVS-500 (Abb. 4) liefert zuverlässige Messergebnisse auf praktisch allen Oberflächen unabhängig von den Umgebungsbedingungen und kann sich unterschiedlichen Messaufgaben flexibel anpassen. Es arbeitet in Arbeitsdistanzen bis 3 m. Eine integrierte Auto- und Remote-Fokus-Funktion sorgt auch bei variablem Abstand immer für hohe Signalqualität, wenn beispielsweise auf unterschiedlich große Bauteile gemessen werden soll. Mehrere Gerätevarianten decken Messfrequenzen bis 100 kHz ab, so dass jeder Anwender die passende Lösung findet.

Abb. 4: IVS-500 mit technischen Neuerungen wie Autofokus oder variablen Arbeitsabständen erhöht die Verlässlichkeit der Prüfung (Quelle: Polytec)

 

Komplettlösung mit komfortabler Software

Als Komplettlösung zusammen mit der vielseitigen Prüfsoftware QuickCheck von Polytec lässt sich das Laservibrometer einfach in unterschiedlichste Automatisierungsumgebungen integrieren. Die Prüfsoftware QuickCheck ist speziell für die vibroakustische Güteprüfung mit Laservibrometern konzipiert. Sie erfasst die Messsignale des Laservibrometers und anderer Sensoren, beispielsweise für die Drehzahlerfassung bei Motortests, wertet sie aus, steuert den Prüfablauf, kommuniziert mit dem Fertigungsleitsystem und bietet komfortable Konfigurations- sowie Auswertemöglichkeiten (Abb. 5). Grenzwerte im Frequenz- und Zeitbereich lassen sich einfach konfigurieren. Die integrierte Triggerung auf Prüfling und Prüftyp vereinfacht die Prozessintegration. Hinzu kommen eine Wertedatenbank mit Statistikfunktion und Exportschnittstelle sowie Bediensicherheit durch gestaffelte Benutzerrechte. Das hilft dabei, die Produktqualität nachhaltig zu sichern, Pseudoausschussraten zu verringern und damit die Wirtschaftlichkeit des Fertigungsprozesses zu steigern. Dank ihrer Leistungsfähigkeit, Flexibilität und Zuverlässigkeit wird sich die prozessintegrierte vibroakustische Güteprüfung als berührungsloses, flexibles Verfahren deshalb in der Industrie weiter durchsetzen.

 

Abb. 5: Die Prüfsoftware QuickCheck ist speziell für die akustische Güteprüfung mit Laservibrometern konzipiert. Sie erfasst die Messsignale des Laservibrometers und anderer, eingesetzter Sensoren und wertet sie aus, steuert den Prüfablauf und kommuniziert mit dem Fertigungsleitsystem (Quelle: Polytec)

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