Von N. Blanke 1) und F. Vollertsen 1,2)
Additive Fertigungsverfahren wie das selektive Laserstrahlschmelzen (LBM, engl.: laser beam melting) finden bereits heute weite industrielle Anwendung. Das selektive und schichtweise Aufbringen des Materials birgt durch die lokale und punktuelle Energieeinbringung die Möglichkeit der gezielten Anpassung der Randschichteneigenschaften [1]. Im Gegensatz zum selektiven Laserstrahlsintern (SLS) wird im LBM-Prozess das Material komplett aufgeschmolzen, so dass Bauteile mit einer Dichte vergleichbar zu Bauteilen aus Vollmaterial hergestellt werden können [2]. Somit lässt sich der wachsenden Nachfrage nach individualisierter Produktion und flexibler Fertigung von komplexen Geometrien gerecht werden [3].
Merkmale wie eine geringe Porosität, Rissfreiheit und insbesondere die Oberflächentopografie sind wichtige Faktoren zur Beurteilung der Bauteilqualität [4]. So ist das Nachbearbeiten mittels LBM gefertigter Bauteile zur Verbesserung der Oberflächengüte ein noch immer unabdingbarer Bestandteil der Prozesskette. Dabei sind konventionelle Verfahren wie Schleif- und Polierprozesse bei komplexen Bauteilen oft nur ungenügend anwendbar und zeitaufwendig, da diese insbesondere bei Kleinserienproduktionen und Prototypen manuell durchgeführt werden müssen. Hinzu kommen thermische und mechanische Belastungen, die durch die Polierprozesse entstehen. Eine Alternative bietet das kontaktfreie Nachpolieren mittels Laserstrahlumschmelzen (Abb. 1b,c), welches in einem internationalen Forschungsprojekt am Beispiel von Stellite 21 (CoCr-Legierung) genauer untersucht werden soll.
Abb. 1: (a) Additives Fertigungsverfahren: selektives Laserstrahlschmelzen (LBM, engl.: laser beam melting), (b) LBM-gefertigtes Bauteil mit teilweise umgeschmolzener Oberfläche, (c) Rasterelektronenmikroskopaufnahme der Bauteileoberfläche vor (links) und nach (rechts) dem Umschmelzprozess, (d) LBM-gefertigte Schwingprobe zur Untersuchung der mechanischen Eigenschaften (Anmerkung: a) bis c) = von links nach rechts)
Neben den Nachbearbeitungsprozessen werden auch die Aufbauparameter, welche einen direkten Einfluss auf die Oberflächenbeschaffenheit haben, untersucht. Werden diese geschickt gewählt, kann nicht nur die Oberfläche, sondern auch die Beschaffenheit des gesamten Bauteils beeinflusst werden. Ziel des Projektes ist ein verbessertes Verständnis hinsichtlich des Einflusses der verschiedenen LBM-Parameter auf die Eigenschaften der Bauteile zu erlangen, um so die Prozesskontrolle während des Laserschmelzprozesses zu verbessern. Ein zusätzlicher Fokus der Forschungsarbeit besteht in der Untersuchung des Einflusses der Oberflächenqualität auf die mechanischen Eigenschaften. Die Korrelation von Materialmodifikationen und Schwingfestigkeit wird durch die Aufnahme von Wöhlerkurven quantifiziert. Die am BIAS verfügbare Prüftechnik (Abb. 2) erlaubt Versuche im Ultraschall-Frequenzbereich von bis zu 20 kHz, womit auch die Materialprüfung bei hohen Lastwechselzahlen von 108 in einer Prüfdauer von weniger als 10 Minuten resultiert und so eine effiziente Untersuchung von Versagensursachen erlaubt.
Abb. 2: Ultraschall-Ermüdungsprüfsystem Shimadzu-USP-2000 (links) und Prüfspitze mit eingesetzter Schwingprobe (rechts)
Da insbesondere Oberflächendefekte zum Versagen von Bauteilen führen können, werden in Kooperation zwischen dem Bremer Institut für angewandte Strahltechnik (BIAS) und der Universität von Wisconsin-Madison (UW-Madison) neben Oberflächencharakterisierungen der mit LBM gefertigten Bauteile auch die Parameter, welche bestmöglich die Beschreibung vielschichtiger Oberflächenstrukturen erlauben, ermittelt. Die gemeinsam gewonnenen Erkenntnisse werden anschließend bei der Erstellung eines numerischen Modells zur Vorhersage der Oberflächentopografie nach dem Umschmelzprozess verwendet.
Danksagung
Die Autoren bedanken sich bei der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) für die Förderung des Projektes Laser-Nachbereitung vielschichtiger Oberflächenstrukturen von additiv gefertigten Bauteilen (DFG VO530/117-1)
Literatur
[1] A. Gasser, et al.: Laser Additive Manufacturing; In Laser Technik Journal, 2010, 7; S. 58–63
[2] J. P. Kruth, et al.: Selective laser melting of iron-based powder; In Journal of Materials Processing Technology, 2004, 149; S. 616–622
[3] S. Bremen, W. Meiners, A. Diatlov: Selective Laser Melting; In Laser Technik Journal, 2012, 9; S. 33–38
[4] F. C. Campbell: Elements of Metallurgy and Engineering Alloys; ASM International, 2008
1) BIAS - Bremer Institut für angewandte Strahltechnik GmbH, Klagenfurter Straße 5, D-28359 Bremen;
N. Blanke; E-Mail: blanke@bias.de
2) Universität Bremen, Bibliothekstr. 1, D-28359 Bremen