Flexibel kleben: Hart und weich zugleich

Werkstoffe 04. 02. 2018
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Um Bauteile miteinander zu verbinden, wird heute gerne geklebt statt geschweißt, genietet oder geschraubt. Das macht Autos, Flugzeuge oder Landmaschinen leichter. Die Anforderungen an den Klebstoff sind jedoch hoch: Er muss flexibel genug sein, um Spannungsspitzen in der Fügezone auszugleichen und trotzdem für eine steife Verbindung in der Fläche sorgen. Fraunhofer-Forscher haben jetzt den Klebstoff MetAK entwickelt, der hart und weich in einem sein kann.

MetAK ist vergleichbar mit einem gewöhnlichen zwei Komponenten-Klebstoff aus dem Baumarkt, nur dass bei uns mehr Komponenten zusammengemischt werden, erklärt Dr. Roland Klein vom Fraunhofer-Institut für Betriebsfestigkeit und Systemzuverlässigkeit LBF in Darmstadt, der MetAK mitentwickelt hat. Die Herstellung ist einfach, denn die Komponenten müssen nicht aufwendig im Labor synthetisiert werden, sondern sind frei verkäuflich. Die genaue Rezeptur bleibt aber unser Geheimnis, sagt Klein.

Härtegrade sind individuell einstellbar

Die Steifigkeit des zunächst zähflüssigen Materials auf Kunstharz-Basis lässt sich durch zwei Härtungsmechanismen bestimmen: die Bestrahlung mit UV-Licht und Wärme. Die Bereiche, die flexibel bleiben sollen, werden nicht bestrahlt, aber mit Wärme behandelt und so ausgehärtet. Sie verbinden sich optimal mit den bestrahlten, festen Bereichen zu einem Netzwerk. Ihre Konsistenz ist dann gummiartig – ideal für dynamische Belastungen, wie sie beispielsweise bei der Verbindung von Automotor und Karosserie auftreten. Hier sind besonders die Fügezonen hohen Spannungsspitzen und Vibrationen ausgesetzt – ein Problem, mit dem auch verklebte Flugzeugbauteile, Windräder oder der Zugbau zu kämpfen haben.

MetAK hat den Vorteil, dass die Steifigkeit sehr gut einstellbar ist. Man benötigt nicht mehr viele verschiedene Klebstoffe mit unterschiedlichen Härtegraden, sondern kann das Material flexibel an den Frequenzbereich der Vibrationen anpassen und diese ausgleichen. Je länger und intensiver die Bestrahlung mit UV-Licht, desto härter das Material. Nach der abschließenden Wärmebehandlung mit einem Heizstrahler oder im Ofen bei 100 bis 180 Grad (je nach Anwendung), ist MetAK nicht mehr verformbar, die chemische Reaktion abgeschlossen.

Ideal für orthopädische Anwendungen

MetAK ist nicht nur als Klebstoff verwendbar, sondern kann auch in Form gegossen werden. Durch Bestrahlung und Wärme lassen sich dann ebenfalls harte und weiche Zonen mit fließenden Übergängen herstellen – attraktiv zum Beispiel für Anwendungen in der Orthopädie. Kleins Kollege Tim Bastian Klaus arbeitet an einem Korsett aus MetAK, das die verformte Wirbelsäule von Skoliose-Patientinnen an den richtigen Stellen stützt, aber gleichzeitig an anderen flexibel nachgibt. So ließen sich schmerzhafte Druckstellen vermeiden und der Tragekomfort erhöhen. MetAK ermöglicht zudem Korsetts in individuellen, modernen Designs und luftdurchlässiger Struktur – für die meist jugendlichen Patientinnen ein wichtiges Kriterium, das über die Tragehäufigkeit und damit den Therapieerfolg entscheidet. Zusammen mit der Design-Studentin Anja Lietzau gewann Klaus für seine Idee den Fraunhofer-Ideenwettbewerb 2017. Das Material ließe sich auch für andere orthopädische Anwendungen wie orthopädische Schuhe oder Prothesen verwenden, so Klaus.

  • www.lbf.fraunhofer.de

Biegsam und hart in einem Stück: das neue Kunststoff- Metamaterial MetAK (© Fraunhofer LBF)

 

Text zum Titelbild: MetAK ermöglicht Skoliose-Korsetts in neuen, modernen Designs und mit einem hohen Tragekomfort (© Fraunhofer LBF)

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