Chrom 2030 – Die Zukunft galvanisierter Kunststoffe im Automobilbau

Werkstoffe 09. 12. 2018
Bericht über eine Tagung des FGK – Fachverband Galvanisierter Kunststoffe und des ZVO e. V. – Zentralverband Oberflächentechnik am 13. November in Stuttgart

Die Reihe der seit einigen Jahren stattfindenden Folgetagungen Chrom 2020 zur Situation der galvanischen Verchromung von Kunststoffen, schwerpunktmäßig für den Einsatz im Automobilbau, hat in diesem Jahr durch die Änderung des Titels den erweiterten Horizont zum Ausdruck gebracht. Wie Bernd Jülicher eingangs betonte, zeigt der angepasste Titel der Tagung Chrom 2030, dass auch in zwölf Jahren noch dekoratives Verchromen gefragt sein wird. Mit besonderer Freude wies er auf die hohe Internationalisierung der Veranstaltung hin. Dabei zeigte sich Jülicher erstaunt, dass auch Kollegen aus der Schweiz teilnehmen, obwohl die Unternehmen der Schweiz als EU-Ausland das Problem mit der Verwendung von Chrom(VI) nicht haben. Jülicher ist überzeugt davon, dass der Einsatz von dekorativen Chromteilen, insbesondere im Interieurbereich, sich auch in nächster Zukunft nicht ändern wird. Eng verbunden mit galvanisch abgeschiedenem dekorativem Chrom ist die Verwendung von Nickel, weshalb ein Teil der Tagung sich mit dem Einsatz und den Eigenschaften von galvanischen Nickelschichten ­befasste. Ein Schwerpunkt sowohl im Hinblick auf Chrom als auch Nickel ist natürlich die Herausforderung zur Erfüllung der Anforderungen aus REACh. Unter anderem neu ist die Behandlung der Nickellässigkeit in Form der ECHA-Richtlinie zum Nickelleaching.

Empfehlungen der ECHA

Die Nutzung von Spielräume der EU-Kommission aufgrund der ECHA-Empfehlungen war Thema des Vortrags von Robert Olma von der EUTOP Brussels SPLR. Zunächst wies Olma darauf hin, dass die Bemühungen der Behörden auf die Verbesserung des Schutzes von Mensch und Natur sowie die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen in der EU zielen.

Das Zulassungsverfahren wird damit in Gang gesetzt, dass der Anwender seine Absicht zur Nutzung eines Stoffes bekannt gibt und die dafür fällige Gebühr entrichtet. Der Antrag wird in RAC (Ausschuss für Risikobewertung) und SEAC (Ausschuss für sozioökonomische Analyse) einer wissenschaftlichen Beurteilung unterzogen und daraus folgend werden Stellungnahmen erarbeitet. Die ECHA übernimmt die Prüfung der Anträge und startet beispielsweise eine öffentliche Konsultation.

Etwas uneinheitlicher ist die Zuständigkeit und Aufgabenverteilung der EU-Kommission. Die Entscheidungen werden durch die EU-Kommission gefällt, wobei gewisse Abläufe einzuhalten sind. Zu berücksichtigen ist, dass die Intensität, mit der sich die einzelnen nationalen Einrichtungen einbringen, unterschiedlich ist und damit auch die Tiefe der Fachkenntnisse zwischen den Mitgliedsstaaten stark abweichen kann. Beschränkt ist die Eingriffsmöglichkeit des europäischen Parlaments und des Rats der EU. Die EU-Kommission berücksichtigt nach Aussage von Robert Olma die wissenschaftlichen Stellungnahmen der ECHA sowie die Auflagenvorschläge der nationalen Behörden. In die Betrachtungen mit einbezogen werden hier politische Entwicklungen sowie eine Kohärenz zwischen erteilten Zulassungen.

Beispiele für bereits erteilte Zulassungen zur Verwendung von sechswertigem Chrom (Bild: R. Olma)

 

Bei der Betrachtung der bisher erteilten Zulassungen für Chrom(VI) ist besonders der CTAC-Antrag (CTAC = Chromium Trioxide Authorization Consortium) interessant, bei dem der RAC sich erstmals zum Zulassungszeitraum geäußert und einen Zeitraum von höchstens vier Jahren vorgeschlagen hat. ­Ansonsten folgt die Kommission in der Regel den Empfehlungen der ECHA. Als kritsch anzusehen ist das Ausstehen der Entscheidung über die künftige Verwendung von Chrom(VI), was eine Unsicherheit bei den betroffenen Industriebereichen hervorruft. Bei den Spielräumen der Kommission sind unter anderem der Zeitablauf, die Neigung zur Kompromissfindung, der Einfluss von Stakeholdern oder die mögliche Überprüfung der rechtlichen Grundlagen zu nennen.

ECHA-Richtlinien­entwurf zum Nickelleaching

Nickel hat zahlreiche vorteilhafte Eigenschaften, weshalb Nickel nahezu überall in Produkten des Alltags zu finden ist. Einer der wenigen Nachteile ist die Gefahr der Auslösung einer Kontaktallergie, wie Dr. Markus Dahlhaus, BIA Galvano- und Kunststofftechnik GmbH & Co. KG, einleitend darlegte. Derzeit sind in Europa etwa 65 Millionen Personen (vermehrt Frauen) für Nickelallergien sensibilisiert. Bei dieser Allergie erfolgt die Sensibilisierung durch die Einwirkung von geringen Mengen an Nickel auf die menschliche Haut. Als Krankheit wird die Einwirkung von Nickel allerdings erst zu einem späteren Zeitpunkt erkannt, nachdem allergische Reaktionen ausgelöst werden (diese Unterscheidung legt nahe, dass die Sensibilisierung der eigentlich kritische Vorgang ist). Durch dieses zeitverzögerte Auftreten der Allergie nach der Sensibilisierung ist im übrigen auch keine verlässliche Angabe zu den Bedingungen einer Sensibilisierung möglich. Deshalb wurde von den EU-Behörden ein maximaler Wert für die Nickellässigkeit (0,5 mg/cm2/Woche) beziehungsweise in verbesserter Version eine Nickelmigration (mehr oder weniger willkürlich) festgelegt. Recherchen zum Auftreten der Allergien zeigen, dass durch die Richtlinien Verbesserungen beim Krankheitsbild festzustellen sind; so reagieren beispielsweise deutlich weniger junge Personen allergisch auf Nickel, als ältere.

Der jetzt zu diskutierende ­Richtlinienentwurf enthält konkretere Hinweise zur Nickelabgabe. Dazu zählt zum Beispiel die Aussage, dass das zu betrachtende Produkt für den ... Kontakt zur Haut vorgesehen sein soll. Ein weiterer genannter Punkt ist der längere Kontakt zur Haut. Dafür werden Einsatzbeispiele genannt, wie Halsketten, Armreifen, Ringe, Uhrbänder oder Verschlüsse. Nach Aussage der ECHA ist diese Liste nicht vollständig und wurde deshalb durch die ECHA erweitert. Allerdings ist dies nach Aussage des Vortragenden nicht der Wille des Gesetzgebers, da dieser die Sensibilisierung der Menschen verhindern will. Diese Diskrepanz führt dazu, dass die ECHA aufgrund fehlender verlässlicher Daten in einem Dilemma steckt. Dies wiederum führt dazu, dass sie keine sicheren Empfehlungen zum Nickelproblem geben kann.

Die Betrachtung der verfügbaren Daten zur Sensibilisierung zeigt, dass ­beispielsweise vernickelte Teile in Fahrzeugen kaum ein kritischer Bereich zur Auslösung der Allergie sein können. Insbesondere sind die Angaben zu den Kontaktzeiten zu Teilen mit Nickel sehr kritisch zu sehen. Somit ist nach Ansicht des Vortragenden der übergreifende Ansatz, Nickel zu vermeiden, nicht sinnvoll.

Entscheidungsbaum zur Nickelrichtlinie, um zu einer Handlungsempfehlung zu kommen (Bild: M. Dahlhaus)

Euro-Münzen setzen einer Untersuchung von Nestle et al. (2002) mehr Nickel frei, als reines Nickel (Bild: M. Dahlhaus)

 

Eine Lösung zum Einsatz von Nickel in Schichten könnte nach Dr. Dahlhaus in der Betrachtung der Nickelabgabe gesucht werden. Auf Basis eines Vorschlags der Behörden dient die Menge des Abriebs als Hilfsgröße für den Einsatz von Nickel. Allerdings zeigte ein Test an Schalthebeln, dass die ­Methode keine brauchbare Aussage für die Nickelabgabe liefert. Hilfreich ist dagegen ein aufgezeigter Entscheidungsbaum. Damit fallen 98 % (5 % + 93 %) der Teile nicht in den kritischen Bereich. Als ein Beispiel, bei dem dies nicht der Fall ist, hat sich Münzgeld erwiesen. So setzen verschiedenen Tests zufolge Euro-Münzen mehr Nickel frei, als reines Nickelmetall.

Nickelabgabe

Dr. Daniela Lehr stellte eine am fem in Schwäbisch Gmünd gemäß DIN 1811 durchgeführte Studie zur ­Nickelabgabe an Musterteilen des FGK vor. Diese Norm wurde erstellt für Teile, die in durchstochene Körperteile eingeführt werden und die unmittelbar und länger mit der Haut in Berührung kommen. Ziel der Norm ist die Verhinderung einer Sensibilisierung. Wie Dr. Dahlhaus bereits dargelegt hatte, erweitert der ECHA-Richtlinienentwurf das Ziel darauf, bereits sensibilisierte Personen vor Kontaktdermatitis zu schützen. Hierzu sind die Kontaktzeiten allerdings diskussionswürdig.

Gemäß der seit 1994 geltenden Vorgaben (Nickelrichtlinie I, EU-Richtlinie 94/27 EG) wurden bisher entsprechende Tests mit Dimethylglyoxim (DMG) zum Beispiel in Schweden durchgeführt. Allerdings reagiert DMG auch mit anderen Schwermetallen und eignet sich somit nicht zuverlässig zum Nachweis von Nickel (zudem nur qualitativ). Für die 2015 durchgeführte Studie wurden die Prüfteile in drei Gruppen gegliedert: Accessoirs, Werkzeuge/Handarbeits-/Schreibartikel sowie Elektronikteile. Von diesen Teilen waren 44 % positiv (Test mit Dimethylglyoxim) getestet worden. Hierbei wurde zu Beginn des Tests an Münzen eine erhöhte Freisetzung von Nickel gefunden. Neben galvanischen ­Nickelschichten wurden auch Weißgoldschichten betrachtet, wobei sich zeigte, dass die Nickelabgabe zu Anfang der Untersuchung an einem Teil hoch ist und dann im Laufe der Untersuchung deutlich abnimmt.

Im Rahmen der Studie wurden mikrorissige und mikroporige Schichten mit Chrom aus Chrom(VI)- und Chrom(III)elektrolyten untersucht. Dabei zeigte es sich, dass die Nickel­abgabe beim mikrorissigen System um den Faktor 40 über dem vom mikroporigen System und den Schichten aus Chrom(III)elek­trolyten liegt.

Im Weiteren wurde ein Test zur Simulation des Kurzzeitkontakts entwickelt. Dazu wurde die Bestimmung der freigesetzten Nickelmenge mittels ICP-OES-Technik durchgeführt und aus der im Volumen des Testmediums gemessenen Nickelkonzentration und der Fläche des Prüflings ein Wert für die Nickelabgabe errechnet. Die Tests wurden mit und ohne Vorkorrosion geprüft. Zu den neuen Erkenntnissen aus den Versuchen zählt, dass im Falle der Vorkorrosion entgegen den Erwartungen bei längerer Reaktionszeit nicht erkennbar mehr Nickel übertragen wird.

Zudem wurden Untersuchungen an Schichten mit unterschiedlicher ­Chromschichtdicke und unterschiedlich abgeschiedenen Nickelschichten vorgenommen. Hier zeigten die diskontinuierlichen Vernickelungen bessere Ergebnisse, ebenso die dickeren Chromschichten. Im Besonderen ist dabei zu berücksichtigen, dass die Probenvorbereitung ausschlaggebend ist, insbesondere die Abdeckung von Kanten oder Hinterschneidungen, da hier aufgrund einer ungünstigen Streufähigkeit der Chromabscheidung vermutlich die Deckung mit Chrom mangelhaft war. Insgesamt zeigen die Untersuchungen, dass die Prüfung gemäß DIN 1811 die Nickelabgabe einer Kurzzeitexposition (gemäß den Vorstellungen der ECHA) nicht korrekt abbilden kann. Daher sollte nach Ansicht von Dr. Lehr eine bessere Prüfmethode für wiederholte Kurzzeitbelastung entwickelt werden.

Stand der Verchromung mit Chrom(III) im Automobilmarkt

Einen Einblick in den Stand der Verchromung mit Elektrolyten auf Basis von Chrom(III) gab Niels Kretschmar. Er wies anfangs darauf hin, dass Kunden aus dem ­außereuropäischen Ausland natürlich nach wie vor ­Oberflächen aus Chrom(VI)verfahren beziehen können. Bisher liegen bei BIA von vier ­Unternehmen Spezifikationen für die Beschichtung mit Chrom(III)elektrolyten vor. Dazu zählt die BMW AG, die jedoch nur die Farbe spezifiziert und keine Angaben zu weiteren Punkten wie Schichtdicke oder Abrieb festlegt. Farbkonstanz bei Mischverbau ist für BMW relevant.

Chrysler legt Schichtdicken, Abrieb und Beständigkeit gegen Russian Mud fest. Bei Daimler wird die Farbe spezifiziert, wobei der Farbton aus Chrom(VI) die Maßgabe ist. Bei GM sind eindeutige Schichtdicken spezifiziert, die CASS-Beständigkeit sowie die Passivierung. Bei PSA sind Schichtdicke und Russian Mud definiert. Bei VW 99000 ist gefordert, dass zu allen Chrom(VI)oberflächen gleichwertige Chrom(III)oberflächen angeboten werden. Farbtöne sind an den Grenzmustern aus Chrom(VI)verfahren auszurichten.

Insgesamt sind die Vorgaben zu Chrom(III)verfahren sehr spärlich. Das wiederum könnte dem Vortragenden zufolge so interpretiert werden, dass die Herstellungsverfahren dem Zulieferer überlassen bleiben. Diese Situation sollte vor allem bei Teilen für die Mischverbauung verbessert werden, um Unstimmigkeiten zwischen Beschichter und Abnehmer durch die zwangsläufigen farblichen Differenzen vermeiden zu können.

Verchromung in den USA

Brad Chamberlin vom United States ­Council for Automotive Research LLC (USCAR) gab einen Einblick in Untersuchungen der Vereinigung der Automobilhersteller in den USA zu Eigenschaften von Schichten aus dreiwertigen Chromsystemen unter winterlichen Bedingungen. Einer der Auslöser zu den Untersuchungen waren die veränderten Korrosionsbedingungen für Fahrzeuge in Russland (russion mud corrosion), aber auch der verstärkte Einsatz von dreiwertigen Chromelektrolyten aufgrund der REACh-Verordnung. Hierbei fanden die Untersuchungen des FGK besonderes Interesse. Zum Einsatz kamen für die Untersuchungen sowohl Elektrolyte auf Sulfat- als auch auf Chloridbasis.

Hergestellte Proben wurden an Fahrzeugen in Colorado (CoDOT-Test) und Michigan (MDOT-Test) unter Umgebungsbedingungen geprüft und gegen die bisher verwendeten Oberflächen aus sechswertigen Elektrolyten verglichen. Die erste Phase erstreckte sich über die Wintermonate 2015 bis 2016 sowie 2016 bis 2017, jeweils von November bis April. Darüber hinaus wurden Vergleiche mit den Ergebnissen aus Kurzzeittests im Labor vorgenommen; hierfür wurden unter anderem CASS-Test und STEP-Test herangezogen, wie sie beispielsweise in ASTM B368 beziehungsweise in ISO 9227 erfasst sind. Die Proben selbst wurden in elf Beschichtungsunternehmen mit Sulfatelektrolyten und in sechs Unternehmen mit Chloridelektrolyten hergestellt.

An den Proben in Michigan zeigten die Sulfat- und Chloridsysteme ein ähnliches Korrosionsverhalten, während im Russian Mud-Test (Beschreibung in ASTM B995) die Schichten aus chloridhaltigen Elektrolyten schwächer abschnitten. Neben der Korrosionsbeständigkeit wurde zudem die Farb­änderung der Oberflächen in die Betrachtungen mit einbezogen. Erwartungsgemäß waren die Farbänderungen der Schichten aus Chrom(III)elektrolyten deutlich stärker, als die der klassischen Chromschichten aus Chrom(VI)elektrolyten.

Bei den Kurzzeittests zeigen sich im CASS keine Unterschiede zwischen den Schichten aus chloridischen und sulfatischen Elektrolyten und allen Schichten bestehen den Test ohne Auffälligkeit. Beim Russian Mud schneiden die Schichten aus Chloridelektrolyten erkennbar besser ab, als die aus sechswertigen und den sulfatischen Chrom(III)elektrolyten.

Gesamtvergleich der unterschiedlichen Verfahren zur Herstellung von Chromschichten auf Fahrzeugteilen(Bild: B. Chamberlin, USCAR)

 

Neben den unterschiedlichen Abscheidungsverfahren wurden auch ­Passivierungen der Chromschichten untersucht. Hierbei ­konnte eine Verbesserung der Korrosionsbeständigkeit der Schichten bei gleichzeitiger Verschlechterung der Farbbeständigkeit festgestellt werden. Schließlich wurden neben der Korrosions- und Farbbeständigkeit auch die Prozesskennwerte der verschiedenen Verfahren gegenübergestellt, wobei in der Gesamtbetrachtung die Chrom(VI)verfahren am besten abschnitten, gefolgt von den chloridischen Systemen.

Vergleich von Alternativverfahren

Neben den galvanisch verchromten Oberflächen steht eine Reihe von anderen Verfahren zur Herstellung von dekorativen Oberflächen zur Auswahl. Dominik Malecha vom Kunststoffinstitut Lüdenscheid gab aus der Sicht der Kunststoffindustrie einen Überblick über die verschiedenen Technologien und deren Eigenschaften. Ihmzufolge verfügen noch zahlreiche Gerätearten über Teile mit metallisch glänzenden Oberflächen, die in der Regel mittels Chromschichten erzeugt werden. Daneben ist aber eine Zunahme schwarzer Oberflächen festzustellen. Bei Fahrzeugen im Innenbereich kommen matte Metalloberflächen und starke Akzentuierungen zum Einsatz. Auch im Außenbereich sind nach wie vor zahlreiche feinere metallische Elemente zu finden. Im Zuge der Elektromobilität steigt der Einsatz von Displaytechniken im Außenbereich.

Alternativen zur Herstellung von metallisch anmutenden Oberflächen sind unter anderem das Spritzgießen, Heißprägen, Folientechnologien, Lackieren sowie die PVD-­Beschichtung.

Durch Spritzen mit nanoskaligen ­Partikeln wird unter anderem der metallische Effekt einer Oberfläche erzeugt, wobei es nicht um den Ersatz von Chromoberflächen sondern die Erzeugung von metallischem (eher mattem) Aussehen geht. Einschränkungen ergeben sich durch verändertes Fließverhalten der Kunststoffe und damit die Gestaltung der Spritzstrukturen. Vorteile sind die kostengünstigere Herstellung und die hohe ­Designfreiheit. Nachteilig sind die fehlende Durchleuchtbarkeit oder die eingeschränkte Kratzfestigkeit.

Durch Heißprägen wird eine Lack- oder Farbschicht auf ein Kunststoffteil mit Hilfe einer Trägerfolie aufgebracht. Mit dieser Technologie lassen sich unter anderem partielle Farbgebungen erzielen. Das Verfahren zeichnet sich durch hohe Designfreiheit und einfache Prozesstechnik zur Aufbringung von mehrfarbigen Oberflächen aus. Nachteile sind die Beschränkung bei der Auswahl der Drei­dimensionalität, die Begrenzung im Hinblick auf die Strukturierung der Oberfläche oder die ungünstige Kostensituation bei kleinen Stückzahlen.

Eine Weiterentwicklung des Heißprägens ist die Verfahrenstechnologie Inmould Decoration (IMD); hier werden die Trägerfolien in das Spritzwerkzeug eingelegt. IMD erlaubt eine hohe Designfreiheit, hohe Flexibilität bezüglich der einzuarbeitenden Dekorationen oder eine hohe Automatisierbarkeit. Herausforderungen liegen bei der Verformbarkeit der Folien, der Herstellung von räumlichen Teilen oder den Anforderungen an die Werkzeugherstellung.

Eine Variante davon ist das Film Insert Molding (FIM/IML), bei dem Folien oder Folienteile eingespritzt werden. Damit lassen sich sowohl dekorative als auch funktionelle Elemente in das Kunststoffsubstrat einbringen. Die Technologie erfordert saubere Umgebungsbedingungen, eine Anpassung an das Werkzeug, hat Beschränkungen bezüglich des Radius oder die Gefahr des Auswaschens der Farbe.

Anwendungsbeispiele der IMD-Technologie beim Fahrzeug VW Arteon, gezeigt auf der IAA 2017 (Bild: D. Malecha)

Grundlegende Unterschiede im Lackaufbau von Chromeffektlacken (Bild: D. Malecha)

 

Mittels Lackieren kann mit den unterschiedlichen Verfahren (1- und 2-schichtig) eine große Zahl an Farben, aber auch metallisches Aussehen realisiert werden. Allerdings sind die dafür erforderlichen Anlagentechnolo­gien relativ aufwendig. Vorteilhaft sind die gute Anbindung an eine große Zahl an unterschiedlichen Kunststoffgrundwerkstoffen und die hohe Farbvielfalt. Nachteilig sind die fehlende Metallhaptik und die aufwendige Anlagentechnologie.

Merkmale der unterschiedlichen Verfahren in der Übersicht(Bild: D. Malecha)

 

Schließlich kann mittels PVD-Technologien eine metallische Oberfläche auf unterschiedlichen Grundwerkstoffen aufgebracht werden. Diese Schichten sind bis zu einer Dicke von etwa 100 nm transluzent und bei höheren Dicken opak. Partielle Oberflächen lassen sich beispielsweise durch Lasereinsatz gut erzielen. Meist müssen solche Schichten durch Schutzlacke beständiger gemacht werden und sind bezüglich der Geometrie eingeschränkt.

Branchenbenchmark zur ­Konditionierung von Kunststoffen

Zum Abschluss gingen Felix Klais und Dr. Christian Heinzler auf die unterschiedlichen Verfahren zur Konditionierung von Kunststoffen zur Herstellung von metallischen Oberflächen ein. Zunächst wurde der Blick auf die derzeit verfügbaren ­Verfahren der Konditionierung gerichtet. So ist zu berücksichtigen, dass neue Verfahren eine ausreichende Verfügbarkeit der Stoffe, die Zulässigkeit bezüglich Arbeits- und Umweltschutz oder auch die dafür erforderliche Anlagentechnik einschließlich der Abfallentsorgung gewährleisten müssen. Dabei zeigt es sich, dass die grundsätzliche Auswahl an unterschiedlichen Verfahren derzeit sehr gering ist: Manganverbindungen stehen bei den Alternativen im Vordergrund und diese sind nur geringfügig besser zu nutzen, als die bisher standardmäßig genutzte Chrom-Schwefelsäure. Zudem zeigt es sich hierbei, dass langfristige Vorhersagen über die Nutzungsfähigkeit nicht gegeben sind. In Zusammenarbeit mit Lieferanten von Verfahren zur Konditionierung von Kunststoffen wurde die Eignung der Verfahren in mehreren Versuchsdurchläufen untersucht.

Zur Bewertung der Verfahren wurden die ­Eigenschaften an beschichteten Teile im ­Serienmaßstab ermittelt. Dazu zählen vor allem die Haftfestigkeit, die Möglichkeiten zur Erzeugung einer Selektivität oder der Freiheit zur Auswahl des Grundwerkstoffs. Zur Qualifizierung eignet sich beispielsweise der Schälwiderstand, wie er etwa in TL 528 beschrieben wird. Dieser Test kann mit einem Klimawechseltest (PV 1200) kombiniert werden. Der Test wurde an der FGK-Musterplatte sowie am Prüfteil BIA-Welle durchgeführt.

Beispiele für die entstehenden, unterschiedlichen Beizbilder an ABS und PC-ABS (Bild: F. Klais, Chr. Heinzler)

 

Zur Erreichung einer statistischen Aussagekraft wurden 1-K und 2-K-Teile in Stückzahlen von 30 bis 40 Teilen beurteilt, die von den zum Vergleich ausgewählten Verfahrenslieferanten behandelt worden waren. Zur Klassifizierung wurde zunächst die optische Anmutung herangezogen; es zeigten sich ähnliche Fehler, wie bei konventionell hergestellte ABS-Teilen. Von den ursprünglich sechs Lieferanten konnten vier die erforderlichen Teilezahlen abliefern und davon wiederum konnten von zwei Lieferanten gute Ergebnisse in Bezug auf die Haftung erzielt werden. Als Fehler zeigten sich beispielsweise Blasenbildungen oder Abschälungen bei Kanten. Es wurden aber auch Teile ohne jede Haftungsfehler hergestellt. Beim Klimawechseltest traten vereinzelt Risse und Blasen auf. REM-Aufnahmen an den gebeizten Oberflächen zeigten unterschiedliche Beizbilder bei den unterschiedlichen Verfahren, obwohl die Haftfestigkeit zum Teil kaum unterschiedlich war. In der Zusammenfassung muss allerdings darauf hingewiesen werden, dass keines der neuen Verfahren eine Serienproduktion absichern kann.

Um näher an die Realität heranzukommen, wurden in einer zweiten Runde ausschließlich Serienteile nochmals bearbeitet, wobei die Haftfestigkeitsprüfung als Qualifizierung im Vordergrund stand. Zugleich wurden den Verfahrenslieferanten genaue Vorgaben für die Bearbeitung gegeben. Daneben ist der Blick aber auch auf unterschiedliche Verfahren zu richten. Zu diesem Zweck wurden unterschiedliche Arten der Herstellung von Oberflächen geprüft: Galvanisieren, Lackieren, Lack/PVD. Hier zeigt es sich, dass die Galvanisierung beispielsweise in Bezug auf Ausschuss, Energieeinsatz oder Wertigkeit mit kaum zu übertreffenden Werten die bevorzugte Methode ist.

Grundsätzliche Bewertung der Verfahren zur Herstellung von dekorativen Oberflächen für Fahrzeuge (Bild: F. Klais, Chr. Heinzler)

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