Leichtbau und Oberflächentechnik

Werkstoffe 08. 08. 2017
Bericht über die DGO-Tagung 39. Ulmer Gespräch am 17. und 18. Mai 2017 in Neu-Ulm - Teil 2

Während für die Leichtmetalle Aluminium und Titan verschiedene Verfahren zur Herstellung von Oberflächen gegen Korrosion oder Verschleiß verfügbar sind, ist die Auswahl bei Magnesium oder auch bei Faserverbunden noch eingeschränkt. Insbesondere zur Vermeidung von Kontaktkorrosion mit nach wie erforderlichen Stahlteilen sind Entwicklungen notwendig. Insbesondere die hochfesten Stähle können mit den Leichtbauwerkstoffen konkurrieren, soweit die Verarbeitung und die Kombination in optimaler Weise ausgeführt werden. Große Chancen werden den additiven Herstellverfahren für Teile aus Metall und Kunststoff zugeschrieben, wobei insbesondere die Oberflächenausführung in vielen Fällen noch deutlich verbessert werden muss.

Leichtmetalle und Oberflächentechnik

Den Vortragsblock über metallische Werkstoffe eröffnete Dr. Andreas Dietz, Fraunhofer IST, mit einer Darstellung der Oberflächentechnik bei Leichtmetallen, wobei dies derzeit vor allem Aluminium, Magnesium und Titan sind. Wie bereits in den vorangehenden Vorträgen klar wurde, sind Leichtmetalle für den Automobilsektor sowie die Luft- und Raumfahrt unerlässlich, um die Antriebstechnik für Landfahrzeuge per Elektroantrieb und für die Luftfahrt zur Einsparung von Treibstoff in breitem Maße durchzusetzen. Bei Fahrzeugen spielen neben den Leichtmetallen faserverstärkte Kunststoffe und hochfeste Stähle eine wichtige Rolle, wobei nach wie vor ein hohes Erweiterungspotenzial zu verzeichnen ist. Die Beschichtungen sind bei Leichtmetallen in erster Linie für den Korrosionsschutz (Kontaktkorrosion) verantwortlich. Darüber hinaus verleihen sie den Grundwerkstoffen einen höheren Verschleißschutz, elektrische Eigenschaften oder eine Basis für Verbindungstechniken.

Aluminium ist aufgrund der guten Handhabbarkeit, Verfügbarkeit, der Möglichkeit zum Recycling sowie den umfangreichen guten physikalischen Eigenschaften das meist eingesetzte Leichtmetall. Aufwendig ist dessen Schutz gegen Korrosion, nachteilig die teilweise geringe Festigkeit (je nach Zusammensetzung), aber auch die Notwendigkeit zur Anpassung der Bearbeitungstechniken je nach Legierungsvariante. Oberflächenbehandlungen sind vor allem das anodische Oxidieren und das Plasmaoxidieren. Die galvanische Beschichtung erfolgt in der ­Regel mit dem Zwischenschritt der Zinkatbeize. Alternativ besteht die Möglichkeit, eine poröse Eloxalschicht chemisch mit Nickel zu beschichten und anschließend die Standardverfahren anzuwenden. Durch die galvanische Beschichtung wird eine erhöhte Korrosionsbeständigkeit, insbesondere bei mechanischer Beschädigung, erzielt. Die Poren einer Oxidschicht lassen sich auch dafür nutzen, PTFE in die Poren einzubringen und dadurch ein sehr gutes Gleitverhalten zu erzeugen.

Eigenschaften von Leichtbaumaterialien(Quelle: Dietz)

 

Anreicherungen von Seltenen Erden (hell) an der Magnesiumoberflächen vor (links) und nach dem Ätzen(Quelle: Dietz)

 

Titan ist ein Leichtmetall mit ­überragenden physikalischen Eigenschaften. Die Beschichtung ist dagegen relativ aufwendig, da das Titanoxid eine außerordentlich hohe Bestän­digkeit besitzt. Relativ einfach, aber kostenintensiv, ist die Beschichtung mittels PVD-Technik, zum Beispiel mit Kupfer. Auf diese Kupferschicht lassen sich alle üblichen galvanischen Beschichtungen in Standard­ausführungen aufbringen. Eine weitere gebräuchliche Beschichtungsvariante auf Titan sind Oxidschichten in unterschiedlichen Dicken und damit in verschiedenen Farb­tönen (aufgrund von Interferenzeffekten); sie werden beispielsweise in der Medizintechnik zur Unterscheidung von Geräten beziehungsweise auch Bauteilarten eingesetzt.

Magnesium besticht durch das geringe Gewicht und die gute Recyclingmöglichkeiten. Allerdings unterliegt der Werkstoff einer hohen Korrosionsneigung, besitzt eine geringere Festigkeit oder erfordert aufwendigere Verfahrenstechnologien für die Beschichtung. Trotzdem wird Magnesium bereits in der Luftfahrt eingesetzt. Wie bei Aluminium wird die galvanische Abscheidung mit einer Zinkatbeize begonnen und in der Regel mit mehreren Metallen (vor allem Nickel) beschichtet. Magnesiumlegierungen erfordern auf jeden Fall eine Anpassung an die Zusammensetzung der Legierung. Zulegierte Seltene Erden erhöhen die Festigkeit von Magnesiumlegierungen, führen allerdings aufgrund schlechter Löslichkeit in Magnesium zu lokalen Anreicherungen an der Oberfläche. Diese Anhäufungen verhindern eine gleichmäßige Beschichtung oder erschweren sie stark. Daher sind im ersten Schritt die störenden Legierungsbestandteile mit fluoridischen Lösungen zu entfernen. Nachteil dieser Prozessfolge ist der hohe Aufwand zur Erfüllung der Arbeitssicherheit und des Umwelt­schutzes.

Korrosion bei hochfesten Stählen

Innovative Ansätze für den Schutz von hoch- und höchstfesten Stählen vor Korrosion sowie den Schutz vor Wasserstoffversprödung war das Thema von Karsten Stamm, WKLM. Ausgang seiner Ausführungen sind die zunehmende Verbauung von CFK sowie die Mischverbauung von Stahl und Aluminium. Bei CFK muss das elektrochemische Potential des Kohlenstoffs als kritischer Faktor einer genaueren Betrachtung unterzogen werden. Bei Mischbauweise ist die Notwendigkeit zur Verwendung von Verbindungselementen – insbesondere die Hilfsfügeelemente (Schrauben) aus hochfestem Stahl (> 1500 N/mm2), die in großer Zahl zur Verbindung der Karosserieelemente zum Einsatz kommen, .ein Punkt für eine genau Prüfung der Eignung.

An Beispielen schilderte der Vortragende die Empfindlichkeiten von hochfestem Stahl gegen Wasserstoff aus Korrosionsprozessen sowie Korrosionsschäden durch eine falsche Kombination von Werkstoffen. Er wies darauf hin, dass nach seinen Erfahrungen die Qualität der Rohwerkstoffe durch vermehrte Einschlüssen beziehungsweise Carbidausscheidungen deutlich gesunken ist und die daraus folgende Anfälligkeit der schlechteren Stähle zu interkristalliner Korrosion merklich zugenommen hat. Seinen Ausführungen zufolge wirken Carbidausscheidungen als Haftbereich für Wasserstoff. Damit entstehen Zonen mit erhöhtem Wasserstoffgehalt, der nachfolgend Auslöser für die Rissbildung unter Spannung ist.

Bei der Beurteilung des Einflusses aus der galvanischen Beschichtung auf die Festigkeitseigenschaften von hochfesten Stählen liegen komplexe Zusammenhänge vor. So ist nach Untersuchungen des Referenten ein Einfluss durch den Beizprozess dahingehend festzustellen, dass gleiche Zusammensetzungen der Beizlösungen unterschiedliche Ergebnisse liefern, aber auch Beizbeschleuniger sehr negativ zu Buche schlagen, ohne dass diesbezügliche Hinweise von den Lieferanten mitgeteilt werden. Darüber hinaus ist die Wirkung der unterschiedlichen Prozessparameter häufig nicht im Detail nachvollziehbar beziehungsweise sehr komplex.

Vermeidung von Kontakt­korrosion im Leichtbau

Nach DIN 50919 ist Kontaktkorrosion unter Einbeziehung des Ohmschen Gesetzes und der Grundlagen der elektrochemischen Potenziale einfach abzuschätzen, wie Dr. Harald Schreckenberger, IBEKOR GmbH, einführend darlegte. Damit lässt sich auch ohne großen Aufwand ermitteln, welche Aktivitäten zur ­Erhöhung des Korrosionsschutzes vorzunehmen sind. Aus Spannungsreihen lässt sich darlegen, dass die Kombination von verschiedenen Werkstoffen einen unterschiedlich großen Korrosionsstrom erzeugen kann. Dabei ist Graphit in Kombination mit den meisten Nutzmetallen in der Lage, einen hohen Korrosionsstrom zu initiieren. Demzufolge ist Magnesium in Kombinationen mit anderen üblichen Werkstoffen aufgrund des sehr negativen Standardpotenzials von starker Korrosion betroffen, was die Praxis auch belegt. Magnesiumteile im Automobil kommen für Motorteile zum Einsatz, wobei Aluminium als Kontaktpartner und andere Werkstoffe mit Zinklamellen- und Zinkbeschichtungen möglich sind. Problemstellen ergeben sich bei ­Anbindungen, wenn die Beschichtungen auf Magnesium beschädigt werden.

Praktische Spannungsreihe in Meerwasser (Quelle: Schreckenberger)

 

Aluminiumbauteile weisen eine deutlich bessere Beständigkeit in Fahrzeugen auf. Hier sorgen Zinklamellen- und Zink-Nickel-Beschichtungen für eine akzeptable Beständigkeit durch eine starke Minimierung der Potenzialdifferenz zwischen Aluminium und Stahl. Durch die Verwendung von optimierten Abdichtmassen für Nähte oder Konservierungsmittel für Hohlräume kann die Korrosion der Aluminiumteile weitgehend vermieden werden.

Greift der Karosseriebau neben ­Aluminium und Magnesium auch auf CFK zurück, so muss dafür gesorgt werden, dass an Schnittstellen die Kohlenstofffasern nicht in direktem Kontakt zu Metall stehen. Häufig sind hiervon die Verbindungselemente aus Metall betroffen, die CFK-Teile oder CFK mit Leichtbau verbinden müssen. Für die Versteifung eingesetzte CFK-Teile sollten vorzugsweise mit Stahl V4A verbaut werden.

CFK-Verbindungen bei Karosserieverschraubungen (Quelle: Schreckenberger)

 

Additive Fertigung in der Medizintechnik

Als weiterer Themenblock standen die additiven Fertigungsverfahren im Fokus. Im ersten Beitrag gab Marcel Jung, Otto Bock HealthCare GmbH, einen Einblick in die Anwendung der additiven Fertigungstechniken für Produkte der Medizintechnik, ausschließlich für Exoprothesen. Eingangs wies er darauf hin, dass seit etwa150 Jahren Prothesen das heutige Aussehen - Anlehnung an ihr biologisches Vorbild - besitzen und zudem anfangs aus Aluminium gefertigt wurden. Heute werden insbesondere Schaum- und Kunststoffe, ­Faserverbundwerkstoffe, die Leichtmetalle Aluminium und Titan, rostfreie Stähle sowie Textilien verwendet. Textilien werden in Zukunft durch Ausnutzung der Sensormöglichkeiten den Tragekomfort von Prothesen merklich erhöhen.

Orthopädietechnik vom Handwerk zur industriellen Fertigung (Bild: Jung)

 

Prothesen für Beine haben ein Gewicht von etwa sieben Kilogramm und sind damit leichter, als natürliche Beine aufgrund der Tatsache, dass es sich um passive Systeme handelt. Die Anforderungen an Prothesen waren bisher ein Grund dafür, dass additive Verfahren noch nicht in größerem Maße eingesetzt werden. Zu den bisher schwer zu erfüllenden Anforderungen zählen die erforderlichen mechanischen Lasten, Umgebungsbedingungen (Wasser, Urin), Design und Nutzerfreundlichkeit sowie die gesetzlichen Qualitätsanforderungen für Medizinprodukte.

Bei der Lastauslegung von Prothesen ist zu berücksichtigen, dass diese aufgrund der auftretenden Dynamik bis zum vierfachen der Gewichtskraft Stand halten müssen. Am Beispiel eines Gelenks wurde gezeigt, wie der Grundwerkstoff durch Anodisieren, Galvanisieren, Schleifen/Polieren, Elektropolieren, Lackieren oder Härten bearbeitet werden kann. Funktionsoberflächen müssen bei diesen Anwendungen Rauheiten unter 1,4 µm besitzen und selbstschmierend sein. Für Dämpfungselemente sind eine hohe Beständigkeit und Flexibilität gefordert.

Seit kurzem ist erstmals ein lasttragendes Teil, gefertigt durch Lasersintern, verfügbar. Das Teil wird nach dem Lasersintern in weiteren Prozessschritten bearbeitet und bei Bedarf mit Dekorteilen versehen. Hergestellte Teile werden zudem eingefärbt oder mit Zusatzelementen versehen, zum Beispiel mit einer Uhr in einer Handprothese.

Wünschenswert wäre ein breiterer Einsatz von Faserverbünden und Materialkombinationen, zum Beispiel in Form des Fused Deposition Modeling (FDM) oder Direct Energy Deposition (DED). Darüber hinaus müssen das Angebot an Materialien zu akzeptablen Kosten, der Verfahren zur Herstellung von intelligenten Produkten oder die Erfassung der Anknüpfung über digitale Methoden und die Verarbeitung der Daten zur direkten Weitergabe an die additive Fertigung ausgedehnt werden. Um die hohen Qualitätsstandards zu erfüllen, muss eine vollständige Dokumentation vorgenommen werden.

Beispiele für die additive Fertigung in der technischen Orthopädie(Bild: Jung)

 

Additiv gefertigte Kunststoffteile

Wie Mathias Fischer, Paderborn Universität, einführend betonte, befassen sich seine Arbeitsgruppen auch mit der Oberflächentechnik bei additiv hergestellten Teilen. Dazu ging er auf die Herstellung von Teilen mit Kunststoffen unter Einsatz der FDM-Technik (Aufbau von Formen durch Strangablegen) näher ein. Bei diesem Aufbau in Schichten ist es sinnvoll, mit einer Stützstruktur zu beginnen, die nachfolgend wieder entfernt wird. Durch stetige Änderung der Ablegerichtung der Stränge wird die Festigkeit des Gesamtbauteils erhöht. Als Werkstoffe verfügbar sind beispielsweise ABS, PC, PC-ABS, PPSF/PPSU oder Nylon in unterschiedlicher Ausführung.

Anpassung der Bauteileigenschaften durch die Strangablage bei der FDM-Technik (Quelle: Fischer)

 

Beim Lasersintern wird mit einer vollständig mit Pulver gefüllten Grundfläche begonnen. Die eigentliche Form entsteht durch das Aufschmelzen des Pulvers entlang bestimmter Linien, wobei der Verlauf des Laserweges ein wichtiges Kriterium ist. Im Bereich Kunststoff ist dieses Verfahren auf die Werkstoffe PA, PEEK und TPU/TPE beschränkt. Der Laser muss hier nur eine geringe Energie liefern, da das gesamte Pulverbett vorgeheizt wird. Aufwendig ist die Trennung zwischen fertigem Teil und Pulver, insbesondere im Hinblick auf das Recycling des nicht aufgeschmolzenen Pulvers, aber auch die Abreinigung des Teils von Pulverüberständen beziehungs­weise von Altpulver.

Die Festigkeit des hergestellten Teils hängt erkennbar von der Art des Aufbaus ab und zeigt nach Aussage des Vortragenden eine deutliche Anisotropie. Dies macht es sinnvoll, die Aufbauart den zu erwartenden Festigkeiten anzupassen. Entsprechend sind auch die Oberflächeneigenschaften deutlich erkennbar von der Herstellungsart des Teils abhängig, weniger von der Art des Werkstoffs.

Abhängigkeit der Zugfestigkeit von der Schichtdicke beim Lasersintern (Quelle: Fischer)

 

Auch beim Lasersintern sind sowohl die Eigenschaften als auch die Oberflächenrauheiten unterschiedlich und von den verwendeten Arbeitsparametern abhängig. Hinzu kommt der höhere Aufwand zur Entfernung von anhaftenden Pulverpartikeln.

Für die Bearbeitung steht beispielsweise das Gleitschleifen zur Verfügung, wobei hier eine relativ ausgeprägte Verrundung festzustellen ist. Bessere Ergebnisse werden beim chemischen Glätten erzielt, das zum Beispiel mittels Chloroform beim Kunststoff Ultem 9085 vorgenommen werden kann.

Magnesium im optischen Gerätebau

Im letzten Vortrag befasste sich Jürgen Schmidt, Innovent e. V., mit dem Einsatz von Magnesium beispielsweise für ­Ferngläser. Er erläuterte, wie die Anforderungen aus der Mechanik mit den verfügbaren Magnesiumwerkstoffen und den entsprechenden Verfahren der Oberflächentechnik kombiniert werden. Dabei wies er darauf hin, dass bereits 1936 erstmals Magnesium für Ferngläser verwendet wurde und eine Chromatierung mit Lack den erforderlichen guten Korrosionsschutz lieferte. Heute liegt der Anteil an Magnesium in optischen Geräten bei etwa 20 Prozent. Von Vorteil sind die gute Gießbarkeit, die hohe spezifische Festigkeit und der hohe E-Modul. Zudem lassen sich die Teile gut bearbeiten. Gefertigt werden beispielsweise Chassis, Fassungen, Schraubringe und Gehäuseteile. In der Regel wird für derartige Teile in der Optik eine schwarze Oberfläche gefordert, um die Reflexion geringzuhalten.

Magnesiumteile mit PCO-Oberfläche für optische Geräte (Quelle: Schmidt)

 

Als Oberflächenverfahren für Aluminium kommen das Anodisieren, Verchromen und Vernickeln (Schwarz) sowie Vergolden zum Einsatz. Diese Beschichtungsvarianten gewährleisten eine hohe Abbildungsgüte und Langzeitstabilität. Gleiche Anforderungen gelten für Teile aus Magnesium. Als Oberflächentechnik bietet sich für Magnesium das plasmachemische Oxidieren (PCO) an – es entspricht weitgehend der Verfahrenstechnik bei Aluminium. Die Technologie stellt ein Sonderverfahren der anodischen Oxidation dar und arbeitet mit Spannungen bis 500 V (Gleichspannung, gepulst). Die Besonderheit der Schicht ist der Einbau von Elementen des Elektrolyten. Dies wird zur Modifikation der Schichten genutzt, beispielsweise zur Erzeugung von schwarzen Oberflächen. Für Teile mit großen Innenflächen (z. B. Rohren) kann ohne Abschattung auch innen eine Schicht in ausreichender Qualität hergestellt werden.

Herausforderungen liegen unter anderem bei der Modifizierung der Oberfläche zur Herstellung von optimalen schwarzen Oberflächen, einem optimalen Streulichtverhalten, einer hoher Prozessstabilität und Prozessreproduzierbarkeit.

Podiumsdiskussion – Wie sinnvoll und nachhaltig ist Leichtbau?

Unter Leitung von Bernd Jülicher diskutierten die Podiumsteilnehmer Prof. Dr. Daisy Nestler (TU Chemnitz), Prof. Dr. Bertram Reinhold (Audi AG), Dr. Klaus Wojczykowski (Coventya GmbH) und Dr. Wolfgang Seeliger (Leichtbau Baden-Württemberg GmbH). Eingeleitet wurde die Diskussion durch kurze Statements der Teilnehmer.

Dr. Nestler wies darauf hin, dass der Klimaschutzplan 2050 es erforderlich macht, Leichtbau mit hoher Vehemenz zu betreiben. Deutlich näher liegen die als Ziel vorgegebene Minderung des Treibhausgases um 20 Prozent oder die Minderung der Freisetzung von Treibhausgasen um 55 Prozent bis 2030.

Prof. Dr. Reinhold hatte mit seinem Start bei Audi die Gelegenheit, sich an der Entwicklung der Aluminiumkarosserie zu beteiligen und intensiv mitzuwirken. Dazu wurden auch stets die verschiedenen Stähle sowie der Leichtbauwerkstoff CFK im Auge behalten. Er wies darauf hin, dass die E-Mobilität lange unberücksichtigt blieb, weil die deutschen Automobile weltweit die beste Verbrennungsmotorentechnik besitzen. Inzwischen setzt sich auch bei Audi die Erkenntnis durch, dass kein Weg an der E-Mobilität vorbeiführt. Mittlerweilse verfügt der Autohersteller über ein Fahrzeug, dass bis zu 500 Kilometer Reichweite besitzt. Steigern lässt sich die Reichweite nur durch umfassende Nutzung der Leichtbautechnik sowie Gewichtsreduzierung bei den Batterien. Neben den typischen Leichtmetallen oder CFKs werden hochfeste Stähle eingesetzt werden müssen. Hier sieht Prof. Reinhold in Stahlkombinationen aus zähem Kern und hartem Randbereich eine gute Lösung. Für Magnesium ergeben sich nach seiner Meinung dagegen nur geringe Einsatzmöglichkeiten, da dieser Werkstoff keine ausreichende Schwingfestigkeit besitzt. CFK ist zwar ein zukunftsträchtiges Material, allerdings mit nur bedingt guter CO2-Bilanz.

Im Netzwerk Leichtbau BW wird die Sichtweise des klassischen Leichtbaus erweitert, wie Dr. Wolfgang Seeliger betonte. So soll sich die Produktion im Leichtbau stärker an der Konstruktion beteiligen und gewisser­maßen ein Re-Design der Teile vornehmen. Damit wird die Wertschöpfung erhöht und die Leistungsfähigkeit der kleineren Unternehmen gestärkt. Damit verbunden ist eine starke Ausdehnung der Digitalisierung mit dem Vorteil einer drastischen Verkürzung der Produktionszeiten.

Dr. Wojczykowski wies darauf hin, dass sich die Coventya verstärkt in der Oberflächenbehandlung von Aluminium einbringt, beispielsweise auch mit Oberflächentechniken für additiv gefertigte Teile. Neben Kunststoffteilen kommen 3D-Druck-Teile aus Metall zunehmend zum Einsatz und sind als Strategietrend erkennbar.

Bernd Jülicher machte klar, dass für ihn Kunststoff der klassische ­Leichtbauwerkstoff ist, dessen Eigenschaften in vielen Fällen durch eine metallische Schicht erweitert werden können.

Leichtbau muss nach Ansicht von Prof. Reinhold unter dem Gesichtspunkt der ökologischen Bilanz betrachtet werden. Aluminium steht hier im Hinblick auf Festigkeit und Beständigkeit an vorderster Stelle, jedoch nicht aus ökologischer Sicht. Stahl schneidet in dieser Beziehung weitaus besser ab. Noch deutlich besser schneidet Stahl im Vergleich zu Titan oder CFK ab.

Dr. Seeliger wies darauf hin, dass neue Konzepte im Hinblick auf die Konstruktion entwickelt werden; dies bedeutet zum Beispiel, die Überlegungen im Hinblick auf die Ausstattungen von Fahrzeugen zu intensivieren. Zugleich wird bei dieser Betrachtung höherer Wert auf die Einsparung von Materialien gelegt und so vermieden, dass die Verfügbarkeit von bestimmten Werkstoffen verloren geht.

Solche neuen Konzepte basieren nach Aussage von Prof. Dr. Nestler auf der Verwendung von hybriden Werkstoffen, die stark auf die jeweiligen Anforderungen ausgerichtet sind. Als Beispiel nannte sie die Erzeugung von Dämpfung durch darauf optimierte Hybridmaterialien. Dies wiederum erfordert nach ihrer Meinung eine weitaus ­stärkere Vernetzung der Fachleute. Des Weiteren ist es notwendig, verstärkt in neue Produkte und neue Fertigungsverfahren zu investieren und so die in der Regel hohen Kosten für Spezialprodukte wie Keramikbremsscheiben zu vermeiden.

Um dahin zu kommen, muss nach Meinung von Prof. Reinhold, in Europa eine andere Denkweise durch die Unterstützung von Technologien mit deutlich höherem Förderanteil der Privatwirtschaft in Gang gesetzt werden.

Insbesondere bei der additiven Technologie steht die Oberflächentechnik nach Ansicht von Dr. Wojczykowski noch ganz am Anfang. Um hier den erforderlichen Fortschritt zu erzeugen, müssen die verschiedenen Fachrichtungen intensiver zusammenarbeiten, insbesondere zur Festlegung der Trends und Auswahl der richtigen Produktarten.

Wünschenswert wären verstärkte Weiter­entwicklungen von neuen Technologien in Zusammenarbeit mit den OEMs. Mit kleinen Unternehmen ist diese notwendige Zusammenarbeit wesentlich einfacher und besser zu realisieren, wie Prof. Lampke anmerkte.

Darüber hinaus stellt sich die Frage, wer in der Wirtschaft die Trends setzt und wer an der Weiterentwicklung beteiligt sein sollte. Unter Umständen haben sich Unternehmen und Unternehmensorganisation bisher nicht im notwendigen Maße zur Mit- und Zusammenarbeit entschließen können. Auch hier sollte zur Verbesserung der Situation ein Umdenken angestrebt werden. www.url-adresse.de

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