Charakterisierung der Einflussfaktoren und Vorhersage der Schwingfestigkeit additiv gefertigter Bauteile

Werkstoffe 05. 11. 2017
Von R. Dörfert1), H. Freiße1) und F. Vollertsen1,2)

Additive Fertigungsverfahren bieten insbesondere für in Kleinserie gefertigte Bauteile komplexer Geometrien eine immense Zeit- und Kostenersparnis gegenüber konventionellen Herstellungsverfahren. Dabei werden für das pulverbettbasierte Verfahren des selektiven Laserstrahlschmelzens mit Metallpulvern typischerweise konkurrenzfähige Werte für die statischen Eigenschaften erreicht. Die Eigenschaften bei schwingender Belastung fallen dagegen oft ab bei bislang nur wenigen systematischen Untersuchungen. Mit steigender Verbreitung der additiven Fertigungsverfahren rücken daher zunehmend Fragen der Standardisierung, der Reproduzierbarkeit und der Gewährleistung von Bauteileigenschaften in den Vordergrund. Diese sind jedoch insbesondere für Eigenschaften wie der Schwingfestigkeit nur unzureichend geklärt. Als primäre Kriterien für die Bauteilqualität werden hierbei eine möglichst geringe Porosität sowie Rissfreiheit angesehen. Die Vielzahl der Einflussgrößen im Prozess und deren Wechselwirkungen miteinander erschweren jedoch die a priori Abschätzungen hinsichtlich des zu erwartenden Prozessfensters und der resultierenden Eigenschaften erheblich.

Die gegenwärtigen Forschungsarbeiten beschäftigen sich mit der Charakterisierung von Versagensursachen additiv gefertigter Schwingproben aus dem Modellwerkstoff 1.4404 sowie der Prozessentwicklung und Übertragung der Erkenntnisse auf den Werkzeugstahl 1.2344 mit Phasenumwandlung. Die enge Kooperation der Forschungsstellen Bremer Institut für angewandte Strahltechnik GmbH (BIAS), Stiftung Institut für Werkstofftechnik (IWT) und Bremer Institut für Strukturmechanik und Produktionsanlagen (BIME) ermöglicht die Erarbeitung einer umfassenden Datenbasis und darauf aufbauenden Simulationsmodellen. Die Modellierung des Prozesses des Laserstrahlschmelzens erfolgt dabei unter Berücksichtigung der Aufbaurichtung und Scanstrategie sowie des anisotropen Materialzustandes und den resultieren Eigenspannungen sowie Deformationen. Die FEM-Modelle bilden zusammen mit den experimentellen Daten aus metallografischen Untersuchungen, Schwingversuchen, Analysen zur Verteilung der Restporosität oder auch der Bruchflächenanalyse die Basis für die bruchmechanische und numerische Beurteilung der Schwingfestigkeit.

Gesamtziel ist das Aufstellen eines Modells zur Vorhersage der Schwingfestigkeit additiv gefertigter Bauteile für eine Grenzschwingspielzahl von 107. Weiterhin ergibt sich ein Verständnis der Einflussmechanismen der Prozessparameter auf die mechanischen Eigenschaften der Proben. Hierbei sollen die Simulationsmodelle die experimentellen Methoden ergänzen und teilweise ersetzen. Somit soll der experimentelle Aufwand für die Prozessentwicklung und Vorhersage der Bauteileigenschaften minimiert und eine erste Vorhersage von Eigenschaften bei schwingender Belastung ermöglicht werden.

Die Autoren bedanken sich bei der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) für die Förderung des Projektes Schwingfestigkeit SLM-generierter Werkstoffe (VO 530/90-1).

1) BIAS - Bremer Institut für angewandte Strahltechnik GmbH, Klagenfurter Straße 5, D-28359 Bremen; R. Dörfert; E-Mail: doerfert@bias.de

2) Universität Bremen, Bibliothekstraße 1, D-28359 Bremen

 

Text zum Titelbild: Projekt zur additiven Fertigung von Bauteilen höchster Schwingfestigkeit (BIAS ID 172291)

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