Formabweichungen beim Fünf-Achs-Fräsen bereits vor der Fertigung vorhersagen, um ihnen entgegenwirken zu können – das ist das Ziel des DFG-geförderten Projekts HEPHAESTUS. Beim Drei-Achs-Prozess konnte die Projektmitarbeitenden vom Institut für Fertigungstechnik und Werkzeugmaschinen (IFW) der Leibniz Universität Hannover Formfehler mit einer Kompensationsmethodik erheblich reduzieren. Für das Fünf-Achs-Fräsen sind Kompensationsmethoden bislang kaum erforscht. Zusammen mit Mitarbeitenden des L3S der Leibniz Universität will Projektmitarbeiterin Julia Huuk ein Framework zur Reduzierung der Formabweichung erstellen. Für die Prozesssimulation setzen die Projektmitarbeitenden maschinelle Lernmethoden ein.
Mit dem Trend zu steigender Bauteilkomplexität bei gleichzeitig kleineren Losgrößen steigen die Anforderungen, die an die Prozessplanung spanender Fertigungsprozesse gestellt werden. Gerade für Fünf-Achs-Fräsprozesse werden verstärkt Prozesssimulationen eingesetzt. Ein entscheidendes Qualitätsmerkmal bei so hergestellten Bauteilen ist die geometrische Genauigkeit, die normalerweise in direktem Zusammenhang mit der Bauteilfunktionalität steht. Besonders der Schlichtoperation kommt hierbei eine besondere Bedeutung zu. Sie stellt den finalen Schritt in der Bearbeitung dar und beeinflusst somit die Bauteilqualität maßgeblich.
Obgleich dem Prozessplaner Simulationssoftware zur Verfügung steht, müssen während der Inbetriebnahme eines neues Fräsprozesses oft noch manuelle Anpassungen vorgenommen werden. Diese Anpassungen basieren dabei auf Expertenwissen, um maschinenspezifische Abweichungen, variierende Werkzeugsteifigkeiten oder die Maschinendynamik zu kompensieren. Im ihrem Forschungsprojekt HEPHAESTUS forschen die Mitarbeitenden an einer lernenden Methode für die Fünf-Achs-Kompensation von Formfehlern. Hierzu sollen ausgefeilte Machine-Learning-Strategien zur Anwendung kommen. Eine der größten Herausforderungen hierbei ist nach den Worten von Julia Huuk die Übertragbarkeit von gebildeten Modellen auf weitere Prozesse. Wir untersuchen, inwiefern das Modell eines Prozesses auf Prozesse mit anderen Werkstückgeometrien, Werkzeugen und Werkzeugmaschinen übertragen werden kann.
Für die Modellierung der Zusammenhänge zwischen der Formabweichung am Werkstück und den prozessabhängigen Größen werten die Projektmitarbeitenden drei verschiedene Datenströme aus: die Prozess-, Simulations- und Qualitätsdaten. Die Prozessdaten werden hierfür direkt aus der Maschinensteuerung entnommen und beinhalten beispielsweise Achspositionen und Spindelströme. Diese Daten reichern die Projektmitarbeitenden mit zusätzlichen Simulationsdaten, wie zum Beispiel dem Zeitspanvolumen oder der Eingriffstiefe, an. Über Messungen der Formabweichung in der Werkzeugmaschine wird dann die Bauteilqualität evaluiert.
Übergeordnetes Ziel ist es, die so gewonnen Daten zu nutzen, um die Formabweichung bereits vor der Fertigung vorhersagen und ihr somit entgegenwirken zu können. In vergangenen Projekten hat das IFW bereits an einer Drei-Achs-Kompensationsmethodik geforscht, die den Formfehler durch eine zusätzliche Zustellung in Richtung der Flächennormalen deutlich reduziert. Für die Reduktion des Formfehlers beim Fünf-Achs-Fräsprozess beziehen die Projektmitarbeitenden das Anstellen des Werkzeugs in ihre Kompensationsmethodik mit ein. Durch den Einsatz der neuen Methode besteht das Potenzial, den Formfehler erneut deutlich zu reduzieren, sagt Huuk.J. Huuk
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