Mehr als 10 000 CCP-Arbeitsschritte verzeichnet die ZEISS Sparte Semiconductor Manufacturing Technology (SMT) pro Jahr. CCP steht für Computer-controlled Polishing und bezeichnet den computergesteuerten Oberflächenabtrag zur Formkorrektur mit geeigneten Polierwerkzeugen, die auch für eine neue Spiegelgeneration für die sogenannte EUV-Lithographie eingesetzt wird. Das sind mehr als fünfzig CCP-Schritte pro Arbeitstag. Dazu kommt, dass die einzelnen Bearbeitungen hoch spezialisiert unter diversen Maschinenkonfigurationen laufen und mit wachsenden Spiegeln auch immer komplizierter und zeitlich länger werden. Die Perfomance der CCP-Prozesse weiter voranzutreiben und die Kosten der Herstellprozesse durch geringere Fehlerraten im Serienbetrieb zu senken sind weitere Ziele.
Harte Anforderungen an die Hardware – und an die Prozessmanager. Sie stehen vor der Aufgabe, die immer komplexeren Arbeitsschritte reibungslos zu steuern. Die Bearbeitungsmaschinen sind dabei rund um die Uhr im Dauereinsatz. Oft sind Verschleiß- und Abnutzungserscheinungen der Antriebssysteme erst bei Ausfall oder Bearbeitungsfehlern bemerkbar. Sich langsam entwickelnde Störungen sind dabei kaum vorhersehbar; die Bewertung des aktuellen Maschinenzustands ist bis dato nur im Nachhinein aufwändig möglich.
Aktion ersetzt Reaktion
Diesen Herausforderungen stellt sich das Forschungs- und Entwicklungsteam rund um Dr. Kathrin Maria Aziz-Lange. Dieses wiederum kooperiert mit Spezialisten aus der Gruppe von Prof. Rainer Börret am Zentrum für Optische Technologien der Hochschule Aalen. Das gemeinsame Ziel des Teams von Aziz-Lange, den Professoren und Studierenden: Eine Überwachung des Polierkopfes, der eine Echtzeit-Beurteilung ermöglicht und daraus abgeleitet Vorhersagen über die jeweils aktuelle Bearbeitungsfähigkeit unterstützt.
Das Projekt ist auf vier Jahre angesetzt, das erste davon ist vorüber und bereits vielversprechend: In einem ersten Schritt wurde ein Konzept zur Polierkopfüberwachung erarbeitet, das Sensorik, Auswertung und Kennlinien umfasst. Dieses Konzept wurde an einem CCP-Versuchsaufbau an der Hochschule Aalen umgesetzt, wofür der dortige Politurroboter mit einer Vielzahl von Polierkopfsensoren ausgestattet wurde. Erste Funktionstests waren erfolgreich. Derzeit arbeitet das Team an systematischen Versuchsreihen zur Bestimmung des Parameterfensters für einen stabilen Maschinenbetrieb für verschiedene Prozessszenarien.
Ziel der Projektgruppe ist die Einführung von Predictive Maintenance im Polierprozess. Durch die Analyse aller Daten sollen künftig drohende Qualitätseinbrüche oder Maschinenstörungen vorhergesagt und damit vermieden werden. Kathrin Maria Aziz-Lange über das Projekt: Unsere Erkenntnisse über Predictive Maintenance können dann auch von anderen Abteilungen unseres Unternehmens genutzt werden. Teamgeist spielt dabei eine große Rolle – von Carl Zeiss Jena kamen die Polierköpfe und das Wissen über die Hardware, von uns das Prozessverständnis. Die Hochschule bringe ihre Expertise und eine flexible und motivierte Herangehensweise ein. Nach den Worten von Aziz-Lange zählt sie zu den weltweit führenden Forschungseinrichtungen bei der Entwicklung neuer deterministischer Fertigungsverfahren für innovative Optikkomponenten.
Pioniere der Politur
Perspektivisch möchte das Team noch mehr erreichen: ein tieferes Verständnis des Politurprozesses, das weitere Prozessoptimierungen ermöglichen soll. Wenn sich allerdings zehn Parameter zeitgleich änderten, sei es schwierig, die Vorgänge im Politurspalt nachzuvollziehen, umreißt Aziz-Lange die Herausforderungen. Wir beobachten beispielsweise Temperatur, Schwingungen, pH-Wert und die Kraftverhältnisse. Wir wollen den Einfluss der einzelnen Parameter verstehen – und müssen dabei deutlich gründlicher sein als andere Politurspezialisten. Denn so hohe Anforderungen ans Politurergebnis wie bei der SMT habe sonst niemand, sagt sie schmunzelnd.
Langfristige Zusammenarbeit
Die Kooperation von ZEISS mit der Hochschule Aalen soll im Rahmen der SmartPro-
Partnerschaft – einem Kooperationsnetzwerk der Hochschule Aalen mit Partnern aus Wirtschaft und Wissenschaft – intensiviert und langfristig ausgebaut werden Davon profitieren alle Beteiligten: ZEISS durch universitäre Forschungsergebnisse, die Studierenden durch Einblicke in den Hightech-Alltag der SMT und in die Arbeitswelten von morgen.Claudia Schüll
- www.hs-aalen.de

Text zum Titelbild: Predictive Maintenance-Algorithmen sollen künftig den Polierkopf vollautomatisch überwachen und Alarm schlagen, bevor dieser ausfallen kann(Bildquelle: Hochschule Aalen)