Wie Phönix aus der Asche

Oberflächen 06. 05. 2019

Die Knoblauch Galvanotechnik GmbH nimmt einen neuen Galvanikautomaten von der Dr.-Ing. Max Schlötter GmbH & Co. KG in Betrieb. Nach einem Brand ist das Unternehmen damit wieder bestens ausgestattet, einen exzellenten Korrosionsschutz von Eisenwerkstoffen mittels Zink-Nickel-Schichten anzubieten

Bei jeder Art von Fertigungstechnik besteht ein mehr oder weniger hohes Risiko, dass aufgrund von Fehlfunktionen Schäden an den vorhandenen Anlagen auftreten. Hiervon sind vor allem Technologien betroffen, die mit Wärme oder mit hohen elektrischen Leistungen arbeiten. Bei letzteren entstehen durch Funkenbildung oder Leitungs- beziehungsweise Übergangswiderstände hohe Temperaturen – und damit Quellen für Brandschäden. Galvanotechnische Fertigungen sind so zwangsläufig einem erhöhten Brandrisiko unterworfen, weshalb hochqualitative Brandschutzeinrichtungen wichtig sind.

Am Neujahrstag 2018 ereilte die Knoblauch Galvanotechnik GmbH in Geislingen/Steige das Schicksal eines Feuerschadens. In den Vormittagsstunden des Feiertags war aufgrund eines technischen Defekts an einer Heizung ein Brand im Obergeschoss des Betriebs aufgetreten, der durch die örtliche Feuerwehr allerdings rasch gelöscht werden konnte. Auch wenn die Anlage zur galvanischen Verzinkung vollständig zerstört wurde, blieben alle weiteren Anlagen zur Oberflächenbehandlung im gesamten Erdgeschossbereich funktionstüchtig. Auch konnten auslaufende Chemikalien - Laugen und Säuren sowie Zinkelektrolyte und Nachbehandlungschemikalien - weitgehend aufgefangen werden, so dass nur geringe Mengen in die örtliche Kläranlage gelangten. Weder Menschen noch Umwelt wurden geschädigt, allerdings entstand ein Sachschaden in Höhe von etwa drei Millionen Euro.

Doppeltes Unglück

Unternehmerische Verantwortung und die nach wie vor hohe Zuversicht in die galvanotechnischen Verfahren führten bei Siegfried Knoblauch, Eigentümer des Unternehmens, trotz des hohen Schadens schnell zur Überzeugung, die beschädigte Fertigung des Unternehmens wieder aufzubauen. Mitentscheidend waren auch die gute Absicherung und die Tatsache, dass der größere Teil des Unternehmens das Unglück unbeschadet überstanden hatte. Unterstützt wurde diese Entscheidung nicht zuletzt durch die Dr.-Ing. Max Schlötter GmbH & Co. KG als Entwickler und Lieferant von galvanotechnischen Verfahren und Hersteller von Galvanoanlagen. Zu Schlötter, deren Zentrale nur wenige Hundert Meter von Knoblauch entfernt liegt, bestand eine langjährige intensive geschäftliche und freundschaftliche Beziehung. So wurden auch sofort die Planungen einer neuen Anlage in Angriff genommen. Am Tag des Vertragsabschlusses zwischen der Knoblauch Galvanotechnik und Schlötter ereignete sich jedoch ein zweiter tragischer Schicksalsschlag: Siegfried Knoblauch verstarb vollkommen unerwartet am 23. Februar 2018.

Gebäude- und Anlagenneubau

Seine Frau Petra Knoblauch und Sohn Manuel Knoblauch, der seine Weiterbildung an der Technikerschule in Schwäbisch Gmünd absolviert - kamen schnell zur Entscheidung, das Unternehmen nach den Plänen von Siegfried Knoblauch fortzuführen. Der Rohbau des renovierten Gebäudeteils für die neue Anlage wurde im Juni 2018 fertiggestellt. Parallel dazu hatte Schlötter die Anlage im Werk Geislingen bereits soweit vorgefertigt, dass ab Anfang Juli mit dem Aufbau der Anlage begonnen werden konnte. Am 13. Dezember 2018 ging die neue Galvanikanlage in Betrieb.

 

Zink-Nickel-Beschichtungskapazität

Auf einer Grundfläche von 31 Metern Länge und sieben Metern Breite wurde eine zweireihige Anlage mit zwei Querumsetzern und insgesamt 49 Einzelstationen aufgebaut. Die Anlage ist derzeit für die Beschichtung mit Zink-Nickel und zwei unterschiedlichen Passivierungen sowie zwei unterschiedlichen Versiegelungen ausgerüstet. Insgesamt stehen in der neuen Anlage zehn Stationen für die Zink-Nickel-Beschichtung zur Verfügung. Die eingesetzten Elektrolyte von Schlötter arbeiten mit der neuen VX-Anodentechnik.

In der Anlage können sowohl Teile für die Trommelbeschichtung als auch für die Gestellbeschichtung bearbeitet werden. In den beiden Reihen stehen vier Umsetzer zur Verfügung mit denen bei der aktuellen Beschichtungseinstellung eine Taktzeit von etwa zwölf Minuten beziehungsweise fünf Trommeln pro Stunde erzielt werden kann. Die vorhandenen Gleichrichter der Vorgängeranlage konnten allesamt für die neue Anlage wieder verwendet werden; zur Kapazitätserweiterung wurden zusätzliche Gleichrichter beschafft. Die Anlage wird mittels einer SLOTRONIC-PRO®win bedient und erlaubt eine Taktsteuerung oder den Betrieb im frei programmierbaren Modus. Die Stromzufuhr von den elf Gleichrichtern zu den Aktivpositionen erfolgt über Kupferschienen mit einer Länge von etwa 200 Metern und einem Querschnitt von 120 mm x 10 mm bzw. 100 mm x 10 mm. Kupferschienen bieten eine höhere Sicherheit gegen Beschädigungen, die wiederum zu Überhitzungen führen können. Die Anlage (ohne Abluft und ohne Gleichrichter) benötigt eine Anschlussleistung von 138 Kilowatt.

Die thermische Energie für die verschiedenen Medien der Anlage wird mittels einer Warmwasserheizung mit Plattentauschern zur Verfügung gestellt und somit das Brandrisiko gesenkt. Gute Erfahrungen wurden darüber hinaus mit den Dachträgern aus Leimholzbalken gemacht, die den Einsturz der Halle sicher vermieden hatten. Diese Bautechnik wurde für den neuen Hallenteil beibehalten.

Eine weitere Besonderheit ist die Form des Reinigungssystems für Passivierungen, das die aqua plus GmbH entwickelt und auf die Bedürfnisse der Knoblauch Galvanotechnik angepasst und optimiert hat. Mit dieser Technik ist eine weitgehend automatisierte Reinigung der Passivierungen möglich, wodurch insbesondere eine gleichbleibend hohe Qualität der Passivierung gewährleistet ist und zugleich der Betreuungsaufwand sinkt.

 

Korrosions- und Verschleißschutz von Eisenwerkstoffen

Mit der neuen Beschichtungsanlage ist die Knoblauch Galvanotechnik wieder in der Lage, ihr komplettes Spektrum für die Oberflächenbehandlung und Beschichtung zum Korrosionsschutz von Eisenwerkstoffen mit Zink und Zinklegierungen (Zink-Nickel, Zink-Eisen) sowie für den Korrosions- und Verschleißschutz von Metallen mit Hartchrom anzubieten. Phosphatierungen als Kurzzeitkorrosionsschutz und Gleithilfe für Stähle kommen vor allem für die Automobilindustrie und Textilmaschinen zum Einsatz. Die bearbeitbaren Teilegrößen richten sich nach dem verfügbaren Warenfenster von maximal 2400 mm x 1200 mm x 400 mm. Derzeit werden die Beschichtungen überwiegend (zu 70 %) für Kleinteile angefragt, die mittels Trommelbeschichtung bearbeitet werden.

Das seit 70 Jahren bestehende Unternehmen ist zuverlässiger Lieferant für Automobilhersteller, deren Systemlieferanten und Zulieferern sowie Unternehmen aus der Bau-, Textil-, Maschinenbau- und Beschlagindustrie. Ein gut funktionierendes Termin- und Verwaltungssystem ist bei Knoblauch selbstverständlich. Die Prozesstechnik ist seit vielen Jahren auf einem Stand, der den Anforderungen der Industrie 4.0-Denkweise gerecht wird. Zudem unterhält das Unternehmen QS-Systeme gemäß DIN EN ISO 9001, 14001, 50001; als Besonderheit liegt zudem die Qualifizierung CQI 11 für Zink und Zinklegierungen zur Lieferung in die USA vor.

Ergebnisse des hausinternen Messlabors garantieren die hohe Qualität der Beschichtung

 

Die Belegschaft der Knoblauch Galvanotechnik hat die Herausforderungen zur Bewältigung des Brandschadens mit Neuaufbau der Produktionskapazitäten sowie des Todes von Siegfried Knoblauch bestens bewältigt. Dazu beigetragen hat die sehr entgegenkommende Arbeitsweise der Dr.-Ing. Max Schlötter GmbH & Co. KG, die für eine schnelle und unkomplizierte Abwicklung der Anlagenerneuerung und eine reibungslose Ausstattung der Prozesstechnik gesorgt hat. Damit steht den Mitarbeitern der Knoblauch Galvanotechnik eine sichere Basis für die Fortführung der Beschichtungsgeschäfte und vor allem dem Nachfolger in der Unternehmensleitung Manuel Knoblauch eine ausgezeichnete Ausrüstung zur Verfügung. Manuel Knoblauch wird in Kürze seine Weiterbildung zum Galvanotechniker an der Technikerschule in Schwäbisch Gmünd abschließen und dann im eigenen Betrieb führende Aufgaben übernehmen.

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