Neue Materialien und Sensoren: Uni Kiel doppelt erfolgreich im ­europäischen Wettbewerb für Technologietransfer

Medizintechnik 04. 04. 2020
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Kieler Professorinnen Martina Gerken und Christine Selhuber-Unkel aus den Nanowissenschaften erhalten je einen EU-Proof-of-Concept-Grant 

Sie forschen an der Entwicklung neuer Materialien unter anderem für die Gefäßchirurgie oder an optischen Sensoren, die als mobile Diagnosetechniken aufwendige Blutanalysen im Labor ersetzen könnten: Für ihre Projekte erhalten Professorin Christine Selhuber-Unkel und Professorin Martina Gerken von der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU) je einen mit 150 000 Euro dotierten, sogenannten ERC-Proof-of-Concept-Grant. Gleich zwei der insgesamt sieben Förderungen für Projekte aus Deutschland gehen damit an den Forschungsschwerpunkt Nanowissenschaften und Oberflächen­forschung nach Kiel. Die Förderung des Europäischen Forschungsrates (European Research Council, ERC) soll Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler dabei unterstützen, Ergebnisse auf Pioniergebieten der Forschung in die Anwendung zu bringen und so den Technologietransfer stärken. Voraussetzung ist, dass die Bewerberinnen und Bewerber für ihr Forschungsvorhaben bereits eine ERC-
Grant
-Förderung erhalten haben.

Projekt VASCUGRAFT: Neue Materia­lien ahmen mechanisches ­Verhalten natürlicher Blutgefäße nach

Herzkreislauferkrankungen gehören zu den häufigsten Todesursachen in Deutschland und der Europäischen Union. Ihre Behandlung ist allerdings mit Risiken und hohen Kosten verbunden. Bei Verengungen wichtiger Blutgefäße, die zu Schlaganfällen oder Infarkten führen können, bleibt oft keine andere Möglichkeit, als Blutgefäße zu transplantieren, zum Beispiel im Rahmen einer Bypass-Operation. Da geeignetes ­Gewebe, entweder aus dem eigenen Körper oder von Spenderinnen und Spendern, nur begrenzt zur Verfügung steht, werden synthetische Materialien als mögliche Alternativen erforscht. Künstliche, relativ starre Blutgefäße können allerdings zu Komplikationen führen. Ihre mechanischen Eigenschaften unterscheiden sich stark von denen natürlicher Körpergefäße. Sie reagieren daher unter anderem anders auf mechanische Belastungen wie den Blutdruck.

In ihrem vorangegangenen ERC-Starting Grant Projekt CELLINSPIRED (2013–2018) hat Christine Selhuber-Unkel, Professorin für Biokompatible Nanomaterialien am Insti­tut für Materialwissenschaft, eine Material­struktur entwickelt, die das mechanische Verhalten von natürlichen Blutgefäßen nachahmt. Mithilfe ihres jetzt bewilligten Proof-
of-Concept-Grants VASCUGRAFT will sie diese Materialien nun im Hinblick auf Anwendungsmöglichkeiten in der Gefäßchirurgie weiterentwickeln und einen ersten Prototypen erstellen. Wir hoffen, dass wir so gemeinsam mit Unternehmen oder im Rahmen einer Ausgründung unsere Erkenntnisse auf den nationalen und internationalen Markt bringen können, so Selhuber-Unkel.

Projekt BEAMOLED: ­Nanostrukturierte OLEDs für Biosensoren

Für technologische Herausforderungen wie die Vernetzung von verschiedenen elektronischen Systemen unter den Schlagwörtern Internet der Dinge und Industrie 4.0 oder für mobile Labordiagnostiken müssen physische, chemische und biomedizinische Daten in Echtzeit erfasst und verarbeitet werden. Dafür braucht es effiziente und wartungsarme Sensoren. Durch den vielfältigen Einsatz von optischen Messtechniken verbreiten sich optische Mini-Sensoren immer mehr. Leuchtdioden (kurz LEDs), die auf organischen Halbleitermaterialien basieren, lassen sich für jede sichtbare Wellenlänge maßschneidern. Zurzeit werden außerdem kostengünstige Herstellungsprozesse basierend auf sogenannten Rolle-zu-Rolle-Verfahren entwickelt, mit denen sich flexible Materialien großflächig beschichten lassen. Damit wäre ein Einsatz organischer Leuchtdioden (OLEDs) auch in Sensoren möglich. In mobilen Laboren im Chipformat könnten sie zum Beispiel als Lichtquellen eingesetzt werden.

In ihrem vorangegangenen ERC-Starting-Grant-Projekt PhotoSmart (2012-2018) hat Martina Gerken, CAU-Professorin für Integrierte Systeme und Photonik, bereits intelligente Oberflächen für Biosensoren ent-
wickelt: Sie besitzen verschiedene licht­empfindliche Eigenschaften, die sich mit Licht aus OLEDs schalten lassen. Im darauf aufbauenden Proof-of-Concept-Projekt BEAMOLED will sie OLEDs auf einer fluoreszierenden Schicht aufbringen, die sich auf Nanoebene gezielt strukturieren lässt. Auf diese Weise lassen sich die Leuchteigenschaften der OLEDs für verschiedene Anwendungen optimal festlegen. Wir wollen unseren Ansatz mit Blick auf die Anwendung in Sensoren weiter testen, Marktbedarfe ermitteln und die Patentsituation prüfen. Unser Ziel ist eine Ausgründung, fasst Gerken die Pläne für ihr neues Projekt zusammen.

 
     
Christine Selhuber-Unkel, Professorin für ­
Biokompatible Nanomaterialien(© privat)
Martina Gerken, Professorin für Integrierte
Systeme und Photonik(© privat)

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