REACh-Verordnung – Der Aufwand lohnt sich

Oberflächen 07. 09. 2020

Von Martin Metzner, Fraunhofer IPA, Stuttgart

Forscher vom Fraunhofer IPA führen die Analyse der Alternativen (AoA) für mehrere Unternehmen durch. Dabei zeigt sich, dass Unternehmen hierdurch nicht nur Planungssicherheit gewinnen, sondern auch das nötige Wissen, um ihre Produkte und Prozesse optimieren zu können.

Es wird immer wahrscheinlicher, dass für die Anwendung funktionale Verchromung, also die Hartverchromung, in ­Sammelkonsortien keine längere Laufzeit als bis September 2024 bewilligt wird. Das veranlasst viele Unternehmen, vor allem Inhouse-Galvaniken aber auch Lohnbeschichter, eigene spezifi­sche Autorisierungsanträge auf den Weg zu bringen. Es gibt sogar Unternehmen, die zur Sicherung der Verfügbarkeit von Chromschichten unter dem Aspekt möglichst langer Autorisierungszeiträume erstmals darüber nachdenken, eigene Inhouse-Verchromungsanlagen aufzubauen.

Im gesamten Autorisierungsprozess ist dabei die Analyse der Alternativen (AoA) eine der Schlüsselstellen. Nicht nur, um langfristige Autorisierungszeiträume bis zum Review zu erhalten, sondern auch, um herauszufinden, für welche Produkte oder Anwendungen eine Substitution möglich ist. Die Hersteller sind also gezwungen, sich intensiv mit ihrem System auseinanderzusetzen und können so im besten Fall ihre Prozesse optimieren.

Methoden entwickelt, um relevante Eigenschaft zu identifizieren

Wie komplex das Thema ist, zeigen Projekte zur Erstellung spezifischer AoA, die Wissenschaftler von der Abteilung Galvanotechnik am Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung IPA in Stuttgart derzeit im Auftrag von Unternehmen bearbeiten. Immerhin müssen für eine AoA tatsächliche Daten vorliegen. Dabei handelt es sich primär um Schichteigenschaften. Der ­Aspekt hart, den die Hartverchromung im Namen trägt, ist dabei nie die einzige Eigenschaft, oft ist sie noch nicht einmal eine der dominanten Eigenschaften. Die Projekte bestätigen, was schon seit Jahren in Überlegungen und Umfragen aufgezeigt wurde: Die Chromschicht bringt einen Strauß an Eigenschaften mit sich und die Anwender wissen häufig nicht, welche dieser Eigenschaften tatsächlich für sie relevant sind. Das muss im ersten Schritt erarbeitet und gewichtet werden, wofür inzwischen Vorgehensweisen erarbeitet worden sind.

Komplexer wird es, wenn mögliche Alternativen bewertet werden müssen. Für die komplexen spezifischen Eigenschaftsprofile gibt es oft noch keine Prüfmethoden; sie müssen erst noch entwickelt oder zumindest auf die jeweilige Messung optimiert werden. Neben den Schichteigenschaften werden auch Verfahrenseigenschaften im Zusammenhang mit Bauteileigenschaften beurteilt. Dabei sind beispielsweise Aspekte wie Größe aber auch Temperaturbeständigkeit (Verzug oder Eigen­schaftsänderung) relevant.

Wissen über ­Wechselwirkungen von Schicht und Anwendung

Die Erfahrungen der Wissenschaftler zeigen, dass, basierend auf einer Entscheidungs­matrix mit gewichteten Kriterien, Prüfmethoden angewendet werden können, die dann zu möglichen Substitutionen mit alternativen Beschichtungssystemen für einen Teil des Bauteilspektrums führen können. In anderen Fällen kann eindeutig nachgewiesen werden, dass nach dem aktuellen Stand der ­Technik nicht anteilig oder komplett substituiert werden kann. Auf dieser Basis werden dann Pläne zur weiteren Forschung und Entwicklung bezüglich möglicher verbesserter Prozesse aufgebaut. Neben der eigentlichen AoA entsteht so für Unternehmen ein erheblicher Wissenszuwachs über die Wechselwirkungen von der Schicht und ihrer Anwendung.

Es liegt auf der Hand, dass der gesamte Weg umso komplexer wird, je gemischter das beschichtete Produktspektrum ist. Aber auch bei Inhouse-Galvaniken mit nur einer Anwendung ist der Aufwand zur Erstellung einer fundierten AoA erheblich. Der Nutzen einer langfristigen Versorgungssicherheit rechtfertigt diesen aber ohne Zweifel.

Weitere Informationen über die Arbeit des Fraunhofer IPA zum Thema REACh:

Text zum Titelbild: Tribometermessplatz, ausrüstbar mit Tribokorrosionsmesszelle zur Erfassung komplexer Schichteigenschaften
(Bild: Fraunhofer IPA/Sina-Helena Gross)

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