Atmosphärische CVD-Diamantsynthese bei niedrigen Prozesstemperaturen

Oberflächen 11. 03. 2018
Von Sven Müller und Prof. Dr. Frank Vollertsen, BIAS - Bremer Institut für angewandte Strahltechnik GmbH, Bremen

Diamant ist aufgrund seiner herausragenden Härte, Wärmeleitfähigkeit und chemischen Inertheit hervorragend als Werkzeugbeschichtung geeignet. Eine Beschichtung aus polykristallinem Diamant kann ­dabei gegen adhäsiven, abrasiven und chemischen Verschleiß sowie zur Reibungsreduzierung eingesetzt werden [1]. Polykristalline Diamantschichten lassen sich mit Hilfe einer chemischen Gasphasenabscheidung (CVD) auch ohne hohe Drücke synthetisieren. Dieser Vorgang findet in kommerziell erhältlichen Verfahren wie dem Heißdraht- [2] oder Mikrowellenplasma-CVD [3] in einer Vakuumkammer statt.

Die Besonderheit des im Bremer Institut für angewandte Strahltechnik (BIAS) vorliegenden laserbasierten Plasma (LaPlas) CVD-Prozesses liegt in der Möglichkeit, polykristalline Diamantschichten ohne Kammer und unter atmosphärischen Bedingungen mit hohen Wachstumsgeschwindigkeiten ­abzuscheiden. In diesem Verfahren wird ein CO2-Laser genutzt, um im Prozesskopf (Abb. 1) ein Argon-Plasma zu zünden. Die Plasmaflamme, in der die ionisierten Prozessgase vorliegen, wird anschließend über dem zu beschichtenden Substrat positioniert. Dies erlaubt das lokale Beschichten von Werkstücken verschiedenster Größe und Geometrie sowie eine in situ-Dotierung der Diamantschichten [4]. Die hohe Energie des Plasmas ermöglicht es außerdem, Wachstumsraten von über 20 µm/h zu erreichen.

Abb. 1: LaPlas CVD-Prozesskopf zur Abscheidung von reinen und dotierten Diamantfunktionsschichten

 

Abb. 2: Prozessfenster des LaPlas CVD-Prozesses mit eingefügten Ausschnitten der Oberflächen der abgeschiedenen Diamantbeschichtungen

 

Bisher wurde die Diamantabscheidung im LaPlas CVD-Prozess nur bei vergleichsweise hohen Prozesstemperaturen von 1050 °C bis 1100 °C realisiert. Dies zeigte sich beispielsweise beim Versuch der Diamantbeschichtung von Stahl, unter Verwendung einer Siliziumzwischenschicht, als hinderlich [5]. Die Optimierung des Gasflusses und Charakterisierung des Einflusses der Methankonzentration auf die Abscheidetemperatur polykristalliner Diamantschichten erlaubt nun auch bei deutlich geringeren Temperaturen, ab einem Wert von 650 °C, polykristalline Diamantschichten abzuscheiden. Dies ermöglicht eine substratschonendere Beschichtung und reduziert die eingebrachten Eigenspannungen. Dadurch eröffnen sich potentielle neue Beschichtungsmöglichkeiten für Substrate mit hohem Ausdehnungskoeffizienten oder komplexen Geometrien. In Abbildung 2 ist das Prozessfenster des LaPlas CVD-Prozesses, in dem die Abscheidetemperatur über der Methan­konzentration der Gasphase aufgetragen ist, für die Diamantabscheidung auf Hartmetall gezeigt. Die Abscheidung einer polykristallinen Diamantbeschichtung lässt sich dabei im weiß hinterlegten Bereich des Graphen realisieren.

Werden geringe Methankonzentrationen unterhalb des Prozessfensters (grau hinterlegter Bereich) gewählt, bleibt das Substrat unbeschichtet. Bei hohen Methankonzentrationen oberhalb des Prozessfensters (gestreifter Bereich) kommt es zur Abscheidung von Graphit und Anteilen an nanokristallinem Diamant. Innerhalb des Prozessfensters lassen sich Diamantbeschichtungen mit unterschiedlicher Morphologie, Wachstumsgeschwindigkeit und Kristallgröße abscheiden. Dies erlaubt eine gezielte Anpassung der Schichteigenschaften durch die Variation der Prozessparameter.

Literatur

[1] Verein Deutscher Ingenieure: Kohlenstoffschichten Grundlagen, Schichttypen und Eigenschaften

VDI-Handbuch Produktionstechnik und Fertigungsverfahren, Band 3 Betriebsmittel (2012) 15-39

[2] NeoCoat SA, http://www.neocoat.ch/

[3] Seki Diamond Systems, http://sekidiamond.com/

[4] Prieske, M.; Vollertsen, F.: In situ incorporation of silicon into a CVD diamond layer deposited under atmospheric conditions. Diamond and Related Materials 65 (2016) 47-52

[5] Prieske, M.: CVD diamond deposition under atmospheric conditions on steel with a silicon intermediate layer. Dry Metal Forming OAJ FMT 2 (2016) 7-10

Danksagung

Diese Arbeit wurde unterstützt durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) unter der Vertragsnummer VO 530/67-2, wofür die Autoren sich herzlich bedanken.

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