Internationaler Nachwuchs für die elektrochemische Beschichtungstechnik

Werkstoffe 07. 10. 2017
COST-Lehrveranstaltung 2017 (2nd e-MINDs training course) für Studenten und Jungakademiker – Ausbildung mit ­Abschlussprüfung und Zertifizierung

Der diesjährige Lehrgang fand im CCS (Congress Center) in Schwäbisch Gmünd vom 2. bis 7. April statt. 70 Studenten und Jungforscher aus 22 Ländern nahmen an dem fünftägigen Kurs teil. Gruppen von jeweils fünf Studenten nahmen an den Vorträgen, Diskussionen und der Bearbeitung von Fallstudien teil und stellten ihre Ergebnisse in Form jeweils einer entsprechenden Präsentation vor. Am Ende der Veranstaltung erhielten die einzelnen Kursteilnehmer ihre Zertifikate ausgehändigt.

Bei COST handelt es sich um eine Kooperation zur Förderung der Wissenschaft und Technologie, die im Rahmen des EU-Netz­werkprogramms HORIZON 2020 gefördert wird. Als Unterprogramm sollen die elektrochemische Prozesstechnologie und der Korrosionsschutz für miniaturisierte Systeme betrachtet werden (COST MP 1407 = Electrochemical Processing Technologies And Corrosion Protection For Device And System Miniaturization). Hierfür ist das wissenschaftliche Programm in vier Gruppen gegliedert:

  • WG1: Elektrochemische Prozessmethoden
  • WG2: Substrate, Elektroden und Template
  • WG3: Schutz gegen Beeinträchtigung von Komponenten durch Korrosion und Reibkorrosion
  • WG4: Modellierung, Upscaling und Inte­gration

Den Organisatoren des Programms zufolge, kann die COST-Aktion als ideale Plattform zur Erzielung eines maximalen Gewinns durch die Expertisen von Forschern aus dem Bereich des Oberflächentechnik, Elektrosynthese von Mikro-, Nanostrukturen oder Korrosion und des Know-how europäischer Unternehmen im MEMS / NEMS-Sektor angesehen werden.

Sie ist ein Forum für den Ideenaustausch generell, für die Ausbildung von Studenten und die Weiterbildung für Jungwissenschaftler sowie die Intensivierung der Zusammenarbeit unter den Fachleuten der verschiedenen Spezialdisziplinen. Zudem dient sie der Integrierung von elektrochemischen Verfahren in die Märkte von Schlüsselindustrien, wie zum Beispiel Mikro- und Nanoelektronik, Informationstechnik, Luftfahrttechnik, Energiespeicherung und -gewinnung und Bio­medizin. Dazu wurden wissenschaftliche Schwerpunkte definiert:

  • Materialien mit elektrischen Eigenschaften: Leitfähigkeit, Piezoelektrizität, Thermoelektrizität
  • Materialien mit magnetischen Eigenschaften: hart- und weichmagnetische Werkstoffe
  • Materialien mit Korrosions- und Reibkorrosionsbeständigkeit in kleiner Skalierung
  • Materialien mit großen Oberflächen: Schäume, zellulare Werkstoffe, schwamm­artige Materialien

    e-MINDS-Programm

Die Produktion von Einzelkomponenten und der Zusammenbau werden zunehmend komplexer durch eine fortschreitende Miniaturisierung bei steigenden Kosten. Hoher Durchsatz, fortgeschrittene ökonomische Fertigung und Fügetechnologie werden im industriellen Maßstab dringend benötigt. Schlüsseldisziplinen hierfür sind elektrochemische Fertigung und Korrosionswissenschaft zur Integration und zum Schutz von kleinen Funktionseinheiten in komplexen Mikro- und Nanosystemen. Der frühzeitige Austausch von Wissen innerhalb der elektrochemischen Gemeinde, von Mikro- und Nanosystemforschern und der damit verknüpften Industrie ist demzufolge dringend erforderlich. Die COST-Aktion bietet dafür eine vernetzte Plattform, um die Aufspaltung in einzelne Disziplinen zu vermeiden, die europäische Kompetenz zu stärken und die wissenschaftliche Exzellenz zu sichern.

Das e-MINDS-Programm setzt diese Bemühungen als tatsächliche internationale Veranstaltung um. Für den diesjährigen Veranstalter fem, Forschungsinstitut Edelmetalle und Metallchemie, in Schwäbisch Gmünd hat Dr. Manfred Baumgärtner, EAST Schwäbisch Gmünd, die Organisation übernommen.

Der Lehrkörper der Veranstaltung setzte sich zusammen aus international renommierten Spezialisten innerhalb ihrer jeweiligen Arbeitsgebiete, aus Professoren und Professorinnen von Hochschulen und Instituten: S. Pané (CH), L. Péter (H), G. Zangari (USA), C. Zanella (SW), M. Innocenti (I), L. Pavlatou (GR), P. Zabinski (PL), H. Torun (TK), S. Sturm (SL), D. Rafaja (D), E. Pelliccer (E) und P. Leisner (SW).

In Ergänzung zu den Lehrveranstaltungen wurden Exkursionen angeboten. Im nahegelegenen Forschungsinstitut für Edelmetalle und Metallchemie mit seinen diver­sen unterschiedlichen Abteilungen und Arbeitsgebieten stand vor allem die Abteilung Elektrochemie im Fokus. Das Unternehmen Umicore Galvanotechnik in Schwäbisch Gmünd bot den Besuchern zudem Einblicke in die Bereiche der Edelmetallgalvanik und -chemie, die Kunden-, Versuchs- und Entwicklungslabors sowie die Fertigung von galvanisch platiniertem Titan-Streckmetall mittels Schmelzflusselektrolyse.

Elektrochemische Methoden für Abscheidung und Analyse

Das Lehrprogramm gliederte sich in drei Themenblöcke:

  • Koabscheidung von Legierungen, Halbleitermaterialien, Legierungsabscheidung
  • Strukturaspekte galvanischer Schichten: Zusammensetzung, Struktur, Morphologie
  • Labortechnik mit den entsprechenden elektrochemischen Untersuchungsme­thoden

Für den Block der Koabscheidung boten die Dozenten G. Zangari, L. Péter, M. Innocenti, L. Pavlatou und P. Zabinski folgende Fach­themen an:

  • Unterpotential-Abscheidung
  • Legierungsbildung während der galvanischen Abscheidung: grundlegende Mitabscheidungsraten (Klassifizierung nach Brenner, mit Beispielen)
  • Thermodynamische Aspekte der Legierungsbildung während der elektrochemischen Abscheidung
  • Trends bei der Legierungsabscheidung: die Rolle des Einzelabscheidepotentials
  • Strukturelle Belange der Legierungsbildung und Ausbildung bestimmter Phasen
  • Beziehung zwischen Abscheidebedingungen und Legierungseigenschaften (Einflussgrößen Metallverhältnis / Stromdichte / hydrodynamische Bedingungen / Elektrolyttemperatur auf Zusammensetzung / Struktur / Textur u.a.)
  • Anionenreduktion
  • Grundlagen der Abscheidung von Verbindungshalbleitern
  • Dispersionsabscheidung (suspension plating): Grundlagen, Rolle der Teilchenladung (ζ-Potential), Natur der dispergierten Partikel, Zusätze.

S. Sturm, H. Torun und D. Rafaja befassten sich im Themenblock über die Strukturaspekte bei galvanischen Schichten mit folgenden Technologien:

  • Zerstörungsfreie chemische Analyse durch EDX und XRF
  • Zerstörende chemische Analyse mittels AAS
  • Grundlegende Strukturuntersuchungen mittels XRD (Röntgendiffraktometrie)
  • Phasen-, Textur-, Körngrößenbestimmungen
  • Röntgenstrukturbestimmungen mit Tech­nologien wie Glanzwinkelbestimmung
  • TEM (Transmissionselektronenmikrosko­pie): Probenpräparation, Elektronenbeugung, Element-Mapping, Einfluss der Gitterbaufehler in der Auswirkung auf die verschiedenen Methoden, kristallographische Untersuchungen
  • Morphologieermittlung mittels REM-Untersuchung
  • Andere Methoden der Oberflächenuntersuchung wie Rauhtiefenmessung
  • In-Situ-Untersuchungsmethoden der Schicht während der Abscheidung

Im Bereich der Labortechnik schließlich befassten sich die Dozenten C. Zanella, L. Péter, G. Zangari, L. Pavlatou, M. Innocenti und E. Pelliccer mit folgenden Themen:

  • Voltammetrische Analysen, galvanostatische und potentiostatische Anwendungen
  • Stationäre und Transientenmethoden
  • Chronoamperometrie und Chronopoten­tiometrie
  • Lineare Potentialsweep-Methoden
  • Vergleich der Unterschiede von Lehrbuch-Beispielen und realen Fällen
  • Untersuchungsmethoden für Keimbildungsvorgänge
  • Rotierende Elektrodensyteme (Scheiben-, Ring-Scheibe-, Zylinderelektroden)
  • Anodische Stripping-Voltammetrie
  • In-Situ-Techniken: STM, spektroskopische Methoden u.a.
  • Fallstudien: Erhebung von Daten von vorhergehenden Versuchen von Legierungsabscheidungen

Aus dem sehr umfangreichen Programm der Veranstaltungen konnten die Teilnehmer Präsentationen zu sechs Bereichen erarbeiten, an die sich die Evaluierung und Übergabe der Zertifikate durch S. Pané anschloss:

  • Galvanische Abscheidungen von Elementen mit hoher Entropie
  • Gold/Silber-Lötlegierungen und ihre Anwendungen in der Elektronik (Packaging)
  • Nickel-Phosphor-Wolfram-Multilayer durch Pulse Plating-Abscheidung
  • Ausschau nach neuen Wegen zu hohen Datenspeicherdichten
  • Multilayer mit modulierbarer Zusammensetzung
  • Dispersionsabscheidung

    e-MIND-Trainingskurs 2018

Der nächste Kurs 3rd e-MINDS training event 2018 findet vom 26. bis 30 März 2018 in Siofok am Plattensee/Ungarn statt. Diese Veranstaltung wird sich mit Elektrolyten, Abscheidungsbedingungen und Eigenschaften der abgeschiedenen Schichten, der organischen und biochemischen Funktionalisierung von Elektroden sowie der digitalen Simulationen in der Elektrochemie befassen. Interessenten können sich bezüglich weiterer Details an das fem, Forschungsin­stitut Edelmetalle und Metallchemie, Schwäbisch Gmünd, (E-Mail: baumgaertner@fem-online.de) wenden oder sich direkt über die Homepage des Kursanbieters (www.e-minds.ch/events/training-schools) informieren. Hier sind auch die Anmeldeunterlagen zu finden. Der Anmeldeschluss ist der 20. November 2017.

  • www.e-minds.ch
 
 

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