Photothermie als neue Methode für zerstörungsfreie Werkstoffprüfung

Werkstoffe 03. 09. 2017
Von Prof. Dr. Dietmar Schorr, Steinbeis-Transferzentrum Tribologie in Anwendung und Praxis, Duale Hochschule Karlsruhe

Das Steinbeis-Transferzentrum Tribologie in Anwendung und Praxis an der Dualen Hochschule in Karlsruhe beschäftigt sich mit der Reduzierung von Verschleiß in tribologischen Systemen. Dies erfolgt analytisch anhand der Vermessung und Bewertung von Oberflächen- und Materialeigenschaften. Für deren Untersuchung steht im Steinbeis-Transferzentrum eine umfassende Ausstattung an modernen Messmöglichkeiten zur Verfügung. Das Steinbeis-Transferzentrum ist in vielen Branchen tätig und führt Analysen und Beratungen als Dienstleistung für Industrieunternehmen und als Kooperationspartner für Forschungseinrichtungen durch. Die Schwerpunkte liegen hierbei in den Bereichen Oberflächenmessungen, Schichtanalysen und Materialuntersuchungen. Das Steinbeis-Transferzentrum Tribologie arbeitet auf der wissenschaftlichen Grundlage einer Hochschule und mit der Handlungskompetenz eines Industrieunternehmens.

1 Einleitung

Die Photothermie nutzt thermophysikalische Eigenschaften (Wellenlängeλ, spez. Wärmekapazität cp, Dichte ρ), um gesuchte Resultate aus den Messdaten abzuleiten. Beim photothermischen Messverfahren (Abb. 1) trifft ein intensitätsmodulierter Laserspot auf eine Objektoberfläche und erwärmt diese. Das veränderliche Temperaturfeld in Form von reflektierten oszillierenden Wärmewellen wird mit einem Infrarotdetektor registriert. Die Ableitung aus den Temperaturkurven liefert Informationen über die Materialeigenschaften (z.B. Dichte, Porosität, Wärmeleitung, Wärmekapazität) Der Infrarotdetektor wird zur Erhöhung der Empfindlichkeit auf -192 °C heruntergekühlt, entweder mit Flüssigstickstoff oder mit einem Stirlingkühler. Die photohermische Methode arbeitet berührungslos und liefert nicht nur lokal eng begrenzte Werkstoffeigenschaften, sondern zwei- beziehungsweise dreidimensional am Objekt. Der Wärmewiderstand des Materials sorgt dafür, dass die Wärmewelle zeitlich verzögert durch das Material wandert und damit die Phase der abgestrahlten Wärme versetzt zum eingestrahlten Laserlicht ist. Ändern sich die thermophysikalischen Eigenschaften des Materials macht sich dies im Phasenversatz bemerkbar, welcher die Messgröße des Verfahrens darstellt.

Abb. 1: Funktionsprinzip Photothermie

 

Abb. 2: Eindringtiefe des Lasers für Stahl und Gummi

 

Die Ausbreitung der oszillierenden Wärmewelle ins Materialinnere (Eindringtiefe) wird durch die eingestellte Modulationsfrequenz des Lasers und den thermischen Eigenschaften des Materials bestimmt (Abb. 2). Sie kann über die in Abbildung 2 aufgeführte Formel berechnet werden. Die bei einer bestimmten Eindringtiefe des Lasers zurückreflektierten Wärmewellen beinhalten die Materialinformationen von der Oberfläche bis zur theoretischen Eindringtiefe. Hohe Frequenzen im kHz-Bereich werden beispielsweise für Schichtanalysen verwendet und tiefe Frequenzen im Hz-Bereich beispielsweise für Materialanalysen.

2 Einsatzgebiete der Photothermie

Weil die Ausbreitung der thermischen Wellen von den thermischen Eigenschaften des Materials abhängt, kann alles, was diese beeinflusst, durch die Photothermie gemessen werden. Aufgrund des Messprinzips ergeben sich vielfältigste Einsatzgebiete für die Photothermie. In Abbildung 3 sind die wichtigsten Einsatzgebiete der Photothermie aufgeführt. Dies sind im Wesentlichen:

Abb. 3: Einsatzgebiete Photothermie

 

  • Werkstoffinhomogenitäten
  • Gefügedichte (z.B. verursacht durch Dauerbelastung oder Prozessänderungen)
  • Härte (z.B. Härteverlauf zerstörungsfrei)
  • Schichtdicke
  • Schichthaftung
  • Füllstoffe Kunststoffe
  • Alterungszustand Kunststoffe

    2.1 Werkstoffinhomogenitäten

In der Abbildung 4 ist das Ergebnis der Messung von Werkstoffinhomogenitäten durch eine flächenhafte Messung in konstanter Eindringtiefe des Lasers beispielhaft dargestellt. Damit lassen sich Einschlüsse, Versetzungen und Risse im Materialinneren erfassen.

Abb. 4: Photothermische Messung von Werkstoffinhomogenitäten

 

2.2 Schichtanalyse

Die Schichtdickenmessung mit Photothermie arbeitet berührungslos, liefert zweidimensionale Informationen und ist besonders dort von Vorteil, wo konventionelle Verfahren versagen oder beispielsweise nur mit deutlich höherem Aufwand verbunden sind:

  • Pulverschichten, metallischen Schichten, Lacken
  • Flüssigkeitsfilme (Druckfarbe)
  • Poröse Schichten
  • Beschichtungen auf Holz, Kunststoff, Aluminium, Glas

Sie eignet sich für transparente und nicht transparente Schichten.

Abbildung 5 zeigt einen sogenannten Tiefen-/Frequenzscan. In diesem ist die Phase über der Eindringtiefe für einen Stahl mit einer beschichteten Oberfläche dargestellt.

Abb. 5: Tiefen-/Frequenzscan

 

Abb. 6: Photothermische Schichtdickenmessung

 

Abbildung 6 zeigt das Ergebnis einer Messung der Schichtdicke mittels Photothermie. Beim Beschichtungsprozess können unterschiedliche Schichtdicken auf einem Bauteil entstehen. Somit lässt sich mit Hilfe der Photothermie der Beschichtungsprozess bezüglich der Schichtdickenverteilung optimieren, da die Schichtdickenmessung mit Hilfe der Photothermie zweidimensional erfolgen kann.

2.3 Füllstoffverteilung

Auch Kunststoffe können mit der Photothermie untersucht werden. Füllstoffe und Weichmacher führen zu einer Veränderung der Diffusionseigenschaften. Somit kann die Füllstoffverteilung oder der Alterungszustand von Kunststoffen zerstörungsfrei analysiert werden. In Abbildung 7 ist die photothermische Messung eines Dichtringes dargestellt. In dieser ist die unterschiedliche Füllstoffverteilung von zwei Dichtringen, die in unterschiedlichen Kavitäten gespritzt wurden, gut erkennbar.

 

  • www.steinbeis-analysezentrum.com

 

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