Galvanikgleichrichterbauarten und Ansteuerungsmöglichkeiten unter dem Einfluss von Industrie 4.0!

Werkstoffe 06. 05. 2018
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Von Thomas Mark, Hamm/Westfalen

Die Digitalisierung der in eine Produktion integrierten Gerätetechniken stellt einen weiteren Schritt der Industrialisierung dar. Die Gleichrichter für galvanotechnische Prozesse haben sich in den letzten Jahrzehnten zunehmend auf eine bessere Energienutzung sowie zu einem modularen Aufbau entwickelt. Die Einbindung der Gerätedaten in die IT-Welt von Produktionsdaten steht in der Galvanotechnik noch am Anfang und damit sind die tatsächlichen Vorteile noch nicht im Detail bekannt und festgelegt. Die Entwickler der Gleichrichter sollten mit den Kunden eng zusammenarbeiten und die Vorteile für beide Seiten herausfinden.

1 Einleitung

Das Zeitalter der Digitalisierung bringt sozusagen im gefühlten Sekundentakt ständig technologische Änderungen mit sich, so dass es zunehmend schwer wird, diesen in allen Details zu folgen. Bei Betrachtung der letzten, aktiven 30 Jahre (Anmerkung: das entspricht der aktiven Tätigkeit des Verfassers bei der Munk GmbH) für die Galvanobranche, verfügen wir heute über ein breites Spektrum an sehr unterschiedlichen Möglichkeiten. Hier ist mit Erstaunen festzustellen, dass dieses Spektrum nicht etwa nur aus voll digitalisierten Lösungen besteht. Während wir dagegen Begrifflichkeiten wie Online Streaming, Cloud Computing, internetfähige mobile Endgeräte oder e-mail als gegebenen Stand der Technik bezeichnen, müssen die Hersteller von Galvanikgeräten einen technologischen Spagat gewährleisten.

Das hat nicht etwa damit zu tun, dass womöglich einige digital immigrants unter uns bedingungslos am Bewährten festhalten wollen. Es liegt eher an der prozessspezifischen Anwendung und der damit verbundenen pragmatischen Kundenforderung. Die Technologie soll, nein muss, einfach und zuverlässig sein. Hingegen liegt bei den digital natives das Bedürfnis nahe, Alles voll digitalisiert auszuführen. Es trägt heutzutage zum Schmunzeln bei, sobald man sich (oft die Gruppe der 50+) über eine neu erworbene CD freut. Im Trend liegen heute Musikstreamingdienste. Spätestens jetzt wird unterschiedliches Generationsdenken deutlich. Ähnlich verhält es sich in der Welt der Gleichrichternutzer, wobei selbstverständlich auch langjährige Erfahrungswerte eine wesentliche Rolle spielen.

Die objektive Aufklärung durch den technischen Vertrieb über die verfügbaren technologischen Varianten gewähren dem Endanwender schließlich, über den in der allgemeinen Öffentlichkeit gepflegten Trend nachzudenken. Es gibt üblicherweise immer zwei Seiten einer Medaille.

Die vom Main Stream vorgegebene Richtung muss nicht sofort die beste Lösung darstellen. Leider gibt es heute eine unüberschaubare Flut an Zusatzinformationen, bei denen der Laie die postfaktischen Informationen nicht unterscheiden kann. So sollten stets plausible, also nachvollziehbare und belegbare Argumente zur Hand sein, die über den Informationsgehalt zum Beispiel eines hohen Wirkungsgrades oder einer hochflexiblen Modullösung hinausgehen.

2 Gleichrichtergerätetechnik im Vergleich

Im Vergleich zu den zurückliegenden Jahrzehnten hat sich hinsichtlich der zu kühlenden Gerätevarianten nicht viel geändert. Im Prinzip bieten sich hier die sogenannten ölgekühlten, die wassergekühlten und die luftgekühlten Geräte (Abb. 1 bis 3) nach wie vor an.

Abb. 1: Gerät ölgekühlt

Abb. 2: Mehrfachstromversorgung NANO (wassergekühlt) 6 x 1500 A

Abb. 3: Tower 7500 A (luftgekühlt)

 

Bei vielen Anwendern findet der ölgekühlte Gleichrichter heute noch seinen Einsatz, wobei dieser aber bei größeren Strömen (>4000 A) eher aus Platzgründen zunehmend weniger berücksichtigt wird. Bei kleineren Strömen (<1500 A) dagegen werden bis zu 95 % mit den kompakten Schaltnetzteilen realisiert.

Diese Kompaktgeräte zählen zur Gruppe der Schaltnetzteile, eine Bauart, die ihren Ursprung in der PC-Welt vor über 30 Jahren als ungeregeltes Netzteil hatte. Während die Gilde einiger Schaltnetzteilanbieter immer wieder Gegenargumente zur ölgekühlten Technik publizierten, konnten diese als unrichtig enttarnt werden. So wird heute nicht mehr zum Beispiel über einen mehr oder weniger hohen Wirkungsgrad gestritten, denn alle Produktvarianten (Stelltrafo, Thyristor oder Schaltnetzteil) verfügen, bei vergleichbaren Nenndaten, über ähnlich gute Wirkungsgrade. Heute sind es eher Themen wie die Baugröße, das Gewicht und die Servicefreundlichkeit, um nur einige zu nennen.

In den niedrigen Strombereichen bis etwa 1500 A werden Schaltnetzteile in wassergekühlter und luftgekühlter Technik eingesetzt. Dabei spielen die Umgebungsbedingungen und die Kühlmöglichkeiten eine entscheidende Rolle. Bei den Schaltnetzteilen kann der Projektingenieur heute über vielseitige Gestaltungsvarianten verfügen. Entweder werden standardisierte, luftgekühlte Einzelgeräte (z.B. Box, Abb. 4) oder individuelle, skalierte Hochstromvarianten (z.B. Tower, Abb. 3) eingesetzt.

Abb. 4: psp Box – 16 V/ 1500 A

 

Im Allgemeinen wird in der Galvanotechnik immer nur von Gleichrichtern gesprochen, ohne das die Schutzart der Gerätegehäuse dabei näher betrachtet wird. Während der ölgekühlte Gleichrichter, der übrigens von vielen als unkaputtbar zurecht tituliert wird, die Messlatte der Schutzart mit IP 54 immer schon sehr hoch gelegt hatte, liefern luftgekühlte Versionen meist einen geringeren Grad an Schutz (z.B. IP 32). Schließlich muss die Kühlluft in das Gerät (Abb. 3) hinein und auf der anderen Seite muss die Verlustwärme wieder hinaus.

Insofern können die wassergekühlten Schaltnetzteilvarianten (Abb. 2 und 5) die erwähnte Messlatte der Schutzart des ölgekühlten Gerätes von IP 54 durchaus erreichen. Es ist grundsätzlich auf die Qualität des Kühlwassers und die Eintrittstemperaturen zu achten, um Verschmutzungen und Betauung zu verhindern. Darüber hinaus sollten auch nicht der Energieaufwand und die damit verbundenen Kosten zur permanenten Kühlung unterschlagen werden.

Abb. 5: psp 5080 - 16 V/5000 A – (B/T/H 800 mm / 600 mm / 1500 mm)

 

 

3 Ansteuerungen von Gleichrichtergeräten

In der Galvanotechnik finden die meisten Geräte ihren Einsatz unter der Aufsicht einer übergeordneten Steuerung (SPS). Dabei wurde in den letzten Jahren Profibus DP als die Schnittstelle favorisiert, die allmählich durch das weitaus umfangreichere ProfiNET ersetzt wird. Aber auch analoge Schnittstellen wie
0 V bis 10 V oder 4 mA bis 20 mA sind gefragt, wobei diese mehr in einem Nischenbereich angesiedelt sind. Viele vorhandene Steuerungen versorgen noch die gutmütige Stelltransformatortechnik mittels digitaler Stellbefehle (höher/tiefer).

Bei den Handanlagen ist das Spektrum der Fernsteuerungen ebenfalls sehr groß. Von der einfachen Fernsteuerung für ölgekühlte Geräte (Abb. 6) , über die komfortable Möglichkeit der Sollwertvoreinstellung mit kombinierten Ah-Zählern und Timern (Abb. 7) bis hin zur individuellen Prozessregelung (Abb. 8), ist ein buntes Sortiment an technischen Möglichkeiten beziehungsweise Anwendungen zu finden.

Abb. 6: Einfache Fernsteuerung mit Höher/Tiefer Stellbefehlen

Abb. 7: Fernsteuerung mit Multifunktionsbildschirm (MFD)

Abb. 8: Prozesssteuerung für Hartchromprozesse (Typ HC 1200)

 

Das Thema Datendokumentation spielt eine wichtige Rolle, sodass nur die Fernsteuergeräte mit entsprechend zeitgemäßer Schnittstelle die optimale Basis für eine nachhaltige Nutzung bieten.

Alle gerätetechnischen Bauarten können heutige Bedingungen bezüglich Ansteuerung erfüllen, wenn der Bedarf vom Kunden vorher rechtzeitig kommuniziert wird. Der Einsatz der dafür notwendigen Schnittstellenbaugruppen erlaubt die Einbindung der Stromversorgung in die digitale Welt. Die Digitalisierung in der Verfahrenstechnik ist bekanntlich im vollen Gang und bietet auf dem Sektor der Bedienung und insbesondere bei der Übermittlung von wichtigen Daten vielseitige Möglichkeiten.

Mit ProfiNET steht ein Kommunikationsstandard zur Verfügung, der neben der hohen Flexibilität einfach zu handhaben ist und darüber hinaus Redundanzoptionen mitbringt. Nur die kontinuierliche Produktion ist wirtschaftlich und sichert diese dauerhaft. Wenn der Gerätehersteller frühzeitig über den Zustand der Stromversorgungen informiert wird, kann dadurch nachhaltig vorgesorgt werden, indem beispielsweise Serviceintervalle rechtzeitig planbar werden oder spezielle Baugruppen in Kürze auszutauschen sind.

So bietet zum Beispiel der Einsatz eines Industrietablets, sofern der Kunde eine Industrie WLAN Installation sein Eigen nennen kann, die permanente Kontrolle jedes im System vorhandenen Gleichrichtergerätes. Ob aktuelle Prozesswerte, Warnungen oder Meldungen; der Nutzer hat ein komfortables Spektrum während des Prozesses relevante Informationen abzufragen. Abbildung 9 zeigt zum Beispiel die schnurlose Überwachung diverser Geräte aus einer zentral installierten Mehrkreisstromversorgung. In beispielsweise Bandanlagen (reel to reel) wird dadurch der Einsatz vieler dezentral angeordneter Mess- und Bedieninseln überflüssig. Diese dort bisher meist installierten Mess- und Bedientableaus sind kostspielig und anfällig für Verschmutzung und Korrosion. Insofern wäre beispielsweise die WLAN-Lösung ein hilfreicher Weg, Kosten zu reduzieren bei gleichzeitiger Erhöhung des Bedienkomforts und der Beständigkeit.

Abb. 9: Industrietablet mit Munk App zur Zustandsmeldung des Gerätes

Abb. 10: Prozessregelgerät Typ HC 1200 (Hartchrom), intelligent vernetzt – Datendokumentation

 

In Abbildung 10 wird der Weg der Datendokumentation vereinfacht dargestellt. Sämtliche Prozessdaten werden auf dem Regelgerät Typ HC 1200 verarbeitet, wobei diese auch an die Hauptsteuerung sowie an weitere Beobachtungsstationen gesendet werden können. Mit dem integrierten Webserver kann der Netzwerkzustand auf jeden PC angezeigt werden.

4 Zusammenfassung

Es wäre aus Herstellersicht wünschenswert, wenn beispielsweise die Gleichstromversorgungen neben der Übermittlung von Istwerten, Energieverbrauchsdaten und Betriebsstunden in der Lage wäre, dem Anwender rechtzeitig einen Service anzumelden. Inwieweit nun die Menge an Daten innerbetrieblich über die jeweiligen IT-Spezialisten verwaltet und koordiniert werden, liegt in der Verantwortung des Kunden selbst.

In den zurückliegenden Jahren hat es selten geklappt, Kunden davon zu überzeugen, Ersatzteile zu bevorraten, um im schlimmsten Fall möglichst wenig Ausfallzeiten zu beklagen. Oft wurde das aus Kostengründen abgelehnt und so verhält es sich auch heute noch. Warum sollte zum Beispiel eine Lüfterbaugruppe gewechselt werden, wenn das Gerät einwandfrei funktioniert und die Laufzeit der Baugruppe zwar einen kritischen, zeitlichen Erfahrungswert erreicht hat, aber optisch noch prima aussieht?

Insofern bietet Industrie 4.0 auf der einen Seite eine sehr interessante Gestaltungsvielfalt, löst aber auf der anderen Seite Zurückhaltung aus Sicht des Herstellers aus, um nicht zu euphorisch einem Main Stream zu folgen, der wiederum schnell auch in eine bedenkliche Richtung steuern könnte. Alles in allem geht der Trend der Gerätetechnik zu mehr Kompaktheit, flexiblen und individuellen Lösungen. An skalierbaren Gleichrichtersystemen (mit 1500 A Hochstrommodulen) führt kein Weg vorbei. Die Digitalisierung ermöglicht künftig die erweiterte Kommunikation der Geräte, sodass auch einzelne Baugruppen den aktuellen Allgemeinzustand des Gerätes melden und dem Anwender dadurch ein hohes Maß an Sicherheit bieten können.

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