Mit neuartigen galvanischen Schichten arbeiten Forscher vom Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung IPA daran, Wälzlager so robust zu machen, dass Gehäuse und Schmiermittel überflüssig werden. Die Energieeffizienz von Windkraftanlagen würde sich dadurch um bis zu 30 % steigern lassen.
Das Wälzlager in den Rotoren von Windkraftanlagen ist enormen Reibungskräften ausgesetzt. In Offshore-Windparks und nahe der Küste macht dem Stahl außerdem starke Korrosion zu schaffen, da der Feuchtigkeits- und Salzgehalt der Luft hoch ist. Bisher wird der Verschleiß mit Öl und anderen Schmierstoffen gering gehalten. Gegen die Korrosion helfen abgedichtete Gehäuse beim Einsatz in aggressiven Medien wie Meerwasser, Säuren oder auch Laugen. Doch Einhausungen mindern durch Reibungsverluste die Energieeffizienz der gesamten Anlage um bis zu 30 %.
Im Forschungsprojekt Poseidon II sind Wissenschaft und Industrie deshalb gemeinsam auf der Suche nach Wälzlagerwerkstoffen, Beschichtungen und Oberflächenbehandlungsverfahren, die auch ohne Schmierstoffe und Einhausungen eine lange Lebensdauer der Wälzlager ermöglichen. Denn nur so können aufwendige und teure Wartungsarbeiten vermieden werden. Einen Lösungsweg beschreiten die Forscher der Abteilung Galvanotechnik des Fraunhofer IPA mit der Entwicklung dünner galvanischer Schichten aus Nickel und anderen chemischen Elementen.
Nickel-Wolfram schneidet am besten ab
Eine Legierung aus Nickel und Wolfram, mit der herkömmlicher Wälzlagerstahl beschichtet wird, hat sich bei ihren bisherigen Untersuchungen in Stift-Scheibe-Versuchen als am wenigsten anfällig für Verschleiß und Korrosion erwiesen. Für den Einsatz in Offshore-Windparks und Gezeitenkraftwerken könnte sie also geeignet sein. Wir prüfen aber auch Verbindungen wie Nickel-Kobalt, Nickel-Zinn, Nickel-Molybdän oder Nickel-Phosphor. Denn extreme Betriebsbedingungen und hohe Energieverluste durch Reibung gibt es auch fernab der Küste und sie betreffen Gaspipelines, Pumpen, Kompressoren oder sogar den Antrieb von Elektrofahrzeugen, erläutert Katja Feige, die die Gruppe Galvanische Prozesse und Werkstoffe am Fraunhofer IPA leitet.
Galvanisieren ohne festen Auflagepunkt
Doch nicht nur die Suche nach den jeweils besten galvanischen Schichten treibt die Forscher am Fraunhofer IPA um, sondern auch ein neues Verfahren, mit der die galvanische Metallschicht auf das Wälzlager abgeschieden wird. Herkömmliche Galvanikgestelle haben nach Aussage von Katja Feige einen entscheidenden Nachteil: An den Stellen zur elektrischen Kontaktierung des Lagerrings wird die aufgebrachte Metallschicht gestört und genau da kann dann die Korrosion ansetzen. Die Wissenschaftler haben deshalb eine Anlage für die vollflächige Lagerringbeschichtung entwickelt. Ein spezielles System aus Antriebs- und Kontaktrollen ermöglicht eine kontaktstellenfreie Beschichtung.
Wenn Wälzlager in Zukunft weder Gehäuse noch Schmiermittel brauchen, um unter extremen Betriebsbedingungen zu laufen, spart das nicht nur Ressourcen und erhöht die Energieeffizienz der Anlage. Es kann auch kein Schmieröl mehr austreten, das zu Verunreinigungen führen und die Umwelt schädigen kann. Langlebige Lagerringe, die im oder in der Nähe von Meerwasser eingesetzt werden, können somit einen Beitrag zur Energiewende leisten.