Highend der dekorativen Oberflächenbeschichtung – Filtertechnologie sichert dauerhafte Qualität

Oberflächen 08. 02. 2020

Von Jan Bohncke und Klaus Mierau, Hünstetten

Dekorative Bauteile mit metallischem, gleichmäßig mattem Erscheinungsbild kommen in großem Umfang im Innenbereich von Fahrzeugen, für Sanitäreinrichtungen oder für Tischware zum Einsatz. Hergestellt ­werden solche Teile überwiegend unter Einsatz ­eines Kunststoffgrundkörpers, der mit einem speziellen Nickelbeschichtungsverfahren, dem sogenannten Perlglanz-, Mattnickel- oder Satin-Nickelverfahren, beschichtet wird. Die Nickelschicht mit der gleichmäßig ­unebenen Oberfläche erzeugt die Mattstruktur und den Korrosionsschutz der Beschichtung, eine abschließende Chrom- oder Edelmetallschicht (vor allem Gold oder Platin) führt zur gewünschten Farbe. Im Dauerbetrieb erfordert dieser Elektrolyttyp allerdings einen hohen Personalaufwand und ständige Optimierungen. Spezielle Aggregate ermöglichen hier eine gleichbleibende Qualität bei geringer Ausschussrate.

Die in einem Satin-Nickelelektrolyten galvanisch beschichteten Teileoberflächen weisen eine besonders hochwertige Optik auf. Satin-Nickel unterscheidet sich von Glanznickel dadurch, dass die Oberfläche ein satinähnliches (samt­ähnliches) Aussehen besitzt, dabei glänzt, jedoch nicht spiegelt. Grund für diesen ­Effekt ist die strukturierte Oberfläche (Abb. 1). Die Strukturierung reflektiert das einfallende Licht nicht parallel in eine Richtung, wie dies beispielsweise bei einer glatten Oberfläche mit einer Glanznickelschicht der Fall ist, sondern in alle Raumrichtungen. Wesentliche Vorteile der vor allem für Teile im Automobil-, Haushalts- und Sanitärbereich eingesetzten Oberflächen gegenüber Glanznickel sind eine hochwertige Optik und eine blendfreie Oberfläche. Außerdem sind deutlich weniger Fingerabdrücke sichtbar.

Abb. 1: Die aus einem Satin-Nickelelektrolyten abgeschiedene Oberfläche ist nicht glatt, sondern strukturiert. Die Strukturierung reflektiert das Licht in alle Raumrichtungen, was der Oberfläche ein satinähnliches Aussehen verleiht (Quelle: MacDermid Enthone)

 

Struktur der­Emulsion ­bestimmt Farbton

Bei Glanznickelelektrolyten sorgen spezielle Glanzzusätze für eine glatte, spiegelnde Oberfläche. Weil genau das vermieden werden soll, werden in Satin-Nickelelektrolyten andere Zusätze verwendet. Es handelt sich dabei um Emulsionen, durch die ein disperses System entsteht. Die sehr kleinen Tröpfchen der Emulsion setzen sich auf die Oberfläche der zu galvanisierenden Bauteile und decken damit einen Teil der Oberfläche ab. Bedingt durch Elektrolyt- und Warenbewegung lösen sich die Tröpfchen nach einiger Zeit wieder von der Oberfläche ab. Während der Zeit des Anhaftens an der Oberfläche wächst die Nickelschicht um das Tröpfchen herum weiter, so dass nach dem Ablösen eine kugelförmige Eindellung in der Schicht zurückbleibt. Ein abgelöstes Tröpfchen kann sich anschließend wieder an einem anderen Bereich der Oberfläche anlagern und der Vorgang wird dort wiederholt.

Die Nickelstruktur wird vor allem durch Größe sowie Anzahl der Tröpfchen bestimmt (Abb. 2). Abhängig von der Art und Konzen­tration der Komponenten, welche die Tröpfchen bilden, werden Oberflächen mit unterschiedlichen Glanzgraden erzeugt. So ergibt sich eine Vielzahl sogenannter Farbtöne. Die Emulsion unterliegt den physikalischen Gesetzen der Koagulation. Durch die Koagulation verringert sich die Anzahl der Tröpfchen, der Durchmesser nimmt aber zu. Das verändert die Struktur und damit die Optik der Oberfläche (Abb. 3). Aus diesem Grund können die Satin-Nickelelektrolyte, abhängig von gewünschter Struktur und Farbton, nur in einem Zeitraum von circa fünf bis acht Stunden eingesetzt werden. Daher ist es problematisch, diesen speziellen Nickelelektrolyten kontinuierlich mit gleichbleibenden optischen Resultaten zu betreiben.

Abb. 2: Die Nickelstruktur und daraus folgend der Glanzgrad wird maßgeblich durch Größe sowie Anzahl der Tröpfchen bestimmt (Quelle: MacDermid Enthone)

 

Abb. 3: Die Emulsion unterliegt den physikalischen Gesetzen der Koagulation; durch die Koagulation verringert sich die Anzahl der Tröpfchen bei zunehmendem Durchmesser, wodurch die Struktur und damit die Optik der Oberfläche verändert wird (Quelle: MacDermid Enthone)

 

Einsparungen durch ­kontinuierliches Umpumpen

Zur Aufbereitung des Elektrolyten ­müssen alle Zusätze entfernt werden. Dazu wird der Elektrolyt in der Regel im ersten Schritt in eine andere Wanne umgepumpt und dort komplett filtriert. Üblich ist das Anschwemmen unter Einsatz von Filterhilfsmitteln und Aktivkohlepulver über einen Plattenfilter. Dies ist mit hohem Personal- und Zeitaufwand verbunden. Zudem ist diese Abscheideposition während des gesamten Vorgangs für die Produktion gesperrt.

Komplett gereinigt und frei von Zusätzen wird der Elektrolyt wieder in den Abscheidebehälter zurückgepumpt. Nachdem die notwendigen Zusätze hinzugefügt und eingerührt wurden, kann der Elektrolyt erneut für etwa fünf bis acht Stunden eingesetzt werden. Bedingt durch die ständige Qualitätsüberwachung sowie die zahlreichen Arbeitsschritte ist diese Arbeitsweise sehr anfällig und kann vermehrt zu Fehlern und Ausschuss führen.

Eine Lösung des Problems wurde bereits vor einigen Jahren entwickelt und ist für jeden Satin-Elektrolyt geeignet: ein spezielles Aggregat, mit dem der Elektrolyt kontinuierlich umgepumpt wird. Dieses Aggregat hat Ähnlichkeit mit einer Anschwemmfilteranlage und verfügt zusätzlich über eine Steuerung, womit sich die Fördermengen der Pumpe und Dosierpumpe regeln lassen. Die Steuerung ist in der Lage, die Fördermenge einer Pumpe unabhängig von sich durch zusetzende Filter verändernden Gegendruck präzise zu regeln. Die Regelgenauigkeit beträgt < 1 % der Vorgabe. Der Filter ist so ausgelegt, dass sämtliche Zusätze dem Elektrolyten in einem Durchgang entnommen werden.

Um diese in der richtigen Konzentration nachzudosieren, wird die Dosiermenge der Dosierpump(en) in linearer Abhängigkeit des Volumenstroms gesteuert. So bleiben die Zusammensetzung des Elektrolyten und die Elektrolytbewegung des gesamten Abscheidesystems konstant (Abb. 4). Auf diese Weise zeigt die mit dem Elektrolyten erzeugte Beschichtung über den gesamten Zeitraum hinweg einen gleichbleibenden Matteffekt und es können problemlos Standzeiten bis zu sechs Arbeitstage ohne Arbeitsunterbrechung erreicht werden. Damit einher gehen hohe Ressourceneinsparungen hinsichtlich Ausschuss, Filtermittel und Arbeitskraft.

Abb. 4: Durch den Einsatz eines speziellen Aggregats kann der Elektrolyt kontinuierlich filtriert und die Zusammensetzung konstant gehalten werden, da sich die Fördermengen der Filter- und Dosierpumpe präzise steuern lassen

 

Drei Aggregatgenerationen

Durch kontinuierliche Weiterentwicklung des Systems sind inzwischen mehrere Versionen auf dem Markt verfügbar (Abb. 5). So findet sich für jede Anforderung und jede Anlage ein passendes System. Bei der ersten Generation kann die Fördermenge an einem Display vorgegeben werden und die Grundeinstellung der Dosierpumpe muss einmalig manuell durchgeführt werden. Die zweite Generation ist mit einer SPS-Steuerung ausgestattet. Sie macht es möglich, verschiedene Zusatzkonzentrationen, die unterschiedliche ­Farbtöne erzeugen, zu speichern und abzurufen. Das Zusetzen der Emulsion nach der Grundreinigung des ­Elektrolyten kann so automatisch erfolgen, ebenso wie der Wechsel zu einem anderen Farbton, der durch eine höhere Konzentration der Emulsion erreicht wird. Bei der dritten Generation wurden zusätzlich automatische Ventile ergänzt. So kann der Bediener alle manuellen Arbeiten am Filtersystem wie Spülen, Entleeren, Filterreinigung, Anschwemmen mit Filterhilfsmittel und Aktivkohlepulver geführt und auto­matisch umsetzen. Bedienfehler sind damit ­nahezu ausgeschlossen.

Abb. 5: Durch Weiterentwicklung des Systems sind inzwischen mehrere Versionen auf dem Markt erhältlich; erste Generation bis dritte Generation (v. l. n. r.)

 

Abb. 6: Das Permanent-Blendfrei-­Nickel-Aggregat (PBNA) gewährleistet den Schutz vor Bedienungsfehlern, Geräteausfall und einen geringen Chemikalienverbrauch

 

Die Steuerung stellt für jeden Betriebsmodus die Ventile automatisch ein. Durch die passwortgeschützte SPS-Steuerung bleibt die Anlage nur für zugelassene Mitarbeiter zugänglich und es können zu jeder Zeit alle Aktivitäten nachvollzogen werden. Die gespeicherten Datensätze geben zu einem späteren Zeitpunkt Aufschluss über Fördermenge, Drehzahl, Druck in den Filtergehäusen, Dosiermengen und Ventilstellungen. Diese Daten können entsprechend ausgewertet und zur Qualitätskontrolle hinzugezogen werden. Mit dem Permanent-Blendfrei-­Nickel-Aggregat (PBNA) wurde ein bedienerfreundliches System entwickelt, das die Ausschussquote durch Bedienfehler und Geräteausfälle reduziert und den Chemikalienverbrauch senkt (Abb. 6).

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