Versuch einer Bestandsaufnahme: Chromabscheidung aus Chrom(III)- und Chrom(VI)elektrolyten

Oberflächen 07. 08. 2019
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VECCO e.V. – Verein zur Wahrung von Einsatz und Nutzung von Chromtrioxid und anderen Chemikalien
in der Oberflächentechnik e.V., Arnsberg

Aufgrund der erforderlichen Autorisierung der galvanischen Chromabscheidung aus Chrom(VI)elektrolyten beziehungsweise der Einführung von Verfahren auf Basis von Chrom(III) ist es sinnvoll, die beiden Verfahren einem Vergleich in Bezug auf die Abscheidetechnologie zu unterziehen. Neben der Chromverbindung als Metalllieferant unterscheiden sich die Verfahren in der Elektrolytzusammensetzung sowie den Arbeitsparametern. Daraus resultieren Unterschiede in Bezug auf die notwendige Ausstattung der galvanischen Anlagentechnologie wie Absaugung, Elektrolytumwälzung, Anoden oder die Behandlung von Abwässern.

Aufgrund der europäische Chemikalienverordnung REACh wird von den Chemie- und Verfahrenslieferanten und den Beschichtungsunternehmen, die verchromte Oberflächen herstellen, nach Möglichkeit ein Ersatz von Verfahren auf Basis von Chrom(VI) gefordert, worüber in den letzten Jahren in breitem Umfang auf Tagungen und über Fachveröffentlichungen diskutiert wurde [1-10]. Ein Aspekt dieser Entwicklung ist die Betrachtung der Eigenschaften der Chromschichten aus den Alternativverfahren auf Basis von Chrom(III)elektrolyten [11-14], die ebenfalls Gegenstand zahlreicher Veröffentlichungen und Vorträge auf Tagungen sind. Ein weiterer Aspekt dieser Entwicklung richtet sich auf die Änderungen der Prozesstechnik in betroffenen Beschichtungsunternehmen. Nach dem bisherigen Stand der Technik kann davon ausgegangen werden, dass die verfügbaren Abscheideverfahren für dekorative Chromschichten die Anforderungen des Marktes erfüllen; unter dekorativen Schichten sind solche zu verstehen, bei denen das Erscheinungsbild (z. B. Glanz oder Farbe) im Vordergrund steht und die auf Metallen oder Kunststoffen vorzugsweise als dünne Schichten abgeschieden werden. [11-14].

 

Neben den Eigenschaften der hergestellten Chromschichten spielen aber auch die Änderungen aufgrund der erforderlichen Prozesstechnik zur Abscheidung von Chrom aus Chrom(III)elektrolyten eine wichtige ­Rolle. In der Regel müssen für diese Änderungen bestehende Anlagen und Einrichtungen in einem Beschichtungsbetrieb angepasst werden. Darüber hinaus verändert sich die Handhabung zur Stabilisierung des Abscheideprozesses, also beispielsweise der Einsatz von notwendigen Analyseverfahren oder der Umgang mit Abwasser. Schließlich ergeben sich auf Basis der Prozesstechnik, der Handhabung sowie der Einrichtungen und Geräte für die Chromabscheidung die Kosten zur Herstellung von Chromoberflächen beziehungsweise die Preise für den Abnehmer.

Die nachfolgenden Ausführungen sind ein erster Schritt dazu, auf Basis der ausführlichen Gebrauchsanleitungen von Verfahren zur Abscheidung von dekorativen Chrom­oberflächen mittels Chrom(VI)elektrolyten und Systemen auf Basis von Chrom(III) einen Technikvergleich vorzunehmen, der einen Anhaltspunkt zur Abschätzung der Unterschiede der Verfahren im Einsatz ermöglicht.

1 Aufbau der Elektrolyten

Die klassischen Chrom(VI)elektrolyten zeichnen sich durch einen einfachen Aufbau aus; neben dem Metalllieferant Chromat (auch als Chromsäure bezeichnet; CrO3) sind Schwefelsäure als Katalysator für die Bildung metallischen Chroms sowie Borsäure zur Konstanthaltung des pH-Werts, der Verbesserung der Haftfestigkeit oder Ausbildung des Rissnetzwerks [22] sowie Netzmittel enthalten. Netzmittel fördert die Benetzung der zu beschichtenden Metalloberfläche und reduziert die Bildung von Elektrolytnebel. Elektrolyt­nebel führt zur Verteilung des Chromelektrolyten in die Umgebungsatmosphäre. Gemäß dem Stand der Technik wird dieser Elektrolytnebel durch die Absaugung am Behälterrand sehr wirkungsvoll entfernt und in einer stets vorhandenen Auswascheinrichtung aus dem Luftstrom der Absaugung entfernt und unschädlich gemacht. Die Konzentration an Chromsäure kann in einem weiten Bereich zwischen 180 g/l und bis zu 300 g/l liegen, wobei das Beschichtungsergebnis in diesem Konzentrationsbereich dem Stand der Technik zufolge unverändert gut ist. Der Gehalt an Schwefelsäure ist mit etwa 2 g/l bis 3 g/l in Bezug auf den ­Chromsäuregehalt gering (etwa 1 % des Gehalts an Chromsäure) und sollte dem Stand der Technik zufolge nur geringfügig schwanken. Der Gehalt an Borsäure liegt je nach Ansatz im Bereich von etwa 2 g/l und bis zu 80 g/l, wobei auch Ansätze ohne Borsäure benannt werden [22]. Der Gehalt an Netzmittel wird so eingestellt, dass keine oder nur eine geringe Schaumbildung auftritt, wobei das klassische PFOS-haltige Netzmittel dem Stand der Technik zufolge nicht mehr eingesetzt wird.

Die Bestandteile des Elektrolyten Chromsäure, Schwefelsäure und Borsäure sind chemisch gesehen sehr einfach ­aufgebaute Stoffe, die chemisch sehr stabil sowie gut zu transportieren und zu handbaben sind. Sie unterliegen im Gebrauch keiner kritischen Änderung beispielsweise durch Bildung chemischer Zerfallsprodukte. Damit ist der Elektrolyt in seiner Grundzusammensetzung sehr stabil und damit auch vorteilhaft im Betrieb.

Für Elektrolyte auf Basis von Chrom(III) muss der Metalllieferant Chrom in einer komplexen Verbindung gebunden sein, um die Reaktionen in andere Oxidationsstufen (z. B. Chrom(II)) oder in ein Reaktionsprodukt mit Wasser, das für die galvanische Abscheidung ungünstige Eigenschaften aufweisen kann [15], zu verhindern. Ein weiterer wichtiger Bestandteil ist Borsäure zur Stabilisierung des pH-Werts, wobei der Borsäuregehalt des Elektrolyten mit 50 g/l um den Faktor 10 über dem der Elektrolyte auf Basis von Chrom(VI) liegt. Ein Leitsalz ist zur Einstellung der elektrischen Leitfähigkeit des Elektrolyten erforderlich. Dessen Konzentration soll in einem bestimmten Verhältnis zu Borsäure vorliegen, beispielsweise in einem Verhältnis von 4:1 (Leitsalz : Borsäure). Weitere Zusätze zum Elektrolyten sind zur Einstellung der Chromfarbe, des Glanzes, zur Erreichung der Schichtdicke sowie ein Netzmittel zur Gewährleistung der Benetzung erforderlich. Damit liegt bei Elektrolyten auf Basis von Chrom(III) ein deutlich komplexerer Aufbau im Vergleich zu konventionellen Chrom(VI)­elektrolyten vor. Die genaue Zusammensetzung beziehungsweise die Art der Bestandteile (mit Ausnahme von Borsäure) zählt zum Know-how des jeweiligen Elektrolytherstellers. Dabei ist wahrscheinlich davon auszugehen, dass es sich teilweise um organische Bestandteile handelt mit den bekannten Tendenzen zur Zerstörung während der Elek­trolytnutzung.

Das Ansetzen des gebrauchsfertigen Elektrolyten gestaltet sich für die Basis Chrom(III)­im Vergleich zu Chrom(VI) geringfügig aufwendiger, da vor allem auf den korrekten pH-Wert des Elektrolyten zu achten ist. Gleiches gilt sicher auch für den Betrieb, da die richtige Zusammensetzung des ­Elektrolyten aufgrund der größeren Anzahl an Komponenten zu überwachen und im korrekten Konzentrationsbereich zu halten ist. Beim Ansatz eines Elektrolyten auf Basis von Chrom(VI) steht der Schutz der Arbeitskräfte gegen unbeabsichtigten Kontakt mit Chromsäure, insbesondere bei Einsatz von Chromsäuresalz, an oberster Stelle. Hier besitzen die Chrom(III)elektrolyte einen entscheidenden Vorteil, wobei trotzdem die persönliche Schutzausrüstung für die Mitarbeiter alle ­Belange für den Umgang mit Chemikalien erfüllen muss; die verwendeten Chromverbindungen sind aufgrund der eingesetzten Komplexbildner ebenso wie die Zusatzstoffe nicht grundsätzlich als vollkommen unkritisch einzustufen.

2 Anlagentechnik

Der Einsatz von Elektrolyten auf Basis von Chrom(VI) erfordert dem Stand der Technik zufolge eine hocheffiziente Absaugung des entstehenden Nebels an der Oberfläche des Elektrolyten. Dieser entsteht aufgrund der starken Wasserstoffentwicklung, die auf die relativ geringe Stromausbeute von etwa 20 % bis 30 % zurückzuführen ist. Darüber hinaus hat die Elektrolyttemperatur Einfluss auf die Aerosolbildung; Messungen der Berufsgenossenschaft [23] zufolge steigen die Expositionswerte mit der Elektrolyttemperatur und liegen damit bei der Hartverchromung (höhere Elektrolyttemperatur) über den Werten bei der Glanzverchromung. Je nach Konzentration an Netzmittel variiert die Schaumbildung an der Elektrolytoberfläche, die primär durch Platzen der Wasserstoffgasblasen für den Grad der Nebelbildung verantwortlich ist. Eine hocheffiziente Absaugung gewährleistet, dass im Bereich des Abscheidebehälters keine kritische Konzentration in der Luft auftritt. Der abgesaugte Elektrolytnebel wird im Abluftsystem durch eine geeignete Wascheinrichtung effizient entfernt.

Auch wenn Chrom(III)elektrolyte kein kritisches sechswertiges Chrom enthalten, müssen Abscheidebehälter mit einer ­Absaugung am Behälterrand ausgestattet sein, um Elektrolytnebel der Umgebungsatmosphäre zu entziehen. Damit wird vermieden, dass die enthaltenen Verbindungen ­unerwünschte Wirkungen beim Bedienpersonal oder der Umwelt auslösen können. Elektrolytnebel könnte wahrscheinlich durch die ebenfalls vorliegende Wasserstoffentwicklung in Verbindung mit der erforderliche Elektrolyt­umwälzung durch Lufteinblasung sowie durch die Abgabe von Elektrolyttröpfchen beim Ausheben der zu beschichtenden Teile entstehen.

Bezüglich der Ausstattung der Elektrolyt­behälter besteht kein nennenswerter Unterschied zwischen Chrom(III)- und Chrom(VI)­elektrolyten; in beiden Fällen werden gummierte Stahlbehälter empfohlen.

Deutliche Unterschiede bestehen beim Einsatz der Art der Anoden. Für konventionelle Verchromungselektrolyte auf Basis von Chrom(VI) wurden und werden in überwiegendem Maße Bleianoden (in der Regel mit 5 % bis 7 % Zinn legiert) eingesetzt. Seit kurzem steht die Forderung im Raum, auf Blei in der Industrie zu verzichten. Als Alternative werden platinierte Titananoden empfohlen [16]. Chrom(III)elektrolyte erfordern dagegen Mischmetalloxidanoden, die derzeit einen erheblichen Kostenanteil bei der Nutzung der Elektrolyte darstellen. Bei diesem Anodentyp ist es zudem erforderlich, den Zustand der Anodenoberfläche regelmäßig zu überprüfen. Beschädigungen der Anoden können zur Bildung von Chrom(VI) sowie von Fremdionen führen, wodurch der Elektrolyt unbrauchbar werden kann. Mischoxidelektroden haben sich nach Aussagen aus der Praxis als einzige stabile Anodenart bewährt.

Bezüglich der Stromversorgung werden für die Verwendung von Chrom(VI)elektrolyten im Vergleich zur Abscheidung aus Chrom(III)­elektrolyten Stromquellen mit höheren Ausgangsströmen benötigt. Die optimalen Stromdichten für den Einsatz von Chrom(VI)­systemen für dekorative Anwendungen liegen im Bereich zwischen etwa 10 A/dm2 und etwa 25 A/dm2 und damit um den Faktor 2 bis 3 höher als die für Chrom(III)elektrolyte. Da die Leitfähigkeit von Chrom(III)elektrolyten deutlich unter der von Chrom(VI)elektrolyten liegt, sind in Zukunft Entwicklungen zur Erhöhung der Leitfähigketi angebracht. Die Gleichrichterspannungen unterscheiden sich nicht, ebenso die Forderungen nach einer maximalen Restwelligkeit, die unter 5 % liegen sollte. Zur Abscheidung der selben Metallmenge sind bei Chrom(III)elektrolyten nur 50 % der Ladungsmenge erforderlich; zudem wirkt sich die höhere Stromausbeute der Chrom(III)elektrolyte positiv auf die eingesetzte elektrische Energie aus.

Während Chrom(VI)systeme nach dem Stand der Technik ohne Filtration und Umwälzung arbeiten, wird für den Betrieb von Chrom(III)­elektrolyten der Einsatz von Filtertechniken (Umwälzpumpe z. B. mit Platten- oder Kerzenfiltern) für Partikel von etwa 5 µm bis 15 µm und einer Umwälzleistung von 1 turnover pro Stunde vorgesehen (1 turn­over entspricht dem Gesamtvolumen eines Abscheidebehälters). Die Verwendung von Chrom(III)systemen erfordert damit im Einsatz aufgrund der Notwendigkeit zur Filtration und Umwälzung einen erkennbar höheren Aufwand im Vergleich zu den klassischen Chrom(VI)verfahren.

3 Prozesstechnik

Für die Prozesstechnik der galvanischen Verchromung wird die Vorbehandlung von der Einbringung von zu verchromenden Teilen in den Elektrolyten und die Nachbehandlung nach der Abscheidung betrachtet.

Dem Stand der Technik zufolge werden dekorative Chromschichten mit einer den Glanz erzeugenden Vorbeschichtung versehen, was derzeit vor allem mittels galvanisch abgeschiedenen Nickelschichten erzielt wird. Die Nickelschichten werden in einem Prozessablauf mit der Verchromung, also direkt vor der galvanischen Verchromung, auf Teile abgeschieden. Dies unterstützt die Notwendigkeit einer aktiven Nickeloberfläche zur Erzeugung einer hohen Haftfestigkeit der abschließenden Chromschicht.

Beim Einsatz von klassischen Chrom(VI)elektrolyten wird die Nickeloberfläche aufgrund der Tatsache, dass der Elektrolyt einen sehr geringen pH-Wert besitzt, aktiviert. Zudem wird die Aktivierung erhöht, indem zu Beginn mit erhöhter Stromdichte ­abgeschieden wird (Deckstrom [17]). Chrom(III)elek­trolyten werden bei einem deutlich höheren pH-Wert (optimal bei ca. pH 3,5) betrieben, weshalb der Aktivierung der vorhergehenden Nickelschicht ein besonderes Augenmerk geschenkt werden muss. Unter Umständen ist die Aktivierung durch anodische Schaltung erforderlich; zudem ist auf die Kontrolle der Zusammensetzung des Spülwassers zum Beispiel im Hinblick auf Glanzzusatzgehalt aus dem ­Nickelelektrolyten oder eine möglichst geringe Verweilzeit zwischen Nickelabscheidung und Chromabscheidung zu achten.

Im Anschluss an die galvanische Abscheidung als letzter Schritt der Prozessfolge erfolgt eine gründliche Spülung der zu beschichtenden Teile (einschließlich der hierfür eingesetzten Gestelle). Einerseits wird damit vermieden, dass Chromelektrolyt zusammen mit den Teilen den Beschichtungsprozess verlassen kann und damit Anwender der beschichteten Teile mit Elektrolyt in Kontakt kommen könnten. Andererseits würden Elektrolytreste die Chromschicht korrosiv schädigen und damit das Aussehen einer dekorativen Oberfläche beeinträchtigen. Die gründliche Entfernung von Elektrolytresten nach dem Verchromen wird in heute üblichen Anlagen durch die Verwendung einer mehrstufigen Spüle erzielt, wobei mindestens drei Stufen zum Standard zählen. Im Falle von klassischen Chrom(VI)elektrolyten eignet sich das Spülwasser der ersten Spülstufe nach der Verchromung zum Ausgleichen von Verdunstungsverlusten des Chromelektrolyten, da keine Abbauprodukte in nennenswertem Umfang gebildet werden. Für Chrom(III)elektrolyte muss die Eignung dieser Arbeitsweise für jeden Anwendungsfall geprüft werden. Unter Umständen führt die Rückführung von Spülwasser in den Chromelektrolyten zu einer störenden Anreicherung von Abbauprodukten oder einer ungünstigen Verschiebung der Elektrolytzusammensetzung.

Ein deutlicher Unterschied besteht in Bezug auf die Aktivität der hergestellten Chromschicht. Nach Beenden der Abscheidezeit erfolgt während des Aushebens und in den ersten Spülstufen der beschichteten ­Teile in klassischen Chrom(VI)elektrolyten ­bereits die Passivierung der Chromoberfläche. Bewirkt wird dies durch die Zusammensetzung des Elektrolyten und dessen oxidierende Wirkung. Im Gegensatz dazu ist ein Elektrolyt auf Basis von Chrom(III) nicht dazu in der Lage, so dass eine separate Passivierung beziehungsweise Konservierung nach Beenden der Chromabscheidung erforderlich ist. Insbesondere sind hiervon nicht verchromte, innere Oberflächen bei komplex geformten Teilen betroffen.

Gemäß dem Stand der Technik verändern Elektrolyte zur Metallabscheidung durch die Anreicherung von Fremdstoffen ihr Abscheideverhalten beziehungsweise die Eigenschaften der abgeschiedenen Metallschichten. Insbesondere bei sehr aggressiven Elektrolyten – Chrom(VI)elektrolyte ­zählen zu diesen – kann dies aufgrund der beschränkten Streufähigkeit bei komplexen Teilen während des Abscheidens an ungünstigen Oberflächenbereichen zur Auflösung des Grundmetalls führen. Zudem kann eine Einschleppung von Elektrolyt aus den Vorstufen (vor allem Nickelelektrolyt) zur Anreicherung von Fremdstoffen führen. Bei klassischen Chrom(VI)elektrolyten können ab Fremdmetallgehalten von etwa 10 g/l Beeinträchtigungen der Chromschichten auftreten [18]. Bei Chrom(III)elektrolyten liegt die kritische Grenze für Nickel, Kupfer, Eisen oder Zink bereits bei Werten ab etwa 10 mg/l. Ab diesen Gehalten können Farbänderungen der Chromschichten auftreten und die Korrosionsbeständigkeit sinkt erkennbar. Daher ist in der Regel eine kontinuierliche Fremd­metallentfernung mittels Ionenaustauschern [19, 20] notwendig.

Anlage der aqua plus GmbH zur Fremdmetallabscheidung aus Chrom(III)elektrolyten [19]

 

Ein wichtiger Vorteil der Chrom(III)elektrolyte liegt in deren guter Streufähigkeit. Diese führt dazu, dass Bereiche mit geringeren lokalen Stromdichten ebenfalls mit einer Chromschicht versehen werden. Zu derartigen Bereichen zählen Hinterschneidungen, Bohrungen oder Innenwände von rohrförmigen Körpern, so dass kaum aufwendig zu justierende Hilfsanoden oder Blenden zum Einsatz kommen müssen. Zudem sollte die bessere Streufähigkeit der Chrom(III)systeme eine höhere Behängungsdichte der Gestelle möglich machen. Durch die geringere Korrosivität des Elektrolyten findet zudem kaum eine Auflösung an Oberflächen statt, die aufgrund einer komplexen Geometrie keine ausreichende lokale Strombeaufschlagung erhalten (z. B. in Bohrungen). Damit brauchen beispielsweise Bohrungen nicht mit Stopfen oder Abdeckungen versehen werden, wodurch kostenintensive Abdeckarbeiten entfallen können.

4 Abwasser

Bei der galvanischen Metallabscheidung fallen kontinuierliche mehr oder weniger ­große Mengen an Spülwässern mit ­Bestandteilen der Elektrolyte an. Für die Verchromung mit Chrom(VI)elektrolyten ist dies Wasser mit Chrom(VI)- und einem geringeren Anteil an Chrom(III)ionen. Um das gelöste Chrom aus dem Abwasser zu entfernen, kommen bestens bewährte Verfahren der chemischen Reduktion mit anschließender Fällung als Hydroxid zum Einsatz. Die ausgefällten Metallhydroxide lassen sich aus dem Abwasser als Schlamm entfernen und einer Weiterverarbeitung zuführen [21]. Dafür wird in der Regel eine separate Abwasserführung zwischen Verchromungsposition und Abwasserbehälter gefordert.

Chrom(III)elektrolyte enthalten keine durch REACh als kritisch zu betrachtenden Stoffe, so dass die Forderung nach einer getrennten Abwasserführung und einer Reduktion von Chrom entfällt. Allerdings ist es erforderlich, die im Elektrolyten vorhandenen Komplexe (die zur Stabilisierung des Chrom(III)ions unumgänglich sind) zu zerstören. Damit sind auch die Abwässer aus Chrom(III)systemen einer mehr oder weniger aufwendigen Abwasserbehandlung zu unterziehen.

5 Zusammenfassung

Die Betrachtung der Prozesskennwerte zur Abscheidung von Chrom für dekorative Anwendungen aus Chrom(III)systemen und dem Vergleich mit den klassischen Chrom(VI)elektrolyten lassen zusammenfassend folgende Schlüsse zu:

  • die Zusammensetzung von Chrom(III)elektrolyten ist deutlich komplexer und damit vermutlich aufwendiger konstantzuhalten
  • die Chrom(VI)elektrolyte bestehen aus Komponenten, die eine deutlich höhere Dauerbeständigkeit erwarten lassen
  • der Einfluss der Bestandteile sowie der möglichen, in Betracht kommenden Verunreinigungen auf die Eigenschaften der abgeschiedenen Chromschicht erfordern bei Chrom(III)elektrolyten eine deutlich höhere Sorgfalt (Analysenaufwand, Elektrolytreinigung) als bei Chrom(VI)elektrolyten
  • die Belastung der Mitarbeiter und Umgebung ist bei Chrom(III)elektrolyten deutlich geringer als bei Chrom(VI)elektrolyten, wodurch die Ausstattung mit Sicherheitseinrichtungen – insbesondere der Abluft am Abscheidebehälter – erkennbar reduziert werden kann
  • die Leistungsfähigkeit der Stromversorgung ist bei Chrom(III)systemen etwas geringer im Vergleich zu Chrom(VI)systemen
  • der Aufwand (Investition, Pflege) für Anoden und für Elektrolytreinigung (Filtersysteme) ist bei Chrom(III)verfahren hoch
  • der Vor- und Nachbehandlung innerhalb des Abscheideprozesses ist bei Chrom(III)­verfahren mehr Sorgfalt und Aufwand zu schenken
  • die gute Streufähigkeit und geringere Korrosivität der Chrom(III)systeme lassen einen höheren Durchsatz bei der Beschichtung und eine bessere Schichtverteilung erwarten
  • die Abwasserbehandlung wird bezüglich der Abwasserführung vereinfacht und in Bezug auf die Verfahren verändert, wobei die Änderung von Chromreduktion und Fällung bei Chrom(VI) zu Komplexzerstörung bei Chrom(III) anlagenbedingt für den jeweiligen Betrieb gesondert bewertet werden müssen

Da Chrom(III)verfahren keine Autorisierung durch REACh erfordern, bildet neben der hier vorgenommenen, rein technischen Betrachtung für den Anwender natürlich die Kostenbewertung zur Durchführung einer Autorisieren sowie die damit erzielbare, langfristige Planungssicherheit als nächsten Schritt einen weiteren und entscheidenden Punkt eines umfassenden Vergleichs. Nicht zuletzt unterscheiden sich die Verfahren der unterschiedlichen Anwender, beispielsweise im Hinblick auf die notwendigen Analysen- und Überwachungsverfahren, wodurch weitere Aspekte in Betracht kommen.

Hinweis

Die herangezogenen Kennwerte basieren auf Verfahrensanleitungen eines namhaften Herstellers von Chemie und Verfahren der Galvanotechnik sowie auf der zusammenfassenden, allgemein zugänglichen Fachliteratur. Bezüglich der verfügbaren Fachliteratur ist zu vermerken, dass die deutschsprachigen Ausgaben [15, 17, 18, 21, 22] den Wissenstand deutlich vor 2005 wiedergeben, neuere Entwicklungen also nicht berücksichtigen.

Kontakt

Literatur

[1] Martin Metzner: Die Auswirkungen von REACh auf Produktionsmittel in der Galvanotechnik; WOMag 12/2013; www.wotech-technical-media.de/womag/ausgabe/2013/12/20_metzner_fakten_12j2013/20_metzner_fakten_12j2013.php

[2] Dirk Wiethölter: REACh-Zulassung aus der Sicht des Formulierers; WOMag 8/2014; www.wotech-technical-media.de/womag/ausgabe/2014/08/27_wiethoelter_reach_korr_08j2014/27_wiethoelter_reach_korr_08j2014.php

[3] Uwe König, Herbert Käszmann: REACh-Autorisierung für kleine und mittlere Betriebe; WOMag 12/2014; www.wotech-technical-media.de/womag/ausgabe/2014/12/37_koenig_autorisierung_12j2014/37_koenig_autorisierung_12j2014.php

[4] N.N.: REACh: Zulassungen für Chromsäure erfolgen nicht rechtzeitig; WOMag 5/2017; www.wotech-technical-media.de/womag/onlineartikel/OA-2017/5-Mai17/10_5_zvo_reach.php

[5] Heermann: Chromtrioxid und das Sunset Date: Und was kommt dann? Stand der Zulassung unter
REACh; Galvanotechnik 6/2017 (Leuze Verlag), S. 1154-1161

[6] M. M. Zimmer: Verwendung von Chromsäure nach dem Sunset Date; Galvanotechnik 10/2017 (Leuze Verlag), S. 2032-2033

[7] N.N.: REACh: ECHA plant Strategieergänzung; WOMag 11/2017; www.wotech-technical-media.de/womag/ausgabe/2017/11/37_kb_zvo_reach_11j2017/37_kb_zvo_reach_11j2017.php

[8] Herbert Käszmann: Lichtblicke im Dunkel der Verordnung; WOMag 12/2018; www.wotech-technical-media.de/womag/ausgabe/2018/12/20_hapoc_reach_12j2018/20_hapoc_reach_12j2018.php

[9] Heermann: Götterdämmerung im Reich des Chromtrioxids? Galvanotechnik 12/2018 (Leuze Verlag),
S. 2397-2402

[10] N.N.: REACh-Kommission hat über Autorisierung von Chromtrioxid entschieden; WOMag-online (März 2019); www.wotech-technical-media.de/womag/onlineartikel/OA-2019/3-Maerz19/080319_fgk_chrom.php

[11] Herbert Käszmann: Auf der Zielgeraden - dekorative Chromoberflächen im Einklang mit REACh (Bericht über eine Veranstaltung des FGK); WOMag 8/2017; www.wotech-technical-media.de/womag/ausgabe/2017/08/30_chrom_2020_08j2017/30_chrom_2020_08j2017.php

[12] Manfred Jordan: Chromabscheidung aus Chrom(III)elektrolyten; WOMag 12/2013; www.wotech-technical-media.de/womag/ausgabe/2013/12/18_jordan_chrom_12j2013/18_jordan_chrom_12j2013.php

[13] Felix A. Heinzler: Chrom(III) bringt Farbe ins Spiel; WOMag 05/2019; https://www.wotech-technical-media.de/womag/ausgabe/2019/05/22_heinzler_chrom_05j2019/22_heinzler_chrom_05j2019.php

[14] Herbert Käszmann: Chrom 2030 - Die Zukunft galvanisierter Kunststoffe im Automobilbau (Bericht über eine FKG-Tagung); WOMag 12/2018; www.wotech-technical-media.de/womag/ausgabe/2018/12/23_fgk_chrom2030_12j2018/23_fgk_chrom2030_12j2018.php

[15] G. A. Lausmann, J. N. M. Unruh: Die galvanische Verchromung; Leuze Verlag, Saulgau; 1. Auflage 1998,
S. 53 ff.

[16] N.N.: Einsatz von Bleianoden in der Hartverchromung - wie sieht die Zukunft aus?; WOMag 6/2019; www.wotech-technical-media.de/womag/ausgabe/2019/06/28_kb_umicore_anode_06j2019/28_kb_umicore_anode_06j2019.php

[17] G. A. Lausmann, J. N. M. Unruh: Die galvanische Verchromung; Leuze Verlag, Saulgau; 1. Auflage 1998,
S. 132

[18] Bernhard Czeska: Wirtschaftliche Produktion in der Galvanotechnik; Leuze Verlag, Bad Saulgau; 1. Auflage 2002, S. 299

[19] Herbert Käszmann: Fremdmetallentfernung aus dreiwertigen Chromelektrolyten; WOMag 5/2018; www.wotech-technical-media.de/womag/ausgabe/2018/05/35_kb_aquaplus_05j2018/35_kb_aquaplus_05j2018.php

[20] Herbert Käszmann: Auf der Zielgeraden - dekorative Chromoberflächen im Einklang mit REACh (Bericht einer FGK-Tagung); WOMag 8/2017, www.wotech-technical-media.de/womag/ausgabe/2017/08/30_chrom_2020_08j2017/30_chrom_2020_08j2017.php

[21] G. A. Lausmann, J. N. M. Unruh: Die galvanische Verchromung; Leuze Verlag, Saulgau; 1. Auflage 1998,
S. 379ff

[22] G. A. Lausmann, J. N. M. Unruh: Die galvanische Verchromung; Leuze Verlag, Saulgau; 1. Auflage 1998,
S. 103

[23] Internetseite der Berufsgenossenchaft ETEM; http://etem.bgetem.de/2.2018/etem/die-galvanik-regel

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